Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240111/2/Gf/Km

Linz, 04.05.1995

VwSen-240111/2/Gf/Km Linz, am 4. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des B.

H., ................, ............., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt ..... vom 8. Februar 1995, Zl. 101-6/1-1279, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 131/2 Stunden herabgesetzt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt .....

vom 8. Februar 1995, Zl. 101-6/1-1279, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH zu vertreten habe, daß am 3. August 1993 in einer Betriebsstätte dieser GmbH Speiseeis in Verkehr gebracht worden sei, das den verordnungsmäßig festgesetzten Grenzwert für Enterokokken von 1.000 pro Gramm um 3.800 pro Gramm überschritten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG) i.V.m. § 9 Abs.

1 lit. c der Speiseeisverordnung, BGBl.Nr. 6/1973 (im folgenden: SpeiseeisV), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs.

1 Z. 5 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 17. Februar 1995 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. Februar 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene und bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatbestand durch eine lebensmittelpolizeiliche Probenziehung und anschließende Sachverständigenbegutachtung als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; doch sei das Ausmaß der Grenzwertüberschreitung als beträchtlich zu qualifizieren gewesen. Da der Rechtsmittelwerber seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben habe, seien "keine ungünstigen solchen Verhältnisse angenommen" worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß die einschreitenden Organe der Lebensmittelpolizei insofern gegen die "Verordnung zur Eisprobenziehung" verstoßen hätten, als Entnahmegeräte und Transportgläser nicht sterilisiert ("abgeflammt") worden seien und deshalb eine Verfälschung der Analyseergebnisse nicht ausgeschlossen werden könne. Außerdem sei die Grenzwertüberschreitung bloß geringfügig gewesen.

Aus diesen Gründen wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu ein Absehen von einer Bestrafung beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt ..... zu Zl. 101-6/1; da aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Speiseeis nicht so herstellt, daß je Gramm nicht mehr als 1.000 Enterokokken enthalten sind.

Nach § 15 Abs. 5 der in Analogie zu Art. 49 Abs. 1 B-VG am 29. Dezember 1993 (also im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VStG zwar nach dem Tatzeitpunkt, aber noch vor Erlassung des Straferkenntnisses) wirksam gewordenen Milchhygieneverordnung, BGBl.Nr. 897/1993 (im folgenden: MilchhygieneV) traten - nur - diejenigen Bestimmungen der SpeiseeisV, die durch die MilchhygieneV berührt werden, außer Kraft. Anders als in dem der h. Entscheidung vom 19. Dezember 1994, Zl. VwSen-240101, zugrundeliegenden Fall, in dem es um eine Grenzwertüberschreitung hinsichtlich coliformer Keime ging, enthält die MilchhygieneV keine Bezugnahme auf die im gegenständlichen Fall maßgebliche Höchstzulässigkeit an Enterokokken. Daraus folgt aber, daß die MilchhygieneV der SpeiseeisV hinsichtlich des letztgenannten Parameters nicht derogiert hat, letztere also vorliegendenfalls nach wie vor maßgeblich ist.

4.2. Unbestritten ist, daß die im Betrieb des Beschwerdeführers gezogene Probe nach dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in ..... vom 24. August 1993, Zl. 4629/93, einen Anteil von 4.800 Enterokokken pro Gramm enthielt, also der in § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV festgelegte Grenzwert um 3.800 überschritten wurde.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers sind die Organe der Lebensmittelaufsicht - abgesehen davon, daß die von ihnen zur Probenziehung verwendeten Eisportionierer ohnehin, und so auch im gegenständlichen Fall (vgl. die im Akt erliegende Stellungnahme des Lebensmittelaufsichtsorganes, ONr.

22), vor jedem Einsatz sterilisiert ("abgeflammt") werden und die zum Transport verwendeten Gläser bereits in einem von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungsanstalt sterilisierten Zustand bezogen werden - nicht durch Rechtsnormen verpflichtet, gleichsam vor den Augen des Probanden einen (neuerlichen) Sterilisationsvorgang durchzuführen. Denn jene von ihm in der Berufung angesprochene "Verordnung zur Eisprobenziehung" existiert nicht. Sollte er sich hingegen auf die bei W. Stuller, Speiseeisfibel, Wien (Bd. 214 der Schriftenreihe des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft), S. 27, beschriebenen und als "3.

Erlaß" bezeichneten Vorschriften beziehen, so ist er darauf zu verweisen, daß diesen - sollte es sich dabei tatsächlich um einen Erlaß handeln - aus rechtlicher Sicht lediglich die Qualität einer generellen, intern an die nachgeordneten Verwaltungsorgane gerichteten Weisung des BMfGKS zukommt, aus der der Bürger keine subjektiven Rechte abzuleiten vermag. Eine allfällige Verletzung derartiger Normen könnte daher lediglich durch informelle Aufsichtsbeschwerde o.ä., nicht jedoch im Wege eines förmlichen Rechtsmittels an den Oö. Verwaltungssenat geltend gemacht werden (ganz abgesehen davon, daß auch jener "Erlaß" lediglich davon spricht, daß die Geräte steril sein müssen, nicht jedoch davon, daß diese jedenfalls in Gegenwart des Probanden - neuerlich sterilisiert werden müssen).

Wurden demnach die von den Lebensmittelaufsichtsorganen gezogenen Proben durch deren Entnahme und anschließenden Transport offensichtlich nicht verfälscht, so ist aber davon auszugehen, daß die Grenzwertüberschreitung bereits im Betrieb des Beschwerdeführers verursacht wurde.

Der Berufungswerber hat somit tatbestandsmäßig und auch weil er damit die objektiv gebotene Sorgfalt vermissen ließ - fahrlässig und sohin schuldhaft gehandelt; seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

4.3. Angesichts der gravierenden Überschreitung des verordnungsmäßig festgelegten Grenzwertes, nämlich um 380%, kann keine Rede davon sein, daß die Folgen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat bloß unbedeutend i.S.d. § 21 Abs. 1 VStG gewesen wären; schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde daher ein Absehen von der Bestrafung zu Recht nicht in Betracht gezogen.

Offen bleibt hingegen, was unter dem im angefochtenen Straferkenntnis enthaltenen Hinweis, daß "keine ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse angenommen wurden", zu verstehen ist. Verweigert der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren Angaben hiezu, so ist die Behörde berechtigt, diese von Amts wegen zu schätzen (vgl. z.B. VwGH v. 14.1.1981, Zl. 3033/80). Diese Schätzung hat die belangte Behörde aber mit der von ihr verwendeten Leerformel in Wahrheit unterlassen, sodaß diese nunmehr vom Oö. Verwaltungssenat nachzuholen war. In diesem Sinne wird ein monatliches Nettoeinkommen von 8.000 S, im übrigen Vermögenslosigkeit sowie das Nichtbestehen von Sorgepflichten angenommen. Vor diesem Hintergrund begegnet es insbesondere angesichts der Höhe der Grenzwertüberschreitung aber keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde eine ohnedies im untersten Fünfundzwanzigstel des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat. Gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation war jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe mit 131/2 Stunden festzusetzen.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 131/2 Stunden herabgesetzt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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