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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107144/9/Ki/Ka

Linz, 23.10.2000

VwSen-107144/9/Ki/Ka Linz, am 23. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des F, vom 20.7.2000, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 7.7.2000, AZ.: III/S 5695/99 V1S, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.10.2000 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 16.000,00 Schilling (entspricht 1.162,77 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Tage herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Bundespolizeidirektion Linz wird auf 1.600,00 Schilling (entspricht  116,28 Euro) herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

Zu II: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 7.7.2000, AZ: III/S 5695/99 V1S, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 2.2.1999 um 20.00 Uhr in L den PKW gelenkt und habe sich am 2.2.1999 um 21.40 Uhr in Linz, Nietzschestr. in den Diensträumen des Verkehrsunfallkommandos geweigert, sich der Untersuchung der Atemluft (Alkomat) auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl er von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurde, weil er verdächtig war, das Fahrzeug zum vorgenannten Zeitpunkt in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: starker Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute) gelenkt zu haben. Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Wochen) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 2.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

In der Begründung der Strafbemessung wurde ua ausgeführt, dass erschwerend das Vorliegen einer einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkung zu werten gewesen sei, mildernde Umstände würden keine vorliegen. Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 10.000 S geschätzt, ein relevantes Vermögen bzw ins Gewicht fallende Sorgepflichten wurden nicht angenommen.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 20.7.2000 Berufung mit dem Antrag, das Verwaltungsstrafverfahren wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 StVO einzustellen.

Begründet wurde diese Berufung im Wesentlichen damit, dass dem Gesetzeswortlaut des § 5 Abs.2 StVO nicht entnommen werden könne, für welchen Zeitraum die Organe der öffentlichen Sicherheit berechtigt seien, nach Beendigung einer Fahrt die Atemluft eines Kraftfahrers auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Diesbezüglich habe sich lediglich eine äußerst kasuistische Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) gebildet, welche sinngemäß zum Inhalt habe, dass die Atemluftuntersuchung so lange durchgeführt werden könne, als noch ein brauchbares Ergebnis zu erwarten sei. Diese Rechtsprechung sei durch den Gesetzeswortlaut nicht gedeckt, weshalb sie gegen das im Art.18 B-VG normierte Legalitätsprinzip verstoße.

Im gegenständlichen Falle gehe es nicht darum, dass sich der Bw ausreichend über die in Österreich geltenden Verkehrsvorschriften informiert habe, sondern vielmehr darum, dass ihm die äußerst kasuistische und überdies auch verfassungsrechtlich problematische Rechtsprechung des VwGH zum § 5 Abs.2 StVO nicht bekannt gewesen sei. Nachdem die Rechtsprechung des VwGH durch den Wortlaut der Bestimmung des § 5 Abs.2 StVO nicht gedeckt sei, sei es den allermeisten österr. Staatsbürgern nicht bekannt, dass die Verpflichtung, sich einer Atemluftuntersuchung zu unterziehen, auch noch mehrere Stunden nach Beendigung einer Fahrt bestehe. Umso weniger könne ihm als ausländischen Staatsangehörigen die Unkenntnis dieser Rechtsprechung des VwGH vorgeworfen werden.

Es handle sich daher um einen Irrtum über eine Verbotsnorm. Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldige die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Diese Voraussetzungen würden auf ihn zutreffen.

I.3. Die BPD Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsordnung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.10.2000. An dieser Verhandlung nahm der Rechtsvertreter des Beschuldigten teil, als Zeuge wurde Rev.Insp. Z einvernommen. Der Beschuldigte selbst (durch seinen Rechtsvertreter entschuldigt) bzw ein Vertreter der BPD Linz sind zur Verhandlung nicht erschienen.

Der Polizeibeamte führte bei seiner zeugenschaftlichen Befragung aus, dass er sich an den vorliegenden Vorfall noch dahingehend erinnern könne, dass ein Verkehrsunfall stattgefunden und er die Amtshandlung geführt habe. Dabei sei auch die Frage der Alkoholisierung entstanden, an Details könne er sich jedoch nicht mehr erinnern. Er könne sich jedoch noch erinnern, dass er in die Wohnung des Herrn Z gekommen und dieser mit zum Unfallkommando gefahren sei. Herr Z sei schon in der Wohnung und später beim Unfallkommando aufgefordert worden, den Alkotest durchzuführen. Was die Verständigung anbelangt, so habe man sich mit Herrn Z verständigen können, sein Sohn sei aber anwesend gewesen, weil dieser besser die deutsche Sprache konnte als sein Vater. Auch sei mit einem Versicherungsvertreter des Herrn Z ein Telefongespräch geführt worden.

Generell sei es so, dass die betroffenen Personen im Falle einer Verweigerung des Alkotests auch dahingehend aufgeklärt werden, welche rechtlichen Konsequenzen diese Verweigerung nach sich ziehe. Hätte Herr Z die Aufforderung nicht verstanden, so wäre ein Dolmetscher beigezogen worden, dies sei insbesondere beim Verkehrsunfallkommando eine entsprechende Routine.

I.5. In Würdigung dieses Beweisergebnisses gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, dass die Aussage des Meldungslegers der Entscheidung zugrunde gelegt werden kann. Wohl konnte er sich nicht mehr an Details erinnern, er hat jedoch schlüssig und nicht den Erfahrungen des Lebens widersprechend die allgemeine Vorgangsweise bei derartigen Fällen erklärt. Es sind dabei keine Umstände hervorgekommen, welche den Schluss rechtfertigen würden, im konkreten Falle sei davon abgewichen worden. Überdies ist zu bedenken, dass der Zeuge unter Wahrheitspflicht gestanden ist und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, dass der Meldungsleger den Beschuldigten willkürlich belasten würde.

Der Beschuldigte selbst konnte sich in jede Richtung verteidigen, letztlich hat er die Verweigerung des Alkotestes nicht bestritten, sondern er beruft sich ausschließlich auf einen Rechtsirrtum.

In Anbetracht der vorliegenden Beweise wird die Einvernahme des Sohnes des Beschuldigten bzw des Versicherungsvertreters (K) für die Entscheidungsfindung nicht mehr als relevant und daher als entbehrlich angesehen. Mit dem Versicherungsvertreter wurde nämlich bloß telefonisch Kontakt aufgenommen, sodass dieser wohl keine konkrete Aussage über den Ablauf der gegenständlichen Amtshandlung machen könnte. Es bestand kein Zweifel daran, dass dem Bw der Inhalt der an ihn ergangenen Aufforderung evident geworden wäre. Davon ist insbesondere angesichts der Beiziehung zweier Vertrauenspersonen (Sohn und Herr K) auszugehen.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 16.000 S bis 80.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht, berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Dazu wird zunächst festgestellt, dass die objektive Tatseite im vorliegenden Falle nicht bestritten wird, der Beschuldigte beruft sich lediglich darauf, dass er sich in einem Rechtsirrtum dahingehend, dass er 1 1/2 Stunden nach Beendigung der Fahrt nicht mehr zur Durchführung des Alkotests verpflichtet wäre, befunden habe und es sei ihm dieser Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen.

Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Dazu wird festgestellt, dass natürlich die einschlägige Rechtsprechung des VwGH nicht jedermann bekannt sein kann. Allgemein, und das wird auch nicht bestritten, ist jeder Kraftwagenlenker, welcher in Österreich ein Kraftfahrzeug lenkt, verpflichtet, sich mit den entsprechenden Normen vertraut zu machen. Laut den vorliegenden Verfahrensunterlagen ist der Beschuldigte im Besitz einer österr. Lenkberechtigung, sodass von ihm die Kenntnis der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften grundsätzlich erwartet werden dürfen. Ungeachtet dessen ist einer Anordnung eines Straßenaufsichtsorganes grundsätzlich zu folgen. An der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung konnte der Rechtsmittelwerber wohl keinen vernünftigen Zweifel erblickt haben. Darüber hinaus hat im gegenständlichen Verfahren das Beweisverfahren ergeben, dass der Beschuldigte vom Beamten, welcher ihn zum Alkotest aufgefordert hat, zusätzlich auch noch über die Konsequenzen einer Verweigerung aufgeklärt und der Beschuldigte diese Belehrung offenbar auch verstanden hat. Spätestens nach dieser Belehrung musste für den Bw klar sein, dass er - gestützt auf die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen - zur Durchführung des Alkotestes verpflichtet ist bzw dass eine Verweigerung für ihn verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen haben wird. Von einer unverschuldeten Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift kann daher nicht die Rede sein. Der Beschuldigte hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

Der Schuldspruch ist daher zu Recht erfolgt.

I.7. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, dass die Verweigerung des Alkotestes einen gravierenden Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften darstellt. Dies kommt insbesondere durch den vom Gesetzgeber festgelegten Strafrahmen zum Ausdruck, welcher im Falle der Verweigerung des Alkotestes eine Geldstrafe von 16.000 S bis 80.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Arrest von zwei bis sechs Wochen vorsieht.

Die BPD Linz hat bei der Strafbemessung als erschwerend eine einschlägige Vormerkung angenommen. In den vorliegenden Verfahrensunterlagen finden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine einschlägige bzw sonstige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung vorhanden wäre. Nachdem bei der mündlichen Berufungsverhandlung seitens der BPD Linz kein Vertreter anwesend war, welcher diesbezüglich Aufklärung hätte geben können, geht die erkennende Berufungsbehörde, gestützt auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit im Einklang mit der Aktenlage von keinen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aus. Aus diesem Grunde legt die erkennende Berufungsbehörde der Strafbemessung den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugrunde bzw können straferschwerende Umstände keine festgestellt werden. Als Folge dieser Beurteilung waren sowohl die Geldstrafe als auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß herabzusetzen.

Bei der Festsetzung des Strafausmaßes waren auch general- und spezialpräventive Gründe zu berücksichtigen, letztere insbesondere im Hinblick darauf, dem Bw das Unrechtmäßige seines Verhaltens entsprechend vor Augen zu führen und ihn von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden die von der BPD Linz dargelegten Schätzwerte nicht bestritten.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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