Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230845/2/Gf/Ka

Linz, 25.08.2003

 

 

 VwSen-230845/2/Gf/Ka Linz, am 25. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des KC, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 1. Juli 2003, Zl. Sich96-1263-2003, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe auf 36 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 3,60 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 1. Juli 2003, Zl. Sich96-1263-2003, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 23 Stunden) verhängt, weil er sich am 4. Dezember 2002 ohne gültiges Reisedokument im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG) begangen, weshalb er gemäß § 107 Abs. 1 Z. 3 FrG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 14. Juli 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Juli 2003 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der Umstand, dass der Rechtsmittelwerber als Flüchtling (Angehöriger der kurdischen Volksgruppe) nach Österreich gekommen sei und hier einen Asylantrag gestellt habe, nicht als entschuldigender Notstand gewertet werden könne. Außerdem habe er die Möglichkeit gehabt, sich in jenem an das Bundesgebiet angrenzenden Staat, von dem aus er eingereist ist, ein gültiges Reisedokument zu besorgen bzw. (schon) dort um Asyl anzusuchen.

Im Zuge der Strafbemessung seien seine ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, dass nach der Rechtsprechung des Unabhängigen Bundesasylsenates weder Slowenien noch Ungarn oder Tschechien als sog. "sichere Drittstaaten" anzusehen seien. Außerdem sei es ihm - da er sich ja auf der Flucht befand - nicht zuzumuten gewesen, dass er dort Kontakt mit den Vertretungsbehörden seines Heimatstaates aufnimmt.

Da sohin ein entschuldigender Notstand vorliege, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Braunau zu Zl. Sich96-1263-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt sowie ein dementsprechender Parteienantrag nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Nach § 107 Abs. 1 Z. 3 FrG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, der sich als passpflichtiger Fremder ohne gültiges Reisedokument im Bundesgebiet aufhält.

4.2. Im gegenständlichen Fall wird vom Beschwerdeführer gar nicht bestritten, dass er zum Tatzeitpunkt bloß über einen Personalausweis (Identitätskarte), nicht jedoch über den erforderlichen Reisepass verfügte.

Er hat somit tatbestandsmäßig i.S.d. angelasteten Tatvorwurfes gehandelt.

4.3. Auf der Ebene des Verschuldens wendet der Rechtsmittelwerber ein, dass ihm Notstand zugebilligt werden müsse.

Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 24. Juni 2002 einen Asylantrag gestellt hat, das Asylverfahren derzeit aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Dass er zumindest über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung i.S.d. § 19 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. I 76/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 126/2002, verfügen würde, wird von ihm selbst gar nicht behauptet.

Abgesehen davon, dass er sohin gegenwärtig - und damit auch zum Tatzeitpunkt - nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist bzw. war, erfolgte die Bestrafung durch das angefochtene Straferkenntnis nicht - wie bereits die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - wegen illegalen Aufenthalts, sondern vielmehr mangels Vorliegens des auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen entsprechend vorgesehenenen Reisedokumentes.

Dafür, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, bei seiner Einreise einen Reisepass mitzuführen, hat der Rechtsmittelwerber aber während des gesamten Verfahrens kein plausibles Argument vorgebracht, im Gegenteil: Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 31. März 2003 vor der belangten Behörde hat er sogar dezidiert angegeben, "nie im Besitz eines türkischen Reisepasses" gewesen zu sein und gar nicht gewusst zu haben, dass er "für die Einreise und den Aufenthalt in Österreich ein gültiges Reisedokument brauche".

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt aber die bloße Unkenntnis von Rechtsvorschriften keinen Entschuldigungsgrund dar; vielmehr wäre es am Beschwerdeführer gelegen, sich hierüber bei den zuständigen Behörden (hier: bei einer österreichischen Vertretungsbehörde in der Türkei) zweckdienlich zu informieren.

Indem er dies jedoch offenkundig unterlassen hat, hat er zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft i.S.d. § 107 Abs. 1 Z. 3 FrG gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

4.4. Im Zuge der Strafbemessung war - was die belangte Behörde übersehen hat -die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu berücksichtigen; davon ausgehend war die Geldstrafe auf 36 Euro herabzusetzen.

4.5. Insoweit war der Berufung daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 3,60 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

 
 
 
 
 
 

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