Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105885/4/BI/FB

Linz, 13.11.1998

VwSen-105885/4/BI/FB Linz, am 13. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn F S, L, H, vertreten durch RA B E, S, K, vom 12. Oktober 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28. September 1998, VerkR96-3666-1998, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich Schuld- als auch Strafausspruch mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt abgeändert wird: "... Sie haben als Zulassungsbesitzer des PKW Daimler-Benz mit dem Kennzeichen (D) trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Juli 1998, VerkR96-3666-1998, dieser Behörde nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug am 5. Juni 1998 um 16.56 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann, zumal Sie angegeben haben, daß das Fahrzeug auf dieser Fahrt in Österreich entweder von einem Familienmitglied oder einem Mitarbeiter gelenkt worden sei und Sie deshalb nicht in der Lage seien, die verlangte Auskunft zu geben...".

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 220 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 44a Z1, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.100 S (33 Stunden EFS) verhängt, weil er bis am 28. September der BH Grieskirchen, Manglburg 14-16, A-4710 Grieskirchen, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, als Zulassungsbesitzer des PKW der Marke Daimler-Benz mit dem behördlichen Kennzeichen (D) trotz schriftlicher Aufforderung der BH Grieskirchen vom 29. Juli 1998, VerkR96-3666-1998, nicht der hs. Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses oa Fahrzeug am 5. Juni 1998 um 16.56 Uhr im Gemeindegebiet von P, Bezirk G, Oberösterreich, auf der I A auf Höhe des Strkm 45,910 in Richtung W gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne, zumal er angegeben habe, daß dieses Fahrzeug auf dieser Fahrt in Österreich entweder von einem Familienmitglied oder einem Mitarbeiter gelenkt worden sei und er deshalb nicht in der Lage sei, die verlangte Auskunft zu geben. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen im wesentlichen geltend, er könne die ihm auferlegte Pflicht nicht erfüllen, zumal er auf Grund seiner familiären und geschäftlichen Verbindungen nach Österreich und den damit verbundenen wiederholten Fahrten mit seinen Fahrzeugen dorthin praktisch eine falsche Auskunft geben müßte, um der Forderung der Behörde nachzukommen. Dies könne aber nicht Sinn und Zweck der zitierten Bestimung sein. Er sei nicht aufzeichnungspflichtig gewesen und könne auch nachträglich keine solchen machen, weil er sich dabei wiederum nur auf Vermutungen stützen könnte. Es sei auch nicht zumutbar, 6 Wochen nach einem angeblichen Verkehrsverstoß den Lenker ermitteln zu müssen, wobei eine schnellere Kenntnis vom Tatvorwurf eher dazu beigetragen hätte. Die Behörden hätten jederzeit die Möglichkeit den Lenker am Tatort oder zumindest durch fotografische Dokumentation festzustellen, aber offenbar laufe das Strafverfahren darauf hinaus, jedenfalls den Halter des Fahrzeuges zu bestrafen, egal ob er selbst gelenkt hat oder den Lenker aus den genannten Gründen nicht mehr ermitteln kann. Die Grundlage für diese österreichische Rechtsvorschrift gehe aus dem Straferkenntnis nicht hervor.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß gegen den Lenker des deutschen PKW Anzeige erstattet wurde, wobei ihm zur Last gelegt wurde, am 5. Juni 1998 um 16.56 Uhr auf der A bei ABKm 45,910, Gemeindegebiet P, mit einer Geschwindigkeit von 169 km/h in Richtung W gefahren zu sein, obwohl dort nur eine Geschwindigkeit von 130 km/h erlaubt ist. Die Geschwindigkeit wurde mit dem stationären Radargerät Multanova 6FM, Nr.511, gemessen, vom gemessenen Wert gemäß den Verwendungsbestimmungen für Radargeräte dieser Bauart ein Toleranzabzug von 5 % vorgenommen und eine gefahrene Geschwindigkeit von 161 km/h der Anzeige und dem von der Erstinstanz eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt.

Vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg wurde als Zulassungsbesitzer (Halter) des genannten PKW der Rechtsmittelwerber bekanntgegeben. Gegen diesen wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Strafverfügung vom 14. Juli 1998 wegen Übertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 erlassen, die fristgerecht mittels Einspruch angefochten wurde. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Juli 1998 erging ein Ersuchen um Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, mit dem der Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kz. (D), aufgefordert wurde, dieser Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekanntzugeben, wer das KFZ am 5. Juni 1998 um 16.56 Uhr auf der A im Gemeindegebiet P gelenkt habe. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß bei verspäteter oder unrichtiger Auskunftserteilung eine Verwaltungsübertretung des Zulassungsbesitzers gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 vorliege. Das Schreiben wurde den Rechtsvertretern des Rechtsmittelwerbers am 4. August 1998 zugestellt. Mit Schreiben vom 14. August wurde mitgeteilt, dieser wäre selbstverständlich bereit zur Auskunftserteilung, aber diese sei wegen der verstrichenen Zeit nicht mehr möglich. Es sei möglich, daß ein Familienangehöriger oder ein Mitarbeiter das Fahrzeug auf der Strecke vom Wohnort in Deutschland nach N, wo sein Bruder einen Gastronomiebetrieb führe, gefahren sei. Er sei daher hinsichtlich des Lenkers auf Vermutungen angewiesen und zu einer Auskunftserteilung nicht in der Lage. Auch müsse er sich nicht selbst belasten.

Die Erstinstanz hat das Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der StVO 1960 wegen Nichterweisbarkeit eingestellt und den Rechtsmittelwerber von der Einstellung benachrichtigt. Gleichzeitig wurde ein Strafverfahren wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eingeleitet, wobei die Strafverfügung fristgerecht beeinsprucht wurde. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, daß derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines KFZ zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung - und zwar gemäß der Bestimmung des KFG 1967 und nicht mehr wegen des zur Lenkeranfrage geführt habenden Grunddeliktes der StVO 1960 - begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat. Im übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991, Nr.23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist im gegenständlichen Fall insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Rechtsmittelwerber hat über seine Rechtsvertreter auf die Lenkeranfrage vom 29. Juli 1998 nur insofern reagiert, als er mit Schreiben vom 14. August 1998 mitteilte, er sei nicht mehr in der Lage, den Fahrer zu ermitteln. Eine Auskunft im Sinne des Ersuchens wurde somit nicht erteilt und auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen hätte können. Der Umstand, daß der Rechtsmittelwerber auf das Schreiben überhaupt reagiert hat, vermag daran nichts zu ändern, daß er durch die Nichterteilung der gewünschten Auskunft in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der Unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer KFZ - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung war unmißverständlich. Wenn das Fahrzeug von mehreren Personen im Rahmen des Geschäftsbetriebes und von den Kindern gelenkt wird und der Zulassungsbesitzer allein aus dem Gedächtnis außerstande ist, Lenkerauskunft zu erteilen, hat er - zumindest in Österreich, wenn ihm in Deutschland solches nicht auferlegt ist - entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Er hat daher bei Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die Spruchänderung ist eher kosmetischer Natur.

Zur Strafbemessung ist auszuführen: Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung - zutreffend - als Milderungsgrund die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt, keine straferschwerenden Umstände gefunden und ein Nettoeinkommen von 2.000 DM sowie das Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen zugrundegelegt. Da diese Schätzung nicht angefochten wurde, ist sie auch dem Rechtsmittelverfahren zugrundezulegen. Die verhängte Strafe entspricht damit unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, als auch ist sie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen. Die Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens - § 134 Abs.1 KFG 1967 sieht Geldstrafen bis zu 30.000 S bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vor - und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Selbst wenn diese Verwaltungsstrafe in Deutschland nicht vollstreckt werden sollte, rechtfertigt dies keineswegs eine Einstellung des Verfahrens allein aus dieser Überlegung heraus und ändert das auch nichts an ihrer Vollstreckbarkeit in Österreich. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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