Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107063/10/SR/Ri

Linz, 20.09.2000

VwSen-107063/10/SR/Ri Linz, am 20. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des M K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J N, Rstraße , L, vom 19. Juni 2000 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt L, Zl.: S-27657/99-3 vom 31. Mai 2000 wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung, nach der am 8. September 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch ab Fahrgeschwindigkeit "mindestens 70 km/h betrug." zu lauten hat.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 600 S (entspricht  43,60 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 28.07.1999 um 19.13 Uhr im Gemeindegebiet von K, Bez. U-U, K Lstraße bei km aus Richtung Ortszentrum K in Richtung G/H mit dem Fahrzeug, Kz.:, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 95 km/h betrug, wobei die Überschreitung mit einem Lasermessgerät festgestellt und die Verkehrsfehlergrenze in Abzug gebracht wurde.

Übertretene Rechtsvorschrift: § 20 Abs.2 StVO

Strafnorm: § 99 Abs.3 lit.a StVO

verhängte Geldstrafe: S 3.000,--

Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage

Verfahrenskosten § 64 VStG: S 300,--

Gesamtbetrag: S 3.300,-- (=€ 239,83).

Außerdem haben Sie im Falle der Ableistung der (Ersatz)-Freiheitsstrafe die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

2. Gegen dieses am 5. Juni 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. Juni 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass die angelastete Übertretung mittels Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes festgestellt und bei der Strafbemessung auf § 19 VStG Bedacht genommen worden sei. Strafmildernde Gründe seien nicht bekannt geworden. Straferschwerend seien zwei einschlägige Vormerkungen zu werten gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass die Messung nicht korrekt erfolgt sein kann und begründet dies ausführlich.

3. Am 8. September 2000 wurde die mündliche Verhandlung im Gemeindeamt K durchgeführt. An der Verhandlung haben der Bw samt Rechtsvertreter, die Zeugen Rev. Insp S (Zeuge 1) und Gr. Insp G (Zeuge 2) teilgenommen. Die Behörde erster Instanz hat sich entschuldigt und an der Verhandlung nicht teilgenommen.

3.1. Nach der am 8. September 2000 durchgeführten mündlichen Verhandlung und dem anschließend abgehaltenen Lokalaugenschein steht fest:

Der Bw hat am 28. Juli 1999 im Gemeindegebiet von K, Bez. U-U, K Lstr. bei km aus Richtung Ortszentrum K in Richtung G/H mit dem Fahrzeug, Kz.: , die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit vom 50 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit zumindest 70 km/h betragen hat.

Das Ergebnis der Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessung kann zur Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit als Beweismittel nicht herangezogen werden.

3.2. Die Behörde erster Instanz wurde vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Auf die Abgabe einer Stellungnahme wurde verzichtet und von der Durchführung einer weiteren Verhandlung Abstand genommen. Beide Parteien haben ausdrücklich auf die Durchführung einer weiteren Verhandlung verzichtet.

3.3. Die Angabe betreffend der gefahrenen Geschwindigkeit beruht auf den glaubwürdigen Aussagen des Bw. Dieser hat die Geschwindigkeitsüberschreitung bereits bei der Anhaltung gestanden und diese Aussage sowohl im Ermittlungsverfahren der Behörde erster Instanz als auch bei der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bestätigt. Dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit am Tatort überschritten worden ist, findet auch in den Aussagen des Zeugen 1 und des Meldungslegers Bestätigung. Letztere haben die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auf Grund ihrer langjährigen Straßendiensterfahrung wahrgenommen.

Die vom Zeugen 1 vorgenommene Messung mit dem Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser stellt kein taugliches Beweismittel dar, da der Zeuge 1 ausgeführt hat, dass er die Messung genau in der Mitte des Hecks des Tatfahrzeuges vorgenommen habe. Den beigebrachten Fotos ist zu entnehmen, dass sich der Messpunkt nur einige Zentimeter unterhalb bzw. neben den durch einen Steg getrennten Heckscheiben befunden hat. Der so ermittelte Messpunkt wurde bei Vorlage der Heckaufnahme des Tatfahrzeuges vom Zeugen 1 bestätigt. Da der Zeuge 1 weiter ausgeführt hat, dass bei jeder Messung und somit auch bei der gegenständlichen, der rote Visierpunkt nicht absolut ruhig auf den anvisierten Punkt gehalten werden kann, der Messpunkt sich somit leicht hin und her bewegt, es möglich sein kann, dass auch im Zeitpunkt der Messung die großen Heckscheiben anvisiert worden sind. In diesem Zusammenhang wurde aber vorgebracht, dass im Falle der Messung im Bereich der Heckscheibe kein korrektes Messergebnis erzielt worden wäre, da bei fehlerhaften Messungen keine Geschwindigkeitsangabe im Display aufscheint.

Zum Zwecke der Überprüfbarkeit dieser Aussage wurde ein Lokalaugenschein abgehalten und es wurden mehrere Messungen bei Fahrzeugen mit einem vergleichbaren Heckaufbau durchgeführt. In einem Messbereich zwischen 50 und 150 Meter konnte bei Messungen in die Heckscheibe kein Messergebnis erzielt werden. Messungen in die Heckscheibe im Bereich zwischen 200 und 300 Meter ergaben sehr wohl ein positives Messergebnis und eine Displayanzeige.

Bei dem verwendeten Messgerät der Marke LTI 20.20TS/KM-E handelt es sich grundsätzlich um ein taugliches Mittel zur Feststellung der Geschwindigkeit eines Fahrzeuges. Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20TS/KM-E wurden vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Zulassung vom 14. März 1994, Zl. E-41 067 (betrifft Zl. 43 427/92/1) auf Grund des Maß- und Eichgesetzes mit geänderten Verwendungsbestimmungen ausnahmsweise zur Eichung zugelassen; die Zulassung unterliegt dem Erprobungsverfahren (Amtsblatt für das Eichwesen Nr.3/1994 Seite 15). Im Amtsblatt wird unter Punkt F (Bestimmungen für die Verwendung bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen) auf die Bestimmungen der Zulassung Zl. 43 427/92 (Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 1/1993, Seiten 81 ff) verwiesen.

Abschnitt F. 2.9. der Zulassung lautet:

"Ein Messergebnis darf grundsätzlich nur dann zur Auswertung herangezogen werden, wenn einwandfrei zu erkennen ist, von welchem Fahrzeug dieses Messergebnis verursacht wurde. Dies ist mit Sicherheit dann gegeben, wenn das zu messende Fahrzeug mit dem roten Visierpunkt im Zielfernrohr einwandfrei anvisiert worden ist. Beim Anvisieren eines Fahrzeuges ist auf dessen Front- bzw. Heckpartie, keinesfalls aber auf Fensterflächen zu zielen."

Aus der Zulassung ergibt sich eindeutig, dass beim Anvisieren eines Fahrzeuges keinesfalls auf die Fensterflächen zu zielen ist. Der Zeuge 1 hat ursprünglich zwar nicht bewusst die Heckscheiben anvisiert, aber durch die Wahl des Messpunktes und die bei dieser Art der Messung latent vorhandenen Schwankungen (ein Stativ, dass derartige Schwankungen unterbinden würde, wurde nicht verwendet, sondern der Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser wurde auf der Fahrertüre aufgelegt), verstärkt durch den im Fahrzeug am Beifahrersitz befindlichen, mit Schreibarbeiten beschäftigten Meldungsleger, kann schlüssig nicht davon ausgegangen werden, dass die Anvisierung in einer Entfernung von 267 Meter auf einer Heckpartie von ca. 10 cm im Durchmesser möglich war und nicht im Bereich der Scheiben gemessen wurde. Zusammenfassend kann nicht auf eine korrekte Messung geschlossen werden. Ein einwandfreies Anvisieren eines Fahrzeuges liegt nur dann vor, wenn auf dessen Front- bzw Heckpartie, keinesfalls aber auf Fensterflächen gezielt wird (vergleiche VwGH 16.4.1997, 96/03/0306, 5.3.1997, 95/03/0010 ua.)

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Unbestritten steht fest, dass der Bw die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet überschritten hat. Der Bw hat somit das objektive Tatbild erfüllt. Rechtfertigungsgründe sind keine hervorgekommen.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Mangels entsprechender Behauptungen ist davon auszugehen, dass der Bw zumindest fahrlässig gehandelt hat.

4.3. § 99 Abs. 3 lit. a StVO (auszugsweise):

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, ... gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt ....

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Vergleichsweise hat der Verwaltungsgerichtshof eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mehr als 25% als nicht mehr geringfügig angesehen, daher ist die Überschreitung um beinahe 50% nicht tolerierbar und war entsprechend bei der Strafbemessung zu werten. Auch wenn auf Grund der geänderten Beweislage nicht mehr von einer Überschreitung um 45 km/h ausgegangen, sondern nur mehr eine Überschreitung um mindestens 20 km/h der Bemessung zugrunde gelegt werden kann, ist eine Reduzierung der Strafhöhe nicht zu vertreten. Der Bw hat im Betrachtungszeitraum ca. 30 Verwaltungsübertretungen gesetzt, wovon 3 als einschlägig zu qualifizieren sind. Die höchste der einschlägigen Verwaltungsstrafen hat auf 2.500 Schilling gelautet. Auch wenn seit Rechtskraft dieser Strafe geringere Geldstrafen verhängt worden sind, kann die von der Behörde erster Instanz festgesetzte Geldstrafe nicht reduziert werden. Trotz des Geständnisses, das in diesem Fall eine Strafmilderung bedeutet, überwiegen die Erschwerungsgründe - 3 einschlägige Vorstrafen - derart, dass es im Sinne der Spezialprävention dieser hohen Geldstrafe bedarf, um den Bw von zukünftigen, gleichgelagerten Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Geschwindigkeitsübertretungen stellen immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle dar, weshalb im Hinblick auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von fast der Hälfte der erlaubten Höchstgeschwindigkeit sowohl Gründe der Spezialprävention als auch der Generalprävention gegen eine Herabsetzung der Strafe sprechen (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise: 18.9.1991, 91/03/0043; 28.2.1997, 97/02/0053;...). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen selbst bei einem Geständnis und der bisherigen Unbescholtenheit des Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, die im unteren Drittel der Strafdrohung liegt, als ermessenskonform erachtet.

Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in der Höhe von 600 S (entspricht  43,60 Euro) vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. Stierschneider