Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107253/2/Br/Bk

Linz, 12.10.2000

VwSen-107253/2/Br/Bk Linz, am 12. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Strafberufung des Herrn H gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. September 2000, Zl. VerkR96-3474-2000-K, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 1.000 S (entspricht  72,67 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 iVm §§ 19 Abs.1 u. 2, 24, 51 Abs.1 und 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000.

II. Demzufolge ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 100 S (entspricht  7,27 Euro) . Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens eine Geldstrafe von 1.600 S, im Nichteinbringungsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, weil er am 3.3.2000 um 16.19 Uhr auf der A 1, im Gemeindegebiet von Ansfelden, bei km 170,000 in Richtung Wien, den Pkw mit dem Kennzeichen , im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 80 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 116 km/h gelenkt habe.

2. Begründend stützte die Erstbehörde den Schuldspruch im Ergebnis auf die auf eine sogenannte Radarmessung beruhende Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für OÖ., Verkehrsabteilung vom 21.3.2000. Auf die Strafzumessungsaspekte wurde nicht konkret Bezug genommen. Die Behörde erster Instanz erachtete aber eine Ermahnung als nicht gerechtfertigt, weil insbesondere das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung um 36 km/h das Verschulden keinesfalls als geringfügig erscheinen lasse, selbst wenn das Straßenstück gänzlich gerade verläuft und damit keine außerordentlichen Gefahren verbunden waren.

2.1. In der fristgerecht im Ergebnis nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung weist der Berufungswerber auf sein geringes Einkommen als Grundwehrdiener beim Bundesheer hin und vermeint, dass diese Strafe einen halben Monatsbezug betrage. Darüber hinaus sei die 80 Km/h-Beschränkung für ihn unerwartet gekommen, sodass ein plötzliches Abbremsen zwecks Vermeidung eines Auffahrunfalles zu vermeiden gegolten hätte. Er bitte daher um Verminderung des Strafausmaßes.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Weil hier keine gesonderte Berufungsverhandlung beantragt wurde und die Berufung sich im Ergebnis nur gegen das Strafausmaß richtet, konnte hier aus der Aktenlage entschieden werden (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit im Rahmen seines Präsenzdienstes das Dienstfahrzeug des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Als Beifahrer befand sich offenbar Herr Divisionär Dr. K an Bord des Fahrzeuges. Letzterer bescheinigte dem Berufungswerber mit amtlichem Schreiben vom 2. Juni 2000 ausgezeichnete Eigenschaften als Kraftfahrer. Der militärisch hochrangige Vorgesetzte räumte ein, dass er sich auf Grund seiner Stellung auch gelegentlich unter Zeitdruck befinde, sodass es denkbar sein könne, dass ihm sein Fahrer zwecks Einhaltung eines Termins - gemeint wohl gleichsam im vorauseilenden Gehorsam - pünktlich ans Ziel zu bringen, geneigt gewesen sein könnte. In diesem Schreiben wurde noch das Ersuchen an die Behörde erster Instanz zum Ausdruck gebracht, mit einer Ermahnung das Auslangen finden zu wollen.

4.2. Da es sich beim Vorfallstag um einen Freitag Nachmittag handelte und davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber noch nach Wien durchzufahren hatte, ist in Verbindung mit der oben angeführten Darstellung von Divisionär Dr. K durchaus nachvollziehbar, dass der Lenker sich verhalten fühlte, die Fahrzeit für die noch bis Wien zurückzulegenden 170 km möglichst kurz zu halten. Immerhin war es bereits später Nachmittag. Da schließlich der objektive Unwertgehalt einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht losgelöst von den sonstigen Umständen (wie Verkehrssituation und Beschaffenheit des Fahrzeuges) gesehen werden kann, ist hier mangels entsprechender Feststellungen von keiner über den Ungehorsamstatbestand hinausgehenden nachteiligen Tatfolge auszugehen gewesen.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch, wenn der Berufungswerber diese Übertretung teilweise mit nicht ausreichender Ausschilderung zu erklären versucht, indem er meint, die vorher bestehende 100 km/h-Beschränkung wäre "unvorhersehbar" in eine 80 km/h- Beschränkung übergegangen. Dem kann nur entgegnet werden, dass es dem Wesen von Geschwindigkeitsbeschränkungen inhärent ist, dass sie mit den gesetzlich vorgesehenen Kundmachungsmitteln (Tafeln in entsprechender Größe) entsprechend der jeweiligen Verordnung kundgemacht (aufgestellt) zu werden pflegen. Von jeder am Straßenverkehr teilnehmenden Person muss nach entsprechender ärztlicher Untersuchung und dem Nachweis der Befähigung für die Erteilung einer Lenkberechtigung die entsprechende Wahrnehmungsfähigkeit erwartet werden können. Es ist durchaus amtsbekannt, dass die Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der A1 im Bereich Ansfelden und Knoten Linz den gesetzlichen Erfordernissen entsprochen haben.

5. In rechtlicher Hinsicht kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die richtige rechtliche Subsumtion des Tatverhaltens unter § 52a Z10a StVO 1960 durch die Erstbehörde hingewiesen werden.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Der Behörde erster Instanz ist wohl durchaus beizupflichten, dass in aller Regel das Gefährdungspotenzial und somit auch der Tatunwert mit einem höheren Ausmaß der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit steigt. Diesem Umstand kommt grundsätzlich bei der Bemessung der Strafe bzw. der Ausschöpfung des bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmens entscheidende Bedeutung zu. Dennoch muss die nachteilige Auswirkung, die mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in aller Regel verbunden ist, in Beziehung zum Verkehrsgeschehen als solche gesetzt werden. Wenn sich etwa in der konkreten Situation keine Beziehung zu einem anderen Verkehrsgeschehen erkennen lässt, kann - neben der im Umfang der Fahrgeschwindigkeit erschließbaren Ungehorsamsneigung - nicht zwingend immer auch eine zusätzlich nachteilige Auswirkung, abgeleitet werden. Der Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) muss, wie der Oö. Verwaltungssenat bereits wiederholt ausgesprochen hat, bei rechtsrichtiger Auslegung immer auf den konkreten Fall und nicht bloß formelhaft zur Anwendung gelangen (vgl. u.a. h. Erk. v. 19.1.1999, VwSen-105927/7/Br, VwSen-104936 u. v. 30.9.1997). Widrigenfalls käme es dadurch unvermeidlich zu einer Ungleichbehandlung, indem durch schablonenhafte Anwendung einer Rechtsvorschrift trotz differenzierter Ausgangslage "Ungleiches" in der Sanktionsfolge jedoch [immer] gleich behandelt würde [werden müsste].

Hier konnte bei der Strafzumessung mit Blick auf die subjektive Tatschuld, die durchaus nachvollziehbare Neigung, den Vorgesetzen möglichst rasch nach Hause zu bringen, Berücksichtigung finden.

Auch der Milderungsgrund des Geständnisses und der Schuldeinsicht wird jedoch durch mit dem teilweisen Rechtfertigungsversuch auf das "plötzliche Übergehen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 80 km/h" gemindert. Die bisherige Unbescholtenheit war als strafmildernd zu werten.

Daher erscheint hier, insbesondere mit Blick auch auf das weit unter dem Durchschnitt liegende Einkommen des Berufungswerbers, eine Reduzierung des Strafausmaßes gerechtfertigt.

Die Anwendung des § 21 VStG kommt nicht in Betracht, weil es hiefür (neben den unbedeutenden Folgen der Tat) auch eines bloß geringen Verschuldens bedarf. Bei lebensnaher Betrachtung kann nicht davon ausgegangen werden, dass einerseits die Beschilderung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 80 km/h) nicht rechtzeitig erkannt worden wäre und dem Fahrzeuglenker andererseits der Unterschied der Fahrgeschwindigkeit zwischen 80 km/h und 116 km/h nicht bewusst geworden wäre.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Ungehorsamstatbestand, Unwertgehalt

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum