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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107275/2/BI/KM

Linz, 23.10.2000

VwSen-107275/2/BI/KM Linz, am 23. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S S, vom 20. September 2000 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. September 2000, VerkR96-16773-1998, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 100 S (entspricht 7,27 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 2. Dezember 1998 um 16.05 Uhr den PKW auf der A Bundesstraße in Richtung V gelenkt habe, wobei es bei km 4.900 im Gemeindegebiet von Lenzing zur Kollision mit dem entgegenkommenden PKW gekommen sei, wobei beide Fahrzeuge beschädigt worden seien. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er dem Lenker des PKW seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er erkenne kein Verschulden seinerseits. Es gehe ihm nicht um die Geldstrafe, sondern um die Vormerkung, zumal er kein Fehlverhalten sehe. Der Zeuge M G sei Ausgleichszulagenrentner und fast 80 Jahre alt und habe zur Zeugenaussage kostenlos nach Vöcklabruck und zurück fahren müssen. Er finde, diese Sache sei zu überdenken. Er ersuche, seinen Einspruch neu zu behandeln und zu beurteilen. Er könne sich nicht vorstellen, was die Polizei und die Erstinstanz mit seinem Minimalschaden am Auto zu tun hätten, zumal dafür die Versicherungen zuständig seien. Es habe keine Verletzten gegeben; er sei zum Unfall gekommen wie die Jungfrau zum Kind.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Zeuge L K als Lenker eines PKW am 2. Dezember 1998 gegen 16.05 Uhr auf der B im Gemeindegebiet von L in Richtung S fahrend bei Km 4.900 wegen überhöhter Geschwindigkeit ins Schleudern kam, wobei er gegen den entgegenkommenden PKW des Bw stieß, dann von der Straße abkam, einen Gartenzaun, einen Leitpflock und eine Schneestange beschädigte und einen Holzstoß umwarf. Der Bw wurde bei dem Unfall nicht verletzt, obwohl er aus der Nase und an der Lippe blutete - er gab an, er habe sich in die Lippe gebissen und blute immer aus der Nase, wenn er sich aufrege - eine "Erste-Hilfe-Leistung" war nicht erforderlich.

Der Bw, Lenker des entgegenkommenden PKW, an dessen Stoßstange links hinten Kratzer erkennbar waren, blieb mit dem PKW an der Unfallstelle stehen, ging dem Zeugen K ins Haus des J S nach bis ins Badezimmer, wo sich der Zeuge das Gesicht reinigte, und schrieb aus den von diesem übergebenen Papieren, nämlich Führerschein und Zulassungsschein, die Daten ab und notierte zusätzlich die Telefonnummer mit der Mitteilung, er werde den Zeugen wegen des Schadens anrufen. Nach Aussage des Zeugen K wies er jedoch seine Daten nicht nach, sondern verließ anschließend die Unfallstelle mit dem Hinweis auf einen dringenden Termin. Ein Telefonanruf des Bw sei aber nie erfolgt.

Im PKW des Bw befand sich der Zeuge M G, der bestätigte, er sei beim PKW geblieben, während der Bw mit dem Zeugen K ins Haus gegangen sei. Bei einem angeblichen Identitätsnachweis sei er nicht anwesend gewesen. Der Zeuge E A gab an, der Zeuge K habe nach dem Unfall aus der Nase geblutet und der Bw sei ihm ins Haus S nachgegangen. Er habe gesehen, dass der Bw die Daten des Zeugen K aufgeschrieben habe, habe aber nicht darauf geachtet, ob dieser die Daten des Bw erhalten habe.

Laut Anzeige des Meldungslegers RI H vom 8. März 1999 habe der Bw den Schaden bereits am 3. Dezember 1998 seiner Versicherung (Hannover) gemeldet, die er am 10. Dezember 1999 an die Versicherung des Zeugen K (VJV) weitergeleitet habe. Diese habe die Daten des Bw aber erst am 25. Dezember 1999 an den GP L weitergeleitet. Die Reparatur des PKW des Bw sei am 22. Februar 2000 bei der Werkstätte L in S erfolgt. Der Bw gab dem Meldungsleger gegenüber an, er habe sich um den "verwirrten" Zeugen K gekümmert, dessen Daten auf einen Zettel notiert und ihm eine Visitenkarte mit seinem Namen und seiner Telefonnummer gegeben, woraus es dem Zeugen leicht möglich gewesen wäre, seiner Versicherung diese Daten weiterzuleiten.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei diesem Unfall nur Sachschaden entstanden ist, vom Verkehrsunfall die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Zweck des § 4 StVO ist es, den am Unfall beteiligten Lenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten feststellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zu setzen haben wird (vgl. VwGH v 19. Dezember 1975, 2085/74, ua).

§ 4 Abs.5 StVO 1960 enthält keine Verpflichtung zum Nachweis der Identität, wohl aber die Verpflichtung, ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheitsdienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden zu verständigen, wenn, aus welchen Gründen immer, kein Identitätsnachweis erfolgt ist (vgl VwGH v 10. November 1982, 82/03/0220, uva).

Weder die Aushändigung einer Visitenkarte noch die Einräumung der Möglichkeit, das Kennzeichen abzulesen, sind als Identitätsnachweis anzusehen (vgl VwGH v 15. Mai 1990, 89/02/0093, v 11. Mai 1990, 90/18/0015, v 17. Oktober 1966, 59/66, uva).

Abgesehen davon, dass der Zeuge K glaubhaft angegeben hat, der Bw habe von ihm zwar die Papiere verlangt und sich seine Daten und seine Telefonnummer notiert, ihm gegenüber aber nicht einmal einen Namen genannt und nur darauf hingewiesen, er habe es sehr eilig und werde ihn anrufen, was er aber nie getan habe, wäre auch die (nur) vom Bw angeführte Visitenkarte nicht als Nachweis der Identität anzusehen, zumal ein Identitätsnachweis nur dann als erfolgt anzusehen ist, wenn der Führerschein (Lichtbildausweis) oder sonst geeignete amtliche Unterlagen (öffentliche Urkunden) vorgewiesen wurden (vgl VwGH v 22. Oktober 1999, 99/02/0148, uva).

Das vom Bw offenbar nicht erkannte Fehlverhalten lag demnach darin, dass dieser nicht ohne unnötigen Aufschub Meldung vom Verkehrsunfall mit Sachschaden beim nächstgelegenen Gendarmerieposten erstattete, obwohl er dem Schädiger seine Identität nicht nachgewiesen hatte. Der Zeuge K war daher nicht in der Lage, festzustellen, mit wem er sich über die Regelung des dem Bw beim Verkehrsunfall zugefügten Schadens auseinander zu setzen haben würde.

Für die Unfallmeldung sieht die oben zitierte Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO eine sehr kurze Zeitspanne vor; die Meldung muss "ohne unnötigen Aufschub" erfolgen, dh sobald wie möglich. Wenn daher der Bw tatsächlich einen dringenden Termin im Sinne eines "nötigen" Aufschubes wahrzunehmen hatte - darüber hat er nichts näheres mitgeteilt - hätte er sich ehestens beim Zeugen melden müssen.

Eine "Schadensregelung" durch eine Versicherung, deren Angaben für den Schädiger nicht überprüfbar sind, weil er den angeblich dort "Versicherten" nicht kennt, weil ihm dieser Namen und sonstige für die Überprüfung notwendige Daten vorenthalten hat, ist - auch hinsichtlich des tatsächlich beim Unfall entstandenen Schadens - undurchführbar. Gerade dieser Absicherung dient die gegenständliche Bestimmung, deren Kenntnis jedoch beim Bw als Inhaber einer Lenkberechtigung vorausgesetzt werden muss. Dessen Äußerung, er verstehe nicht, was die Polizei mit diesem "Minimalschaden" (im Ausmaß von laut Anzeige immerhin fast 18.000 S !) zu tun habe, wenn dafür doch die Versicherungen zuständig seien, spricht für sich.

Die dem Bw zurechenbare Weiterleitung der Daten durch die Versicherung des Zeugen K an den zuständigen Gendarmerieposten L am 25. Februar 2000 war zweifellos als zu spät im Sinne der zur Last gelegten Bestimmung zu qualifizieren.

Aus all diesen Überlegungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Dabei ist nicht zu verkennen, dass den Bw am Zustandekommen des Verkehrsunfalles keinerlei Verschulden trifft. Ein solches ist aber nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der zur Last gelegten Bestimmung.

Die Rüge des Bw, der von ihm geltend gemachte Zeuge habe trotz seiner finanziell ungünstigen Lage unentgeltlich bei der Erstinstanz aussagen müssen, ist insofern berechtigt, als die Bestimmungen der §§ 51a bis 51c AVG iVm § 24 VStG nur für Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat Zeugengebühren vorsehen, nicht aber vor der Erstinstanz.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Meldung des Verkehrsunfalls durch den Bw an seine Versicherung als mildernd gewertet. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist die primär der Absicherung des Eigenschadens dienende Unfallmeldung an die eigene Versicherung nicht als mildernd anzusehen. Allerdings sind aus dem Verfahrensakt keine Vormerkungen des Bw bei der Erstinstanz ersichtlich, weshalb von dessen verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit als strafmildernden Umstand auszugehen war, während erschwerende Umstände nicht zu finden waren.

Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung wie auch dem genannten Milderungsgrund. Sie liegt am untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Hinkunft zur genauesten Beachtung der genannten Bestimmung anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Bw hat als Geschäftsführer keine Unfallmeldung erstattet, obwohl kein Identitätsnachweis dem Schädiger gegenüber erfolgte à Bestätigung, auch hinsichtlich Strafe von 500,--.

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