Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240087/2/Gf/La

Linz, 09.03.1994

VwSen-240087/2/Gf/La Linz, am 9. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der E vertreten, durch die RAe, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 13. Jänner 1994, Zl.

SanRB96/42/1993, wegen Übertretung des Strahlenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die Überschrift "Straferkenntnis" und der Strafausspruch zu entfallen und es in dessen Spruch anstelle von "Megabequerell" richtig "Megabecquerel" zu heißen hat.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 21 Abs. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 13. Jänner 1994, Zl. SanRB96/42/1993, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sie mittels eines Zwischenhändlers an einen Dritten 94 Stück importierte Ionisationsrauchmelder, deren Aktivität bei 6 Megabecquerel gelegen sei, zur Entsorgung geliefert habe und so ohne entsprechende behördliche Bewilligung mit radioaktiven Stoffen umgegangen sei; dadurch habe sie eine Übertretung des § 10 des Strahlenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 227/1969, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 396/1986 (im folgenden:

StrSchG), begangen, weshalb sie gemäß § 39 Abs. 1 StrSchG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 25. Jänner 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. Februar 1994 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß sich in dem von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben habe, daß die Rechtsmittelwerberin für den Umgang mit den Ionisationsrauchmeldern einer Genehmigung bedurft hätte, sie jedoch über keine derartige behördliche Bewilligung verfügt habe.

Im Zuge der Strafbemessung sei das Einkommen der Rechtsmittelwerberin zu schätzen gewesen, da sie hierüber im Verfahren keine Angaben gemacht habe.

2.2. Dagegen bringt die Rechtsmittelwerberin vor, daß das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren insofern rechtswidrig gewesen sei, als kein Sachverständigen gutachten aus dem Bereich der Kerntechnik eingeholt worden sei; daß konkret die von der Berufungswerberin gelieferten Ionisationsrauchmelder nennenswerte radioaktive Strahlungen abgegeben hätten, habe sohin nicht als erwiesen angesehen werden können. Gleiches gelte für den Umstand, daß die Behörde ohne näheren Nachweis davon ausgeht, daß die schließlich im Forschungszentrum S entsorgten Geräte auch tatsächlich jene sind, die von der Rechtsmittelwerberin geliefert wurden. Jedenfalls habe die Berufungswerberin aber keine Ahnung davon gehabt, daß die aus der ehemaligen DDR importierten Geräte radioaktive Stoffe enthalten haben sollen, weil zum einen auch seitens des Verkäufers keine Hinweise darauf gegeben worden seien und andererseits die Zollbehörden diese Gegenstände bei der Einfuhr unbeanstandet gelassen hätten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Vöcklabruck zu Zl. SanRB96-42-1993; da aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung in erster Linie eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird sowie deren Durchführung nicht ausdrücklich beantragt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 39 Abs. 1 StrSchG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, der mit radioaktiven Stoffen umgeht, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligung zu sein.

Nach § 10 Abs. 1 StrSchG bedarf der Umgang mit radioaktiven Stoffen oder der Betrieb von Strahleneinrichtungen, für den eine bewilligungspflichtige Anlage nicht benötigt wird, gleichfalls einer behördlichen Bewilligung.

Gemäß § 13 Abs. 1 StrSchG iVm § 6 Abs. 1 lit. a der Strahlenschutzverordnung, BGBl.Nr. 47/1972 (im folgenden:

StrSchV), ist jedoch der Umgang mit den in der Anlage 3 angeführten Stoffen, deren Aktivität den in Spalte 4 dieser Anlage für das einzelne Radionuklid angeführten Grenzwert nicht übersteigt, von der Bewilligungspflicht nach § 10 Abs.

1 StrSchG ausgenommen; diesbezüglich sieht die Anlage 3 zur StrSchV hinsichtlich des Radionuklides Kr 85 (Krypton) einen Grenzwert von 100 Ci (Mikrocurie - alte Maßeinheit) vor.

Nach § 92 lit. a StrSchV kann die Behörde - soweit es mit den Erfordernissen des Schutzes von Leben oder Gesundheit vereinbar ist - zulassen, daß feste Abfälle, die radioaktive Stoffe mit Halbwertszeiten von mehr als 100 Tagen (wie Kr 85) enthalten, nicht als radioaktive Abfälle entsorgt werden müssen, sondern wie inaktive Abfälle beseitigt werden dürfen, sofern deren mittlere spezifische Aktivität 10 Ci nicht überschreitet.

4.2. Als entscheidungsrelevanter Sachverhalt ergibt sich auch von der Rechtsmittelwerberin unbestritten - aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, daß diese die verfahrensgegenständlichen, mit dem radioaktiven Füllmit tel Kr 85 (Krypton) versehenen Ionisationsrauchmelder (im folgenden kurz: Rauchmelder) bei einer Auktion in Deutschland erworben, nach Österreich importiert und schließlich an einen Dritten zur Entsorgung geliefert hat. In dieser - aber auch nur in dieser - Weise ist die Rechtsmittelwerberin daher mit radioaktiven Stoffen iSd § 39 Abs. 1 StrSchG "umgegangen" (ohne - wie ebenfalls unbestritten feststeht - im Besitz einer hiefür erforderlichen Bewilligung gewesen zu sein). Der Berufungswerberin kann daher - und in diesem Sinne ist auch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu verstehen - lediglich zur Last gelegt werden, die Rauchmelder nach Österreich importiert und bis zu deren Abgabe an den Entsorger besessen zu haben, ohne über die hiefür erforderliche Bewilligung zu verfügen, wobei sich die Bewilligungspflicht im verfahrensgegenständlichen Fall daraus ergibt, daß die festgestellte Strahlungsaktivität von 6 MBq (Megabecquerel - neue Maßeinheit), die einem Wert von 6 Mio. Zerfällen pro Sekunde entspricht, den Grenzwert von 100 Ci, der einem Wert von 3,7 Mio. Zerfällen pro Sekunde entspricht, überschreitet und daher die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 1 StrSchG iVm § 6 Abs. 1 lit. a StrSchV sowie iVm Anlage 3, Spalte 4 StrSchV nicht zum Tragen kommt.

Hingegen kann der Rechtsmittelwerberin nicht angelastet werden, in der Weise mit radioaktiven Stoffen umgegangen zu sein, daß sie diese (selbst) vorschriftswidrig entsorgt hätte: Gerade diese Entsorgung wurde nämlich vertragsmäßig einem Dritten übertragen. Dabei mag es zivilrechtlich allenfalls bedenklich erscheinen, daß anläßlich der Übergabe des zu entsorgenden Materials eine entsprechende Aufklärung unterblieb. Aus verwaltungs(straf)rechtlicher Sicht war die Berufungswerberin jedoch hiezu jedenfalls nicht verpflich tet. Soweit es die Entsorgung der Rauchmelder betrifft, trafen die entsprechenden Sorgfaltspflichten vielmehr den Dritten selbst, dh dieser hätte anläßlich der Übergabe der Geräte prüfen müssen, ob er überhaupt eine Berechtigung zu deren Übernahme bzw. für deren Entsorgung besitzt.

Aus diesem eingeschränkten Verantwortungsbereich folgt aber - wie bereits zuvor angedeutet - auch insofern eine andere rechtliche Beurteilung, als der für die Bewilligungspflicht maßgebliche Grenzwert somit für den gegenständlich zu beurteilenden Tatvorwurf nicht gemäß § 92 lit. a StrSchV bei 10 Ci (= 0,37 MBq), sondern nach § 10 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 StrSchG iVm § 6 Abs. 1 lit. a StrSchV und iVm Anlage 3, Spalte 4 StrSchV bei 100 Ci (= 3,7 MBq) liegt.

Wie bereits dargetan, wurde - da gegenständlich eine Strahlung von 6 MBq festgestellt worden ist - zwar auch dieser Grenzwert überschritten; die Rechtsmittelwerberin hat daher tatbestandsmäßig iSd § 39 Abs. 1 StrSchG gehandelt.

4.3. Das Ausmaß der Schädigung der durch § 39 Abs. 1 StrSchG geschützten Interessen wird dadurch allerdings gravierend reduziert, beträgt doch damit die Grenzwertüberschreitung anstelle des Sechzehnfachen bloß das 1,6-fache. In diesem Zusammenhang ist auch auf die dahingehende Feststellung der belangten Behörde, daß selbst mittels Meßgeräten "nur im äußerst geringfügigen Ausmaß (eine) radioaktive Strahlung" wahrnehmbar war, hinzuweisen (vgl. den Aktenververk der BH Vöcklabruck vom 16. Juni 1993, Zl. SanRB-42-1993). Die Folgen jener der Rechtsmittelwerberin anlastbaren Übertretung sind daher als unbedeutend iSd § 21 Abs. 1 VStG zu qualifizieren.

Schließlich ist iS dieser Bestimmung auch das seitens der Berufungswerberin zu vertretende Verschulden bloß geringfügig. Wie sich aus dem bereits zitierten Aktenvermerk vom 16.

Juni 1993 ergibt, kamen die Hinweiszeichen auf Radioaktivität nämlich erst zutage, als die Rauchmelder von Kunden, die diese beim Entsorger gekauft hatten, zerlegt worden waren.

Wenn es auch grundsätzlich in die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes fällt, gerade dann besondere Vorsicht walten zu lassen, wenn Sachen in Bausch und Bogen noch dazu aus der ehemaligen DDR - gekauft werden, so kann der Berufungswerberin in concreto dennoch nicht zugemutet werden, daß sie im gegenständlichen Fall, wo es keinerlei entsprechende Anhaltspunkte gab, diese bis in die Einzelteile zerlegt. Der gleiche Vorwurf müßte dann nämlich - wie die Rechtsmittelwerberin (sinngemäß) zutreffend dartut gegen die Zollbehörden erhoben werden, die die Einfuhr der Rauchmelder unbeanstandet ließen, erhoben werden.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe zu bestätigen, daß die Überschrift "Straferkenntnis" sowie der Strafausspruch zu entfallen und es in dessen Spruch anstelle von "Megabequerell" richtig "Megabecquerel" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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