Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105672/2/Le/Km

Linz, 23.11.1998

VwSen-105672/2/Le/Km Linz, am 23. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dr. C E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9.7.1998, VerkR96-12410-1997-Pc, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9.7.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 99 Abs.5 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 17.6.1997 um 7.48 Uhr an einer näher bezeichneten Stelle im Ortsgebiet von L den Kombi mit dem Kennzeichen gelenkt und dabei im Ortsgebiet bei Sichtbehinderung durch starken Regen nur das Begrenzungslicht verwendet. In der Begründung dazu wurde der Gang des Ermittlungsverfahrens sowie die Beweisaufnahme dargestellt. In der Beweiswürdigung kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß es sich bei den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten um reine Schutzbehauptungen handelte, weshalb sie keine Veranlassung sah, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Angaben des fachlich geschulten und zur Wahrheit verpflichteten Meldungslegers zu zweifeln. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20.7.1998, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung brachte der Berufungswerber vor, daß das Straferkenntnis auf einer formalfalschen Sachverhaltsdarstellung beruhe und er zur Tatzeit - so wie wochentäglich um diese Zeit - stadteinwärts vom F kommend in Richtung Promenade gefahren sei. Er bestreite, zur Tatzeit stadtauswärts gefahren zu sein, wie dies der Polizist dargestellt hätte. Ohne das ihm zur Last gelegte Delikt des Fahrens ohne Abblendlicht im Regen bagatellisieren zu wollen, möchte er nur, daß Organmandate mit eben solcher Korrektheit ausgestellt werden, wie die Behörde ein korrektes Verhalten im Straßenverkehr verlange. Darüber hinaus stimme ihn die generelle Ohnmacht gegenüber Falschaussagen von Wachorganen nachdenklich.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 500 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Der Meldungsleger brachte in seiner Anzeige vom 17.6.1997 vor, daß der unbekannte Lenker des Pkw´s der Marke VW Golf, rot, mit dem polizeilichen Kennzeichen am 17.6.1997 um 7.48 Uhr in L, Kreuzung D, von der L kommend stadtauswärts in der L weiterfahrend gefahren sei und dabei nur das Begrenzungslicht eingeschaltet hatte. Es war eine Sichtbehinderung durch starken Regen gegeben, zur Tatzeit war Tageslicht.

Der Berufungswerber verantwortete sich von Anfang an damit, daß er nicht stadtauswärts, sondern stadteinwärts gefahren sei und daß von einem starken Regen keine Rede sein könne. Die Erstbehörde hat daraufhin ein Beweisverfahren eingeleitet und dazu die vom Berufungswerber namhaft gemachte Zeugin C S sowie den Meldungsleger vor ersuchten Behörden vernehmen lassen. Fräulein S gab an, daß sie am angegebenen Tag mit Herrn E nach L gefahren sei, wobei er zu angegebener Zeit stadteinwärts gefahren sei. Weiters gab sie an, daß es damals "ein wenig" geregnet habe. Der Meldungsleger gab als Zeuge an, daß es zum Tatzeitpunkt nicht nur "ein wenig", sondern stark geregnet habe und die Verwendung der Beleuchtung daher notwendig gewesen wäre. Die Fahrtrichtung wäre stadtauswärts (Richtung R) gewesen. Die Erstbehörde holte weiters von der A C GmbH, Flugsicherungsstelle L in H, eine Wetterauskunft für den 17.6.1997 ein, aus der folgende Wettersituation für den 17.6.1997 hervorgeht: "Bedeckt, anhaltender mäßiger (d.h. relativ intensiver) Regen bis 7.40 Uhr, danach noch bis 9.20 Uhr leichter Regen. Die Sichtweite betrug 5.000 m. Aus dem Stadtgebiet von Linz liegen keine entsprechenden Beobachtungen vor. Es ist aber nicht auszuschließen, daß die Abschwächung des Regens dort etwas später erfolgte." 4.3. § 99 Abs.5 KFG ordnet an, daß bei Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall, Nebel udgl. Abblendlicht, Nebellicht oder beide gemeinsam zu verwenden sind ....

Die Formulierung "Sichtbehinderung durch Regen" ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, der durch entsprechende Erhebungen auszufüllen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Erkenntnis vom 28.2.1996, Zl. 95/03/0226, ausgeführt, daß die Behörde bei der Übertretung des § 99 Abs.5 KFG Feststellungen darüber zu treffen hat, von welcher konkreten Sichtweite sie tatsächlich ausgegangen ist, da nicht jede Sichtbehinderung (hier: durch Schneefall) bereits die Verwendung der in § 99 Abs.5 genannten Beleuchtung zwingend vorschreibt (siehe dazu auch VwGH vom 27.11.1979, 2311/79 und VwGH vom 9.5.1990, 89/02/0220).

Solche Feststellungen fehlen im vorliegenden Strafverfahren bzw. wurde im Straferkenntnis die Mitteilung der A C GmbH, daß die Sichtweite 5.000 m betrug, nicht verwertet. Hinsichtlich der Intensität des grundsätzlich nicht bestrittenen Regens reichen die Angaben von "ein wenig" (Zeugin C S) über "anhaltender, mäßiger, dh. relativ intensiver Regen bis 7.40 Uhr, danach bis 9.20 Uhr leichter Regen" (A C) bis "starker Regen" (Meldungsleger). Zur Beweiswürdigung ist auszuführen, daß die Angaben der A C GmbH sicherlich am objektivsten und genauesten sind, da diese Wetterbeobachtung von Fachleuten, nämlich Meteorologen, durchgeführt wurde, die in der Wetterbeobachtung geschult sind und sich einer einheitlichen Sprache bedienen. Dazu kommt, daß um 7.40 Uhr der anhaltende mäßige Regen auf einen leichten Regen abgeschwächt wurde. Die A C GmbH schloß zwar nicht aus, daß die Abschwächung des Regens im Stadtgebiet von Linz etwas später erfolgte, doch war die Wahrnehmung des Meldungslegers eben auch etwas später, nämlich um 7.48 Uhr, also möglicherweise bereits im Stadium des leichten Regens. Dies würde sich auch decken mit den Angaben des Berufungswerbers sowie der Zeugin C S.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher im Rahmen seiner Beweiswürdigung davon aus, daß für die Annahme, daß zum Tatzeitpunkt "starker" Regen herrschte, kein hinreichender Beweis erbracht wurde, sondern vielmehr von einem "leichten" Regen auszugehen sein wird. Ergänzend dazu wird angemerkt, daß die Bezeichnungen "leichter Regen" bzw. "starker Regen", wenn sie nicht von geschulten Meteorologen gebraucht werden, sehr unbestimmte Begriffe sind, die individuell sehr differieren. Für die Anwendbarkeit des § 99 Abs.5 KFG ist daher das Ausmaß der Sichtbehinderung ausschlaggebend, die sich im Fall des Regens nicht nur aus der Intensität des Regens, sondern auch aus der Helligkeit des Tageslichtes ergibt. Dazu fehlen jedoch Feststellungen, wobei jedoch bemerkt wird, daß aus der Anzeige hervorgeht, daß Tageslicht war. Es ist damit aus dem Ermittlungsverfahren nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit hervorgekommen, daß zum Tatzeitpunkt eine Sichtbehinderung geherrscht hätte, die das Einschalten des Abblendlichtes erfordert hätte.

4.4. Bei diesem Erhebungsergebnis war es nicht mehr von Bedeutung festzustellen, ob der Berufungswerber nun stadtauswärts oder stadteinwärts unterwegs war, weil dies für die Frage, ob eine Sichtbehinderung vorlag oder nicht irrelevant ist. Für die Darstellung des Berufungswerbers spricht, daß er täglich um diese Zeit unterwegs ist und daß diese Angabe auch von der Zeugin C S bestätigt wurde. Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Sichtbehinderung; Fahren mit Licht; Merkmale der Sichtbehinderung

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