Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107337/2/BI/KM

Linz, 14.12.2000

VwSen-107337/2/BI/KM Linz, am 14. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M S, vom 6. November 2000 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. Oktober 2000, S-8.577/00-4, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 400 S (entspricht 29,06 €), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des KFZ, auf Verlangen der Behörde, Bezirkshauptmannschaft L, nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung - zugestellt am 27.1.2000 bis zum 10.2.2000 - Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses KFZ am 18.12.1999 um 12.22 Uhr auf der A1 gelenkt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw begründet das Rechtsmittel damit, ihm sei nach wie vor nicht bekannt, wer am 18.12.1999 mit dem auf seinen Namen zugelassenen KFZ gefahren sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass laut Anzeige der nach Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes Flensburg auf den Bw zugelassene PKW am 18. Dezember 1999 um 12.22 Uhr auf der A1 Westautobahn bei StrKm 170.000 in Fahrtrichtung Wien mit dem stationären Radargerät MUVR 6FA Nr.1401 mit einer Geschwindigkeit von 141 km/h gemessen wurde, obwohl dort nur 80 km/h erlaubt waren. Nach Abzug der vom Hersteller vorgeschriebenen Toleranzwerte wurde der Anzeige eine Geschwindigkeit von 134 km/h zugrundegelegt.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - das ist die Behörde, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich sich das genannte Radargerät, ein "Überkopfradar" im Bereich der Ausfahrt L von der A1, befindet - vom 18. Jänner 2000 wurde der Bw gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Zulassungsbesitzer des PKW aufgefordert, der Bezirkshauptmannschaft L binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens bekannt zu geben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 18. Dezember 1999 um 12.22 Uhr auf der Westautobahn A1 im Gemeindegebiet A, StrKm 170.000, Richtung W gelenkt habe.

Es wurde darauf hingewiesen, dass die Auskunft den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse. Wenn die verlangte Auskunft nicht erteilt werden könne, möge die Person benannt werden, welche sie erteilen könne; diese treffe dann die Auskunftspflicht. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Nichterteilung der Auskunft ebenso wie die unrichtige oder nicht fristgerechte Erteilung strafbar sei.

Das Schreiben wurde dem Bw am 27. Jänner 2000 zugestellt. Dieser hat darauf nicht reagiert.

Das Verfahren wurde gemäß § 27 VStG an die BPD Linz, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich sich die BH Linz-Land befindet, abgetreten.

Die Strafverfügung der Erstinstanz vom 14. März 2000, S-8.577/00-4, erging gegen den Bw als Zulassungsbesitzer des genannten KFZ wegen Übertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967und wurde fristgerecht beeinsprucht, wobei der Bw ausführte, ihm sei nach vor vor nicht bekannt, wer mit seinem PKW gefahren sei. Inhaltlich wiederholte er diese Aussage im Schreiben vom 28.9.2000 an die BPD Linz. Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, dass derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Im Übrigen hat es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095 ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines KFZ jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua).

Dieser Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung - dh auch ausländischer Kraftfahrzeuge - zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre.

Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall war ausreichend bestimmt und auch leicht verständlich gehalten, zumal das Kennzeichen des auf den Bw zugelassenen PKW und eine bestimmte Lenkzeit darin enthalten waren. Auch ist eine bestimmte Frist, nach deren Verstreichen dem Zulassungsbesitzer mangelndes Erinnerungsvermögen zugebilligt wird, im Gesetz nicht enthalten, sodass eine Lenkeranfrage auch Monate nach dem die Anfrage auslösenden Vorfallszeitpunkt noch zulässig ist. Zu diesem Zweck verweist das Gesetz auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen. Die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft, nämlich zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Anfrage, ist gesetzlich vorgegeben und daher nicht von der Behörde erstreckbar.

Im gegenständlichen Fall stand die Lenkeranfrage mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nicht- oder nicht fristgerechten Erteilung der gewünschten Auskunft war unmissverständlich, sodass nach dem Wortlaut des Gesetzes der Bw verpflichtet gewesen wäre, fristgerecht Auskunft zu erteilen, wobei die Postaufgabe innerhalb der zweiwöchigen Frist ausreicht.

Zum Verschulden ist zu sagen, dass es sich bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt, bei dem zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Bw nicht gelungen. Vielmehr muss vom Zulassungsbesitzer (Halter) eines in Österreich gelenkten Kraftfahrzeuges verlangt werden können, dass er sich über die in Österreich für ihn geltenden gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig informiert und gegebenenfalls entsprechende Aufzeichnungen führt, wenn er den PKW so vielen Personen zum Lenken überlässt, dass ihm eine solche Auskunftserteilung ohne Führung von Aufzeichnungen nicht möglich ist. Auf dieser Grundlage war im gegenständlichen Fall zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt aus diesem Grund zu der Überzeugung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 103 Abs.2 KFG 1967 bis zu 30.000 S bzw 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses - zutreffend - als mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet und keine straferschwerenden Umstände gefunden. Die finanziellen Verhältnisse des Bw wurden mangels jeglicher Angaben auf umgerechnet mindestens 10.000 S geschätzt sowie Vermögenslosigkeit und das Fehlen von Sorgepflichten angenommen. Dem hat der Bw nicht widersprochen, sodass auch im Rechtsmittelverfahren davon auszugehen war.

Grundsätzlich ist der Unrechtsgehalt einer Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht als geringfügig anzusehen, zumal durch die Nichterteilung der gewünschten Lenkerauskunft die Ausforschung und Bestrafung des tatsächlichen Lenkers erschwert bzw wie im gegenständlichen Fall unmöglich gemacht wird. Es entfallen daher Präventivmaßnahmen, die im Sinne des Verkehrssicherheitsdenkens erforderlich gewesen wären, um den tatsächlichen Lenker von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass mit der verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden kann. Diese liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

deutscher Halter - wie üblich § 103 Abs.2 KFG

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