Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107293/2/SR/Ri

Linz, 08.11.2000

VwSen-107293/2/SR/Ri Linz, am 8. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Strafberufung der L E, geb., G Straße , D-H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von S, vom 31. August 2000, VerkR96-3906-1999, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG), zu Recht erkannt:

I. Der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird aufgehoben. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Da das Verhalten jedoch rechtswidrig war, wird die Berufungswerberin ermahnt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 21, § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000 - VStG

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von S wurde die Berufungswerberin (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie lenkten am 15.6.1999 gegen 10.00 Uhr das Sattelkraftfahrzeug bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug der Marke MAN mit dem amtlichen Kennzeichen B (D) und dem Sattelanhänger der Marke KOEGEL mit dem amtlichen Kennzeichen B (D) auf der A I Autobahn bei Autobahnkilometer im Bereich des Zollamtes S aus Fahrtrichtung R. kommend in Fahrtrichtung BRD, wobei Sie es verabsäumten, sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, davon zu überzeugen, ob das zulässige Gesamtgewicht dieses Sattelkraftfahrzeuges (Kraftwagen mit Anhänger), welches in der Bundesrepublik Deutschland - sohin in einem EU-Mitgliedstaat - zugelassen ist, von 40.000 kg nicht überschritten wird, da am 15.6.1999 gegen 10.00 Uhr an dieser Stelle im Zuge einer Abwiegung ein Gesamtgewicht dieses Sattelkraftfahrzeuges von 40.780 kg - sohin eine Überladung um 780 kg - festgestellt wurde und Sie sohin der Bestimmung des § 102 Abs.1 1. Satz KFG 1967 zuwiderhandelten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 4 Abs.7a, 82 Abs.5, 102 Abs.1 1.Satz und 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967, BGBl.Nr. 267, i.d.F. BGBl.Nr. I/146/1998 (KFG 1967).

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 500,--.

Falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von:

24 Stunden.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (§ 64 Abs.1 und 2 VStG): S 50,--.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 550,--".

2. Gegen dieses am 9. September 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. September 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Strafberufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass bei der Strafbemessung auf § 19 VStG Bedacht genommen worden und die Bestimmung des § 4 Abs.7a KFG 1967 als bedeutsam anzusehen wäre. Weiter seien die bisherige Unbescholtenheit und das Fehlen von Erschwerungsgründen bei der Strafbemessung beachtet worden. Bei der Bewertung der Familienverhältnisse sei man von mangelndem Vermögen, Beschäftigungslosigkeit und einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 4000 S ausgegangen.

2.2. Dagegen führt die Bw aus, dass die angenommene Summe von 4000 S nicht sie sondern ihr Mann erhalten würde und sie derzeit kein Einkommen habe. Aufgrund des "Vorfalles" und der von ihr angeregten Änderungen hätte sie sich Ärger und Kritik eingehandelt. Seit ihren Hinweisen würde nunmehr das Gewicht wenigstens handschriftlich vermerkt. Abschließend führt die Bw aus, dass die Fahrer unter Druck stünden und bei Bestrafung das schwächste Glied dieser Kette zur Verantwortung gezogen würden.

2.3. Auf Grund des bezughabenden Aktes steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Die Bw hat die Verwaltungsübertretung im Verfahren als solche nicht bestritten. Gegen den Schuldausspruch wurde keine Berufung erhoben. Jener Teil des Straferkenntnisses ist somit in Rechtskraft erwachsen und nicht Sache des Berufungsverfahrens. Die Bw verfügt derzeit über kein bezifferbares monatliches Einkommen, kein Vermögen und ist allenfalls auf Zuwendungen ihres arbeitslosen, erkrankten und arbeitsunfähigen Gatten, der lediglich über ein Arbeitslosengeld in der Höhe von DM 1.230,-- verfügt, angewiesen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft S, VerkR96-3906-1999; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und in den angefochtenen Spruchpunkten des Straferkenntnisses keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt, sowie ein entsprechender Antrag von den Verwaltungsparteien nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist die Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich teilweise als aktenwidrig. So hat die Bw in der schriftlichen Eingabe vom 4. Jänner 2000 ausgeführt, dass sie über kein Einkommen verfügen würde und im Gegensatz dazu wird auf Seite 2 der Bescheidbegründung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 4.000 S ausgegangen. Da die Bw widerspruchsfreie Angaben getätigt hat, ist ihrem glaubwürdigen Vorbringen zu folgen. Weiter sind im Verfahren keine Hinweise auf Verwaltungsübertretungen hervorgekommen. Es ist daher von absoluter Unbescholtenheit auszugehen. Die Behörde erster Instanz hat richtigerweise keine Erschwerungsgründe festgestellt. Eine abschließende Beurteilung nach § 19 VStG kann jedoch unterbleiben, da wie nachfolgend dargestellt, Anspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG besteht.

4.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Da die Bw gegen die Schuld nicht berufen hat, ist dieser Teil des Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und der unabhängige Verwaltungssenat hat von der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung auszugehen. Aufgrund der besonderen Umstände bei der Beladung, der unvollständigen Frachtpapiere (fehlende Gewichtsangabe der Fracht), der versuchten Feststellung des tatsächlichen Gewichtes der Fracht und der geringfügigen Überladung ist von einer leichten Fahrlässigkeit auszugehen.

Die leichte Fahrlässigkeit induziert geringfügiges Verschulden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Im Gegensatz zum grundsätzlich typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt der übertretenen Normen bleibt die Schuld hier erheblich zurück. Die Bw hat zwar eine Überladung in Kauf genommen, da sie die Ladung trotz mangelnder Information übernommen hat, dennoch ist ihr zugute zu halten, dass sie ansatzweise ihrer Verpflichtung als Lenkerin bei der Übernahme der Fracht nachgekommen ist. Das weitere Verhalten der Bw zeigt auch deutlich, dass es aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe bedarf, da sie nach Kenntnis der Verwaltungsübertretung unverzüglich versucht hat, die bestehenden Missstände beseitigen zu lassen. Es bestand daher ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG und der unabhängige Verwaltungssenat hatte von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Dass die Übertretung überhaupt keine Folgen im Sinne des § 21 Abs.1 VStG gehabt hätte, kann nicht behauptet werden. Der Begriff der Folgen der Übertretung im § 21 Abs.1 VStG ist wie jener der Folgen der Tat im insoweit vergleichbaren § 42 StGB weit zu verstehen. Er bezieht sich auf alle Auswirkungen der Tat in der sozialen Wirklichkeit (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 23 zu § 42). Der Tatvorwurf, dass die Bw die Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, bleibt jedenfalls bestehen. Auch wenn die Bw derzeit ihren Beruf nicht ausübt, ist es aus spezialpräventiven Gründen erforderlich eine Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des angelasteten Verhaltens auszusprechen, um die Bw von weiteren einschlägigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.


5. Im Ergebnis war der Strafberufung stattzugeben und die Ermahnung unter Hin- weis auf die Rechtswidrigkeit des angelasteten Verhaltens auszusprechen. Ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens war im Hinblick auf § 64 Abs.1 und 2 VStG, der insofern ein Straferkenntnis mit Strafausspruch voraussetzt, nicht vorzusehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten

Mag. Stierschneider

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