Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105823/10/Fra/Ka

Linz, 15.02.1999

VwSen-105823/10/Fra/Ka Linz, am 15. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn D , gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24.8.1998, S-29820/97-3, betreffend Übertretungen des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 und des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 16 Abs.2 lit.b iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß der Schuldspruch wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 21.8.1997, um 6.40 Uhr in Neuhofen/Kr., Kremstalbundesstraße, Strkm.18,6, aus Richtung Ansfelden kommend, mit dem Kraftfahrzeug, Kz.: , vor einer unübersichtlichen Rechtskurve eine Fahrzeugkolonne überholt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wird wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt." Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 2 (§ 16 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß der Schuldspruch wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 21.8.1997 um 6.40 Uhr in Neuhofen/Kr., Kremstalbundesstraße, Strkm.18,6, aus Richtung Ansfelden kommend, mit dem Kraftfahrzeug, Kz.: , eine Fahrzeugkolonne überholt, obwohl Sie sich nicht überzeugt haben, bzw nicht überzeugen konnten (durch unübersichtliche Rechtskurve), daß Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholen gefahrlos einordnen können. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wird wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt." II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu zahlen. Für das Verfahren 1. Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafen.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 44a Z1 VStG. zu II.: §§ 64, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 48 Stunden) und 2.) wegen Übertretung des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 48 Stunden) verhängt, weil er am 21.8.1997 um 6.40 Uhr in Neuhofen/Kr., Kremstalbundesstraße, Strkm.18,6 aus Richtung Ansfelden kommend mit dem Kraftfahrzeug, Kz.: , 1) vor einer unübersichtlichen Rechtskurve eine Fahrzeugkolonne überholte und durch Gegenverkehr bedingt nur durch eine Notbremsung einen Verkehrsunfall vermeiden konnte, wobei durch das Einordnen der Lenker eines anderen Fahrzeuges zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt wurde und es durch sein Fahrmanöver fast zu einem Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug gekommen ist, 2) eine Fahrzeugkolonne überholte, obwohl er sich nicht überzeugt hat, bzw nicht überzeugen konnte (durch unübersichtliche Rechtskurve), daß er sein Fahrzeug nach dem Überholen gefahrlos einordnen konnte, wobei durch das Einordnen der Lenker eines anderen Fahrzeuges zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt wurde und es durch sein Fahrmanöver fast zu einem Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug gekommen ist. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die BPD Linz - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). I.3. Der Bw bringt im wesentlichen vor:

Die Erstbehörde habe es in ihren gesamten Verfolgungshandlungen unterlassen (und auch noch im gegenständlichen Straferkenntnis), darzutun, welches andere Fahrzeug durch das Einordnen seines Fahrzeuges überhaupt zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt worden sein sollte. Ein derartiger Vorhalt wäre zur Präzision der Anlastung aus seiner Sicht jedoch erforderlich gewesen, um es ihm zu ermöglichen, zur konkreten angelasteten Situation Stellung zu nehmen. Immerhin ergebe sich aus der Aktenlage, daß denkmöglich mehrere Fahrzeuge diesbezüglich in Frage gekommen wären, nämlich ein entgegenkommendes Fahrzeug, der LKW K, der PKW vor dem LKW K, der Zeuge K sowie der Zeuge F. Für jedes einzelne dieser Fahrzeuge ergebe sich im Hinblick auf das Überholmanöver und die erforderliche Einordnung eine andere (örtliche) Nahebeziehung, sodaß theoretisch für jedes dieser Fahrzeuge eine andere Verantwortung denkbar wäre. Aus dem Determinierungsgedanken des Strafverfahrens folgend, wäre die Strafbehörde verpflichtet gewesen, in ihrer Verfolgungshandlung konkret anzuführen, welches andere Fahrzeug im Zusammenhang mit dem von ihm durchgeführten Überholmanöver und Einordnen zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt worden wäre. Dadurch, daß innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist seitens der Erstbehörde eine derartige Konkretisierung nicht erfolgt ist, sei diesbezüglich ein Verfolgungsmangel gegeben und schon aus diesem Grund das ggstl. Verfahren einzustellen. Er habe zu seiner Entlastung eine erhebliche Anzahl von Beweisanträgen eingebracht, welche von der Erstbehörde nicht durchgeführt wurden. Insbesondere habe er die Durchführung eines Lokalaugenscheines zum Beweis dafür beantragt, daß unter Bedachtnahme auf die Beendigung des Überholmanövers etwa 150 bis 200 m vor der nachfolgenden keine Rede davon sein kann, daß vor einer "unübersichtlichen Kurve" überholt wurde; weiters habe er ein kraftfahrzeugtechnisches Sachverständigengutachten zum Beweise dafür beantragt, daß die vom Meldungsleger F angeführte Bremsspur nicht von seinem Fahrzeug stammen könne; daß weiters bei seinem ABS-gebremsten Fahrzeug auch bei einer Vollbremsung kein "blauer Qualm" entstehen könne (wie vom Zeugen Fischer behauptet) und schließlich überhaupt zum technischen Ablauf des Überholmanövers unter Bedachtnahme auf Sicht nach vorne, Fahrgeschwindigkeiten und Tiefenabstände der Kolonne letztlich der Beweis dafür, daß im fraglichen Bereich der Bundesstraße ein Überholmanöver durchgeführt werden konnte, ohne hiebei (beim Einordnen) andere Verkehrsteilnehmer zu behindern und zu gefährden; er habe auch eine ergänzende Einvernahme des Zeugen Kastner unter Bedachtnahme auf dessen Widersprüchlichkeiten in der Aussage vom 20.2.1998 und entsprechende Vorhalte in der Stellungnahme vom 28.4. beantragt; schließlich habe er eine Analyse des Tachographenblattes vom LKW-K zum Beweis dafür beantragt, daß K keinesfalls im Bereich des Einordnens seines Fahrzeuges eine unvermittelte Bremsung durchgeführt haben konnte (wie von Kastner behauptet). Die Erstbehörde habe keinen einzigen dieser Beweisanträge durchgeführt und somit seine Verfahrensrechte in erheblichem Maße verletzt.

Aus dem Straferkenntnis komme hervor, daß die Erstbehörde den von ihr festgestellten Sachverhalt offensichtlich aus den "dienstlichen" Wahrnehmungen des Meldungslegers Insp. F ableitet, welcher klare und schlüssige Angaben gemacht hätte. Das Straferkenntnis stütze sich auch auf die Angaben des Zeugen K. Dazu führe er aus, daß es wohl nur äußerst selten in einem Verwaltungsstrafverfahren vorkomme, daß die Darstellung des anzeigenden Gendarmeriebeamten (F) derartig widerlegt werden konnte, sodaß es für den Anzeiger schon kritisch im Hinblick auf die Ablegung einer falschen Zeugenaussage wird. Dies beginne beispielsweise damit, daß vom Meldungsleger in der Anzeige vom 22.8.1997 unter lit.b) Beweismittel "behauptet wird, daß die Übertretung "dienstlich" festgestellt" wurde und dies im angefochtenen Straferkenntnis unverständlicherweise auch noch einmal für die Begründung des Schuldspruches herangezogen wird. Tatsächlich sei es keine dienstliche Wahrnehmung des Meldungslegers gewesen. Dieser habe nämlich in seiner Zeugenaussage vom 20.5.1998 dezidiert angegeben, daß er sich auf der Fahrt zum Dienstantritt bei seiner Dienststelle GPK Neuhofen befand. Mit anderen Worten sei klar hervorgekommen, daß sich der Zeuge F eben nicht im Dienst befunden habe, sondern diesen erst später antreten konnte. Daher konnte es sich auch nicht um eine "dienstliche Wahrnehmung" des Zeugen handeln, sondern stellt dies letztlich eine Privatanzeige eines Gendarmeriebeamten außerhalb der Dienstzeit dar. Offensichtlich habe der Meldungsleger deswegen die Anzeige vorsätzlich fälschlich als "dienstliche Wahrnehmung" bezeichnet, um ihr dadurch einen offiziösen Charakter zukommen zu lassen. Weiters sei davon auszugehen, daß in der Sache selbst die Darstellung des Zeugen F inhaltlich im Verfahren zur Gänze widerlegt werden konnte. Beginnend von der angeblichen Bremsspur seines Fahrzeuges bis zur Anzahl der Fahrzeuge in der Kolonne, bis hin zur fehlenden Bremsspur des entgegenkommenden Fahrzeuges, der fehlenden Bremsspur des LKW´s K sowie des Aufsteigens von "blauen Qualm" aus einer angeblichen Vollbremsung seines Fahrzeuges (dies bei ABS-System!) könne dargelegt werden, daß bei genauer Analyse von der Darstellung des Zeugen F nichts übrigbleibt. Wenn hier die Erstbehörde von "schlüssigen und klaren" Angaben des Meldungsleger spreche, so könne daraus wohl nur der Schluß gezogen werden, daß sich die Erstbehörde offensichtlich nicht die Mühe gemacht hat, seine Einlassung in der Stellungnahme vom 3.8.1998 zu bedenken und zu erörtern. Die Erstbehörde führe aus, daß das Straferkenntnis auch auf die Aussagen der Zeugen K und K gestützt wird. Zur Darstellung des Zeugen K verweise er darauf, daß dieser - zeugenschaftlich einvernommen - seine Angaben vom 22.8.1997 (laut Protokoll des GPK Neuhofen) bestätigt hat. Dies bedeute, daß sich der PKW-Lenker K durch sein Einordnen in keiner Weise zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt gefühlt hat, und auch K bemerkenswerterweise nichts dahingehend erwähnt hat, daß der unmittelbar vor ihm fahrende LKW K zu einer Vollbremsung genötigt worden wäre. In der Annahme, daß Kindermann einen normalen Sicherheitsabstand zum LKW K eingehalten hat (andere Beweisergebnisse liegen nicht vor), so wäre es ja tatsächlich bei einer Vollbremsung des LKW´s Kastners notwendigerweise dazugekommen, daß auch K eine Vollbremsung hätte machen müssen, um ein Auffahren auf den LKW K hintanzuhalten. Aus der Aussage des Zeugen K ergebe sich daher klar, daß weder K noch der vor ihm fahrende LKW K durch sein Einordnen zu einem unvermittelten abrupten Bremsmanöver genötigt wurden. Zur Aussage "K" führe er noch an, daß auch in diesem Zusammenhang in seiner Stellungnahme vom 28.4.1998 mehrfache Widersprüche hinsichtlich der Angaben des Zeugen K dargelegt wurden und die Behauptung des Zeugen K, er habe wegen des "Hinzuschneidens" selbst unvermittelt abbremsen müssen, zu widerlegen ist mit dem Hinweis auf die fehlende Bremsspur des LKW K (obwohl vom Meldungsleger sofort Lichtbilder gemacht wurden und Kastner den Ort seiner Bremsung auch dezidiert angeführt hat, somit aufgrund dieser Gegebenheiten auch eine Bremsspur vom LKW K am Lichtbild hätte ersichtlich sein müssen); darüber hinaus ergebe auch das Tachographenblatt vom LKW Kastner, soweit ersichtlich, keinen Nachweis für eine abrupte Bremsung des Zeugen, sodaß durch diese objektiven Gegebenheiten die Aussage des Zeugen K erschüttert wird. Zusammenfassend legt der Bw dar, daß die Aussagen der Zeugen F und K, die von der Erstbehörde als besonders schlüssig und wahrheitsgemäß dargetan wurden, einerseits in sich selbst widersprüchlich sind, darüber hinaus miteinander nicht in Übereinstimmung zu bringen sind und daher insgesamt keinesfalls als gesicherte Grundlage für ein verurteilendes Straferkenntnis herangezogen werden können. Schließlich beruft der Beschuldigte noch gegen die Strafhöhe und beantragt, seiner Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, eventualiter die Geldstrafen tat- und schuldangemessen herabzusetzen. I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen: In rechtlicher Hinsicht wird vorangestellt: Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges, z.B. beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt,... ." Bei den besonders gefährlichen Verhältnissen oder besonderer Rücksichtslosigkeit im Sinne des § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. handelt es sich um sogenannte "strafsatzändernde Umstände".

Diese Umstände müssen sachverhaltsmäßig feststehen, wenn der durch sie bedingte Strafsatz angewendet werden soll. Sie müssen ferner bei der Umschreibung der Tat im Sinne des § 44 Z1 VStG im Spruch des Strafbescheides Ausdruck finden (vgl. VwGH 11.1.1984, 82/03/0100). Wenn die Verwaltungsstrafbehörde die Strafbestimmung des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 anwendet, muß sie in der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich sagen, ob und aus welchen Erwägungen sie "besonders gefährliche Verhältnisse" oder "besondere Rücksichtslosigkeit" angenommen hat. Dies hat die Strafbehörde im ggstl. Fall unterlassen. Ein allfälliges Nachholen dieser strafsatzändernden Umstände durch den Oö. Verwaltungssenat erübrigt sich schon deshalb, weil während der Verfolgungsverjährungsfrist seitens der Strafbehörde keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Es wird in diesem Zusammenhang beispielsweise auf das Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.1971, 665/69, verwiesen, wonach die Feststellung, daß der Lenker in einer vollkommen unübersichtlichen Kurve versuchte, eine aus fünf bis sechs Fahrzeugen bestehende Kolonne zu überholen, obwohl er nicht zu erkennen vermochte, ob er sich nach dem Überholvorgang wieder in den Verkehr einordnen konnte, für die Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse nicht ausreicht. Selbst wenn man die Wortfolge im angefochtenen Schuldspruch als ausreichende Umschreibung im Sinne des § 44a Z1 VStG iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 ansehen würde, fehlt in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses jeder Hinweis darauf, ob die Behörde von "besonders gefährlichen Verhältnissen" oder "besonderer Rücksichtslosigkeit" ausgegangen ist. Die Strafsanktionsnorm war daher auf § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 auszuwechseln. Bei dieser Sanktionsnorm sind die im angefochtenen Schuldspruch eliminierten Wortfolgen kein Tatbestandsmerkmal, weshalb auf die Frage, ob die darin umschriebenen Bremsmanöver etc. vom Bw verursacht wurden, nicht einzugehen war. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist der Oö. Verwaltungssenat im Hinblick auf das eigene Vorbringen des Bw davon ausgegangen, daß die Einordnung seines Fahrzeuges am rechten Fahrstreifen nach Beendigung des Überholmanövers in jenem Bereich stattgefunden hat, wo auf den Lichtbildern die Bremsspuren ersichtlich sind, weiters davon, daß sich die von ihm überholte Kolonne mit ca. 70 km/h bewegte und er eine Geschwindigkeit von 100 km/h fuhr. Ausgehend von diesen Sachverhaltsfeststellungen wurde der KFZ-technische Sachverständige gefragt, wie weit die Sicht des Beschuldigten, gemessen von seiner Position zu Beginn des Überholmanövers, reichte, welche Länge die Überholstrecke hatte und ob das ggstl. Straßenstück ihm bis zum Ende der Überholstrecke (nicht) die erforderliche Übersichtlichkeit bot. Der Beschuldigte behauptet diesbezüglich, daß vom Bereich der Einordnung bis zu der unübersichtlichen Rechtskurve es mindestens noch 150 m sind, sodaß zu einem Zeitpunkt, als das Überholmanöver bereits abgeschlossen und die Einordnung vollendet war, noch immer mindestens 150 m (eher aber 200 m) Distanz bis zum Beginn der unübersichtlichen Kurve vorhanden sind. Der KFZ-technische Sachverständige Ing. K hat zu diesem Beweisthema mit dem Gutachten vom 23.11.1998, BauME-010191/571-1998/Kri/Lee, ua ausgeführt, daß die auf der Lichtbildbeilage ersichtliche Bremsspur unmittelbar vor dem am rechten Fahrbahnrand situierten Leitpflock vor der Einmündung der Harthuber-Gemeindestraße geendet hat. Der genannte Leitpflock ist bei km 18,820 situiert. Aufgrund der an der Kurveninnenseite der nachfolgenden Rechtskurve situierten Bäume bzw. Sträucher kann die Fahrbahn maximal bis etwa km.18,933 eingesehen werden. Es errechnet sich daher eine Distanz vom Ende der Bremsspur bis zum ehestmöglichen Ansichtigwerden des Gegenverkehrs von ca. 110 m. Die angegebenen 150 m bzw 200 m werden von diesem Punkt aus nicht erreicht. Berechnet man nunmehr den Überholweg des Beschuldigten, wobei davon auszugehen ist, daß er sein Fahrzeug von einer Ausgangsgeschwindigkeit von 70 km/h beschleunigte und die maximal erlaubte Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überschritten wurde, so errechnet sich anhand der Fahrleistungswerte des PKW´s VOLVO 850 2,5 - 2,0 V eine mittlere Beschleunigung zwischen 70 und 100 km/h von 2 m/sec². Hat nunmehr der Beschuldigte eine Fahrzeugkolonne, bestehend aus zwei PKW und einem LKW, die jeweils einen Sicherheitsabstand von einer Sekunde einhielten, überholt, wobei auch vom Beschuldigten der jeweilige Sicherheitsabstand vor dem Beginn bzw nach Beendigung des Überholmanövers von einer Sekunde eingehalten wurde, so errechnet sich eine Überholstrecke des Beschuldigten von 327 m. Die Überholzeit hätte 11,5 sek. gedauert. Wenn sich der Beschuldigte bei km 18,820 (Bremsspur) wieder auf den rechten Fahrstreifen eingeordnet hat, und die rechnerisch ermittelte Überholstrecke 327 m betragen hat, so hat der Beschuldigte den Beginn des Überholmanövers etwa bei km 18,500 gesetzt. Von km 18,500 konnte die B 139 jedoch lediglich bis zu der unübersichtlichen Rechtskurve etwa bei km 18,933 eingesehen werden. Die Überholsicht des Beschuldigten hat daher vom Beginn des Überholmanövers aus gesehen etwa 437 m betragen. Da im ggstl. Bereich der B 139 keine Geschwindigkeitsbeschränkungen verordnet sind, ist daher anzunehmen, daß sich der Gegenverkehr ab der unübersichtlichen Kurve in Fahrtrichtung Linz mit 100 km/h nähert. Damit ein gefahrloses Überholen möglich ist, ist zu der Überholstrecke auch jene Strecke hinzuzurechnen, die der Gegenverkehr während der Zeit des Überholvorganges zurücklegt. Demnach hätte die erforderliche Überholsicht ohne Gefährdung des Gegenverkehrs mindestens 646 m betragen müssen.

Nach Wahrung des Parteiengehörs behauptete der Bw, daß er während des Überholmanövers voll beschleunigt hat und zwar von ursprünglich 70 km/h bis maximal 110 bis 115 km/h, was er nunmehr ausdrücklich zugestehe. Der Bw gesteht auch zu, daß der Sachverständige in seine Berechnung eine Beschleunigung von 70 km/h auf 100 km/h einfließen lassen hat. Dies habe in seinem bisherigen Vorbringen seine Berechtigung gehabt. Nunmehr bringe er aber - 9 ausdrücklich vor, daß er nicht bloß auf 100 km/h, sondern auf 110 bis 115 km/h beschleunigt habe. Zufolge der erreichten höheren Geschwindigkeit als bloß 100 km/h verkürze sich somit der eigene Überholweg.

Weiters habe er schon früh die Absicht gefaßt, die Kolonne zu überholen. Auch unter dieser Prämisse vermindere sich die eigene benötigte Überholstrecke. Der Sachverständige vermeint auch, daß sich der Gegenverkehr ab der unübersichtlichen Kurve in Fahrtrichtung Linz mit 100 km/h nähern würde und es müßte daher für ein sicheres Überholen auch jene Strecke hinzugerechnet werden, die der Gegenverkehr während der Zeit des Überholvorganges zurücklegt. Auch diese Annahme sei technisch nicht möglich. Der Kurvenbereich zwischen 18,857 und 18,890 sei so, daß diese Kurve verkehrstechnisch mit maximal 60 km/h durchfahren werden kann.

Was das neue Vorbringen bezüglich der Überholgeschwindigkeit bzw des Beschleunigungsvorganges betrifft, wird dieser Behauptung seitens des Oö. Verwaltungssenates kein Glauben geschenkt. Dieses Vorbringen wurde erstmals am 30.12.1998 - somit 1 Jahr und 4 Monate nach der Tat und nach Kenntnis des kfz-technischen Sachverständigengutachtens - vorgebracht. Es liegt auf der Hand, daß sich der Bw damit in eine bessere verfahrensrechtliche Position begeben will und er kann, ohne daß er deshalb Rechtsnachteile zu befürchten hätte, nunmehr auch weitere Übertretungen, nämlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung und einen nicht ausreichenden Sicherheitsabstand zugeben, weil diesbezüglich ohnehin schon längst Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Das Vorbringen, daß die ggstl. Kurve verkehrstechnisch mit maximal 60 km/h durchfahren werden kann, ist ebenfalls eine Schutzbehauptung. Dieses Vorbringen hat der Bw durch nichts belegt. Der Unterfertigte selbst hat die gegenständliche Kurve aufgrund des Vorbringens des Bw mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit als 60 km/h spurhaltend problemlos durchfahren. Aufgrund der oa Darlegungen ist der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung gelangt, daß der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand in der reduzierten Schuldfassung ("einfache Übertretung" des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960) erfüllt hat. Weitere Beweise waren daher nicht mehr aufzunehmen.

Zum Faktum 2 (§ 16 Abs.1 lit.c StVO 1960):

Die Örtlichkeit, wo sich der Bw wiederum eingeordnet hat, steht fest. Daraus rückschließend steht - siehe oben - auch die Örtlichkeit des Beginnes des Überholmanövers fest, weiters die Geschwindigkeit des Überholenden und die Anzahl der überholten Fahrzeuge (diesbezüglich stützt sich die erkennende Berufungsbehörde auf die Zeugenaussage des Josef K laut Niederschrift der BPD Linz über die Vernehmung von Zeugen vom 20.2.1998, Zl. S-29820/97-3 sowie auf die Anzeige des Meldungslegers F). Ein Widerspruch zwischen der Zeugenaussage des Herrn K laut Niederschrift der BPD Linz vom 20.2.1998, Zl. S-29820/97-3 und der Anzeige des GPK Neuhofen/Kr., wonach K den vor ihm fahrenden PKW nicht erwähnt hat, ist entgegen der Auffassung des Bw nicht erkennbar. Wenn der Zeuge K laut Anzeige diesbezüglich nichts erwähnt hat, kann dies deshalb der Fall gewesen sein, weil er dazu nicht befragt wurde, oder er diesem Umstande keine so gewichtige Bedeutung beigemessen hat. Es steht auch die dem Bw zum Zeitpunkt des Beginnes des Überholmanövers zur Verfügung gestandene Sichtstrecke, somit sämtliche - auf den gegenständlichen Fall bezogen - für die Erfüllung des gegenständlichen Tatbestandes wesentlichen Umstände fest. Aufgrund der Reduzierung des Schuldspruches nunmehr auf den "einfachen" Tatbestand des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 erübrigen sich Feststellungen - wie vom Bw beantragt - zur Frage, ob vom LKW K nicht auch eine Bremsspur hätte abgezeichnet werden müssen, wenn die auf den Lichtbildern sichtbaren Bremsspuren vom PKW stammen, der vor dem LKW K fuhr. Dem ist nicht nachzugehen, da für eine Übertretung des § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine konkrete Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer nicht erforderlich ist (vgl. VwGH 27.2.1992, 91/02/0145). Strafbemessung:

Die Strafen wurden entsprechend der Sanktionsnorm des § 99 Abs.3 StVO 1960 tat- und schuldangemessen reduziert. § 99 Abs.3 leg.cit. sieht Geldstrafen bis zu 10.000 S und Ersatzfreiheitsstrafen bis zu zwei Wochen vor. Als mildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw gewertet. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Den mangels Angaben des Bw von der Erstbehörde geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ist dieser im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten. Es werden daher diese Umstände auch dieser Strafbemessung zugrundegelegt. Der gesetzliche Strafrahmen wurde zu je 10 % ausgeschöpft. Eine niedrigere Strafe ist aufgrund des erheblichen Unrechts- und dadurch indizierten Schuldgehaltes nicht vertretbar. Mit der Vorgangsweise des Bw wurden die Interessen der Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt. Auch spezialpräventive Überlegungen sprechen gegen eine weitere Strafreduzierung. zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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