Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106757/35/BI/FB VwSen106758/32/BI/FB

Linz, 06.04.2000

VwSen-106757/35/BI/FB

VwSen-106758/32/BI/FB Linz, am 6. April 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung des Herrn T S, A, L, vertreten durch Rechtsanwälte G L T & Partner, E, L, vom 9. Dezember 1999 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. November 1999, III-S 8767/99 V1S, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes 1967, soweit die Berufung gegen Punkt 1) gerichtet war, durch seine 4. Kammer (Vorsitz: Mag. Kisch, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß), und soweit sie gegen die Punkte 2), 3), 4) und 5) gerichtet war, durch sein Einzelmitglied Mag. Bissenberger auf Grund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 17. und 29. März 2000 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils im Zweifel eingestellt, wobei Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960, 3) §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960, 4) §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.1 FSG und 5) §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 18.000 S (18 Tagen EFS), 2) 1.500 S (2 Tagen EFS), 3) 2.000 S (4 Tagen EFS), 4) 500 S (18 Stunden EFS) und 5) 300 S (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 12. März 1999 um ca 17.50 Uhr in L, W (M-Parkplatz), das Kfz Kz.

1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe, da der Alkoholgehalt mindestens 1,014 mg/l betragen habe,

2) es als Lenker dieses Kfz unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben sei,

3) es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, da er nach dem Verkehrsunfall, noch vor der polizeilichen Aufnahme, alkoholische Getränke konsumiert habe,

4) am 12. März 1999 um 19.15 Uhr als Lenker des Kfz den für das von ihm gelenkte Kfz vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt und daher auf Verlangen einem Straßenaufsichtsorgan nicht ausgehändigt habe,

5) als Lenker dieses Kfz auf der Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 2.230 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Im Punkt 1) wurde eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt, sodass die Zuständigkeit der 4. Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben war; in den übrigen Punkten betrugen die Geldstrafen unter 10.000 S, daher war diesbezüglich durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 17. und 29. März 2000 wurde gemäß § 51e Abs.7 VStG eine gemeinsame öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters Mag. D, der Zeugen T, H, G, A, N, S, W, RI S und Insp. K durchgeführt; ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.

3. Der Bw beharrt - wie schon im erstinstanzlichen Verfahren - darauf, den genannten PKW nicht gelenkt zu haben und rügt die Nichteinholung eines kfztechnischen Sachverständigen-Gutachtens zum Beweis dafür, dass damit geklärt hätte werden können, ob es überhaupt aus technischer Sicht möglich gewesen wäre, dass die Beschädigung des PKW T von seinem PKW stammte. Er legt dazu zwei Lichtbilder von der verbogenen Kennzeichentafel am PKW T und der Stoßstange seines PKW vor, der keine Schleif- oder Kratzspuren aufweise, und macht geltend, dass die Beschädigung an der Kz-Tafel augenscheinlich nicht von der Stoßstange seines PKW verursacht werden konnte und dass es zwischen den beiden Fahrzeugen keine wie immer geartete Kollision gegeben habe. Er macht weiters geltend, damit hätte auch die Aussage der Zeugin W widerlegt werden können. Diese sei in mehrfacher Hinsicht unglaubwürdig, sowohl hinsichtlich ihrer Anstoßschilderung als auch ihrer Beschreibung seiner Kleidung und äußeren Erscheinung.

Der Zeuge T gebe an, er habe seinen PKW erst gegen 17.00 Uhr auf dem Parkplatz des I abgestellt. Die Zeugin G habe sich nach eigenen Angaben seit 16.00 Uhr bis zum Eintreffen der Polizei im Lokal aufgehalten, ebenso wie er selbst. Es bestehe kein Grund, seine Verantwortung als Schutzbehauptung abzuqualifizieren. Die Zeugin W sei bei der Erstinstanz auch nicht zur genauen "Tatzeit" befragt worden. Wenn überhaupt, habe sich der Vorfall nach 17.00 Uhr ereignet, und zu dieser Zeit habe er sich im Lokal aufgehalten.

Beantragt wird eine mündliche Verhandlung samt seiner Einvernahme sowie Befragung von A G und P W und der einschreitenden Beamten als Zeugen, Beiziehung eines Kfz-Sachverständigen, im Übrigen Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu Herabsetzung der verhängte Strafen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Einholung eines kfz-technischen Gutachtens des Amtssachverständigen DI H sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Zeugin W fuhr mit ihren beiden Kindern am 12. März 1999 gegen 17.45 Uhr mit ihrem PKW zum Einkaufen ins I, wo sich auch der M befindet, der am Freitag bis 19.00 Uhr geöffnet ist. Nach eigener Schilderung schloss sie auf dem Parkplatz auf einen PKW auf, der schräg auf der Fahrbahn stand, um rückwärts nach links in den ersten Eckparkplatz in der Nähe des Haupteinganges, vermutlich in der dritten Reihe vom Haupteingang gezählt und rechts von diesem gelegen, einzubiegen. Die Zeugin wartete auf das Freiwerden der Fahrbahn und stellte fest, dass der Lenker des PKW mit solchem Schwung in die Parklücke fuhr, dass er mit dem hinter ihm stehenden dunklen BMW, Kz , Stoßstange an Stoßstange kollidierte. Die Zeugin bemerkte ein "Wackeln" des abgestellten BMW und auch, dass Passanten sich nach dem PKW umdrehten, konnte sich aber nicht an ein Anstoßgeräusch erinnern. Sie gab an, dass offenbar auch der ihr unbekannte Lenker den Anstoß bemerkt haben musste, weil er, nachdem er ein kurzes Stück nach vor gefahren war, ausstieg und die Anstoßstelle ansah, dann aber ins I ging. Den Lenker beschrieb sie als etwa 1,80 großen Mann von stärkerer Statur mit längeren brünetten bis braunen Haaren, der eine langärmelige vermutlich blaue Jeansjacke trug und einen ungepflegten Eindruck machte. Er sei schnell gegangen; sonst seien ihr keine Besonderheiten an ihm aufgefallen. Sie notierte das Kennzeichen des PKW, , ging einkaufen und sah beim Vorbeigehen den Lenker im Lokal "B" nahe dem Haupteingang des I sitzen, wobei sich bei ihm ein kleiner heller Hund, den sie als Schoßhund bezeichnete, befand.

Als sie etwa gegen 18.15 Uhr vom Einkaufen zurückkam und bereits den Parkplatz verlassen wollte, sah sie beim Vorbeifahren am BMW den Zeugen T, der etwas in den Kofferraum einräumte. Sie teilte ihm mit, sie habe beobachtet, dass jemand an seinen PKW angefahren sei. Der Zeuge T besichtigte seinen PKW vorne und ersuchte sie "für alle Fälle" um ihre Telefonnummer, die sie ihm gab, bevor sie heimfuhr.

Der Zeuge T bestätigte bei seiner Einvernahme, dass ihm beim Einräumen der gekauften Lebensmittel am Parkplatz eine Frau mitgeteilt habe, dass ihm jemand an seinen PKW vorne angefahren sei. Sie habe ihm auch einen Zettel mit dem Kennzeichen gegeben und ihre Telefonnummer. Er habe festgestellt, dass an seinem BMW vorne das Kennzeichen verbogen und dessen Halterung und die dahinter befindliche Leiste an der Stoßstange kaputt gewesen seien. Er habe zunächst auf dem Parkplatz gewartet und sei ins Lokal "B" gegangen, um den Unfalllenker zu suchen. Der Bw habe abgestritten, mit dem Unfall etwas zu tun zu haben; er habe kein Geld von ihm verlangt. Er habe schließlich die Polizei geholt und den Beamten die Telefonnummer der Zeugin W gegeben. Von der Versicherung des Bw habe er nach Schadensbegutachtung 1.000 S bekommen, den Schaden aber nicht beheben lassen.

Der Bw hat nach eigenen Aussagen um etwa 13.00 Uhr zusammen mit den Zeugen A und N den Parkplatz des Infracenters aufgesucht, zumal der Zeuge A nach übereinstimmenden Aussagen den PKW des Bw ausprobiert hat. Er ließ den PKW auf einem Eck-Parkplatz stehen, trank noch mit dem Bw Kaffee und fuhr dann mit dem Zeugen N zurück zur Arbeitsstelle. Der Bw ging ins Lokal "B", wo an diesem Nachmittag die Geburtstagsfeier der Zeugin H mit Stammgästen des Lokals stattfand. Der Bw bestritt, seinen PKW an diesem Tag überhaupt gelenkt zu haben und gab an, er sei etwa ab 13.00 Uhr im Lokal gewesen und habe nur einmal am Nachmittag mit der Zeugin G ein Geschenk für die Zeugin H besorgt. Ansonsten sei er nur kurz auf der Toilette und mit seinem Hund auf dem Parkplatz auf der anderen Seite des I gewesen. Ab 16.00 Uhr habe er das Lokal nicht mehr verlassen. Er habe zuerst wie üblich Kaffee, dann aber doch möglicherweise 13 Seidel Bier und kleine Fläschchen Schnaps ("Kleiner Feigling") getrunken, die er nicht gezählt habe. Er habe einen Teil selbst bezahlt, sei aber auch eingeladen worden.

Um etwa 18.30 Uhr sei ein Mann - ob es der Zeuge T war, konnte er nicht mehr sagen - gekommen, habe ihn beschuldigt, sein Auto beschädigt zu haben, und wollte Geld für den angeblichen Schaden, was er aber verweigert habe, weil er nicht gefahren sei. Er habe danach auch noch Bier getrunken, möglicherweise einen Pfiff (0,2 l ) oder ein Seidel. Er habe damals 85 bis 90 kg gehabt.

Später sei die Polizei gekommen. Der Polizist habe die Papiere verlangt, die im Auto eingesperrt seien. Er habe sich aber geweigert, das Auto aufzusperren, und auch den Schlüssel nicht gefunden. An seinem PKW sei kein Schaden zu sehen gewesen. Es hätte jederzeit die Möglichkeit bestanden, Geld beim Bankomat zu beheben und dem angeblich Geschädigten zu geben, wenn er den Schaden tatsächlich verursacht hätte, aber er habe den PKW nicht gelenkt. Es habe dazu kein Grund bestanden; noch dazu sei es schwer, dort am Freitag um diese Zeit wieder einen Parkplatz zu finden, außerdem habe er nur 7 Gehminuten nach Hause. Er habe das Auto stehen lassen wollen, weil er entgegen seiner ursprünglichen Absicht Alkohol getrunken habe. Er habe beim Wachzimmer N einen Alkotest gemacht, der positiv verlaufen sei. Er habe am Abend noch den Zeugen A angerufen, der zusammen mit dem Zeugen N gekommen sei. Sie hätten die Fahrzeuge besichtigt und ebenfalls keinen Schaden festgestellt, wobei ihrer Meinung nach der PKW noch auf dem selben Parkplatz gestanden sei.

Der Bw hat den Besichtigungsbericht samt Gutachten des ÖAMTC vom 24. März 1999 über den Schaden am PKW T, BMW 5er-Reihe TD E34, Erstzulassung 1988, vorgelegt, wonach unter "Beschreibung der möglichen kausalen Schäden" angeführt ist: "Anstoß Stoßstange vorne Mitte: Stoßstangenleiste vorne oben Mitte Einkerbung und Kennzeichen vorne leicht deformiert". Weiters wird ein (nicht kausaler) Schaden "Tür links hinten oben kleine Delle" beschrieben. Die voraussichtlichen Reparaturkosten wurden mit 1.447 S incl MWSt beziffert.

Den Aufenthalt des Bw samt Alkoholkonsum im Lokal "B" haben die Zeugen I H, C S und A G bei ihren Einvernahmen bestätigt, wobei sie sich aber hinsichtlich der Uhrzeiten nicht festlegen konnten. Bei der Geburtstagsfeier waren 10 bis 15 Personen anwesend. Die Zeugin H bestätigte, dass ein Mann um etwa 18.30 Uhr - erfolglos - vom Bw 2.000 S verlangte. Die Zeugin G konnte nicht ausschließen, dass der Bw, nachdem er mit ihr bis ca 16.30 Uhr einkaufen war, das Lokal einmal verlassen hat, hat aber von einem Unfall nichts mitbekommen. Erst als die Polizei gekommen war, seien alle auf den Parkplatz hinausgegangen und sie habe von beiden PKW Fotos angefertigt - nämlich diejenigen, die mit der Berufung vorgelegt wurden. Bestätigt wurde auch, dass der Bw am Nachmittag ein- oder zweimal kurz das Lokal verließ und Richtung Toiletten ging, die auf der dem Hauptausgang gegenüberliegenden Seite des I gelegen sind - das Lokal "B" ist zur Passage hin offen, sodass nach übereinstimmenden Aussagen aufgefallen wäre, wenn er Richtung Hauptausgang auf den Parkplatz gegangen wäre. Der Zeuge S hat ausgeführt, er sei ab etwa 16.30 Uhr mit des Bw am Tisch gesessen und habe sich gegen 18.20 Uhr verabschiedet. Er hat von einem Verkehrsunfall nichts mitbekommen, aber auch nichts vom Schnapskonsum des Bw. Bestätigt wurde auch, dass der Bw seinen Hund, einen weißen Zwergpekinesen, im Lokal dabeihatte, laut Aussagen der Zeugin G hatte er ihn auch beim Einkaufen auf dem Arm. Der Bw trug nach übereinstimmenden Aussagen blaue Jeans, ein ärmelloses blaues Jeanshemd und eine (rot-)braune Lederjacke.

Die Zeugen A und N, die nicht zur "Geburtstagsgesellschaft" gehörten, bestätigten die Verantwortung des Bw, wonach der Zeuge A den PKW zwecks Ausprobieren der Automatik zum Parkplatz gelenkt und dort auf dem Eckparkplatz nahe der Durchfahrt in der zweiten oder dritten Reihe rechts vom Haupteingang abgestellt hat. Beide Zeugen geben an, der PKW sei am Abend auf demselben Parkplatz und in der selben Position gestanden, wie vom Zeugen A abgestellt. Dieser konnte sich aber nicht erinnern, ob er den PKW nach rückwärts eingeparkt hat oder über einen anderen Parkplatz auf den letztlich gewählten fuhr. Der PKW sei zwar rundherum schmutzig, aber Spuren eines Unfalls nicht erkennbar gewesen.

Der Meldungsleger Insp. K gab an, er sei zwischen 18.00 und 19.00 Uhr des 12. März 1999 von einem Verkehrsunfall beim I verständigt worden und zusammen mit RI S dorthin gefahren, wo der Zeuge T ihnen von der Mitteilung der Zeugin W berichtete. Die beiden PKW standen im Abstand von etwa 30 cm auf zwei aufeinanderfolgenden Parkplätzen, wobei die Höhe der Schäden vermessen und Fotos angefertigt worden seien. Er habe beim PKW des Bw, von hinten gesehen rechts vom Kennzeichen, eine Abriebspur an der Stoßstange festgestellt; es sei nicht bloß Schmutz gewesen. Bei der Nachmessung hätten die Schäden seiner Meinung nach übereingestimmt und dem Anschein nach hätte sich das Zustandekommen der Schäden nur auf diese Art, wie vom Zeugen T geschildert, erklären lassen; er sei aber kein Experte. Der PKW des Bw sei gegenüber dem des Zeugen T etwas nach links versetzt gestanden, dh die Fahrzeuge seien nicht in einer Linie gestanden. Die Abriebspur am PKW des Bw habe sich genau gegenüber dem vorderen Kennzeichen des PKW T befunden. Der Zeuge verwies dazu auf die der Anzeige beigeschlossenen Fotos und führte aus, der Bw sei von sich aus aus dem Lokal gekommen und habe sich als Zulassungsbesitzer des PKW bezeichnet, ohne seinen Namen zu nennen. Er habe aber sofort betont, er sei nicht gefahren, und sofort mit Beschimpfungen begonnen. Er habe sich trotz Aufforderung geweigert, seine Papiere vorzuweisen und wollte ins Lokal zurück, worauf er angehalten und immer aggressiver geworden sei.

Inzwischen wurde von Beamten des Wachzimmers N die Zeugin W verständigt, die sich zu einer Gegenüberstellung bereiterklärte. Diese wurde in der Form durchgeführt, dass sie im PrivatPKW am Bw, der mit den Beamten auf Höhe des Haupteingangs auf dem Parkplatz stand, vorbei auf das Parkdeck fuhr. Nach eigenen Angaben erkannte die Zeugin den Bw, den sie zuerst von der Seite und beim Auffahren auf das Parkdeck aus von ihr geschätzten 10 m Entfernung von der Seite sah, wieder und teilte den Beamten mit, dass es sich beim Bw um den von ihr beobachteten Lenker des PKW beim Anstoß handelte. Dem Meldungsleger wurde das Ergebnis bzw die Aussage der Zeugin über Funk mitgeteilt. Darauf angesprochen nannte der Bw seinen Namen.

Dem Meldungsleger fiel am Bw die augenscheinlich starke Alkoholisierung auf, insbesondere der deutliche Alkoholgeruch der Atemluft, die roten Augen und der schwankende Gang, sodass er ihn schließlich zum Alkotest beim Wachzimmer N aufforderte. Der Bw leistete nach einigem Zureden der Aufforderung Folge. Der Alkotest ergab laut dem der Anzeige beiliegenden Messstreifen um 20.09 Uhr eine AAK von 0,93 mg/l, um 20.11 Uhr eine solche von 0,91 mg/l, wobei die Messungen verwertbar waren. Als Trinkmengen wurden ca 13 Seidel Bier genannt, davon eines nach der angeblichen Unfallzeit 17.50 Uhr.

Der Meldungsleger gab an, der Bw habe sich mehrmals selbst widersprochen, insbesondere hinsichtlich des Fahrzeugschlüssels, den er zuerst nicht bei sich gehabt, im Wachzimmer aber doch in der Hosentasche gefunden habe, und hinsichtlich einer Medikamenteneinnahme (1 Seroprom zu Mittag), die er wieder abstritt.

Im Übrigen wurde festgestellt, dass in der Anzeige Aussagen enthalten waren, die die Zeugen übereinstimmend abgestritten hatten. Insbesondere wurde als Angabe des Zeugen T angeführt, die Zeugin W habe ihm mitgeteilt, der Lenker sei offensichtlich alkoholisiert gewesen, weil er nach der Kollision mit schwankendem Gang ins I gegangen sei. Die Zeugin W sagte aber lediglich aus, der Lenker sei schnell gegangen, von einer Alkoholisierung hat sie nach eigenen Angaben nichts bemerkt und auch zum Zeugen T nichts gesagt, was dieser bestätigte. Der Meldungsleger hat ausgeführt, er habe zwar mitgeschrieben, könne sich aber diesen Teil der Anzeige nicht erklären.

RI S bestätigte die Aussage des Zeugen T über die Mitteilung der Zeugin W und, dass die beiden Unfallfahrzeuge etwa beim Eingang des I bei guter künstlicher Beleuchtung abgestellt gewesen seien, konnte sich aber nicht mehr an Details erinnern. Die Schäden seien vermessen und fotografiert worden und hätten augenscheinlich übereingestimmt. Der Bw sei von sich aus aus dem I gekommen, habe aber immer abgestritten, das Fahrzeug gelenkt zu haben. Auch ihm sei der Alkoholgeruch und der schwankende Gang des Bw aufgefallen und sein Kollege habe bei der Amtshandlung mitgeschrieben. Der Bw sei aber aggressiv geworden, habe auch etwas von Kickboxen gesagt und sogar Kampfstellung eingenommen, sodass sie vorsichtig geworden seien. Es sei auch eine Gegenüberstellung mit der Zeugin W erfolgt; die Modalitäten seien vom Wachzimmer ausgemacht worden. Er habe davon nichts mitbekommen und die Zeugin nie gesehen. Es sei nur über Funk bekannt gegeben worden, dass die Zeugin den Bw als Unfall-Lenker erkannt hätte. Der Bw habe einen ungepflegten Eindruck gemacht. Er konnte sich erinnern, dass dieser die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden gehabt und vermutlich eine schwarze Lederhose getragen habe. Beim Alkotest war er nicht anwesend.

Laut Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen DI H vom 20. März 2000, das allein auf der Grundlage der im Akt befindlichen Fotos erstellt wurde, sind die unregelmäßigen Verbiegungen des Kennzeichens am PKW T nicht durch den Anstoß mit der glatten Stoßstange des PKW des Bw erklärbar, sondern deuten vielmehr auf eine Beschädigung mit einem kleineren Gegenstand (Anhängevorrichtung oä) hin. Beim Anfahren mit der Stoßstange wäre nach Auffassung des Sachverständigen eine durchgehende horizontale Biegekante am Kennzeichen zu erwarten, sodass der Schaden am PKW T nicht mit der erforderlichen Sicherheit dem Bw angelastet werden könne.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu der Auffassung, dass nach den glaubwürdigen Aussagen der Zeugin W, der der Bw und sein PKW unbekannt waren, jedenfalls kein Zweifel besteht, dass der PKW um etwa 17.50 Uhr gelenkt wurde, wobei auch ein Anstoß am PKW T erfolgt ist, zumal ansonsten die Zeugin keinen Anlass gehabt hätte, mit diesem Kontakt aufzunehmen und den Bw im Lokal zu beobachten. Sie hat aber nach eigenen Angaben nicht geprüft, ob durch den Anstoß überhaupt Schaden entstanden ist, und wollte zunächst auch gar nichts unternehmen, bis sie zufällig den Zeugen T sah.

Diesbezüglich stehen den Angaben der beiden Polizeibeamten, wonach tatsächlich an beiden PKW Schäden ersichtlich waren - nämlich auch am PKW des Bw in Form eines Abriebes, nicht bloß einer Wischspur auf der zweifellos stark verschmutzten Stoßstange - die Aussagen der Zeugen A, N, G und H gegenüber, wonach keinerlei Beschädigung am PKW des Bw zu finden war. Die der Anzeige beigelegten, von der Polizei angefertigten Fotos sind zwar groß und farbig, lassen aber nicht erkennen, ob die auf der Stoßstange des PKW des Bw ersichtliche Spur von einem Kunststoffabrieb oder von einer Spur im Schmutz herrührt. Auch die Höhe der angeblichen Schäden ist mit "40 bis 50 cm" etwas ungenau beschrieben und lässt sich auch nicht ersehen, ob die Anstoßfronten der beiden PKW parallel oder doch in einem kleinen Winkel vorgefunden wurden. So ließe sich nämlich das Vorhandensein der nur in der Mitte des Kennzeichens am PKW T ersichtlichen Verbiegung erklären, zumal am PKW des Bw kein vorstehender Teil, mit dem diese Verbiegung zugefügt worden sein könnte, zu finden ist. Auf Grund des im Besichtigungsbericht des ÖAMTC beschriebenen nicht kausalen Schadens des 1988 erstmals zugelassenen PKW T ist auch nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, dass im Bereich des vorderen Kennzeichens bereits ein Vorschaden vorhanden war. Dazu sind aber allein auf der Grundlage der Fotos keine genauen Aussagen möglich.

Die Zeugin W hat den Lenker beschrieben als 1,80 m großen, etwas korpulenten Mann mit längerem brünetten bis braunem Haar. Sie hat bei ihrer Einvernahme bei der Erstinstanz diese Beschreibung aufrechterhalten und es wurde ihr ein zu dieser Zeit etwa fünf Jahre altes Foto des Bw, das einem Passantrag beigeschlossen war, ihrer Erinnerung nach in Kopie, gezeigt, auf dem sie ihn nach eigenen Angaben wiedererkannt hätte. Sie konnte sich zwar an einen kleinen hellen "Schoßhund" erinnern, wusste aber nicht mehr, ob dieser bereits dabei war, als der Lenker nach dem Unfall ins I ging, oder ob sie ihn erst später gesehen hat. Laut ihrer Aussage vor der Erstinstanz hatte der Lenker den Hund auf dem Weg zum Lokal auf dem Arm, bei der mündlichen Verhandlung konnte sie sich erinnern, dass der Hund, als sie am von der Passage aus einsehbaren Lokal vorbeiging, beim Bw saß, und dass er den Hund bei der Gegenüberstellung auf dem Arm hatte. Sie betonte, sie habe von ihrem Blickwinkel aus nach dem Anstoß keine Anzeichen einer Alkoholisierung beim Lenker entdeckt und auch diesbezüglich nie etwas gesagt, weder zum Zeugen T noch zu Polizeibeamten. Sie hat auch angegeben, den Lenker bei der Gegenüberstellung auf dem Parkplatz aus einer Entfernung von ca 10 m erkannt zu haben. Er habe Jeans getragen und einen ungepflegten Eindruck gemacht, was für sie Anlass zur Vorsicht gewesen sei, sodass sie die Polizei ersucht habe, die Gegenüberstellung nicht persönlich, sondern auf die beschriebene Weise machen zu dürfen. Diese Aussagen sind durchaus nachvollziehbar und allein vom guten persönlichen Eindruck, den die Zeugin bei der mündlichen Verhandlung am 29. März 2000 hinterlassen hat, her glaubhaft.

Der Bw war bei der Verhandlung am 17. März 2000 persönlich anwesend, wobei festgestellt wurde, dass er lange, über die Schulter reichende, eher graue Haare hat, die im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. RI S hat dezidiert bestätigt, dass der Bw auch am Vorfallstag einen Pferdeschwanz hatte, von dem aber die Zeugin W offenbar nichts bemerkt hatte, obwohl sie zu eventuellen Besonderheiten am von ihr beobachteten Lenker nach dem Unfall genau befragt wurde. Auch bei ihrer Aussage vor der Erstinstanz hat sie nichts von einem Pferdeschwanz erwähnt. In der Anzeige wurde lediglich der Inhalt der Mitteilung der Zeugin an den Zeugen T wiedergegeben, nicht aber ihre eigene Aussage - die beiden Beamten haben die Zeugin gar nicht zu Gesicht bekommen - und es wurde mit ihr auch (zB im Wachzimmer von anderen Beamten) keine Niederschrift aufgenommen, der die erforderlichen Details zu entnehmen wären.

Weiters fällt auf, dass der Meldungsleger beim Bw, den er erstmals um etwa 19.15 Uhr gesehen hat, sofort einen stark schwankenden Gang wahrnahm, den er als Alkoholisierungsmerkmal deutete. Als letztes Getränk nach 18.00 Uhr wurde vom Bw lediglich ein (Seidel oder Pfiff) Bier genannt, der vom Meldungsleger und auch im erstinstanzlichen Verfahren als "Nachtrunk" angenommen wurde. Es liegt die Vermutung nahe, dass der Bw, wäre er der von der Zeugin beobachtete Lenker gewesen, schon um 17.50 Uhr Anzeichen eines schwankenden Ganges haben hätte müssen, da er schon zu dieser Zeit immerhin ca 12 Seidel Bier und mehrere Fläschchen "Kleiner Feigling" konsumiert hatte. Die Zeugin beschrieb aber bei genauer Befragung in der mündlichen Verhandlung den Gang des Unfall-Lenkers keineswegs als unsicher oder gar schwankend, sondern nur als eilig und zielstrebig.

Beim unabhängigen Verwaltungssenat bestehen auf dieser Grundlage erhebliche Zweifel, ob die Zeugin W bei ihrer Wahrnehmung des Unfalls tatsächlich den Bw gesehen hat. Auf Grund der obigen Überlegungen ist auch nicht auszuschließen, dass der Bw gemäß seiner von Anfang an gleichbleibenden Verantwortung seinen PKW an diesem Nachmittag und Abend tatsächlich nicht selbst gelenkt hat, obwohl er andererseits - vom Zeugen A bestätigt - betonte, er habe den Fahrzeugschlüssel von diesem zurückerhalten und nicht an jemanden weitergegeben.

Auffällig ist aber auch, dass sich die Zeugen G, H und S doch im Wesentlichen genau an Einzelheiten des Nachmittags, insbesondere an die Kleidung des Bw und seinen angeblich ständigen Aufenthalt im "B" mit Ausnahme von ein oder zwei kurzen Wegen Richtung Toilette erinnern konnten. Es ist eher ungewöhnlich, dass jemand nach über einem Jahr die Kleidung eines von 10 bis 15 Gästen einer Geburtstagsfeier genau beschreiben kann und über dessen Anwesenheit bzw die Richtung beim Weggehen genaue Aussagen machen kann, wenn andererseits bestätigt wurde, dass sich, wie es durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, alle Gäste miteinander unterhalten, dabei die Tische gewechselt und etwas getrunken haben. Der Meldungsleger Insp. K erinnerte sich an eine schwarze Lederhose beim Bw, die Zeugin W an Jeans. Konkrete Aussagen lassen sich auf dieser Grundlage nicht treffen, zumal der Bw auch nicht fotografiert wurde.

Zum Schaden am PKW T ist auszuführen, dass, wenn dieser bereits vor dem Vorfall beschädigt war, was wegen der Endstellung der Fahrzeuge und der Art des Schadens eher nicht auszuschließen ist, aber vom Zeugen T heftig dementiert wurde, durchaus sein kann, dass zwar ein Anstoß stattfand, dieser jedoch keinen Schaden nach sich zog. Aus den Fotos lässt sich keine konkrete Aussage dahingehend treffen, weil sich auch die Stoßstangen der beiden PKW nicht in gleicher Höhe zu befinden scheinen. Diesbezüglich wäre eine genaue Unfallaufnahme als Grundlage für ein aussagekräftiges Gutachten erforderlich gewesen; diese Beweissicherung ist nicht nachholbar. Das Argument des Bw, ein Gutachten hätte belegt, dass tatsächlich überhaupt kein Anstoß erfolgte, erscheint auf Grund der Aussage der Zeugin W nicht zwingend.

Im Hinblick auf Unsicherheiten in der Aussage W und einige aufgezeigte Widersprüche, die auch im durchgeführten aufwendigen Beweisverfahren nicht ausgeräumt werden konnten, vertritt der unabhängige Verwaltungssenat nach gründlicher Abwägung aller Fakten die Auffassung, dass nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich der Bw der Lenker des auf ihn zugelassenen PKW zu der Zeit war, als die Zeugin W einen Anstoß an das Fahrzeug des Zeugen T wahrnahm.

In beweisrechtlicher Hinsicht war daher im Zweifel zugunsten des Bw das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten zu beheben und das jeweilige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, weil die ihm zur Last gelegten Taten nicht erwiesen werden konnten. Auf dieser Grundlage entfällt auch die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Kisch Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Beweisverfahren ergab, dass an der Lenkereigenschaft des Bw erhebliche Zweifel bestehen -> Einstellung.

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