Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107280/5/SR/Ri

Linz, 10.01.2001

VwSen-107280/5/SR/Ri Linz, am 10. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des R L, Astraße, S, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt S, vom 26. September 2000, S 3714/ST/00, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden StVO), zu Recht erkannt:

I.  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 2 VStG eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2 und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 138/2000 - VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 27.01.2000 um 23.04.2000 in A, auf der A, StrKm, in Fahrtrichtung W als Lenker des KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen die durch Vorschriftszeichen gem. § 52 lit.a Ziff.10 a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 36 km/h überschritten, wobei die Überschreitung mit einem Radarmeßgerät festgestellt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 lit.a Ziff.10a StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie gemäß § 99 Abs.3 a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,--(=109,01 Euro), falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991) S 150,--(=10,90 Euro) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, zu zahlen.

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): --

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher:

S 1.650,--(119,91 Euro)

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG 1991)."

2. Gegen dieses am 9. Oktober 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. Oktober 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Tatbestand aufgrund der Anzeige und des ausgearbeiteten Radarfotos als erwiesen anzusehen sei. Der Bw habe von der Anhörungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht und sei dem Ladetermin unentschuldigt ferngeblieben.

2.2. Dagegen wendet der Bw - scheinbar verspätet - ein, dass er die Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Zu Beweiszwecken legt er Kopien von "Tachographen" bei, die belegen würden, dass er sich zur Tatzeit in H am H aufgehalten habe.

3. Der bezughabende Verwaltungsstrafakt wurde von der Behörde erster Instanz vorgelegt.

3.1. Da Grund zur Annahme bestand, dass der Bw das Rechtsmittel verspätet ergriffen hat, wurde eine Anfrage beim zuständigen Postamt getätigt. Das Ergebnis wurde dem Bw und der Behörde erster Instanz zur Kenntnis gebracht. Der Bw hat mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 mitgeteilt, dass er den Brief erst einige Tage nach den "Zustellungsversuchen" beheben hätte können. Zu Beweiszwecken hat er Kopien von "Tachoscheiben " beigelegt, die die Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellversuche (ab 4. Oktober 2000) bestätigen würden.

3.2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

Dem Bw wurde die Strafverfügung (Spruch entsprechend der Anlastung im angefochtenen Straferkenntnis) der Behörde erster Instanz vom 18. Mai 2000, Zahl S 3714/ST/00, am 8. Juni 2000 zugestellt. Da der Bw innerhalb offener Frist Einspruch erhoben hat, wurde das ordentliche Verfahren eingeleitet und dieses nach Nichtbeachtung des Ladungsbescheides vom 16. Juni 2000 mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 26. September 2000 abgeschlossen.

Der erste Zustellversuch des bezeichneten Straferkenntnisses wurde am 4. Oktober 2000 unternommen und der zweite Zustellversuch für 5. Oktober 2000 angekündigt. Nachdem mangels Anwesenheit eine Ausfolgung des behördlichen Schreibens nicht möglich war, wurde dieses hinterlegt und der Beginn der Abholfrist mit 6. Oktober 2000 bezeichnet. Der Bw hat sich während der Zustellversuche nicht an der Abgabestelle aufgehalten und ist erst nach dem 6. Oktober 2000 an die Abgabestelle zurückgekehrt. Die erste Möglichkeit zur Behebung der Sendung bestand somit am 9. Oktober 2000. Am 23. Oktober 2000 hat der Bw das Rechtsmittel der Berufung eingebracht.

Der Bw ist der Zulassungsbesitzer des Tatfahrzeuges. Zur Tatzeit hat sich der Bw, als Lenker des Lkw O, in H a H aufgehalten.

Eine Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers ist an den Bw als Zulassungsbesitzer des Tatfahrzeuges nicht ergangen und der Bw hat zu keinem Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens behauptet, den bezeichneten Pkw zur Tatzeit gelenkt zu haben.

3.3. Die Angaben über die Rechtzeitigkeit der eingebrachten Rechtsmittel sind schlüssig und werden durch die vorgelegten Beweismittel bestätigt. Der Bw hat sich nachweislich während der Zustellversuche nicht an der Abgabestelle aufgehalten. Den vorgelegten Kopien ist zu entnehmen, dass zur Tatzeit der vom Bw gelenkte Lkw ca. 50 km vom Tatort entfernt, am Autobahnparkplatz H a H, abgestellt war. Auch wenn dadurch noch nicht erwiesen ist, dass sich der Bw tatsächlich im oder beim Lkw aufgehalten hat, würde es doch der Lebenserfahrung widersprechen, wenn man vertreten würde, dass der Bw seinen Pkw vorausschauend am genannten Parkplatz abgestellt hatte, um diesen während der "Stehzeit" benützen zu können. Der Bw hat aber glaubwürdig dargelegt, dass sein Pkw während seiner beruflichen Tätigkeiten in L, in der Nähe des üblichen Abfahrortes abgestellt war. Dieses Vorbringen entspricht den üblichen Lebensabläufen des Bw, da dessen Auftragsfahrten in L begonnen und beendet worden sind. Die vorgelegten Beweise haben dies bestätigt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, hatte die mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z1 VStG zu entfallen.

4.2. Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Unstrittig ist, dass der Bw während der Zustellversuche nicht an der Abgabestelle anwesend war und er wegen dieser Abwesenheit nicht rechtzeitig von dem Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Nachdem der 9. Oktober 2000 als der Tag anzusehen ist, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden hätte können, ist von einer Zustellung mit diesem Tag auszugehen. Die mit 23. Oktober 2000 zur Post gegebene Sendung ist somit rechtzeitig und der unabhängige Verwaltungssenat hatte somit eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen.

4.3. § 45 Abs.1 Z2 VStG (auszugsweise):

Die Behörde hat von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

......

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat ...

Da dem Bw zu folgen war, dass er sich zur Tatzeit ca. 50 km vom Tatort entfernt aufgehalten hat, kann ihm einerseits die angelastete Verwaltungsübertretung nicht vorgeworfen und er andererseits nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Der Bw hat die angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Daher war das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Hinterlegung, Ortsabwesenheit, Rückkehr

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum