Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107152/18/SR/Ri

Linz, 26.01.2001

VwSen-107152/18/SR/Ri Linz, am 26. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Langeder, über die Berufung des G K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von B vom 4. Juli 2000, VerkR96-6054-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) nach den am 14.11.2000 und 19.12.2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als der Spruch nach der Wortfolge "und haben sich hiebei aufgrund" wie folgt zu lauten hat: "des errechneten Blutalkoholgehaltes von zumindest 1,61 Promille in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden".

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 3.400 S (entspricht  247,09 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie lenkten am 31.10.1999 um 10.10 Uhr den PKW, Kennzeichen B, im Gemeindegebiet O, Bezirk B, aus Richtung R, Gemeinde St. P kommend auf öffentlichen Straßen, zumindest auf der L und der öffentlichen Zufahrtsstraße bis zum Haus U, Gemeinde O, und haben sich hiebei aufgrund des bei Ihnen gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 1,02 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 5 Abs.1 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von:

S 17.000,--

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

14 Tagen

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

S 1.700,--

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,00, das entspricht 14,53 Euro, angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher:

18.700,00 Schilling (entspricht 1.358,98 Euro)".

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 12. Juli 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. Juli 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass im Falle der Nachtrunkbehauptung der Bw die Menge des konsumierten Alkohols dezidiert behaupten und beweisen hätte müssen. Im Zuge der Amtshandlung hätte der Bw lediglich den Konsum von einer Flasche Bier und einem großen Schluck Wodka behauptet. Durch folgende widersprüchliche Trinkangaben sei der Nachtrunk vom Bw nicht bewiesen worden. Trotz der Aufforderung zum Alkotest in der Wohnung des Bw seien die Nachtrunkangaben erst am Gendarmerieposten erfolgt. Wären diese Angaben bereits in der Wohnung erfolgt, hätte der Bw sie durch Vorweis des Leergebindes leicht beweisen können. Da Alkoholdelikte im Straßenverkehr zu den am meisten von der Rechtsordnung verpönten Straftaten zählen würden bedürfe es zur Hintanhaltung derartiger Übertretungen einer angemessenen Strafe. Als mildernder Umstand sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet worden. Bei der Bemessung der Strafe sei auf § 19 VStG hinreichend Bedacht genommen und mangels Mitteilung der Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse eine Schätzung vorgenommen worden.

2.2. Dagegen bringt der Bw ua. vor, dass die Behörde die vorliegenden Beweise nicht im gebotenen Ausmaß gewürdigt habe. Des weiteren hätte sie die entlastenden Beweise in gleicher Weise wie die belastenden zu berücksichtigen gehabt. Auf den Inhalt der Zeugenaussage der M K hätte eingegangen werden müssen und der Zeuge S habe in seiner Aussage zu einem Gutteil eine Beweiswürdigung vorgenommen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft B hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. November 2000 und der fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2000 wurden die Verfahrensparteien, die Amtssachverständige AA Dr. S H und die Zeugen BI S und M K geladen. Die Vertreterin des Bezirkshauptmannes von B hatte sich für die Verhandlung am 14. November 2000 telefonisch entschuldigt und der Bw ist dieser unentschuldigt ferngeblieben. Erst nach Verhandlungsbeginn hat der anwesende RA (nach entsprechender Information der Zeugin K) die krankheitsbedingte Verhinderung des Bw vorgebracht. Im Zuge der Verhandlung am 14. November 2000 wurde die Einvernahme des krankheitsbedingt ferngebliebenen Bw beantragt. Nach der Bw-Befragung wurden keine weiteren Beweisanträge gestellt. Die Amtssachverständige hat unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Beweisverfahrens ein mündliches Gutachten abgegeben. Anschließend wurde keine weiteren Beweisanträge gestellt.

3.2. Auf Grund der mündlichen Verhandlung und der ins Verfahren eingebrachten Teile des vorgelegten Verwaltungsaktes steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat am 31. Oktober 1999, um 10.10 Uhr den angeführten Pkw entsprechend der Tatortanlastung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Unmittelbar nach dem Abstellen des Pkws vor seiner Wohnung hat sich der Bw zur Wohnungstüre begeben und versucht diese aufzusperren. Die Zeugin hat diesen Versuch wahrgenommen und die Wohnungstür geöffnet. Ob der Bw beim Betreten der Wohnung eine Tasche bei sich hatte, konnte nicht mehr festgestellt werden. Trotz eines Abstandes von ca. 1 Meter zwischen dem Bw und der Zeugin K konnte diese Alkoholgeruch wahrnehmen. Der Bw hat sich anschließend in das Kinderzimmer begeben und war bis zum Eintreffen des Zeugen BI S ca. 7 Minuten unbeobachtet. In der Zeit von der Ankunft vor der Wohnung bis zur Kontaktaufnahme mit dem Zeugen S wurde höchstens ein großer Schluck Wodka konsumiert. Die Aufforderung zur Atemluftkontrolle wurde vom Zeugen S in der Wohnung des Bw vorgenommen. Der Bw hat zu diesem Zeitpunkt keine Nachtrunkangaben gemacht. Ein Nachtrunk wurde erst unmittelbar vor der Durchführung der Atemluftkontrolle zu Protokoll gegeben.

Die Amtssachverständige AA Dr. S H hat ausgehend von einer Nachtrunkmenge von einer Flasche Bier und einem großen Schluck Wodka einen Blutalkoholgehalt von 1,61 Promille zur Tatzeit errechnet.

3.3. Unstrittig ist, dass der Bw vor der Atemluftkontrolle den bezeichneten Pkw am Tatort zur Tatzeit gelenkt hat, die Vornahme der Atemluftkontrolle zulässig war und das Messergebnis einen Alkoholgehalt der Atemluft von 1,02 mg/l erbracht hat.

Im Gegensatz zu den sich steigernden Ausführungen des Bw waren die Angaben der Zeugen schlüssig und nachvollziehbar und diese haben in der mündlichen Verhandlung einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen.

Betreffend der Nachtrunkmenge gibt es keine Zeugenaussagen und es ist nur auf die Angaben des Bw und die mittelbaren Beobachtungen der Zeugen abzustellen. Gegenüber dem Zeugen S hat der Bw erst vor der Atemluftkontrolle eine Nachtrunkmenge von 1 Flasche Bier und einem Schluck Wodka behauptet. Entgegen diesen Angaben sind (am Nachmittag des 31. Oktober 1999) in der Wohnung eine leere Wodkaflasche und eine leere Flasche Cognac (Scharlachberg) hervorgekommen. Eine leere Flasche Bier wurde nicht vorgefunden bzw. befand sich nicht bei den angeblich mitgenommenen Utensilien.

Vorerst hat der Bw in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aus der von Salzburg mitgenommenen Flasche Wodka (0,7 Liter) nur ein Schluck gefehlt habe. Dieser Schluck, also die Fehlmenge, wurde mit ca. 4 cl bezeichnet. Die Flasche Wodka habe er aus Angst vor der Konfrontation mit der Gattin vor der Wohnungstüre ausgetrunken. Der Aussage ist aus mehreren Gründen die Glaubwürdigkeit zu versagen. Gegenüber dem Zeugen S hatte der Bw nur von einem Schluck Wodka gesprochen und in der ersten Stellungnahme vom 22. November 1999 (zu diesem Zeitpunkt war der Bw bereits durch seinen Rechtsanwalt vertreten) ist daraus bereits ein tiefer Schluck Wodka geworden, der etwa einen Achtelliter Wodka umfasst haben soll. Nach entsprechendem Vorhalt betreffend der widersprüchlichen Mengenangaben und der ständig gesteigerten Alkoholmengen wird die zuletzt genannte Menge als die den Tatsachen entsprechende bezeichnet und die Angaben in der Rechtfertigung werden als Irrtum bezeichnet. Die Angaben gegenüber dem Zeugen S werden wiederum widersprüchlich einerseits als Trotzaussagen ("ich wurde bockig") und andererseits als Aussage zu einer als belustigend befundenen Situation bezeichnet. Auf Grund der vorgehaltenen Unglaubwürdigkeit relativiert der Bw den Flascheninhalt dahingehend, dass "zumindest soviel drinnen war, dass es wert war, diese mitzunehmen." Abschließend spricht der Bw von einer halb (vollen) Flasche.

Ebenfalls erstmals wird in der Rechtfertigung vom 22. November 1999 der Genuss eines Drittels einer Cognacflasche (Scharlachberg) vorgebracht. Der Inhalt wird als "knappe Menge von etwa einem Drittel der Flasche" bezeichnet. Im Gegensatz dazu führt der Bw in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Cognacflasche halb voll gewesen und diese nach dem Betreten des Kinderzimmers von ihm ausgetrunken worden wäre. Anschließend habe er die Flasche in das mitgebrachte Sackerl gelegt.

Würde man dem Vorbringen des Bw folgen, dann hätten sowohl die Wodkaflasche als auch die Cognacflasche in dem bezeichneten Sackerl obenauf liegen müssen. Tatsächlich befand sich eine Flasche vermengt mit anderen Gegenständen im Sackerl und nur eine Flasche lag obenauf.

Der Nachtrunk als solcher wurde nicht schon in der Wohnung des Bw behauptet, sondern erst unmittelbar vor der Atemluftkontrolle. Hätte der Bw die Angaben bereits in seiner Wohnung getätigt, dann wäre von ihm aus zumindest teilweise eine Beweisführung möglich gewesen, da der einschreitende Beamte S vor Ort die entsprechenden Leergebinde wahrnehmen hätte können.

Entgegen der versuchten Beweisführung des Bw haben sich die für Dritte wahrnehmbaren Alkoholisierungsmerkmale nicht verstärkt, sondern eher abgenommen. Der Bw ist der Zeugin K nach deren subjektiven Einschätzung nicht stark alkoholisiert vorgekommen. Die Zeugin konnte sich jedoch kein genaues Bild machen, da das Verhalten des Bw sehr reserviert gewesen ist. Dem Zeugen S hat sich der Bw unmittelbar danach in einem vorerst vermuteten vollrauschigen Zustand präsentiert, der sich nach der ersten Kontaktaufnahme relativ schnell verbessert hat und ein Gespräch mit dem Bw zuließ. Den Aussagen der Zeugen kann nicht entnommen werden, dass sich der Zustand des Bw durch Alkoholeinwirkung zunehmend verschlechtert hätte, sondern es kann klar auf eine abnehmende Benommenheit geschlossen werden. Die im Verfahren stetig gesteigert dargestellten Nachtrunkmengen sind nicht geeignet, die Angaben der Zeugen zu erschüttern. Das diesbezügliche Vorbringen des Bw steht auch zu den eigenen Angaben im Widerspruch. Einerseits wäre ihm bereits nach dem Konsum des Wodkas im Stiegenhaus heiß geworden (d.h. der "Alkohol sei ihm eingeschossen") und er hätte somit die Auswirkungen des Alkoholkonsums sofort verspürt und andererseits will er noch eine halbe Flasche Cognac konsumiert haben, weil er - kurz danach - die Alkoholeinwirkungen nicht "so verspürt" haben will.

Folgt man dem Vorbringen des Bw betreffend der Nachtrunkmengen, so passt dieses nicht zu den sonst geschilderten Lebensumständen. Laut Zeugin K ist der Bw kein Alkoholiker, hat nur im Urlaub etwas getrunken und war zu Hause nie schwer alkoholisiert. Darüber hinaus ist auch die Begründung für den Nachtrunk widersprüchlich. Der Bw hat ausgeführt, dass er Bedenken vor der Konfrontation mit der Gattin (Zeugin K) hatte und deshalb getrunken habe. Unverständlich ist der Nachtrunk mit der angeführten Begründung, da die Zeugin laut Bw von dem Verhältnis gewusst hat und der dargestellte Vorhalt nicht zu befürchten war. Weiters passt die erstattete Abgängigkeitsanzeige nicht in das geschilderte Bild des Bw. Unschlüssig ist auch die Begründung betreffend der Erweiterung der Nachtrunkmenge durch den Konsum der "Restmenge" der Cognacflasche. Obwohl noch kein "klärendes" Gespräch mit der Zeugin K stattgefunden hat, soll der Bw nun diesen Teil des Nachtrunks deshalb zu sich genommen haben, damit er "schneller schlafen" könne. Ein derartiges Vorbringen widerspricht jeder Lebenserfahrung.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, dass auch ein ungewöhnlicher Geschehnisablauf, wie hier der behauptete sehr beträchtliche Alkoholkonsum innerhalb eines geringen Zeitraumes, den Tatsachen entsprechen kann. Diesfalls besteht aber bei demjenigen, der sich auf solches beruft, die Notwendigkeit, dieses Vorbringen auch glaubwürdig und schlüssig erscheinen zu lassen. Wenn schon - wie im gegebenen Fall - kein Zeuge hiefür namhaft gemacht werden kann, so besteht zumindest die Notwendigkeit, solche Vorbringen argumentativ glaubwürdig und schlüssig zu untermauern. Diesbezüglich vermochte der Bw aber nicht zu überzeugen. Auch hat er nicht, was für seine Glaubwürdigkeit sprechen würde, den Nachtrunk gleich im Zuge der ersten Kontaktaufnahme nach dem Hinweis, dass eine Atemluftuntersuchung am Gendarmerieposten durchzuführen sein wird, behauptet. Die Zeugen haben den Eindruck einer merkbaren Alkoholisierung, insbesondere einen intensiven Alkoholgeruch wahrgenommen. Es ist sohin der weitaus überzeugendere Schluss zu ziehen, dass der Bw bereits zum Lenkzeitpunkt alkoholisiert war und der von ihm geschilderte Nachtrunk nicht im behaupteten Umfang stattgefunden hat.

Trotz des angeblich erheblichen Alkoholkonsums in kurzer Zeit, der sich zunehmend verstärkt verspürbaren Alkoholisierung und einem sonst anders gelagerten Lebenswandel will der Bw in diesem Zustand dennoch in der Lage gewesen sein, eine spezifische Beurteilung der rechtlichen Situation vorzunehmen. Die vom Bw vorgenommene Beurteilung dieser Situation zeigt eindeutig, dass sich der Zustand des Bw (gegenüber dem ersten Kontakt mit dem Zeugen S) gebessert hatte und er nunmehr nachträglich mit dieser Verantwortung eine Verbesserung der Situation erreichen wollte.

3.4. Zusammenfassend kann nur schlüssig von einem "großen Schluck Wodka" (ca. 50 ml) als Nachtrunk ausgegangen werden. Der Konsum von einer Flasche Bier wurde zwar vor der Vornahme der Atemluftkontrolle behauptet, im weiteren Verfahren bestritten und konnte als solcher im Ermittlungsverfahren nicht bestätigt werden.

Das Sachverständigengutachten ist schlüssig, Fehler gegen die Denkgesetze sind nicht hervorgekommen und die Meinung der Sachverständigen entspricht dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Forschung und Erkenntnis.

Unabhängig von der Würdigung der Nachtrunkbehauptung ist auch die sonstige Verantwortung des Bw nicht schlüssig und unglaubwürdig. So will er über mindestens vier Tage hinweg eine sexuelle Beziehung zu seiner Freundin gehabt und während dieser Tage kaum Alkohol zu sich genommen haben. Die gekauften alkoholischen Getränke seien beinahe ausschließlich von der Freundin konsumiert worden. Würde man dem Bw folgen, dann ist es unverständlich, warum er sich im nüchternen Zustand nicht der dienstrechtlichen Konsequenzen bewusst war und eine unberechtigte Abwesenheit vom Dienst in Kauf genommen hat. Auf Grund der unstimmigen Angaben ist davon auszugehen, dass der Bw vor Antritt der Fahrt Alkohol zu sich genommen und nur die angebrochene Wodkaflasche mit einer Restmenge von ca. 5 ml eingepackt hat.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in der Höhe von 17.000 Schilling bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die 6. Kammer des Oö. Verwaltungssenates zuständig.

4.2. § 5 Abs.1 StVO 1960:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

 

§ 99 Abs.1 lit. a StVO:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 16.000 S bis 80.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

4.3. Ein allfälliger Nachtrunk muss vom Bw bei der ersten sich bietenden Gelegenheit behauptet werden (VwGH vom 28.1.2000, Zl 97/02/0520). Trotzdem der Bw dies nicht bei der ersten Kontaktaufnahme getan hat, wird man hier von der "Rechtzeitigkeit" der Behauptung ausgehen können, da die Äußerung noch vor der Protokollierung und der Durchführung der Atemluftkontrolle erfolgt ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 18. Juni 1997, Zl. 97/03/007) ist im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung kundgetan hat und darauf abzustellen, dass der Bw die konsumierte Alkoholmenge konkret zu behaupten und zu beweisen hat (VwGH vom 26.1.1996, Zl. 95/02/0289, VwGH vom 31.3.2000, Zl 98/02/0131). Die Nachtrunkbehauptung muss schon bei der Ersteinvernahme entsprechend präzisiert sein (VwGH vom 23.2.2000, 99/03/0402).

Da ein Teil des Nachtrunkes glaubwürdig angenommen werden kann, war das Ergebnis der Atemluftuntersuchung (1,02 mg/l) mittels Sachverständigen-gutachtens neu zu beurteilen. Zu einer vergleichbaren Situation hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Erstellung eines Sachverständigengutachtens über den Blutalkoholgehalt lediglich aufgrund von Zeugenaussagen über die Art und Menge des genossenen Alkohols zulässig ist (VwGH vom 11.5.1984, 83/02/0515, ZVR 1985/93).

Gemäß § 46 AVG iVm § 24 VStG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Dem bezeichneten Teil des Vorbringens des Bw (großer Schluck Wodka nach dem Lenken des bezeichneten Pkws) kommt eine solche Beweiskraft zu, dass dieser die Grundlage für das Sachverständigengutachten bilden konnte. Da die Voraussetzungen entsprechend der zitierten Rechtsprechung vorliegen, konnten diese analog für die Berechnung der Nachtrunkmenge und der Erstellung des "Tatzeit-Blutalkoholgehaltes" herangezogen werden.

4.4. Zum errechneten Alkoholwert:

Die Atemluftuntersuchung um 11.20 Uhr ergab einen Atemluftalkoholgehalt von 1,02 mg/l; das entspricht einer Blutalkoholkonzentration von 2,04 Promille. Die amtsärztliche Berechnung nach der Widmark Formel hat unter den oben dargestellten Annahmen einen Blutalkoholgehalt von 1,61 Promille zur Tatzeit ergeben. Dieser Wert ist einerseits wegen der Annahme von mehreren Zugunstenfaktoren ein theoretisch errechenbarer Mindestwert und andererseits wurde dabei noch die Konsumation von einem Bier als zusätzlicher Nachtrunk mitberücksichtigt. Den Genuss dieser Flasche Bier konnte der Bw weder glaubhaft machen noch beweisen. Der Blutalkoholgehalt hat daher zum Tatzeitpunkt mindestens die errechneten 1,61 Promille aufgewiesen. Nachdem der Bw zum angelasteten Zeitpunkt den bezeichneten Pkw am Tatort mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 1,61 Promille gelenkt hat, ist von der objektiven Tatbestandsmäßigkeit auszugehen.

4.5. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Bw nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Einklang stehend.

Die Behörde erster Instanz ist bei der Strafbemessung ausschließlich von einer Schätzung der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse ausgegangen, da der Bw diese trotz Aufforderung nicht bekannt gegeben hat. Im Berufungsverfahren hat der Bw glaubwürdig auf ein geringeres Einkommen hingewiesen. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw zur Zeit der Erlassung seiner Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. VwGH 19.3.1986, 85/03/0164; 19.9.1991, 91/06/0106). Auch diese ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse rechtfertigen nicht schon von sich aus den Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe, da § 19 VStG nicht ausschließlich auf diese Umstände abstellt, sondern auch auf das Ausmaß des Verschuldens abzustellen ist. Die verhängte Geldstrafe liegt unmerklich höher als die gesetzliche Mindeststrafe, trägt dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Eine Herabsetzung auf die Höhe der Mindeststrafe bzw. eine allfällige Unterschreitung der Mindeststrafe im Zuge der außerordentlichen Strafmilderung konnte mangels beträchtlich überwiegender Milderungsgründe nicht vorgenommen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem einschlägigen Erkenntnis ausgesprochen hat, müssten dafür mehrere Voraussetzungen vorliegen (s. VwGH 20.1.1993, 92/02/0280). Darüber hinaus bot der zu beurteilende Sachverhalt keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in der Höhe von 3.400 S (entspricht  247,09 Euro) vorzuschreiben.

Bei diesem Ergebnis war dem Bw im Berufungsverfahren kein weiterer Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: Nachtrunk

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