Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106903/2/Kei/Km

Linz, 08.06.2001

VwSen-106903/2/Kei/Km Linz, am 8. Juni 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S

  Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der H G, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J B, Dr. J H und M. B T, LL.M., K 8, 4 E, gegen die Spruchpunkte 1. und 2. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17. Februar 2000, Zl. VerkR96-173-1999-Mg/Hel, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:  

  1. Der Berufung wird im Hinblick auf den Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieser Spruchpunkt wird aufgehoben und diesbezüglich wird das Verfahren eingestellt.
  2. Im Hinblick auf den Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses wird der Berufung mit der Maßgabe, dass der Spruch des Spruchpunktes 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 1.000 S (entspricht  72,67 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt wird. Statt "Foge" wird gesetzt "Folge".   Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, §45 Abs.1 Z1 und § 51 Abs.1 VStG.  

  3. Die Berufungswerberin hat im Hinblick auf den Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Straferkenntnisses keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten. Im Hinblick auf den Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, ds. 100 S (entspricht 7,26 Euro), zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte im Hinblick auf den Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses zu entfallen.
  4.  

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2, § 65 und § 66 Abs.1 VStG.       Entscheidungsgründe:   1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise wörtliche Wiedergabe): "Sie haben am 26. Jänner 1999, gegen 18.30 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E im Stadtgebiet von E beim Haus D Nr. 15 gelenkt, dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und haben es in der Foge als eine mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehende Person unterlassen,

  1. sofort anzuhalten, und
  2. die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen oder Ihren Namen und Ihre Anschrift jenen Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, nachzuweisen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 4 Abs.1 lit.a in Verbindung mit § 99 Abs.2 lit.a der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159/1960 i.d.g.F. (StVO 1960)
  2. § 4 Abs.5 in Verbindung mit § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt: Geldstrafen von

  1. S 3.000,--
  2. S 2.500,--

falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von

  1. 117 Stunden
  2. 84 Stunden

gemäß

  1. § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960
  2. § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52/1991 i.d.g.F. (VStG) zu zahlen: S 550,-- Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 6.050,-- Schilling (= Euro 439,67). Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."   2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor: Es konnte von der Beschuldigten wahrgenommen werden, dass sie sich dem abgestellten PKW näherte, nicht jedoch, dass sie mit diesem kollidiert sei. Es bestand keine Veranlassung für die Beschuldigte im Zuge des Ausparkmanövers sich zu vergewissern, ob eine Kollision stattgefunden habe, wenn der Zusammenstoß weder akustisch noch durch einen Stoß wahrgenommen werden konnte. Es bestand daher für die Beschuldigte gerade keine Zweifelssituation in der sie Nachschau hätte halten müssen, ob eine Kollision stattgefunden habe. Die belangte Behörde geht von einem Verschulden der Beklagten aus, welches darin lieg, dass sie einen, nur durch die Aussage des Zeugen K festgestellten Verkehrsunfall bei gehöriger Aufmerksamkeit trotz Fehlens akustischer oder stoßbedingter Wahrnehmungen erkennen hätte müssen. Diese Rechtsansicht der belangten Behörde ist verfehlt. Die Bw beantragte, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.   3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17. März 2000, Zl. VerkR96-173-1999-Mg/Hg, Einsicht genommen. Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt: Am 26. Jänner 1999 um ca. 18.30 Uhr war das Kraftfahrzeug der Bw mit dem Kennzeichen EF-24RG in E im Bereich beim Haus D Nr. 15 abgestellt. Daneben war auch das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen E, dass dem A B gehörte, abgestellt. Um ca. 18.30 Uhr kamen die Bw und, ihre Verwandten A P und A P zum oben angeführten Kraftfahrzeug der Bw. Diese drei Personen fuhren mit dem Kraftfahrzeug der Bw, das durch die Bw gelenkt wurde, weg, Richtung auf die Fahrbahn. Im Zuge des Verlassens des gegenständlichen Bereiches stieß die Bw mit ihrem Kraftfahrzeug an das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen E an. Dadurch wurde an diesem Kraftfahrzeug ein Sachschaden verursacht - die linke Tür wurde beschädigt. T K hatte wahrgenommen, wie das Kraftfahrzeug der Bw den Bereich, wo es abgestellt war, verlassen hat und wie die angeführte Beschädigung verursacht wurde. Als A B zu seinem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen E kam, brachte er seine Frau nach Hause (dieser wäre laut Angaben des A B schlecht gewesen). A B kam nachher wieder zum gegenständlichen Bereich. Dort wurde er von Thomas K informiert. Beide Personen begaben sich dann zum Gendarmerieposten E. Dort wurde eine Anzeige erstattet. Zur Zeit der Verursachung der o.a. Beschädigung war keine Person, die zum Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen E gehörte, im Bereich, in dem sich dieses Kraftfahrzeug befand, anwesend. Durch die Bw wurde nicht die nächste Gendarmeriedienststelle vom o.a. Vorfall verständigt. Zwischen der Bw und dem A B ist vor Erstattung der gegenständlichen Anzeige kein Nachweis im Hinblick auf ihren Namen und ihre Anschrift erfolgt.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen: 4.1. § 4 Abs.1 StVO 1960 lautet (auszugsweise): Alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben

  1. wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

§ 4 Abs.5 StVO 1960 lautet: Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.   4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen aufgrund der Angaben in der gegenständlichen Anzeige und der Aussagen, die im Verfahren vor der belangten Behörde gemacht wurden - und zwar durch folgende Personen: die Bw, A P, A P, T K, A B und H M. Das Vorliegen dieses Sachverhaltes wurde durch die Bw nicht bestritten.   Dazu, dass der Bw eine Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und eine Übertretung des § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 vorgeworfen wurde, wird bemerkt: Voraussetzung für die Verwirklichung der Tatbestände des § 4 Abs.1 lit.a und des § 4 Abs.5 StVO 1960 ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden und die Kenntnis des Täters davon. Es genügt, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Es genügt für die Begründung einer Strafbarkeit die Schuldform der Fahrlässigkeit (VwGH vom 11. September 1979, ZfVB 1980/4/1233). Voraussetzung für die Meldepflicht nach § 4 Abs.5 StVO 1960 ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern auch in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines solchen Schadens. Der Tatbestand ist schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (ARBÖ, CD-Rom - Ausgabe der StVO 1960 idF der 20. Novelle). Die Pflicht an der Unfallstelle anzuhalten dient der nachfolgenden Feststellung von Sachverhaltselementen gemeinsam mit dem Zweitbeteiligten, insbesondere zur Sicherung von Spuren oder sonstiger konkreter Beweismittel die für die Aufklärung des Unfallgeschehens erforderlich sind (vgl. auch VwGH vom 27. Oktober 1977, Zl. 2002/76, VwGH vom 13. März 1981, Zl. 02/2245/80 sowie VwGH vom 20. Februar 1991, Zl. 90/02/0152, mit Hinweis auf VwGH vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0048 und Zl. 89/02/0164). Bei einem bloßen sogenannten Parkschaden wäre bei gegenständlicher Ausgangslage - der Zweitbeteiligte befand sich ja nicht beim abgestellten Fahrzeug - im Hinblick auf die Schadensregulierung schon mit der Meldung an die nächste Gendarmeriedienststelle genüge getan gewesen, sodass für das Schutzziel des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 kein Raum bleibt. Ein kumulativer Tatvorwurf auch hinsichtlich § 4 Abs.1 lit.a und c StVO 1960 wird vielfach bei bloßen Parkschäden unzutreffend sein, weil die Erfüllung der Verpflichtung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 geradezu zwingend ein Verlassen der Unfallstelle bedingt. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in den Erkenntnissen des Oö. Verwaltungssenates Zlen VwSen-106532/2/Gf/Km vom 5. August 1999 und VwSen-107540/7/Br/Bk vom 20. April 2001 hingewiesen.   Der objektive Tatbestand der der Bw mit dem Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht. Ein Schuld-ausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt diesbezüglich nicht vor. Auch wenn es zutrifft, dass die Bw den gegenständlichen Unfall nicht wahrgenommen hat, hätten der Bw als Lenkerin bei gehöriger Aufmerksamkeit objektive Umstände zu Bewusstsein kommen müssen, aus denen sie die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen Ing. J L vom 18. November 1999. Bemerkt wird, dass die Anforderungen, die im Hinblick auf die Aufmerksamkeit während der Zeit des gegenständlichen Lenkens des Kraftfahrzeuges für die Bw gegolten haben, nicht gegolten haben für die beiden Personen, die sich im Kraftfahrzeug der Bw im gegenständlichen Zusammenhang befunden haben, A P und A P (diese beiden Personen haben im Verfahren vor der belangten Behörde zum Ausdruck gebracht, dass sie einen Zusammenstoß bzw. Unfall nicht wahrgenommen hätten). Das Verschulden der Bw wird als Fahrlässigkeit qualifiziert. Das Verschulden der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Die Folgen der Übertretung sind nicht unbedeutend. Es konnte nicht die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG anwendet werden und es konnte nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.   4.3. Zur Strafbemessung: Es liegt keine Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vor. Der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG liegt vor. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: ca. 20.000 S netto pro Monat, Vermögen: Einfamilienhaus (ca. 20 Jahre alt), Sorgepflicht: für 3 Kinder. Auf den erheblichen Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen. Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der oben bei der Strafbemessung angeführten Grundlagen ist im Hinblick auf den Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 S zu hoch bemessen und es ist insgesamt die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S angemessen.   5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG hat die Bw im Hinblick auf den Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Straferkenntnisses keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten. Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG war im Hinblick auf den Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 100 S vorzuschreiben. Da der Berufung gegen den Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses teilweise Folge gegeben wurde, sind diesbezüglich für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).     Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.     Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.    

Keinberger<

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