Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-106956/2/Ki/Ka

Linz, 05.06.2000

VwSen-106956/2/Ki/Ka Linz, am 5. Juni 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des W, vom 30.3.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.3.2000, VerkR96-12751-1999-K, wegen einer Übertretung des Führerscheingesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 2.500,00 Schilling (entspricht 181,68 Euro) bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wird auf 250,00 Schilling (entspricht  18,17 Euro) herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 20, 24 und 51 VStG

zu II: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 14.3.2000, VerkR96-12751-1999-K, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 11.11.1999 um 09.15 Uhr den PKW, Kz. , im Ortsgebiet von Linz, auf der N, in Richtung Bundespolizeidirektion gelenkt, wobei er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse "B" war.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 500 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 30.3.2000 Berufung mit dem Antrag, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.3.2000, VerkR96-12751-1999-K, zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen. Im Wesentlichen wird in der Begründung ausgeführt, dass der Beschuldigte am 10.11.1999 die Führerscheinprüfung bestanden habe und er unterwegs gewesen sei, den Führerschein bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuholen. Ausgehend von der üblichen Verwaltungspraxis sei der Beschuldigte am 11.11.1999 zwar nicht im Besitz des berühmten "rosa Dokumentes", aber möglicherweise doch sehr wohl Inhaber einer gültigen Lenkberechtigung gewesen. Es komme üblicherweise nicht zu einer förmlichen Bescheiderteilung, wenn die Lenkerprüfung bestanden wurde und somit gewissermaßen dem Ansuchen auf Erteilung einer Lenkberechtigung stattgegeben wurde. Hier komme der Rolle des Prüfers eine erhebliche Bedeutung zu. Es sei daher der Schluss zulässig, dass, wenn der Prüfer am Schluss der bestandenen Probefahrt dem Prüfling gratuliert, die Lenkerprüfung bestanden zu haben, dies tatsächlich der mündlich verkündete Bescheid der Behörde sei.

Selbst wenn aufgrund von irgendwelchen verwaltungsbehördlichen Formalvorschriften der die Führerscheinprüfung abnehmende Prüfer nicht die verwaltungsrechtliche Kompetenz habe, die Lenkberechtigung zu erteilen, müsse dem Beschuldigten jedoch zumindest ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugestanden werden.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, zumal in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 11.11.1999 zugrunde, wonach der Beschuldigte im Rahmen einer Verkehrskontrolle keinen Führerschein vorweisen konnte. Der Meldungsleger führte weiters aus, dass eine Anfrage bei der zuständigen Behörde ergeben hat, dass der Beschuldigte die Führerscheinprüfung am 10.11.1999 bestanden habe, jedoch der Führerschein noch nicht gültig sei.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat daraufhin das ordentliche Ermittlungsverfahren durchgeführt und letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 14.3.2000 erlassen. In der Begründung wird ausgeführt, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht bestritten habe und die strafbare Tat somit erwiesen sei.

Hinsichtlich Strafbemessung wurde ausgeführt, es sei auf die aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (kein Einkommen, kein Vermögen, Sorgepflicht für ein Kind) Bedacht genommen worden. Strafmildernde bzw straferschwerende Umstände wären keine zu werten gewesen.

Im Verfahrensakt befindet sich ferner ein Auszug betreffend verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen. Darin ist ausgeführt, dass für die darin genannte Person keine Vorstrafen gefunden wurden.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme (Absatz 5) ist nicht verfahrensrelevant.

Gemäß § 37 Abs.1 leg.cit. begeht, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs.3 ist gemäß § 37 Abs.3 Z1 leg.cit. eine Mindeststrafe von 5.000 S zu verhängen.

Unbestritten bleibt, dass der Beschuldigte zur vorgeworfenen Tatzeit keinen Führerschein vorweisen konnte, zumal ihm dieser von der zuständigen Behörde noch nicht ausgefolgt war. Weiters ist unbestritten, dass der Beschuldigte am Vortag des Vorfalles die Fahrprüfung mit Erfolg abgelegt hat.

Der Bw vermeint nun, durch die positive Ablegung der Fahrprüfung bzw durch die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses durch den Fahrprüfer sei er sofort in den Besitz der Lenkberechtigung gelangt. Dieser Auffassung wird jedoch auch seitens der erkennenden Berufungsbehörde nicht beigetreten, zumal die Fahrprüfung bzw das Urteil des Fahrprüfers lediglich eine Aussage darüber gibt, ob die betreffende Person die fachlichen Voraussetzungen zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der jeweiligen Klasse erlangt hat. Der Prüfer ist im Zusammenhang mit der Überprüfung der fachlichen Eignung des Kandidaten ausschließlich als sachverständiges Organ und nicht als Vollzugsorgan der (Führerschein-) Behörde tätig.

Es ist im Bundesland Oberösterreich zwar auch Verwaltungspraxis, dass der Führerschein nach bestandener Fahrprüfung dem Kandidaten durch den Fahrprüfer ausgehändigt wird, nur in solchen Fällen fungiert der Fahrprüfer im Anschluss an die Prüfung als Organ der zuständigen Ausstellbehörde. Im vorliegenden Falle war dies jedoch nicht der Fall.

Dem Vorbringen des Beschuldigten steht auch entgegen, dass die fachliche Befähigung nur eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen für die Erteilung einer Lenkberechtigung ist, dh, dass trotz positiv bestandener Fahrprüfung auch sämtliche weiteren Voraussetzungen erfüllt sein müssen. So ist es durchaus Verwaltungspraxis, dass der Nachweis einer Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei einem Verkehrsunfall (§ 3 Abs.1 Z5 FSG) erst nach Ablegung der Fahrprüfung erbracht werden kann.

Es ist richtig, dass im Falle einer Erteilung der Lenkberechtigung grundsätzlich kein schriftlicher Bescheid ausgestellt wird (Ausnahmen bei allfälligen Bedingungen, Befristungen und Auflagen). Dennoch ist die Erteilung der Lenkberechtigung auf einen behördlichen Willensakt zurückzuführen, welcher jedenfalls empfangsbedürftig ist. Dies bedeutet, dass die Rechtswirksamkeit der Erteilung einer Lenkberechtigung erst dann eintritt, wenn die Entscheidung der Behörde dem Antragsteller zugekommen ist. Dies geschieht in der Regel in jenen Fällen, in denen kein schriftlicher Bescheid erlassen wird, durch die Ausfolgung des Führerscheines an den Kandidaten und es kommt dieser Akt einer mündlichen Bescheidverkündung gleich. Im vorliegenden Falle war der Führerschein an den Beschuldigten unbestritten noch nicht ausgefolgt gewesen, weshalb im Sinne der obigen Ausführungen die Erstbehörde durchaus zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Lenkberechtigung noch nicht erteilt war.

Der Beschuldigte beruft sich ferner auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum. Dazu ist in objektiver Hinsicht festzustellen, dass von einer Person, welche die fachliche Befähigung für das Lenken von Kraftfahrzeugen erworben hat, zu erwarten ist, dass sie Kenntnis von den entsprechenden Vorschriften hat und sich auch danach verhält. Dass letztlich nach der gängigen Verwaltungspraxis auch Führerscheine unmittelbar im Anschluss an die Fahrprüfung ausgehändigt werden und damit die Lenkberechtigung erteilt wird, ist in objektiver Hinsicht nicht relevant. Allenfalls könnte dies auf die subjektive Tatseite Einfluss haben, generell jedoch nicht in dem Maße, dass ein entschuldbarer Rechtsirrtum angenommen werden könnte. Sonstige subjektive Elemente sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch nicht behauptet.

Demnach stellt die erkennende Berufungsbehörde fest, dass der erhobene Tatvorwurf gegen den Beschuldigten zu Recht besteht und auch ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliegt.

Was die Straffestsetzung anbelangt, so wird generell festgestellt, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die hiezu erforderliche Lenkberechtigung einen gravierenden Verstoß gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften darstellt. Dementsprechend hat der Gesetzgeber einen relativ strengen Strafrahmen vorgesehen und die Mindestgeldstrafe mit 5.000 S festgelegt. Von dieser gesetzlichen Strafbemessung ausgehend ist eine Herabsetzung der Geldstrafe allein in Anwendung der Strafbemessungsregeln des § 19 VStG nicht zulässig.

Andererseits war jedoch zu prüfen, ob im konkreten Falle die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne des § 20 VStG gegeben sind.

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Eine derartige Unterschreitung der Mindeststrafe ist im vorliegenden Falle grundsätzlich zulässig, zumal der Gesetzgeber diese im Zusammenhang mit der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht ausgeschlossen hat.

Dazu wird zunächst festgestellt, dass durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land keine strafmildernden Umstände gewertet wurden. Andererseits stellt jedoch die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit jedenfalls einen Strafmilderungsgrund dar. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen ist nicht ersichtlich, dass bisher gegen den Beschuldigten Verwaltungsstrafen verhängt wurden, im Gegenteil, es findet sich im Akt ein Strafregisterauszug, wonach keine Vorstrafen gefunden wurden. Demnach ist davon auszugehen, dass der Bw verwaltungsstrafrechtlich bisher unbescholten war und es stellt dies einen Milderungsgrund im Sinne des § 19 VStG dar.

Dazu kommt, dass der Beschuldigte tatsächlich jedenfalls die wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung erfüllt hat. Er hat seine fachliche Befähigung nachgewiesen und es ist im Hinblick auf die Zulassung zur Fahrprüfung davon auszugehen, dass auch die weiteren Voraussetzungen im Wesentlichen gegeben waren. In Anbetracht der oben dargelegten gängigen Verwaltungspraxis kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte subjektiv der Meinung war, er hätte nach bestandener Fahrprüfung die Berechtigung zum Lenken des Kraftfahrzeuges bereits erworben. Dieser Umstand kann zwar, wie bereits dargelegt wurde, nicht als entschuldigender Rechtsirrtum gewertet werden, kommt jedoch nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde doch einem Strafmilderungsgrund gleich.

Nachdem auch seitens der erkennenden Berufungsbehörde keinerlei straferschwerende Umstände festgestellt werden, kommt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Anwendung einer außerordentlichen Milderung der Strafe im vorliegenden Falle erfüllt sind, weshalb eine Unterschreitung der Mindestgeldstrafe bis zur Hälfte vertretbar ist.

Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass bei der Strafzumessung auch generalpräventive Überlegungen mit einzubeziehen sind. Aus diesem Grunde ist die Verhängung der nunmehr festgesetzten Geldstrafe bzw auch der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe durchaus geboten, um auch der Allgemeinheit das Rechtswidrige derartiger Verhaltensweisen mit aller Deutlichkeit aufzuzeigen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Die Ablegung der Fahrprüfung kommt nicht der Erteilung der Lenkberechtigung gleich; Erteilung der Lenkberechtigung ist ein empfangsbedürftiger Willensakt.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum