Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105883/2/GU/Pr

Linz, 07.01.1999

VwSen-105883/2/GU/Pr Linz, am 7. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des E. T., gegen den verfahrensrechtlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 6.10.1998, Zl.VerkR96-405-1998-Br, womit ein Einspruch gegen eine Strafverfügung als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde, zu Recht:

Der angefochtene verfahrensrechtliche Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 49 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat gegen den Rechtsmittelwerber am 23.3.1998 zur Zahl VerkR96-405-1998-Br eine Strafverfügung erlassen, womit er wegen zwei Geschwindigkeitsübertretungen - eine davon im Ortsgebiet über 40 km/h - und wegen einer Übertretung des KFG bestraft worden ist. Diese Strafverfügung wurde dem Beschuldigten am 27.3.1998 zugestellt. Daraufhin brachte der Beschuldigte am 31.3.1998 bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mittels Telefax einen Schriftsatz ein, worin er sich auf die Strafverfügung bezieht und zu den ihm vorgeworfenen Verletzungen der Rechtsvorschriften "zur präziseren Beschreibung Stellung" bezieht. Es sei ihm als Lenker nicht erkennbar gewesen, daß er sich im Ortsgebiet befunden habe, welche Umstände er dann näher ausführt.

Darüber hinaus unterscheide sich die gemessene Geschwindigkeit in der Strafverfügung von der Aussage des Beamten, welcher die Amtshandlung vorgenommen habe, im übrigen sei eine Meßtoleranz von 10 % abzuziehen.

Die Geschwindigkeitsübertretung habe im Ortsgebiet nicht festgestellt werden können, da der Beamte mit dem Einholen des Fahrzeuges beschäftigt gewesen sei.

Bezüglich des verschmutzten Kennzeichens führt er aus, daß das ganze Fahrzeug beschmutzt gewesen sei. Ob das Kennzeichen leserlich gewesen sei, könne das bei Radarmessung üblicherweise angefertigte Foto zeigen.

Zusammenfassend führt der Beschuldigte aus, daß die Vorgangsweise für ihn absolut unverständlich sei. Aufgrund seiner Erfahrung mit der Verwaltung werde er "auch diesmal entgegen den Tatsachen und seiner persönlichen Überzeugung den Kopf einziehen und sich ducken". Weiters führt er aus: "Die von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt verlangte Summe von 4.500 ATS wurde daher bereits heute zur Überweisung gebracht unter der Voraussetzung, daß die Angelegenheit damit erledigt ist." Daraufhin ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit Schreiben vom 2.4.1998 den Beschuldigten er möge dartun, ob es sich bei seinem Schriftsatz um einen Einspruch gegen die Strafverfügung handle, weil dies aus seinen Ausführungen nicht eindeutig zu entnehmen sei. Hiezu erging vom Beschuldigten mit Telefax vom 13.4.1998 folgende Antwort: "In Anbindung an Ihren Brief möchte ich wie folgt klarstellen: Vorausgesetzt, daß die Angelegenheit mit Bezahlung von 4.500 ATS erledigt ist, werde ich keinen Einspruch erheben. Da dies jedoch keinesfalls als Eingeständnis der vorgeworfenen Verkehrsdelikte gewertet werden darf, behalte ich mir im Falle weiterer Unannehmlichkeiten den Rechtsweg vor. Ich hoffe, daß die Angelegenheit damit geklärt ist und verbleibe mit freundlichen Grüßen Ing. E. T." Anzumerken gilt, daß der 10.4.1998 ein Karfreitag war und somit fristgebundene Eingaben deren Ende der Frist auf diesen Tag fielen, kraft Gesetz (§ 33 Abs.2 AVG) auf den 14.4.1998 erstreckt wurden. Als dann die Wohnsitzbehörde des Beschuldigten, die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs, als gesetzliche Folge der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet ein Verfahren bezüglich der Entziehung der Lenkerberechtigung führte, brachte der Beschuldigte mit Eingabe vom 25.5.1998 zum Ausdruck, daß er wegen der Führerscheinsache sich gezwungen sehe, sofort Einspruch zu erheben und verlangte die Aufnahme des Einspruchsverfahrens entsprechend seiner Telefaxe vom 31.3.1998 und vom 13.4.1998, ferner die sofortige Rücküberweisung der zwischenzeitig einbezahlten 4.500 S und eine Information an die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs über die Situation. Zusätzlich zu diesem Schriftsatz legte er mit weiterem Schreiben vom 11.6.1998 eine Fotodokumentation über die Tatörtlichkeit vor und wies darauf hin, daß demnach der Tatort bezüglich jener Verwaltungsübertretung, welche sich auf eine Überschreitung der Geschwindigkeit innerhalb des Ortsgebietes von W. um mehr als 40 km/h bezog, unrichtig sei. Bezüglich der beiden anderen Delikte werde er keinen Einspruch erheben, da er nicht in der Lage sei, konkrete Beweise vorzulegen.

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt gewährte dem Beschuldigten Parteiengehör zur Frage der Verspätung eines Rechtsmittels, worauf der Beschuldigte mit Schreiben vom 26.9.1998 eine chronologische Abfolge der Eingaben darlegte und die Meinung vertrat, daß er aufgrund des Faxes vom 31.3.1998 klar gemacht habe, daß Einspruch erhoben werde und somit der Einspruch als fristgerecht zu behandeln sei.

Daraufhin erging der angefochtene Bescheid. In seiner rechtzeitig als Berufung zu wertenden Eingabe macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß er seine Position bezüglich eines Einspruches bereits mit Telefax am 31.3.1998 und nach Aufforderung mit Telefax am 13.4.1998 der Behörde mitgeteilt habe. Diese schriftlichen Eingaben seien auch jedenfalls fristgerecht gewesen. Er bezieht sich auf die Formulierung in seiner Eingabe vom 13.4.1998 "1. vorausgesetzt, daß die Angaben mit der Bezahlung von 4.500 ATS erledigt ist, werde ich keinen Einspruch erheben. 2. Da dies jedoch keinesfalls als Eingeständnis der vorgeworfenen Verkehrsdelikte gewertet werden darf, behalte ich mir im Falle weiterer Unannehmlichkeiten den Rechtsweg vor".

Der Punkt 1 stelle klar, daß die Verwaltung entweder das Verfahren nach Erhalt der 4.500 S eingestellt werde, oder den Einspruch ordnungsgemäß behandle. Aus unverständlichen Gründen sei ohne Rückfrage das Geld kassiert worden und noch weitere Sanktionen durch Führerscheinentzug gesetzt worden. Er habe zum damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit gehabt, abzusehen wie die weitere Vorgangsweise der Behörde verlaufe und sei daher gezwungen gewesen, die aufgezeigte Formulierung zu verwenden. Im Ergebnis begehrt er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Einleitung des ordentlichen Verfahrens zu Punkt 1 der vorzitierten Strafverfügung.

Der Oö. Verwaltungssenat hat hiezu erwogen:

Der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ist zugute zu halten, daß es sich in der vorliegenden Angelegenheit um einen Grenzfall zur Erforschung des wahren Parteiwillens handelt. Sie hat dies auch erkannt und bezüglich der Eingabe des Beschuldigten vom 31.4.1998 Rückfrage gehalten. In der hiezu am 13.4.1998 noch innerhalb der Einspruchsfrist ergangenen Antwort verbindet der Beschuldigte neuerlich die Wirksamkeit des Einspruches - wobei er allerdings die Zukunftsform verwendet - mit der ihm offenbar bewußten Auswirkung einer Bestrafung auf ein Führerscheinverfahren und wollte dem Gehalt nach nur dann keinen Einspruch wirksam werden lassen, wenn von einem (in einem administrativrechtlichen Verfahren durchgeführten) Führerscheinentzug abgesehen werde.

Der Oö. Verwaltungssenat kommt nach Abwägung aller Für und Wider, bezüglich des Bestandes eines Einspruches der nicht alltäglichen Schriftsätze des Beschuldigten zum Ergebnis, daß die Eingaben des Beschuldigten vom 31.3.1998 im Zusammenhalt mit jener vom 13.4.1998 als Einspruch zu werten gewesen wäre, weil die Bezirkshauptmannschaft Freistadt nicht Wohnsitzbehörde war und über den Entzug einer Lenkerberechtigung nicht disponieren konnte, wodurch eine einem Einspruch beigefügte Bedingung in Querverbindung zu einem Administrativverfahren von ihr nicht erfüllt werden konnte und im übrigen grundsätzlich eine diesbezügliche Verquickung unzulässig erscheint. Damit kam jedoch als Parteiwille hervor, daß, weil eine solche Bedachtnahme von vorneherein ausschied und der Sachverhalt bestritten wurde, ein Einspruch gegeben war, der das Außerkrafttreten der gesamten Strafverfügung bewirkte. Dabei nahm der Oö. Verwaltungssenat daran Maß, daß in einem Verwaltungsstrafverfahren eine widersprüchliche oder unklare Ausdrucksweise des Beschuldigten nicht zu seinen Ungunsten ausgelegt wird.

Aus diesen Erwägungen heraus war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anzumerken ist, daß, nachdem durch die Willenserklärung des Beschuldigten ein Einspruch gegen die gesamte Strafverfügung anzunehmen ist und diese daher außer Kraft trat, eine spätere Einschränkung des Einspruches im Schriftsatz des Beschuldigten vom 11.6.1998 wirkungslos erscheinen muß und zu allen Fakten das ordentliche Verfahren durchzuführen sein wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Undeutliche Erklärung eines Beschuldigten gegen eine Strafverfügung mit der er unter Bedingungen "keinen Einspruch erhebt" aber Sachvorbringen erstattet werden nicht zu seinen Ungunsten ausgelegt. Im Zweifel liegt ein diesfalls rechtzeitiger Einspruch vor.

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