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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107119/12/Ki/Ka

Linz, 03.10.2000

VwSen-107119/12/Ki/Ka Linz, am 3. Oktober 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des B W, vom 29.5.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.5.2000, VerkR96-3744-2000, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.9.2000, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 19.5.2000, VerkR96-3744-2000, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 17.1.2000 um 15.15 Uhr das Sattelzugfahrzeug (D) samt Sattelanhänger Kz.: auf der Wiener Bundesstraße 1 in Richtung Schwanenstadt gelenkt, wobei er bei Strkm.232,0, unmittelbar vor dem Ortsgebiet Schwanenstadt auf den linken Fahrstreifen geriet, wobei der Lenker des LKW, Kz.: zum Ausweichen nach rechts genötigt wurde und von der Fahrbahn abkam und gegen die angrenzende Straßenböschung stieß. Obwohl er in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall stand, habe er es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen oder seinen Namen und seine Anschrift nachzuweisen.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis per Telefax am 29.5.2000 Berufung, im Wesentlichen mit der Begründung, dass der zugrunde gelegte Sachverhalt nicht zutreffe.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.9.2000. An dieser Berufungsverhandlung nahmen ein Rechtsvertreter des Beschuldigten sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teil. Als Zeugen wurden Herr W und Herr M H einvernommen. Weiters wurde im Bereich des vorgeworfenen Tatortes ein Augenschein durchgeführt.

I.5. Der gegenständlichen Berufungsentscheidung werden nachstehende Fakten zugrunde gelegt:

Wie aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen und insbesondere aus den Aussagen der beiden Zeugen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgeht, dürfte es im Bereich des Strkm.232,2 der Wiener Bundesstraße 1 tatsächlich zu einer Begegnung des Beschuldigten mit dem Zeugen H M gekommen sein. Die beiden einvernommenen Zeugen sagten übereinstimmend aus, dass sich der Sattelanhänger des vom Beschuldigten gelenkten Sattelkraftfahrzeuges derart quergestellt hatte, dass er zur Gänze über die Gegenfahrbahn ragte. Dadurch wurde Herr Hebedinger zum Ausweichen auf die Straßenböschung genötigt. Die diesbezüglichen Aussagen der Zeugen sind schlüssig und glaubwürdig. Unter Berücksichtigung, dass den Zeugen bekannt war, welche Folgen eine falsche Aussage für sie hat, bestehen seitens der Berufungsbehörde keine Bedenken, ihnen Glauben zu schenken. Demnach geht die erkennende Berufungsbehörde davon aus, dass es tatsächlich im Bereich des Strkm.232,2 der Wiener Bundesstraße B1 zu dem gegenständlichen Verkehrsunfall gekommen ist. Der Rechtfertigung des Beschuldigten, er habe nichts von einem derartigen Vorfall bemerkt, ist grundsätzlich entgegenzuhalten, dass von einem objektiv sorgfältigen Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges zu erwarten ist, dass er sich insbesondere im Rahmen eines Begegnungsverkehrs durch entsprechende Kontrollblicke davon überzeugt, ob seine Fahrmanöver korrekt ablaufen. Dies insbesondere im Bereich des von den Zeugen bezeichneten Tatortes bei Strkm.232,2, wo nämlich die Fahrbahn einerseits nach abwärts und andererseits in Form einer Rechtskurve verläuft.

Beim durchgeführten Augenschein an Ort und Stelle wurde festgestellt, dass beim vorgeworfenen Tatort, nämlich, bei Strkm.232,0, die Fahrbahn der B 1 noch gerade und auch eben verläuft. Im Gegensatz zum Bereich Strkm.232,200 ist bei Strkm.232,0 noch nicht damit zu rechnen, dass allenfalls Probleme mit dem Sattelanhänger auftreten könnten, was im Bereich der abschüssigen und in einer Rechtskurve verlaufenden Fahrbahn durchaus der Fall sein könnte.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, dass der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Tatort "Strkm.232,0 der Wiener Bundesstraße 1" umschrieben. Wie in der mündlichen Berufungsverhandlung am 28.9.2000 festgestellt wurde, hat sich der dem Bw zur Last gelegte Vorfall jedoch auf Höhe des Strkm.232,2 ereignet.

Was nun die Umschreibung des Tatortes im Sinne des § 44a Z1 VStG anbelangt, so ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Es mag in manchen Fällen durchaus ausreichen, wenn der Tatort innerhalb einer bestimmten Strecke nicht punktgenau festgestellt wird, im vorliegenden Falle ist jedoch eine exakte Bezeichnung im Hinblick auf die Beschaffenheit der Fahrbahn und damit der gebotenen Sorgfaltspflicht des Kraftwagenlenkers unbedingt erforderlich. Wie bereits dargelegt wurde, verläuft die Fahrbahn im Bereich des vorgeworfenen Tatortes (Strkm.232,0) noch gerade, sodass der Beschuldigte nicht unbedingt damit rechnen musste, dass es zu Problemen mit dem Sattelanhänger kommt. Jedenfalls fand in diesem Bereich noch nicht die unfallsauslösende Begegnung mit dem Kraftfahrzeug des Zeugen statt. Diese erfolgte, wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren einwandfrei ergeben hat, erst 200 m später, nämlich bei Strkm.232,200. In Bezug auf diese Stelle der B 1 konnte sich jedoch der Beschuldigte zunächst nicht wirksam verteidigen, zu Recht hat er demnach argumentiert, dass bei Strkm.232,0 der zugrunde gelegte Sachverhalt nicht zutrifft.

Zwar ist es grundsätzlich durchaus zulässig, im Rahmen des durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens die Tatortbeschreibung entsprechend zu korrigieren, dies allerdings ausschließlich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten (§ 31 VStG). Nachdem jedoch diese Frist bereits abgelaufen ist, ist es der erkennenden Berufungsbehörde verwehrt, eine entsprechende Korrektur des Tatortes vorzunehmen.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Abweichung zwischen dem angenommenen und dem tatsächlichen Tatort im vorliegenden Falle nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entspricht, eine Korrektur durch die erkennende Berufungsbehörde jedoch im Hinblick auf die mittlerweile eingetretene Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig ist. Der Berufung war daher aus diesem Grunde Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Tatortkonkretisierung bei Verkehrsunfall mit Begegnungsverkehr

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