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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106996/2/Ki/Ka

Linz, 17.05.2000

VwSen-106996/2/Ki/Ka Linz, am 17. Mai 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des W, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 8.5.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.4.2000, VerkR96-9318-1997, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 20.4.2000, VerkR96-9318-1997, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 8.11.1997 gegen 15.00 Uhr den Omnibus J mit dem Kennzeichen im Stadtgebiet Linz auf dem Stadionparkplatz bei der sogenannten "Oberen Ausfahrt" gelenkt, wobei es bei einem Fahrmanöver zu einem Zusammenstoß mit dem hinter ihm befindlichen PKW Audi 90 mit dem Kennzeichen , gelenkt von A, kam und er im kurz danach erfolgten Gespräch mit dem Unfallsgegner es unterließ, seinen Namen und seine Anschrift nachzuweisen bzw vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung. Als Grund führte er Unwahrheiten in der Begründung und ein nichtgerechtfertigtes Strafausmaß an.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz (VABT./Unfallkommando) vom 14.11.1997 zugrunde.

Der Verfahrensakt wurde zunächst von der Bundespolizeidirektion Linz gemäß § 29a VStG an die nunmehr belangte Behörde abgetreten, welche zuerst am 27.1.1998 gegen den Beschuldigten eine Strafverfügung erlassen hat (VerkR96-9318-1997). In dieser Strafverfügung wurde dem Bw der im Spruch des später ergangenen Straferkenntnisses bezeichnete Tatbestand zur Last gelegt.

Nachdem der Rechtsmittelwerber die Strafverfügung beeinsprucht hatte, erging an ihn mit Schreiben vom 20.5.1998 eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Es wurde ihm vorgeworfen, er habe § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt. Die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde wortgleich dem Text in der oben angeführten Strafverfügung formuliert.

Im Verfahrensakt findet sich dann ein Aktenvermerk vom 7.8.1998, wonach der Beschuldigte bei der Behörde zwar erschienen ist, er sich für die Einvernahme jedoch keine Zeit genommen hat.

Nach einem weiteren Zeitraum von ca. 20 Monaten erging schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, nach einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen ein Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Unter Verkehrsunfall im Sinne der obzitierten Bestimmung ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und Personen- oder Sachschaden zur Folge hat, zu verstehen. Demnach ist eine Person nur dann den Verpflichtungen des § 4 StVO 1960 unterworfen, wenn ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht und überdies entweder ein Personen- oder - wie im vorliegenden Fall - ein Sachschaden eingetreten ist.

§ 4 Abs.5 StVO 1960 normiert ausdrücklich, dass die Verständigung bzw der Identitätsnachweis dann zu erfolgen hat, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist. Daraus ist abzuleiten, dass der Umstand, dass bei einem Verkehrsunfall Sachschaden entstanden ist, ein wesentliches Tatbestandsmerkmal im Sinne der obzitierten Bestimmung des § 44a Z1 VStG darstellt (vgl. auch VwGH 97/03/0049 vom 16.4.1997).

Im vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding in keiner Phase des erstinstanzlichen Verfahrens dem Beschuldigten vorgeworfen, dass bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall tatsächlich ein Sachschaden entstanden ist und es entbehrt somit der Tatvorwurf eines wesentlichen Tatbestandsmerkmales im Sinne des § 44a Z1 VStG.

Wohl wäre der erkennende Verwaltungssenat als Berufungsbehörde grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen, dem steht jedoch die mittlerweile eingetretene Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs.2 VStG) entgegen.

Mangels entsprechender Tatkonkretisierung war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 4 Abs.5 StVO 1960 - Das Vorliegen eines Sachschadens ist ein wesentliches Tatbestandsmerkmal

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