Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107291/10/Ki/Ka

Linz, 15.01.2001

VwSen-107291/10/Ki/Ka Linz, am 15. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des Z, vom 19.10.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 16.10.2000, VerkR96-2715-2000, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

Zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 16.10.2000, VerkR96-2715-2000, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 9.7.2000 um 14.58 Uhr die Zugmaschine, Kz.: in St. Georgen/Gusen, auf der Pleschinger Straße Fahrtrichtung Luftenberg und der Gusental Straße bis auf Höhe des Parkplatzes des Würstelstandes " " in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,41 mg/l Atemluft) gelenkt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 480 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 2.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 19.10.2000 Berufung mit dem Antrag, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsordnung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Aus der Anzeige des Gendarmeriepostens St. Georgen/G. vom 9.7.2000 geht hervor, dass beim Bw um 15.15 Uhr und um 15.17 Uhr jeweils ein Atemluftalkoholgehalt von 0,41 mg/l gemessen wurde. Der Bw hat angegeben, in der Zeit zwischen 11.30 Uhr und 14.45 Uhr drei Halbe Bier getrunken zu haben.

Überdies wurde ein Gutachten einer medizinischen Amtssachverständigen zur Frage der Klärung des Ausmaßes an Atemluftalkoholgehalt zur vorgeworfenen Tatzeit um 14.58 Uhr unter Zugrundelegung der Trinkangaben des Beschuldigten (drei Halbe Liter Bier zwischen 11.30 Uhr und 14.45 Uhr) bzw des Ergebnisses der Atemluftmessungen um 15.15 Uhr bzw 15.17 Uhr eingeholt.

In diesem Gutachten vom 30.11.2000, San-225209/6-2000-Has/Ko, führte die Sachverständige aus, dass aus medizinischer Sicht zu den vom unabhängigen Verwaltungssenat unter Einbeziehung der übermittelten Aktenunterlagen gestellten Beweisfragen Folgendes festzustellen ist:

"1. Im vorliegenden Fall ist eine exakte rechnerische Ermittlung der Tatzeit - Blutalkoholkonzentration nicht möglich!

Dies deswegen, da die Resorption der angegebenen genossenen Trinkmenge noch nicht abgeschlossen war (Anmerkung: Voraussetzung für eine exakte Berechnung der Blutalkoholkonzentration ist die abgeschlossene Resorption und üblicherweise ist die Resorption erst etwa eine Stunde nach Trinkende als abgeschlossen anzunehmen! Im vorliegenden Fall wird das Trinkende mit 14.45 Uhr angegeben, die Tatzeit mit 14.58 Uhr sowie der Messzeit mit 15.15 Uhr bzw 15.17 Uhr, die für eine Berechnung bzw Rückrechnung erforderliche "abgeschlossene Resorption" kann in diesem Fall nicht angenommen werden.)

2. Der Messwert 0,41 mg pro Liter der Alkomat-Testung um 15.15 Uhr bzw 15.17 Uhr entspricht einer Blutalkoholkonzentration von 0,82 Promille.

Eine exakte Rückrechnung auf die Tatzeit-Blutalkoholkonzentration ist wegen der unter Punkt 1. beschriebenen nicht-abgeschlossenen Resorption nicht durchführbar. Es könnte zur Tatzeit um 14.58 Uhr eventuell die "0,8 Promille-Grenze" noch geringfügig unterschritten gewesen sein. Dies kann jedoch aus oben angeführten Gründen nicht exakt berechnet werden.

3. Grundsätzlich könnte die angegebene Trinkmenge von drei Halben Liter Bier (bei einem Körpergewicht von 78 kg) geeignet gewesen sein, den Messwert von 0,41 mg/l Atemalkoholgehalt zu erklären! Aus oben angeführten Gründen kann wegen der nicht-abgeschlossenen Resorption auch hier keine exakte Berechnung erfolgen, bei grober Durchrechnung scheinen die angegebenen Trinkmengen von drei Halben Liter Bier in der Lage zu sein den Messwert zu erklären (78 kg x Reduktionsfaktor 0,7 = 54,6 kg; 3 x 20 g = 60 g = Alkoholmenge aus drei Halben Liter Bier; 60 g: 54,6 kg = etwa 1 Promille; berücksichtigt man den bereits stattgehabten Alkoholabbau ab Trinkbeginn sowie die noch nicht beendete Resorption, wäre aus dieser Trinkmenge der Messwert durchaus erklärbar - wenn auch aus oben genannten Umständen nicht exakt berechenbar)."

In Anbetracht, dass aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. In freier Beweiswürdigung gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zunächst zur Auffassung, dass die Trinkverantwortung des Beschuldigten durchaus glaubwürdig ist. Er hat unmittelbar im Rahmen der Amtshandlung angegeben, dass er in der Zeit zwischen 11.30 Uhr und 14.45 Uhr drei Halbe Bier getrunken habe. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten dazu ausgeführt, dass zwar wegen der nicht abgeschlossenen Resorption keine exakte Berechnung erfolgen könne, bei grober Durchrechnung würden die angegebenen Trinkmengen von drei Halben Liter Bier in der Lage sein, den Messwert zu erklären.

Weiters hat die Sachverständige ausgeführt, dass zur Tatzeit um 14.58 Uhr eventuell die 0,8 Promille Grenze noch geringfügig unterschritten gewesen sein könnte.

Das Gutachten der Sachverständigen erscheint der erkennenden Berufungsbehörde schlüssig und steht nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen, sodass keine Bedenken bestehen, diesen Beweis der Entscheidung zugrunde zu legen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Dem Bw wird vorgeworfen, er habe eine Zugmaschine in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,41 mg/l Atemluft) gelenkt.

Zunächst wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass, wenn der Sachverhalt nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit geklärt werden kann, ein Freispruch zu erfolgen hat.

Wie aus dem amtsärztlichen Gutachten hervorgeht, könnte im vorliegenden Falle zur Tatzeit um 14.58 Uhr eventuell die 0,8 Promille Grenze noch geringfügig unterschritten gewesen sein. Daraus resultiert, dass sich der Bw zum Zeitpunkt des Lenkens der Zugmaschine noch im Stadium der Anflutungsphase befunden hat.

Diese Anflutungsphase könnte zwar im Regelfall ebenso eine Beeinträchtigung herbeiführen, wie eine nachgewiesene Alkoholisierung, doch ist auch in diesem Punkt auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Ausgehend von der Tatsache, dass der Bw lediglich drei Halbe Liter Bier konsumiert hat, kann nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde in diesem Falle die Anflutung keine derart gravierenden nachteiligen Auswirkungen auf den Zustand des Bw ausgeübt haben, wie das unter Umständen im Falle einer Konsumation von "harten Getränken" der Fall sein würde. Unter Zugrundelegung der gutächtlichen Äußerungen kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Alkoholgehalt im Blut des Rechtsmittelwerbers zum Zeitpunkt des Lenkens noch nicht den Wert von 0,8 Promille erreicht hat. Demnach kann der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf in Anwendung des oben erwähnten Grundsatzes "in dubio pro reo" nicht als erwiesen angesehen werden.

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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