Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107165/2/BI/Km

Linz, 04.09.2000

VwSen-107165/2/BI/Km Linz, am 4. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Dkfm. N K S, gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Juli 2000, VerkR96-3544-1999-GG, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafen, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und die mit dem genannten Straferkenntnis verhängten Strafen werden bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) 300 S und 2) 200 S, sohin insgesamt 500 S (entspricht 36,33 €), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 99 Abs.2 lit.a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.500 S (50 Stunden EFS) und 2) 1.000 S (33 Stunden EFS) verhängt und ihm gleichzeitig einen Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 250 S auferlegt.

2. Gegen die Strafhöhe hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, er werde über Anraten seines Rechtsanwaltes die Geldstrafe annehmen - was kein Schuldeinbekenntnis seinerseits darstelle - nicht jedoch in dieser Höhe. Die Erstinstanz habe den richterlichen Grundsatz "in dubio pro reo" nicht gelten lassen und seine Aussage sei nicht berücksichtigt worden, wonach beide Kontrahenden eine mündliche Vereinbarung getroffen hätten, an die sich der Zeuge nicht gehalten habe.

Die Strafhöhe sei ungewöhnlich, weil er in 33 Jahren mit hoher Kilometerleistung keinen Unfall verschuldet habe, sodass eine Abmahnung angemessen gewesen wäre.

Er habe seine finanziellen Verhältnisse aus Datenschutzgründen nicht bekannt gegeben: er sei verheiratet, habe eine Tochter (6. Klasse des Gymnasiums F) und kein Vermögen. Aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 gehen Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb von ca 75.000 S, ein Verlustabzug von über 500.000 S, sohin ein Einkommen von 0 S hervor. Er fühle sich als unbescholtener und ehrlicher Staatsbürger in ungeheuerlicher Weise überfahren und ersuche um Herabsetzung der "offensichtlich unvermeidlichen Strafe".

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Berufung ihrer Formulierung nach als ausschließlich gegen die Strafhöhe gerichtet gewertet und - ohne auf den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch einzugehen - Folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Strafbemessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs.2 sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO reicht von 500 S bis 30.000 S (24 Stunden bis sechs Wochen EFS), der des § 99 Abs.3 StVO bis zu 10.000 S (bis zu zwei Wochen EFS).

Ein geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 VStG, dessen Anwendung der Bw mit Hinweis auf seine hohe Jahreskilometerleistung bei einer 33-jährigen Fahrpraxis ohne Verschulden an einem Verkehrsunfall für angemessen findet, vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu erblicken. Offenbar hat zwar der Bw den Unfallbeteiligten als Gemeindebediensteten erkannt; er war aber diesem nur "vom Sehen" dh nicht namentlich bekannt (vgl VwGH v 12.7.1995, 93/03/0130) - das Wissen, dass der Bw in einem bestimmten Einfamilienhaus wohnt, macht einen Identitätsnachweis noch nicht entbehrlich, weil der Unfallbeteiligte nicht verpflichtet ist, in einem bestimmten Haus den Unfallgegner zu eruieren, und außerdem nicht erwartet werden kann, dass ein Gemeindebediensteter Namen und Adressen aller Einwohner einer Gemeinde kennt - und sich aus dem Akt keinerlei Hinweis darauf ergibt, dass zwischen beiden unter ausdrücklichem Verzicht auf jeglichen zivilrechtlichen Anspruch (vgl VwGH v 7.7.1989, 89/02/0062) eine Nichtmeldung des Verkehrsunfalls vereinbart worden wäre.

Der Bw wäre daher wegen des nicht erfolgten Identitätsnachweises zur Unfallmeldung bei der nächsten Gendarmeriedienststelle und zur Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung verpflichtet gewesen, unabhängig davon, wen am Zustandekommen der Streifung der Außenspiegel das Verschulden traf. Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht feststellen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Bw, der nach dem Vorfall heimfuhr und aus welchen Gründen immer erst am nächsten Tag von der Gendarmerie kontaktiert werden konnte, hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben wäre (vgl VwGH v 26.3.1993, 92/03/0113-0117, uva). Die Jahreskilometerleistung und die Fahrpraxis sind unerheblich, weil es lediglich auf das Verhalten in einer bestimmten Situation ankommt und dem Bw nicht das Verschulden am Verkehrsunfall angelastet wird.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses keine strafmildernden oder -erschwerenden Umstände gefunden und in Ermangelung jeglicher Angaben des Bw dessen finanzielle Verhältnisse unter Wahrung des Parteiengehörs, aber ohne Reaktion des Bw, geschätzt.

Der Bw weist bei der Erstinstanz eine rechtskräftige Vormerkung vom 8.10.1999 wegen Übertretung des Waffengesetzes auf, die für den gegenständlichen Fall (6.11.1999) - zutreffend - nicht als Erschwerungsgrund gewertet wurde; allerdings ist damit auch der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit weggefallen.

Die verhängten Strafen liegen beide an der Untergrenze des jeweiligen gesetzlichen Strafrahmens, sodass der unabhängige Verwaltungssenat eine eventuelle Überschreitung des der Erstinstanz bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraumes - auch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe - nicht zu erkennen vermag.

Es steht dem Bw außerdem frei, bei der Erstinstanz um Ratenzahlung anzusuchen; allerdings ist von sich am Existenzminimum bewegenden Verhältnissen nicht auszugehen (16-jährige Tochter im Gymnasium, Einfamilienhaus, Akademiker mit Einkommen als Vermögensberater). Zusammenfassend besteht kein Anhaltspunkt für eine Herabsetzung der ohnedies niedrigen Strafen auch im Hinblick auf general- und spezialpräventive Überlegungen. Die Ersatzfreiheitsstrafen sind im Verhältnis zu den Geldstrafen innerhalb des jeweiligen gesetzlichen Strafrahmens angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Voraussetzung für § 21 VStG nicht gegeben, Ermessensspielraum durch BH nicht überschritten à Bestätigung

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