Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105837/2/BI/FB

Linz, 01.10.1998

VwSen-105837/2/BI/FB Linz, am 1. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G S jun., vertreten durch RA N W, vom 18. September 1998, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. August 1998, S-29562/98-3, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, daß unter "Behörde" die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu verstehen ist und die Lenkerauskunft binnen zwei Wochen "ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung" zu erteilen gewesen wäre, die Geldstrafe jedoch auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 44a Z1, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) zu II.: § 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 3.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. (D), trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. April 1997, Zl. VerkR96-16454-1996, nicht binnen zwei Wochen, nämlich in der Zeit von 12. April 1997 bis 25. April 1997, der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 7. August 1996 um 18.19 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe fristgerecht erklärt, sich nicht an den Lenker erinnern zu können, und ihm sei auch trotz entsprechender Recherchen nicht gelungen, den damaligen Lenker ausfindig zu machen. Er habe den objektiven Tatbestand nicht verletzt und sei auch nicht gleichzustellen mit jemandem, der überhaupt keine Angaben mache. Die "Halterhaftung" gehe nicht so weit, einem Auskunftswilligen die Vermutung der Täterschaft aufzuerlegen, wenn er die Auskunft trotz Bemühungen nicht geben könne. Er bezweifle, ob dem Sühne- und Präventionsgedanken des Gesetzes Rechnung getragen würde, wenn er drei oder vier Personen namentlich hätte nennen können, gegen die dann ein Verfahren eingeleitet werden hätte müssen, um den Lenker zu ermitteln, wobei auch der Aufwand bedacht werden müsse. In der Strafbemessung sei sein Bemühen, den Fahrer ausfindig zu machen, nicht berücksichtigt worden und außerdem sei er nicht nur einem sondern zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig, sodaß eine Geldstrafe von 700 S ausreichend gewesen wäre.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß gegen den Lenker des deutschen PKW Anzeige erstattet wurde, wobei ihm zur Last gelegt wurde, am 7. August 1996 um 18.19 Uhr auf der A25 bei ABKm Rampe 0,0, Gemeindegebiet P, mit einer Geschwindigkeit von 147 km/h in Richtung Linz gefahren zu sein, obwohl dort nur eine Geschwindigkeit von 100 km/h erlaubt ist. Die Geschwindigkeit wurde mit dem stationären Radargerät Multanova 6FA, Nr.1075, gemessen und vom gemessenen Wert gemäß den Verwendungsbestimmungen für Radargeräte dieser Bauart ein Toleranzabzug von 5 % vorgenommen.

Vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg wurde als Zulassungsbesitzer (Halter) des genannten PKW der Rechtsmittelwerber bekanntgegeben. Gegen diesen wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Strafverfügung vom 14. November 1996 wegen Übertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 erlassen, die - fristgerecht (Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 10. März 1997, VwSen-104376/6/Bi/Fb) - mittels Einspruch angefochten wurde. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. April 1997 erging ein Ersuchen um Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, mit dem der Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kz. AÖ-F768 (D), aufgefordert wurde, dieser Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekanntzugeben, wer das KFZ am 7. August 1996 um 18.19 Uhr auf der A25, ABKm Rampe 0,0 im Gemeindegebiet P in Richtung Linz gelenkt habe. Es wurde nach dem Namen, dem Geburtsdatum und der Anschrift des Lenkers gefragt und war auch das Ersuchen enthalten, wenn die verlangte Auskunft nicht erteilt werden könne, jene Person zu benennen, die die Auskunft erteilen könne. Weiters wurde auf die Strafbarkeit einer nicht, unrichtig oder nicht fristgerecht erteilten Auskunft hingewiesen. Dem Schreiben beigelegt waren die Radarfotos. Laut Rückschein nahm der rechtsfreundliche Vertreter das Schreiben am 11. April 1997 in Empfang. Mit Schriftsatz vom 25. April wurde der Erstinstanz mitgeteilt, es sei nicht mehr bekannt, wer den PKW zum angefragten Zeitpunkt gelenkt habe, zumal der Rechtsmittelwerber den Kombi des öfteren an Bekannte ausleihe. Nach seiner Erinnerung hätten einige Bekannte damit Fahrten ins Ausland und auch nach Österreich unternommen, aber er wisse nicht mehr, wer wann wo gefahren sei. Im übrigen stellte er die Verwertbarkeit des Meßergebnisses ebenso in Frage wie die Vollstreckung in Deutschland. Sodann erging seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die fristgerecht beeinspruchte Strafverfügung vom 30. April 1997 wegen des Vorwurfs der Übertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967, dann das mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberöstereich vom 15. Juni 1998, VwSen-105021/2/BI/FB, wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land aufgehobene und schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, daß derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines KFZ zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung - und zwar gemäß der Bestimmung des KFG 1967 und nicht mehr wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grunddeliktes der StVO 1960 - begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat. Im übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991, Nr.23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Rechtsmittelwerber hat auf die Lenkeranfrage vom 2. April 1997 nur insofern reagiert, als er mit Schreiben vom 25. April 1997 mitteilte, er sei nicht mehr in der Lage, den Fahrer zu ermitteln. Eine Auskunft im Sinne des Ersuchens wurde somit nicht erteilt und auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen hätte können. Der Rechtsmittelwerber hat zwar mittlerweile auf angeblich umfangreiche Bemühungen seinerseits hingewiesen, jedoch bleibt im Ergebnis nur die Tatsache, daß eine Auskunftserteilung nicht erfolgt ist. Der Umstand, daß der Rechtsmittelwerber auf das Schreiben überhaupt reagiert hat, vermag daran nichts zu ändern, daß er durch die Nichterteilung der gewünschten Auskunft in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer KFZ - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmißverständlich. Hätte der Rechtsmittelwerber tatsächlich vier Personen namentlich als Auskunftspersonen genannt, hätte die Behörde eine beliebige Person wählen können und diese wäre dann zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen. Er hat daher bei Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die Spruchänderung ist eher kosmetischer Natur.

Zur Strafbemessung ist auszuführen: Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung zutreffend als Milderungsgrund die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt. Die - bloß behaupteten - Bemühungen des Rechtsmittelwerbers waren eben nicht ausreichend, somit auch nicht mildernd zu werten. Das Nettomonatseinkommen wurde - unbestritten - mit ca 3.000 DM geschätzt. Der Rechtsmittelwerber hat sich zu seinen finanziellen Verhältnissen überhaupt nicht geäußert, sodaß der Umstand, daß er für ein zweites Kind - auch das erste wurde von der Erstinstanz bloß schätzungsweise angenommen - sorgepflichtig ist, eine Herabsetzung der Strafe nicht zu rechtfertigen vermag.

Die nunmehr erfolgte Strafminderung erfolgte aus der Überlegung heraus, daß die Erstinstanz offensichtlich die ursprünglich für die Geschwindigkeitsüberschreitung vorgesehene Strafe herangezogen hat, um den Rechtsmittelwerber nicht "besser" zu stellen. Dieser Schluß wäre aber nur gerechtfertigt, wäre tatsächlich er selbst der Lenker gewesen, was aber gerade nicht feststellbar ist. War er nicht der Lenker, kann ihm das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung durch einen anderen Lenker logischerweise nicht als straferschwerend angerechnet werden. Die gegenständliche Strafe kann sich daher nur an den Kriterien des § 19 VStG gemessen an der gegenständlichen Übertretung, nämlich der Nichterteilung der gewünschten Auskunft, orientieren. Jedoch differiert aber schon der Unrechts- und Schuldgehalt der gegenständlichen Übertretung erheblich von dem einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 47 km/h, weshalb die Strafherabsetzung gerechtfertigt war. Die nunmehr verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und entspricht auch general- und spezialpräventiven Überlegungen. Selbst wenn diese Verwaltungsstrafe in Deutschland nicht vollstreckt werden sollte, rechtfertigt dies keineswegs eine Einstellung des Verfahrens allein aus dieser Überlegung heraus und ändert das auch nichts an ihrer Vollstreckbarkeit in Österreich. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Lenkerauskunft gilt auch für ausländische Zulassungsbesitzer; Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wegen erheblicher Differenz von Unrechts- und Schuldgehalt zu Geschwindigkeitsüberschreitung.

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