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VwSen-107183/2/SR/Ri

Linz, 03.11.2000

VwSen-107183/2/SR/Ri Linz, am 3. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Manfred L, T S , P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von F vom 19. Juli 2000, VerkR-810-2000, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen das Straferkenntnis wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Ziffer 2 VStG eingestellt.

II. Kosten waren keine vorzuschreiben.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Ziffer 2, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 01.01.2000 um 20.45 Uhr in P, Bez. F, Tstraße, nächst dem Haus T Straße, ortsauswärts als Fußgänger die Fahrbahn außerhalb eines Schutzweges überquert, dabei nicht den kürzesten Weg gewählt und den Fahrzeugverkehr in einem Ausmaß behindert, dass es sogar zwischen Ihnen und dem herannahenden ortsauswärtsfahrenden PKW, F, zu einem Zusammenstoß kam.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 76 Abs.5 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

300,00 Schilling 10 Stunden §§ 99 Abs.3 lit. j StVO 1960

(21,80 EUR)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

30,00 Schilling (2,18 EUR) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 EUR angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 330,00 Schilling (23,98 Eur)."

2. Gegen dieses am 24. Juli 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 4. August 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz mündlich eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung aus, dass aus der ersten niederschriftlichen Befragung hervorgehe, dass der Bw nach dem Gehsteig (-ende) im schrägen Winkel die Fahrbahn überqueren wollte, um am linken Arm der T Straße den rechten Fahrbahnrand zu benutzen. Da den Erstangaben des Beschuldigten mehr Glauben zu schenken sei, habe der Bw die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass er die T Straße zwar in weiterer Folge überqueren wollte, jedoch nicht an der Örtlichkeit des Verkehrsunfalls. An jener Stelle sei er am rechten Fahrbahnrand gegangen und habe angenommen, dass er sich noch auf dem Gehsteig befinden würde. Auf Grund des starken Schneetreibens habe er diesen nicht richtig erkannt und darüber hinaus habe sich in dem Bereich eine nicht begehbare Schneeanhäufung befunden. Die angelastete Verwaltungsübertretung habe er nicht begangen, da er am Tatort die Fahrbahn nicht überquert habe und auch nicht überqueren wollte.

Weiter sei das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig, da das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen aktenwidrig zitiert worden sei und infolge der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung hätte die Behörde eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft F hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 Schilling nicht übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, keine Partei die Durchführung der Verhandlung beantragt hat, wurde von der Durchführung einer Berufungsverhandlung abgesehen.

3.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Am 1. Jänner 2000 um ca. 20.45 Uhr ist der Bw auf der T Straße ortsauswärts gegangen. Der Gehsteig bzw. das Ende des Gehsteiges war auf Grund des starken Schneetreibens nicht sichtbar und zusätzlich hat sich am Fahrbahnrand nächst dem Haus T Straße Nr. eine Schneeanhäufung befunden. Zum Unfallzeitpunkt bewegte sich der Bw auf der Fahrbahn in einem Abstand von ca. 2 m vom rechten Fahrbahnrand in Fahrtrichtung des Unfallbeteiligten J B. Letzterer hat den Bw angefahren, wobei der Zusammenprall mit dem PKW links vorne erfolgt ist. Im Anstoßzeitpunkt des Berufungswerbers hat die Gehrichtung keine Querbewegung zur Fahrbahnmitte aufgewiesen. Durch den Zusammenstoß trug der Bw eine Verletzung am linken Unterschenkel davon.

3.3. Die Feststellungen sind durch die Anzeige, das Gutachten des gerichtlich beeideten Kfz.-Sachverständigen DI J L, der Zeugeneinvernahme des J B und durch die Angaben des Bw erwiesen.

Der ersten niederschriftlichen Verantwortung des Bw ist nur zu entnehmen, dass er beabsichtigt hatte, nach dem Gehsteig, welcher bei der Einfahrt zur Straßenmeisterei geendet hat, im schrägen Winkel über die Fahrbahn zu gehen. Es kann jedoch daraus nicht abgeleitet werden, dass der Bw bereits zur Querung der Fahrbahn angesetzt hatte. Gegen die Annahme der Behörde erster Instanz spricht, dass der Bw zu diesem Zeitpunkt angenommen hat, sich noch auf Höhe des Gehsteiges zu befinden bzw. zuerst noch der am Fahrbahnrand befindlichen Schneeanhäufung ausweichen zu müssen. Das in der ersten Niederschrift geäußerte Vorbringen wird in den nachfolgenden Stellungnahmen beibehalten und im Gegensatz zur Ansicht der Behörde erster Instanz nicht abgeändert.

Dem im Akt befindlichen und für das Gerichtsverfahren erstellten Gutachten des gerichtlich beeideten Kfz.-Sachverständigen ist zu entnehmen, dass sich der Bw ca. 2 m vom Fahrbahnrand entfernt ortsauswärts fortbewegt hat. Der Sachverständige hat trotz Verletzung des linken Unterschenkels auf keine Querbewegung des Bw geschlossen sondern kam auf Grund der festgestellten besonderen Umstände zum Ergebnis, dass zum Zeitpunkt des Anstoßes allenfalls eine Bewegung zum Fahrbahnrand und nicht zur Fahrbahnmitte stattgefunden hat.

Auch wenn sich diese Feststellung des Sachverständigen scheinbar mit der Aussage des Unfallgegners, der bei der Erstbefragung ausgeführt hat, dass der Bw bei Erkennen des Fahrzeuges nach links, d.h. zur Fahrbahnmitte hin, ausweichen wollte, nicht zu decken scheint, so ist diesen Angaben dennoch zu entnehmen, dass der Bw erst vor dem Zusammenstoß, auf Grund des relativ großen Abstandes zum rechten Fahrbahnrand, einen Ausweichversuch Richtung Fahrbahnmitte unternommen hat und sich zuvor nicht zur Fahrbahnmitte hin bewegt hat (argum.: "Die Person reagierte noch kurz - sie versuchte nach links auszuweichen").

Obwohl die widrigen Wetterverhältnisse und die Schneelage die Benützung der Fahrbahn gerechtfertigt erscheinen lassen, stellt sich der eingehaltene Abstand zum rechten Fahrbahnrand (2 m) als zu groß bemessen dar. Die Unbenützbarkeit des Gehsteiges, das Nichterkennen des Gehsteigendes bzw. die Nichtbenützbarkeit des Straßenbanketts finden in der aufgenommenen Verkehrsunfallanzeige Bestätigung. Der Meldungsleger hat bei der Bildbeschreibung auf Seite 4 der Anzeige ausgeführt, dass zum Unfallzeitpunkt "der Gehsteig bzw. das Ende des Gehsteiges auf Grund des starken Schneetreibens nicht sichtbar gewesen sind". Darüber hinaus bestätigen die im Akt befindlichen Fotos die behauptete Schneeanhäufung am Tatort und lassen die Benutzung der Fahrbahn durch den Bw nachvollziehbar erscheinen.

Zusammenfassend ist daher von der glaubwürdigen Verantwortung des Bw auszugehen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 76 Abs.5 StVO haben Fußgänger die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren. Außerhalb von Schutzwegen haben sie den kürzesten Weg zu wählen; hiebei dürfen sie den Fahrzeugverkehr nicht behindern.

4.2. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung gemäß § 76 Abs.5 leg.cit. setzt unabdingbar voraus, dass sich der Bw bei der Überquerung der Fahrbahn befunden hat. Auf Grund der Feststellungen ist jedoch davon auszugehen, dass der Bw nicht bei der Querung der Fahrbahn angefahren wurde, sondern weil er nicht in der ihm zumutbaren Weise den Fahrbahnrand benützt hat.

Da der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat und der unabhängige Verwaltungssenat rechtlich gehindert ist, den Tatbestand zu korrigieren, war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Ziffer 2 VStG einzustellen.

Die Prüfung, ob durch das Verhalten des Bw allenfalls ein sonstiger Tatbestand des § 76 StVO erfüllt ist, war dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt.

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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