Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107214/2/Le/La

Linz, 20.10.2000

VwSen-107214/2/Le/La Linz, am 20. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des K D F, Lange Ä 27, D D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.8.2000, Zl. VerkR96-10731-1999-K, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 1.000 S (entspricht 72,67 Euro), die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 32 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 100 S (entspricht 7,26 Euro).

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungs-strafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.8.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 38 Abs.5 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen K- (D) am 7.9.1999 um 11.47 Uhr auf der W B von A kommend in Fahrtrichtung E an einer näher bezeichneten Stelle bei rotem Licht als Zeichen für "HALT" nicht vor dem Lichtzeichen angehalten und sei in den Baustellenbereich eingefahren, obwohl rotes Licht als Zeichen für "HALT" gilt und die Lenker von Fahrzeugen anzuhalten haben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 15.8.2000, mit der schlüssig erkennbar beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung verwies der Berufungswerber auf sein Fax (gemeint wohl auf den Einspruch) vom 12.12.1999 und das Schreiben der Gemeinde Denkendorf vom 29.6.2000. Er kündigte an, seine Unterlagen an Rechtsanwalt Dr. R in Denkendorf zu übergeben, der sich zur Zeit im Urlaub befinde.

Eine Berufungsergänzung durch den Rechtsanwalt wurde jedoch nicht eingebracht.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die Unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 1.500 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Die Berufung ist trotz ausführlicher Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Straferkenntnis nicht näher begründet. Der Hinweis, die Unterlagen an den Rechtsanwalt zu übergeben, der sich derzeit auf Urlaub befinde, ist keine hinreichende Begründung.

Allerdings liegt die bisherige Rechtfertigung des Berufungswerbers vor. Diese wurde geprüft und für nicht geeignet befunden, sein Verhalten zu entschuldigen.

4.3. Es ist vom Berufungswerber unbestritten geblieben, dass er zur angelasteten Tatzeit am bezeichneten Tatort trotz Rotlicht der dort befindlichen Ampel in die Baustelle eingefahren ist.

§ 38 Abs.5 StVO ordnet an, dass rotes Licht als Zeichen für "HALT" gilt. Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den in Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Dieser Anhalteverpflichtung hat der Berufungswerber nicht entsprochen, weshalb er die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.

4.4. Der Berufungswerber bestreitet denn auch nur sein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung, wenn er in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vorbringt, dass ihm ein vor ihm fahrender LKW die Sicht auf die Signalanlage genommen hätte.

Aber selbst dann, wenn man von der Richtigkeit dieses Vorbringens ausgeht, könnte dies den Berufungswerber nicht entschuldigen und zwar aus folgenden Gründen:

Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Die hier übertretene Norm des § 38 Abs.5 StVO ordnet an, dass die Lenker von Fahrzeugen bei rotem Licht anzuhalten haben. Das Nichtanhalten vor dem Rotlicht stellt somit das Nichtbefolgen eines gesetzlichen Gebotes dar und ist somit als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren. Bei dieser Deliktsform fingiert der Gesetzgeber die Verschuldensform der Fahrlässigkeit. Der Täter kann diese gesetzliche Verschuldensfiktion nur dadurch entkräften, dass er glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Berufungswerber versuchte diese Glaubhaftmachung im vorliegenden Fall in der Form, dass er angab, ein vor ihm fahrender LKW hätte das Lichtzeichen verdeckt.

Selbst dann, wenn man dieser Behauptung folgt, kann dies den Berufungswerber nicht entschuldigen:

Bei der Wahl der Fahrgeschwindigkeit verlangt § 20 Abs.1 StVO vom Fahrzeuglenker stets die Wahl einer solchen Geschwindigkeit und Einrichtung einer solchen Fahrweise, dass er Hindernissen jeder Art ausweichen oder notfalls vor ihnen anhalten kann. Auch eine rotes Licht ausstrahlende Verkehrsampel stellt ein derartiges Hindernis dar, noch dazu mit der ausdrücklichen gesetzlichen Verpflichtung belegt, davor anzuhalten. Ein Fahrzeuglenker hat jederzeit, besonders aber etwa im Bereich von Baustellen, damit zu rechnen, dass Verkehrsampeln aufgestellt sind und vor diesen angehalten werden muss. Er hat dementsprechend seine Fahrweise so einzurichten, dass er jederzeit vor solchen Hindernissen oder Haltegeboten anhalten kann. Es ist dem Berufungswerber daher vorzuwerfen, dass er seine Fahrweise, möglicherweise durch zu knappes Auffahren an den LKW, so gewählt hat, dass er seiner Anhalteverpflichtung eben nicht entsprechen konnte.

Das Überfahren des Rotlichtes auf der gegenständlichen Baustelle ist somit auf ein deliktisches Verhalten (Nichteinhaltung des erforderlichen Abstandes) oder einen Aufmerksamkeitsmangel des Berufungswerbers zurückzuführen. Beides kann jedoch die Verletzung der Verwaltungsvorschrift des § 38 Abs.5 StVO nicht entschuldigen, da jeder Autofahrer gesetzlich verpflichtet ist, die gesetzlichen Bestimmungen der StVO jederzeit einzuhalten und die gehörige Aufmerksamkeit walten zu lassen.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber im Ergebnis sohin nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung iSd § 19 VStG ergab, dass diese Strafe von der Erstbehörde zu hoch angesetzt worden ist.

Wenngleich der vom Gendarmeriebeamten an Ort und Stelle angebotene Strafbetrag in Höhe von 300 S (als Organstrafverfügung) die Strafbehörde bei der Strafbemessung nicht bindet, weil diesbezüglich kein Verschlechterungsgebot besteht, kann doch in Anbetracht des Umstandes, dass die Tat keine bleibenden nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, und unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers mit einer verringerten Strafe das Auslangen gefunden werden.

Für die Anwendung einer Ermahnung oder das Absehen von der Strafe iSd § 21 VStG bestand jedoch keine Veranlassung, weil der Berufungswerber durch sein Verhalten immerhin eine abstrakte Gefährdungssituation geschaffen hat und gerade solche Missachtungen von Anhaltepflichten immer wieder Ursachen für schwere Unfälle sind.

Auch unter Berücksichtigung der Vermögenssituation des Berufungswerbers (laut Auskunft der Gemeinde D ist Herr Frech ein "nicht ganz unvermögender Bürger", war die Verhängung einer Geldstrafe im spruchmäßig bezeichneten Ausmaß aus general- und spezialpräventiven Gründen erforderlich, um eine entsprechende Abschreckungswirkung zu erzielen und den Berufungswerber davon abzuhalten, in Hinkunft weitere derartige Vergehen gegen die Straßenverkehrsordnung zu begehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum