Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105868/2/Ga/Km

Linz, 08.10.1999

VwSen-105868/2/Ga/Km Linz, am 8. Oktober 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des B M, vertreten durch Dr. R L, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. September 1998, VerkR96-18006-1997-Hu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO; idF der 19. Novelle), zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung in beiden Fakten abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung hingegen stattgegeben: Die zu 1. verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) wird auf 800 S (20 Stunden), die zu 2. verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) wird auf 1.200 S (30 Stunden), die zu 1. und 2. auferlegten Kostenbeiträge werden auf 80 S und 120 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 64f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 14. September 1998 wurde der Berufungswerber einer Verletzung 1. der Verständigungspflicht nach § 4 Abs.5 iV mit § 99 Abs.3 lit.b StVO und 2. der Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs.1 lit.c iV mit § 99 Abs.2 lit.a StVO für schuldig befunden. Als erwiesen wurde ihm vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG):

"Sie haben am 20.10.1997 um 18.30 Uhr im Gemeindegebiet von W, auf der L, zwischen L 6 und L 8, in Richtung D, den PKW, Kz., gelenkt und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen, 1) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist, und 2) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie sich mit dem Fahrzeug von der Unfallstelle entfernten."

Über den Berufungswerber wurde zu 1. eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von 1.000 S (24 Stunden), zu 2. eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von 1.500 S (48 Stunden) je kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung, hilfsweise die einkommensangemessene Herabsetzung der Geldstrafen sowie eine öffentliche Verhandlung beantragende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt, erwogen:

Die den Schuldsprüchen zu 1. und 2. von der belangten Behörde zugrunde gelegten wesentlichen Sachverhaltselemente wurden auch in der Berufung nicht bestritten. Als erwiesen war daher festzustellen: Die Tatzeit und der Tatort wie spruchgemäß angegeben; dass als auslösendes Ereignis ein Verkehrsunfall nur mit Sachschaden am eigenen Pkw des Berufungswerbers und an einem zweiten Pkw mit ursächlicher Beteiligung des Berufungswerbers an diesem Unfall vorlag; dass kein gegenseitiger vollständiger Identitätsnachweis zwischen den beiden Unfallbeteiligten erfolgte; dass durch den Berufungswerber keine Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle über diesen Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub erfolgte; dass sich der Berufungswerber mit seinem unfallinvolvierten Pkw von der Unfallstelle - ohne dass es zu einer amtlichen Tatbestandsaufnahme gekommen wäre - entfernte.

Insbesondere den hier für beide Fakten wesentlichen Umstand, dass der gegenseitige vollständige Identitätsnachweis unterblieb, hat der Berufungswerber auch in seiner Rechtsmittelschrift, wie schon im Ermittlungsverfahren vor der Strafbehörde, außer Streit gestellt ("Ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen und wiederhole dies erneut, dass sowohl der Unfallgegner DI Dr. H als auch ich unmittelbar nach der Streifkollision jeweils den Pkw angehalten haben und in weiterer Folge lediglich die Verschuldensfrage diskutiert worden ist. Weder ich habe den Unfallgegner aufgefordert seine Identität nachzuweisen, noch hat dies umgekehrt der Unfallgegner von mir gefordert.").

Darüber hinaus stellt der Oö. Verwaltungssenat als erwiesen fest, daß es im Berufungsfall zwischen den beiden Beteiligten zu keinem wirksamen Verzicht auf sämtliche zivilrechtliche Ansprüche aus dem Verkehrsunfall mit solcher Eindeutigkeit gekommen ist, dass insoweit keine (vernünftigen) Zweifel am Verzicht bestehen können und schon daher die Erfüllung der Meldungspflicht - bei fehlendem Identitätsnachweis! - hätte unterbleiben dürfen (vgl VwGH 7.7.1989, 89/02/ 0062). Dies ergibt sich aus der im Strafakt einliegenden Unfallmeldung durch den Kontrahenten DI Dr. H beim Gendarmerieposten W, aus welcher gerade der nicht zustande gekommene Anspruchsverzicht deutlich hervorgeht und die der Unfallkontrahent - bei lebensnaher Betrachtung - nicht sogleich nach dem Unfall gemacht hätte, wäre kurz vorher (vor nicht einmal einer halben Stunde) ein wirksamer Anspruchsverzicht in eindeutiger, jeden Zweifel ausschließender Weise erzielt worden. In diesem Punkt besteht auch Übereinstimmung zwischen den Angaben in der Unfallmeldung (OZ 2) und den Angaben in der, dem Strafakt gleichfalls einliegenden, Zeugenaussage des DI Dr. H (NS vom 22. Mai 1998; OZ 12). Anders als der Berufungswerber findet der Oö. Verwaltungssenat dafür, daß an der Glaubwürdigkeit und Richtigkeit dieser - förmlichen - Zeugenaussage zu zweifeln wäre, in der Aktenlage insgesamt keinen tauglichen Hinweis.

Ausgehend von dieser Sachlage aber hat die belangte Behörde in ihrer Rechtsbeurteilung die Tatbestandsmäßigkeit zu 1. und 2. zutreffend angenommen. Entgegen der erkennbaren Auffassung des Berufungswerbers nämlich, kommt es nach § 4 Abs.5 StVO nicht darauf an, aus welchen Gründen immer ein vollständiger Identitätsnachweis unterblieben ist. Entfernt sich daher einer der Beteiligten vorher von der Unfallstelle, so ist der andere trotzdem verpflichtet, eine Anzeige bei der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu erstatten (vgl VwGH 10.9.1980, ZfVB 1981/4/1097; zit aus ARBÖ-Fachbuch "StVO", Neuauflage 8/98 Wien, Seite 54 zu § 4 StVO). Nach der älteren Rechtsprechung befreit im übrigen selbst die (schlichte) Einigung der Lenker in der Schadenersatzfrage nicht von der Meldungspflicht bzw vom gegenseitigen Nachweis der Identität der Lenker (vgl VwGH 13.1. 1958, VwSlg 4523/A; Fundstelle wie vorhin).

Ist im Berufungsfall unter den festzustellen gewesenen Umständen jedoch dieser gegenseitige Identitätsnachweis (in der von der Rechtsprechung geforderten Ausprägung) unterblieben und fand auch kein unzweifelhaft eindeutiger, wirksamer Anspruchsverzicht statt, so bestand Verständigungspflicht für den ursächlich beteiligten Berufungswerber nach § 4 Abs.5 StVO, welche, weil es in der Konsequenz zur amtlichen Tatbestandsaufnahme zu kommen hatte, auch die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs.1 lit.c nach sich zog (vgl die unter E 102 und E 130 wiedergegebene Judikatur zu § 4 StVO bei MESSINER, StVO, 9. Auflage Wien 1995). Dieser so verstandenen Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes ist der Berufungswerber, wie feststeht, nicht nachgekommen.

Aus diesen Gründen waren die Schuldsprüche zu 1. und 2., ohne öffentliche mündliche Verhandlung, welche zur - schon vollständig geklärt vorgelegenen - Tatseite keine weitere Aufhellung hätte leisten können, zu bestätigen.

Zur Strafbemessung machte der Berufungswerber nur geltend, dass die belangte Behörde sein monatliches Nettoeinkommen in der Schätzung - mit 15.000 S - zu hoch angenommen habe. Tatsächlich bringe er einen wesentlich geringeren Betrag ins Verdienen, weshalb die Strafbehörde die verhängte Geldstrafe niedriger hätte ausmitteln müssen. Dieses Behauptungsvorbringen hat jedoch der Berufungswerber in keiner Weise unter Beweis gestellt oder sonst mit Bescheinigungsmitteln bekräftigt (etwa durch Anschluss von Lohnzetteln und dgl), sodass der Oö. Verwaltungssenat keine Bedenken hegt, in der Schätzung der belangten Behörde eine im Hinblick auf den aktenkundigen Beruf des Beschuldigten (Hilfsarbeiter) immerhin mögliche und in der Berufspraxis auch zu beobachtende Einkommenshöhe zu erblicken. Aus diesem Grund war, bei gleichzeitigem Fehlen von Sorgepflichten, daher noch keine Herabsetzung gerechtfertigt.

Dennoch waren die Strafen im nun festgesetzten Ausmaß zu mindern, weil die belangte Behörde die nach der Aktenlage nicht einschlägige (einzige) Verkehrsvorstrafe nicht im Sinne des § 33 Z2 StGB als besonderen Erschwerungsgrund hätte werten dürfen.

Dieses Verfahrensergebnis zieht auch die Herabsetzung der von der Strafbehörde auferlegten Kostenbeiträge nach sich; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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