Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107282/7/Br/Bk

Linz, 27.11.2000

VwSen - 107282/7/Br/Bk

Linz, am 27. November 2000

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, Zl.: VerkR96-418-1998, vom 28. September 2000, nach der am 27. November 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Bestätigung des Schuldspruches der Tatvorwurf in Abänderung zu lauten hat:

"Sie haben am 10.12.1997 um 13.07 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen , im Ortsgebiet von M auf der L 508 (Kobernaußer Landesstraße) im Ortsgebiet von M in Fahrtrichtung F, bei Strkm. 1,4 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 39 km/h überschritten."

Die Geldstrafe wird jedoch auf 1.500 S (entspricht 109,00 €) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - VStG.

II. Der erstbehördliche Verfahrenskostenbeitrag ermäßigt sich demnach auf 150 S (entspricht 10,90 €). Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 28. September 2000, Zl. VerkR96-418-1998, über den Berufungswerber wegen der eingangs zitierten Übertretung der Straßenverkehrsordnung eine Geldstrafe von 2.500 S und für den Nichteinbringungsfall zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe und gemäß § 64 VStG 250 S Verfahrenskosten verhängt und ihm inhaltlich zur Last gelegt, er habe am 10.12.1997 um 13.07 Uhr im Ortsgebiet von M den PKW mit dem Kennzeichen auf der Landesstraße 508 bei Strkm 1,4 in Richtung F mit einer Geschwindigkeit von 89 km/h gelenkt und dabei die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten.

1.1. Die Erstbehörde stützte den Tatbeweis auf das Ergebnis einer sogenannten Lasermessung, wobei bei der oben zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit eine Verkehrsfehlertoleranz von 3 km/h bereits in Abzug gebracht worden sei. Die Ausführungen betreffend die Tatschuld können hier auf sich bewenden. Zu bemerken ist, dass die Behörde erster Instanz unter Hinweis auf § 5 Abs.1 VStG von einer zumindest bedingt vorsätzlichen Tatbegehung ausging und das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung von hohem Risiko begleitet erachtete. Als straferschwerend wurden keine Umstände gewertet, aber angesichts diverser Vormerkungen wurden auch keine strafmildernden Umstände der Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Berufungswerber durch seine ag. Rechtsvertreter. Darin wird inhaltlich das Fehlen jeglicher Hinweise auf die Fahrbahnbeschaffenheit und das Fehlen von Angaben über die Messrichtung und eines Messprotokolls bemängelt. Abschließend erachtet der Berufungswerber diese Messung mit Mängel behaftet, sodass diese nicht als Grundlage für eine Bestrafung tauglich erachtet werden könne.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da mit der Berufung im Ergebnis auch Sachverhaltselemente bestritten wurden, war in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

Im Zuge der Einladung zur Berufungsverhandlung teilte die Behörde erster Instanz den vorübergehenden Verstoß des Aktes mit, sodass letztlich dieser erst knapp drei Jahre nach der Tatbegehung finalisiert werden konnte. Der Akt wurde erst sechs Wochen vor der sogenannten "absoluten Verjährung" zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes. Beigeschafft wurden Luftbilder von der bezughabenden Örtlichkeit mit der darauf ersichtlichen Straßenkilometrierung.

Anlässlich der vor Ort durchgeführten Berufungsverhandlung wurden die bezughabenden Distanzen mittels Laserentfernungsmesser nachvollzogen und die Örtlichkeit bildlich dokumentiert. Der Meldungsleger GrInsp. S wurde zeugenschaftlich vernommen. Vorgelegt wurden vom Meldungsleger noch das sogenannte Messprotokoll und der damals gültige Eichschein für das Lasermessgerät Nr. 7131.

4. Als Ergebnis des Berufungsverfahrens ist von nachfolgendem Sachverhalt auszugehen:


4.1. In Fahrtrichtung des Berufungswerbers verläuft die L508 im Bereich des Strkm 1,4 in einer auf ein Ortsgebiet bezogen, leichten Rechtskurve. Die Straße ist ca. sechs Meter breit. Die zwei Fahrstreifen sind durch eine Leitlinie gekennzeichnet. Das Verkehrszeichen "Orts-beginn von Mittererb" liegt ca. 100 Meter vor dem Strkm 1,4, nämlich bei Strkm 1,5 und nicht wie in der Anzeige auf Grund eines vermutlichen Schreibfehlers angeführt bei Strkm 1,4. Die Messung erfolgte von der Position "Strkm 1,5" ca. 100 Meter östlich (etwa auf Höhe der Ortstafel von Mittererb [siehe Bild]). Der Meldungsleger befand sich in Fahrtrichtung Lengau ca. 5 Meter vom linken Fahrbahnrand entfernt auf einer ca. zwei Meter über dem Fahrbahnniveau liegenden Parkfläche. Er führte gegenständliche Messung im abfließenden Verkehr in Richtung Lengau durch, wobei er das Messgerät auf dem Stativ montiert hatte. Die Gefahrensichtweite auf den Gegenverkehr ist in Fahrtrichtung des Berufungswerbers, durch den in einer Rechtskurve ausgeprägten Verlauf der L508 ab Strkm 1,5, durch das auf Höhe Strkm 1,4 rechtsseitig knapp an die Straße heranreichende Gebäude, auf knapp mehr als 100 m eingeschränkt. Ebenfalls befinden sich hinter Strkm 1,4 beidseitige benachrangte Einmündungen in die L508, wobei der linksseitige Straßenzug für den Verkehr in Richtung Lengau als unübersichtlich bezeichnet werden kann.

Das Beweisverfahren hat mit der Anhörung des Meldungslegers ergeben, dass von einem Messfehler nicht ausgegangen werden kann. Der Meldungsleger ist ständig mit Lasermessungen betraut und darüber hinaus als Sachbearbeiter auf dem GP M für die Verkehrsüberwachung und damit auch für die Schulung an diesem Messgerät zuständig. Er legte im Rahmen der Berufungsverhandlung das damals geführte Messprotokoll und den Eichschein vor. Ferner wurde glaubwürdig und überzeugend dargelegt, dass der Berufungswerber am östlichen Ortseingang von Mittererb, am Standort des Meldungslegers mit sichtlich überhöhter Geschwindigkeit vorbeifuhr, sodass die Messung von hinten, also im abfließenden Verkehr, durchgeführt werden musste, wodurch eine Anhaltung nicht möglich war. Dabei habe sich der Meldungsleger das Kennzeichen noch vor Durchführung der Messung zu merken bzw. zu notieren vermocht. Der Berufungswerber zeigte wohl zutreffend Mängel im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren auf, deren Inhalt jedoch im Rahmen der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren zerstreut werden konnte. Letztlich ergaben sich keine objektiven Anhaltspunkte, die geeignet wären, an der Richtigkeit dieser Geschwindigkeitsmessung Zweifel zu hegen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren (§ 20 Abs.2 StVO).

Nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, Abs.1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.......

6.1.1. Die Änderung des Spruches diente der Straffung des Tatvorwurfes, wobei insbesondere die Methode der Geschwindigkeitsfeststellung und die Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze mangels Tatbestandsmerkmal auszuscheiden waren. Der in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Februar 1998 formulierte Tatvorwurf bildete jedoch eine im Sinne des § 44a Z1 und Z2 VStG taugliche und vor allem fristgerechte Verfolgungshandlung.

7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 89 km/h beträgt der Anhalteweg eines Pkw's, unter der Annahme einer bereits als optimal anzunehmenden Bremsverzögerung von 8 m/sek2 und einer durchschnittlichen Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden, 65,38 Meter. Demgegenüber gelangt unter diesen Bedingungen ein Fahrzeug aus 50 km/h bereits nach 27,32 m zum Stillstand. Der Punkt, bei welchem ein Fahrzeug mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit bereits zum Stillstand gelangt, wird mit der hier zur Last liegenden Fahrgeschwindigkeit noch mit knapp über 75 km/h durchfahren (Berechnung mit Analyzer Pro 4).

Daraus ist erhellt, dass mit einer solchen Geschwindigkeitsüberschreitung das Gefährdungspotenzial stark erhöht und der damit einhergehende Unwertgehalt einer solchen Übertretung als schwerwiegend zu erachten ist.

Die Unfallstatistik belegt, dass vielfach Geschwindigkeitsüberschreitungen im Ortsgebiet unfallskausal sind, insbesondere weil dadurch unfallvermeidende Abwehrhandlungen nicht mehr wirksam werden bzw. zu spät kommen.

Im Hinblick darauf ist aus Gründen der Generalprävention grundsätzlich mit einer empfindlichen Bestrafung vorzugehen, wobei grundsätzlich der hier verhängten Strafe objektiv nicht entgegenzutreten wäre.

Im gegenständlichen Fall scheint jedoch angesichts der zwischenzeitig bereits fast drei Jahre zurückliegenden Tat in Verbindung mit dem Umstand, dass der Berufungswerber zwischenzeitig wegen Schnellfahrens nicht mehr bestraft wurde und mit Ausnahme einer einzigen Parkstrafe sich im Straßenverkehr wohlverhalten hat, auch eine Geldstrafe von 1.500 S ausreichend, um diese Tat einer angemessenen Bestrafung zuzuführen. Das lange Zurückliegen einer Tat bildet nach § 34 Z18 StGB in diesem Kontext einen Strafmilderungsgrund. Dabei war zusätzlich noch auf die Sorgepflichten des Berufungswerbers - mit einem geschätzten Monatseinkommen von 18.000 S - für drei Kinder Bedacht zu nehmen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Zurückliegen, Strafmilderungsgrund

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