Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107184/2/SR/Ka

Linz, 02.10.2000

VwSen-107184/2/SR/Ka Linz, am 2. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des G M K, Nstr., D- M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von V, vom 13. Juli 2000, VerkR96-17160-2000, wegen Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 2 VStG eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs. 1 Z 2 und § 51e Abs. 3 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 26/2000 - VStG

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von V wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als Zulassungsbesitzer des Pkw der Bezirkshauptmannschaft über Aufforderung vom 19.1.2000 (zugestellt am 31.1.2000) keine Auskunft darüber erteilt, wer den Pkw am 16.7.1999 um 14.05 Uhr gelenkt hat. Sie haben der Behörde auch nicht mitgeteilt, wer statt ihnen die gewünschte Auskunft erteilen könnte.

Sie haben dadurch folgende Rechtvorschrift(en) verletzt.

§ 103 Abs.2 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling: 500,00

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden

gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

50,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550,00 (entspricht 39,97 €.)"

2. Gegen dieses nach dem 21. Juli 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. Juli 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass das offensichtlich am 3.2.2000 um 17.35 Uhr übermittelte Fax beim Amt nie eingelangt sei. Der Bw würde die mit der Übermittlungsart verbundenen Risken tragen. Da die gewünschte Auskunft nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist eingelangt sei, wäre diese als nicht erteilt anzusehen.

2.2. Dagegen wendet der Bw ein, dass die Behörde erster Instanz den Erhalt des abgesendeten Schreibens ohne Begründung schlicht bestreiten würde, obwohl er zu Beweiszwecken den Sendebericht, der eine ordnungsgemäße Übermittlung bestätigen würde, vorgelegt habe. Das Risiko des Verlustes könne ihn daher nicht treffen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den bezughabenden Verwaltungsakt und ergänzende Erhebungen bei der Behörde erster Instanz getätigt.

3.1. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

Der Bw wurde vom Bezirkshauptmann von V mit Schreiben vom 19. Jänner 2000, eigenhändig zugestellt am 31. Jänner 2000, ersucht, binnen zwei Wochen ab Zustellung mitzuteilen, wer das Kfz mit dem Kennzeichen am 16. Juli 1999 um 14.05 Uhr gelenkt/verwendet hat. Am 3. Februar 2000 erteilte der Bw innerhalb offener Frist die geforderte Auskunft. Da der zuständigen Sachbearbeiterin keine Lenkerauskunft zugegangen ist, wurde dem Bw am 19. Juni 2000 eine Strafverfügung (Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG) zu eigenen Handen zugestellt. Gegen diese Strafverfügung hat der Bw innerhalb offener Frist Einspruch erhoben und ausgeführt, dass er die Auskunft bereits am 3.2.2000 um 17.53 Uhr erteilt habe. Als Anlage wurde das Auskunftsschreiben und der dazugehörige Sendebericht beigelegt. Ohne erkennbarer Ermittlungsschritte wurde am 21. Juli 2000 das angefochtene Straferkenntnis erlassen. Die regelmäßig ausgedruckten Fax-Protokolle werden von der Behörde erster Instanz nicht aufbewahrt sondern vernichtet.

3.2. Das Vorbringen des Bw ist schlüssig und nachvollziehbar. Obwohl im vorgelegten Sendebericht die Fax-Nummer der Bezirkshauptmannschaft V unvollständig ist, war die Übermittlung der Sendung möglich und hat zu einem für den Bw positiven Sendeprotokoll geführt. Ein vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführter Fax-Versuch mit der verkürzten Faxnummer erbrachte ein korrektes Fax-Ergebnis (Sendebericht: Ergebnis - OK). Es ist daher davon auszugehen, dass der Bezirkshauptmannschaft V zum angeführten Zeitpunkt ein Fax vom Bw, bestehend aus einer Seite, zugegangen ist. Der unabhängige Verwaltungssenat verkennt nicht, dass sehr wohl auch eine leere Seite oder eine Nachricht, die ein anderes Verfahren betroffen hat, übermittelt worden sein kann. Da jedoch die Behörde erster Instanz keinerlei Vorkehrungen (zB. Sammlung der Fax-Protokolle, Ablage unvollständiger Übermittlungen mit Absenderkennung) getroffen hat, auf Grund derer man den Äußerungen des Bw entgegentreten hätte können, war dem glaubwürdigen Vorbringen des Bw zu folgen. Darüber hinaus spricht für die Glaubwürdigkeit des Bw, dass dieser immer auf die sonstigen behördlichen Schriftstücke innerhalb der eingeräumten Frist reagiert hat.

Weiter hätte für den Bw keine Veranlassung bestanden, den tatsächlichen Lenker zu schützen bzw. nicht bekannt zu geben und sich einer Verwaltungsübertretung auszusetzen, da zum angefragten Zeitpunkt das Grunddelikt bereits verjährt war.

4.1. Gemäß § 51 e Abs. 3 Ziffer VStG kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn im angefochtenen Bescheid nicht eine 3.000 Schilling übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer, im Falle einer juristischen Person der Verantwortliche gemäß § 9 VStG zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann; diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4.2. § 5 Abs.1 VStG normiert nur eine Schuldvermutung, nicht eine Vermutung, dass der Beschuldigte das Verhalten gesetzt hat. Die objektive Tatseite ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln. Hätte die Behörde erster Instanz die entsprechenden Ermittlungen gepflogen, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass die objektive Tatseite nicht vorgelegen ist.

Die in der Begründung angesprochene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes ist hier nicht vertretbar. Es ist unwidersprochen, dass die Beförderung eines Schriftsatzes durch die Post auf die Gefahr der Partei erfolgt (25.9.1978, 1855/75), ein Einbringen erst vorliegt, wenn die Eingabe tatsächlich bei der Behörde einlangt und die Gefahr des Verlustes einer übersandten Eingabe den Einschreiter trifft (31.1.1995, 94/08/0277). § 13 AVG trifft Ausführungen zu "einbringen" und "einlangen" (siehe auch die Ausführungen im jüngst ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof, Zl. B 460/00-7 vom 26. Juni 2000).

Entsprechend der Aktenlage ist das Schreiben des Bw mit Telefax eingebracht worden. Gemäß § 13 Abs. 5 AVG gelten so eingebrachte Anbringen "erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als bei ihr eingelangt". Da das Schreiben des Bw innerhalb der zweiwöchigen Frist eingebracht worden ist und als eingelangt betrachtet werden muss, kann der "Verlust" der Eingabe, der sich im Bereich der Behörde erster Instanz nach dem Einlangen ereignet hat, nicht dem Bw angerechnet werden.

Ergänzend wird betreffend der schriftlichen Ausgestaltung des Auskunftsbegehrens und der Hervorhebung der festgestellten Verwaltungsübertretung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1999, Zl. 99/03/00 hingewiesen.

§ 45 Abs.1 Z2 VStG (auszugsweise):

Die Behörde hat von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

......

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat ...

Der Bw hat die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen. Es war von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

5. Bei diesem Ergebnis waren dem Bw gemäß § 66 VStG keine Verfahrenskosten vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung:

einlangen, einbringen, FAX-Protokoll

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