Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107322/12/Le/La

Linz, 11.01.2001

VwSen-107322/12/Le/La Linz, am 11. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des H-P E, H 52, H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L P und Dr. P L, G 32/I, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 31.10.2000, Zl. VerkR96-315-2000-Mg/Hel, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.1.2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 200 S (entspricht 14,53 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 30.10.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 33 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 6.2.2000 gegen 16.15 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen EF im Stadtgebiet von E auf der B Landesstraße L , bei Strkm 0,650 in Richtung A/D. gelenkt und dabei keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, weil der Abstand zum vor ihm fahrenden Fahrzeug höchstens eine Fahrzeuglänge (etwa 3 - 4 Meter) betragen habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 16.11.2000, mit der beantragt wurde, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, die bereits bei der Erstinstanz beantragten Beweise aufzunehmen, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung dafür behauptete der Berufungswerber Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes wurde - wie beantragt - eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, an der der Berufungswerber mit seinem Rechtsvertreter Dr. A P sowie Herr HR Dr. J H als Vertreter der Erstbehörde teilnahmen; der Meldungsleger GI P R sowie die Beifahrerin des Berufungswerbers, Frau E B, wurden als Zeugen gehört.

3.2. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Berufungswerber schilderte das Geschehen in der Form, dass er, von einem Schiausflug kommend, als letztes Fahrzeug einer Kolonne durch E fuhr und das Ortsgebiet auf der B Landesstraße wieder verließ. Die Fahrgeschwindigkeit der Kolonne hätte etwa 50 km/h betragen, wobei er von seinem Vordermann einen Abstand von 15 m eingehalten hätte. Das Wetter war schön, es war noch hell und die Fahrbahn war trocken. Circa 50 m außerhalb des Ortsgebietes wäre er vom Gendarmeriebeamten angehalten worden, der eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt hätte. Dazu sei dieser um das Auto herumgegangen, hätte alles kontrolliert und festgestellt, dass das rechte Abblendlicht defekt gewesen wäre. Der Beamte hätte daraufhin für dieses defekte Licht 300 S Organmandat angeboten, doch hätte er die Bezahlung dieser Strafe abgelehnt mit dem Hinweis darauf, dass er ohnedies tanken fahren müsse und er auf der Tankstelle die Glühbirne wechseln werde. Später hätte er dann festgestellt, dass er eine Ersatzglühbirne mit hatte und er wäre bereit gewesen, diese an Ort und Stelle zu wechseln. Dies habe der Gendarmeriebeamte aber abgelehnt. Erst später hätte ihm der Gendarmeriebeamte vorgeworfen, im Ortsgebiet zu schnell gefahren zu sein und noch später, dass er den Sicherheitsabstand zum vorderen Fahrzeug nicht eingehalten hätte.

Die Zeugin E B schilderte das Geschehen genauso wie der Berufungswerber, konnte sich aber an die eingehaltene Fahrgeschwindigkeit und den vom Berufungswerber eingehaltenen Sicherheitsabstand nicht erinnern; sie gab jedoch an, dass Fahrgeschwindigkeit und Sicherheitsabstand ganz normal gewesen wären und ihr nichts aufgefallen sei.

Der Meldungsleger GI P R gab an, dass er an diesem Tage gemeinsam mit seinem Kollegen Kontrollinspektor S eine Verkehrsüberwachung durchgeführt hatte. Auf den Berufungswerber sei er aufmerksam geworden, weil eine Fahrzeugkolonne aus dem Stadtgebiet von E herausgekommen wäre und ein einzelnes Fahrzeug (das vom nunmehrigen Berufungswerber gelenkt wurde) mit überhöhter Geschwindigkeit auf diese Kolonne aufgeschlossen hätte. Er hätte zunächst den Eindruck gehabt, dass dieser Fahrzeuglenker die Kolonne überholen wollte, was er aber dann wegen des Gegenverkehrs unterlassen hätte. Dabei hätte der Fahrzeuglenker einen zu knappen Abstand zum Vordermann eingehalten. Diesen Sicherheitsabstand schätzte der Gendarmeriebeamte aus einer Entfernung von ca. 50 bis 70 m mit einer Länge von maximal eines Fahrzeuges, also 3 - 4 m.

Daraufhin hätte er diesen Fahrzeuglenker angehalten. Seiner Erinnerung nach hatte er diesem zuerst die Nichteinhaltung der Geschwindigkeit und des Sicherheitsabstandes vorgeworfen und später dann das defekte rechte Abblendlicht. Für diese drei Delikte hätte er ihm die Bezahlung eines Organmandates in Höhe von 300 S angeboten, wobei dieses Organmandat ausgesprochen worden sei konkret für das defekte Abblendlicht.

Der Berufungswerber lehnte die Bezahlung dieses Organmandates jedoch ab.

3.3. Bei der Würdigung der aufgenommen Beweise, nämlich der Aussagen des Berufungswerbers und seiner Beifahrerin, nämlich der Zeugin E B, der Aussage des Meldungslegers GI P R sowie der von der Gendarmerie von der Örtlichkeit angefertigten Fotos und der Ortskenntnis des erkennenden Mitgliedes kam der Unabhängige Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass bei der Sachverhaltsannahme den klaren und widerspruchsfreien Angaben des Gendarmeriebeamten GI P R zu folgen ist. Dafür sprechen folgende Überlegungen:

Der Gendarmeriebeamte führte befehlsgemäß eine Verkehrsüberwachung durch und kontrollierte dabei den aus Richtung E herankommenden Verkehr. Seine Aufmerksamkeit war dabei voll und ganz auf den ankommenden Fahrzeugverkehr gerichtet. Als Gendarmeriebeamtem, der seit 15 Jahren im Außendienst im Rahmen der Verkehrsüberwachung eingesetzt ist, kann ihm die gründliche Erfassung und exakte Beobachtung der relevanten Verkehrsabläufe, insbesonders auch die verlässliche Schätzung, ob ein Fahrzeuglenker den erforderlichen Sicherheitsabstand zum vor ihm fahrenden Fahrzeug einhält oder grob nicht einhält, jedenfalls zugetraut werden. Dies auch auf eine Entfernung von 50 bis 70 m, zumal die Straße dort - aus der Sicht des Beamten gesehen - in einer leichten Linkskurve verläuft, wodurch die Abstände zwischen zwei Fahrzeugen erkennbar werden und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Fahrzeuge zum Standort des Beamten hinbewegt haben.

Es wird daher zur Beurteilung des Sachverhaltes die vom Meldungsleger unter Eid ausgesagte Darstellung des Geschehens herangezogen.

Der Berufungswerber und die Zeugin Erna Brandstätter, die damals als Beifahrerin beim Berufungswerber mitgefahren ist, konnten diese Aussagen nicht wirklich in Zweifel ziehen: Während der Berufungswerber ohnedies nicht zur wahrhaftigen Aussage verpflichtet ist, kann seiner Beifahrerin E B nicht zugesonnen werden, dass sie bei der Fahrt ständig auf den Tachometer des Fahrzeuges schaut oder abschätzt, ob der Sicherheitsabstand zum vorderen Fahrzeug eingehalten wird oder nicht. Ihre Angaben in der Berufungsverhandlung waren demgemäß vage. Die Schilderung der Amtshandlung, insbesondere die von Herrn E und Frau B dargestellte Reihenfolge der Beanstandungen, ist für die Beurteilung des Tatvorwurfes, nämlich die Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes, unbeachtlich. Sie konnten jedenfalls keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Gendarmeriebeamten R wecken, zumal dieser auch erklärt hat, dass er das Organmandat in Höhe von 300 S für alle drei Delikte quasi pauschaliter verhängt hätte.

Die zeugenschaftliche Vernehmung des Gendarmeriebeamten KI S erwies sich als nicht zielführend, weil sowohl der Berufungswerber als auch die Zeugin Brandstätter angaben, dass dieser zu der Zeit mit der Kontrolle eines anderen Fahrzeuges beschäftigt war.

Die Durchführung des Lokalaugenscheines war entbehrlich, weil dem erkennenden Mitglied die Örtlichkeit bekannt und diese überdies aus den Lichtbildern gut erkennbar war. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in einer leichten Linkskurve aus einer Entfernung von 50 bis 70 m jedenfalls der Abstand zwischen zwei hintereinander fahrenden Fahrzeugen ausreichend genau festgestellt werden kann.

Überdies spricht auch die Aussage des Berufungswerbers am Ende der mündlichen Verhandlung, er wäre nach der Anhaltung erst am Ende des Sportplatzes zum Stillstand gekommen, dafür, dass er in diesem zu knappen Abstand hinter dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nachgefahren ist, weil er sonst den Beamten früher gesehen hätte; andererseits hat der Beamte aus einer sich ständig verringernden Entfernung den eingehaltenen Sicherheitsabstand beobachten und erst relativ spät das Haltezeichen geben können.

Der Gendarmeriebeamte hinterließ bei seiner Vernehmung darüber hinaus auch persönlich einen sehr seriösen und gewissenhaften Eindruck, was seine Glaubwürdigkeit zusätzlich stärkte.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG)

4.2. Gemäß § 18 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Nach Lehre und Judikatur hat somit der Lenker eines nachfahrenden Fahrzeuges, sofern nicht durch widrige Fahrbahnbeschaffenheit (zB Nässe, Schnee- oder Eisglätte) ein längerer Sicherheitsabstand erforderlich ist, der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, der mindestens dem Reaktionsweg entspricht.

Als Reaktionsweg ist die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke definiert, die nach der Faustformel: 1/10 der Geschwindigkeit (km/h) x 3 berechnet wird.

Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h, wie dies im Ortsgebiet von Eferding an der besagten Straßenstelle erlaubt ist, wäre somit vom Berufungswerber ein Abstand von 15 m zum vorderen Fahrzeug einzuhalten gewesen.

Tatsächlich aber hat er lediglich einen Abstand von 3 bis 4 m eingehalten, was aber selbst bei einer trockenen Fahrbahn nicht zulässig ist.

Der Berufungswerber hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht.

4.3. Zum Verschulden:

Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Gerade durch das zu knappe Auffahren in Kolonnen kommt es immer wieder zu Auffahrunfällen, an denen öfter auch mehrere Fahrzeuge beteiligt sind. Andererseits gibt es immer wieder Fahrzeuglenker, die nervös und unaufmerksam für das übrige Verkehrsgeschehen werden, wenn ihnen ein anderes Fahrzeug zu dicht auffährt, sodass dadurch eine Unfallquelle entsteht. Aus spezial-, aber auch aus generalpräventiven Gründen erscheint daher die Verhängung einer Geldstrafe in der von der Erstbehörde festgesetzten Höhe erforderlich. Sie erscheint aber auch ausreichend, um den Berufungswerber künftighin zu einem verkehrsangepassten Verhalten im Straßenverkehr zu bewegen.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 200 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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