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VwSen-105902/5/Ki/Shn

Linz, 12.01.1999

VwSen-105902/5/Ki/Shn Linz, am 12. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Tatjana W, vom 20. Oktober 1998 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. Oktober 1998, GZ: Cst.-23.744/98, wegen einer Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straf- erkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat die Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 400 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BPD Linz hat mit Straferkenntnis vom 9. Oktober 1998, GZ: Cst.-23.744/98, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe als Zulassungsbesitzerin des Kfz, Kz., auf Verlangen der Behörde, der BPD Linz, binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung - zugestellt am 29.08.1998 bis 14.09.1998 - nicht eine dem Gesetz entsprechende Auskunft (unrichtig) darüber erteilt, wer dieses Kfz am 22.06.1998 um 11.52 Uhr gelenkt hat (übertretene Rechtsvorschrift § 103 Abs.2 KFG). Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 200 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Mit Schreiben vom 20.10.1998 hat die Bw, vertreten durch Manfred W, gegen das Straferkenntnis Berufung erhoben und begehrt, der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren in dubio pro reo einzustellen. I.3. Die BPD Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch eine Anfrage bei der österreichischen Botschaft in Warschau.

Von der Durchführung einer Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

I.5. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren resultiert nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

I.5.1. Mit Strafverfügung vom 4. August 1998 der BPD Linz wurde der nunmehrigen Bw eine Übertretung der StVO 1960 vorgeworfen. Gegen diese Strafverfügung erhob die Beschuldigte, vertreten durch Manfred W, einen Einspruch mit der Begründung, daß sie das Fahrzeug am 22.6.1998 um 10.00 Uhr vormittags bis 14.00 Uhr (Tatzeit 11.52 Uhr) Herrn Ivan T, geb. 1959 in Polen, wohnhaft in Warszawa-Poland (Polen), Pescpec 16/3/12, Internationaler Führerschein für PKW Nr.1764889N, ausgestellt 3.8.1971 in Warszawa-Poland, als Fahrer überlassen habe, der in Begleitung seiner Gattin war, die zwei Tage in Linz aufgetreten ist. Beide hätten keinen Wohnsitz in Österreich und seien zu Engagements am 23.6.1998 weiter gereist.

I.5.2. Mit Schreiben vom 9. Juli 1998 wurde die Bw dann von der BPD Linz gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 22.6.1998 um 11.52 Uhr in Linz, Dinghoferstraße stadteinwärts (nach rechts) Kreuzung mit der Mozartstraße (Rotlichtzeit 1,7 sec) gelenkt hat. Daraufhin erteilte die Beschuldigte am 29. August 1998 der BPD Linz die Auskunft, daß das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt von Herrn Ivan T, geb. am 15.8.1949 in Warszawa-Polen, wohnhaft Warszawa-Polen, Pescpec 16/3/12, Besitzer des Führerscheins der Gruppe B, ausgestellt von Rzegzpospolita-Polska, Seria A Nr.1764889N, gelenkt wurde. Weiters wurde ausgeführt, daß sie sich in der ursprünglichen Eingabe beim Geburtsdatum verschrieben habe.

I.5.3. Die BPD Linz hat in der Folge am 7. September 1998 an Herrn Ivan T, Pescpec 16/3/12, Warszawa-Polen, ein Schreiben gerichtet und zwar mit dem Ersuchen um Mitteilung, ob die Angabe der Beschuldigten der Tatsache entspricht. Das Schreiben konnte allerdings nicht zugestellt werden, es wurde mit dem Vermerk "rue inconnue" retourniert. I.5.4. Die BPD Linz hat daraufhin das angefochtene Straferkenntnis erlassen und in der Begründung darauf hingewiesen, daß aufgrund der Lenkerauskunft klar erscheine, daß die Beschuldigte der Behörde auf eine schriftliche Anfrage hin eine unrichtige Lenkerauskunft erteilt habe. Dies ergebe sich insbesondere dadurch, daß ein von der Behörde gerichtetes Schreiben nach Polen an Herrn Ivan T an der von ihr angeführten Adresse nicht zugestellt werden konnte. Bei der Strafbemessung wurde mildernd das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen berücksichtigt, erschwerende Umstände wurden keine festgestellt. Hinsichtlich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde davon ausgegangen, daß die Beschuldigte kein hiefür relevantes Vermögen besitzt, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten hat und ein Einkommen von mindestens 6.000 S netto monatlich bezieht.

I.5.5. In der Berufung vom 20. Oktober 1998 führt der Vertreter der Bw aus, daß er diejenige Person genannt habe, der das Kraftfahrzeug tatsächlich überlassen worden ist. Er sei termin- und fristgerecht seinen gesetzlich auferlegten Verpflichtungen nachgekommen.

Wenn ein Brief von der Behörde in Polen nicht zugestellt werden konnte und einen Vermerk "Straße unbekannt" aufwies, so würden viele Fakten eine Rolle spielen. Laut Lebenserfahrung wären Unverständlichkeiten, Sprachprobleme, verschiedene Postwesen, Schlampereien in Polen, in den ehemaligen Ostblockländern gang und gäbe.

Die Behauptung, es wäre eine unrichtige Lenkerauskunft vorsätzlich erteilt worden, entspreche nicht dem "fair trial".

Sie sei der polnischen Sprache nicht mächtig, traue sich aber zu, einen Führerschein als solchen zu erkennen. Außerdem habe ihr der Fahrer das Tanzdiplom seiner Gattin gezeigt, welches die gemeinsame Adresse aufwies, wie er glaubwürdig mitteilte. Es sei deshalb ohne Zweifel gewesen, da ihm vorher schon zweimal ohne jegliche Beanstandung ein Fahrzeug überlassen wurde. Sie habe ihre Pflicht zur Lenkerauskunft vollständig mit bestem Wissen und Gewissen erfüllt und trage für unzustellbare Post keine Verantwortung.

Im Hinblick auf die dargelegten Umstände wäre der Aussage zumindest "in dubio pro reo" Glauben zu schenken, jedenfalls sei nicht auszuschließen, daß die Bw zum Vorfallszeitpunkt den tatgegenständlichen PKW tatsächlich Herrn Ivan T überlassen habe.

I.5.6. Die Berufungsbehörde hat im Rahmen der Amtshilfe die österreichische Botschaft in Warschau um Mitteilung ersucht, ob die gegenständliche Anschrift in Warschau existiert bzw ob dort ein Herr "Ivan T" wohnhaft sei. Seitens der österreichischen Botschaft in Warschau wurde daraufhin am 16. November 1998 mitgeteilt, daß in Warschau keine Anschrift mit der Bezeichnung Pescpec 16/3/12 besteht. Nach Durchsicht des Telefonbuches von Warschau könne auch keine Eintragung auf den Namen Ivan T festgestellt werden.

I.5.7. Dieser Umstand wurde der Bw mit Schreiben vom 17. Dezember 1998 im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Die Bw reagierte daraufhin mit Schreiben vom 31. Dezember 1998 dahingehend, daß sie keine Schuld und schon gar nicht eine vorsätzliche Handlung treffe. Sie habe den Führerschein überprüft und die Adresse dem gemeinsamen Tanzdiplom entnommen.

I.6. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

Die Bw ist unbestritten Zulassungsbesitzerin des tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges und sie hat der BPD Linz die verfahrensgegenständliche Auskunft erteilt. Daß die von ihr angegebene Adresse in Warschau nicht existiert, ergibt sich einerseits daraus, daß eine entsprechende Briefsendung mit dem Vermerk "Straße unbekannt" retourniert wurde und andererseits aus den Recherchen der österreichischen Botschaft in Warschau, nach denen eine Anschrift mit der Bezeichnung Pescpec 16/3/12 nicht besteht. Demnach ist davon auszugehen, daß im Gesamten betrachtet, die von der Bw erteilte Auskunft unrichtig war.

In Anbetracht der Tatsache, daß sowohl eine Postzustellung an die von der Bw genannten Adresse unmöglich war bzw daß auch seitens der österreichischen Botschaft in Warschau festgestellt wurde, daß die genannte Adresse nicht existiert, muß die Rechtfertigung der Bw als bloße Schutzbehauptung angesehen werden. Demnach besteht der von der BPD Linz erhobene Tatvorwurf zu Recht. Im übrigen wird festgestellt, daß zur Verwirklichung des vorgeworfenen Tatbestandes fahrlässiges Verhalten genügt (§ 5 Abs.1 VStG). Danach kann das Tatbild der gegenständlichen Rechtsnorm auch dann verwirklicht werden, wenn der Zulassungsbesitzer jemanden das Fahrzeug überläßt, ohne dafür Sorge zu tragen, daß er allenfalls eine entsprechende Auskunft erteilen kann. Überläßt er das Fahrzeug trotzdem, so hat er auch die allfälligen Konsequenzen einer unrichtigen Lenkerauskunft zu tragen.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird darauf hingewiesen, daß die verletzte Verwaltungsvorschrift vor allem dazu dient, daß Übertretungen der Verkehrsvorschriften auch in den Fällen wirkungsvoll geahndet werden können, in denen das Fahrzeug nicht angehalten werden konnte.

Gerade im Hinblick darauf, daß das der Anfrage zugrundeliegende Grunddelikt (Nichtbeachtung des Rotlichtes der Verkehrslichtsignalanlage) eine enorme Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nach sich ziehen kann, wäre der Feststellung des wahren Lenkers eine besondere Bedeutung zugekommen. Das Verhalten der Bw wegen des nichtdurchgeführten Strafverfahrens gegen den wahren Lenker hat somit negative Folgen für die Verkehrssicherheit nach sich gezogen.

Es ist daher gerade auch in den Fällen des § 103 Abs.2 KFG eine äußerst strenge Bestrafung geboten und es ist bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 30.000 S) die von der Erstbehörde verhängte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe durchaus tat- und schuldangemessen. Die BPD Linz hat bereits die bisherige Unbescholtenheit der Bw als strafmildernd gewertet, straferschwerend werden auch seitens der Berufungsbehörde keine Umstände festgestellt. Die von der BPD Linz der Bestrafung zugrundegelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse werden nicht bestritten, das Ausmaß der festgelegten Geldstrafe ist diesen sozialen Verhältnissen durchaus angemessen.

I.7. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß die Bw durch das angefochtene Straferkenntnis nicht ihren Rechten verletzt wurde, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Übertretung des § 103 (2) KFG auch fahrlässig möglich

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