Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107338/3/BI/KM

Linz, 20.08.2001

VwSen-107338/3/BI/KM Linz, am 20. August 2001

DVR.0690392

VwSen-107339/6/BI/KM

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen des Herrn Dr. H S, vertreten durch RAe Dr. J P und Dr. J K, vom 17. November 2000 1) gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9. November 2000, VerkR96-751-1-2000/Her, (=VwSen-107338) und

2) gegen die Punkte 1), 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmann-schaft Wels-Land vom 9. November 2000, VerkR96-1119-1-2000/Her, (=VwSen-107339),

ergangen jeweils wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z 3 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

  1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat im Punkt 1) des Straferkenntnisses vom 9.11.2000, VerkR96-751-1-2000, (=VwSen-107338) über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 84 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S (3 Tage EFS) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "A" Gesellschaft für Außenwerbung mbH und somit als der zur Vertretung nach außen Berufene zu verantworten habe, dass jedenfalls am 11.1.2000

1) im Gemeindegebiet M auf dem Grundstück Parz.Nr. der C K, ca 20 - 30 m vom Fahrbahnrand der B1 Wiener Straße, Strkm 200.8 entfernt, auf einer Werbetafel im Ausmaß von ca 2,40 x 10 m die Werbung "V-B für mich als Mensch" verbotenerweise außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m (zum) Fahrbahnrand angebracht gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat in den Punkten 1), 2) und 3) des Straferkenntnisses vom 9.11.2000, VerkR96-1119-1-2000/Her, (=VwSen-107339) über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 84 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 Geldstrafen von 1), 2) und 3) jeweils 3.000 S (jeweils 3 Tagen EFS) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "A" Gesellschaft für Außenwerbung mbH und somit als der zur Vertretung nach außen Berufene zu verantworten habe, dass jedenfalls am 2.2.2000 im Gemeindegebiet M auf dem Grundstück Parz.Nr. der C K ca 20 - 30 m vom Fahrbahnrand der B1 Wiener Straße, km 200.8 entfernt, auf zwei Werbetafeln im Ausmaß von ca. 2,40 x 10 m die Werbung

  1. "Die Blickfang C 2000 - T"
  2. "M haben Minis bekommen. M mag man eben." und
  3. "Ihre Heimat wird jetzt größer. Nachrichten-Täglich mit Lokal Nachrichten"

außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht gewesen seien.

Gleichzeitig wurden ihm anteilige Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 900 S auferlegt.

2. Gegen die genannten Punkte beider Straferkenntnisse hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufungen eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da im Einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Werbetafeln befänden sich nicht an der B1, sondern an einer im Ortsgebiet M gelegenen quer zur B1 verlaufenden Ortsstraße, was durch Fotos belegt sei.

Unter Berufung auf das Erkenntnis des UVS Oberösterreich vom 28.2.2000, VwSen-106812/8/Br/Bk, macht der Bw weiters geltend, die äußerst schematische Rechtsprechung des VwGH, wonach § 84 Abs.2 StVO jede Werbung im Abstand von 100 m von irgendeiner Straße außerhalb des Ortsgebietes verbiete, sei nicht aufrecht zu erhalten. Es könne nur um die Entfernung zu jener Straße gehen, auf die die Werbung ausgerichtet sei und an der sie liege. Das Verbot könne nur wirksam werden, wenn die Werbung im konkreten Fall die Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit von Autofahrern befürchten lasse. Zur Beurteilung einer solchen Frage müsse sich die Behörde eines Sachverständigen bedienen, das Verfahren der Erstinstanz sei daher grob mangelhaft gewesen.

Die Orientierung an der bisherigen Rechtsprechung des VwGH hätte im Fall M, wo die B1 parallel zum Ortsgebiet verlaufe, zur Folge, dass sich am Rand des Ortsgebietes eine 100 m breite werbungsfreie Zone befinde. Da dann auch jede in einer der Querstraßen befindliche Werbung näher als 100 m zur B1 liege, würde es an Willkür grenzen und dem dem Art 7 B-VG innewohnenden Sachlichkeitsgebot widersprechen, dem Gesetz diese Bedeutung zu unterstellen. Am praxisgerechtesten wäre eine Interpretation, wonach eine Werbung dann nicht verboten sei, wenn sie an einer Straße im Ortsgebiet positioniert, dh auf diese Straße hin ausgerichtet sei. Im zitierten Erkenntnis stelle der Begriff "außerhalb" zumindest nicht primär auf eine Sichtbarkeit von "außerhalb des Ortsgebietes" ab sondern in erster Linie auf eine Positionierung "außerhalb des Ortsgebietes". Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise sei das angefochtene Straferkenntnis rechtwidrig, sodass dessen Aufhebung und Einstellung des Verfahrens beantragt wird.

Im Übrigen wird Verjährung hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales "außerhalb des Ortsgebietes" geltend gemacht.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 84 Abs.2 StVO 1960 sind (ansonsten) außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f.

In den gegenständlichen Fällen führt die B1 Wiener Straße zwischen Linz und Wels südlich am Ortsgebiet M vorbei, wobei nördlich und parallel zur stark befahrenen B1 eine bereits im Ortsgebiet liegende Nebenfahrbahn verläuft, die ein gefahrloses Zu- und Abfahren zu den dicht bebauten, im Ortsgebiet von M gelegenen Grundstücken ermöglicht. Die Ortstafeln gemäß § 53 Abs.1 Z17a und 17b StVO befinden sich jeweils an den Verbindungsstraßen zwischen der B1 und dieser Nebenfahrbahn.

Alle im Tatvorwurf enthaltenen Werbungen waren an Werbeträgern angebracht, die innerhalb des Ortsgebietes von M positioniert waren, alle waren auf die Nebenfahrbahn und die B1 ausgerichtet - was sich aus den den jeweiligen Anzeigen beigelegten Lichtbildern unzweifelhaft ersehen lässt - und alle befanden sich in einer augenscheinlich erkennbaren Entfernung von weniger als 100 m zur außerhalb des Ortsgebietes gelegenen B1.

In allen Fällen ist von "Werbung" auszugehen, zumal weder ein Verweis auf die Zukunft oder einen anderen Ort gegeben ist, sondern vielmehr ein Unternehmen bzw ein Produkt angepriesen werden sollte (vgl VwGH v 15.7.1964, 1745/63, ua). Auch kann von "Innenwerbung" nicht die Rede sein, weil sich dort in unmittelbarer Nähe keine Bankfiliale und kein Geschäft befinden, in dem die angepriesenen Produkte verkauft werden.

Der Bw war zu den jeweiligen Tatzeitpunkten laut Firmenbuchauszug handelsrechtlicher Geschäftsführer der "A" Gesellschaft für Außenwerbung mbH in Wien, die laut Aussage des Geschäftsstellenleiters in L, E F, (wie in der Anzeige dargelegt) die Aufträge für die Plakatierungen an den jeweiligen Standorten an die Plakatierungs-Beschäftigten erteile und daher für die Plakatierungen verantwortlich ist. Diese Aussage wurde vom Bw nicht bestritten.

Hinsichtlich der vom Bw eingewendeten Verjährung ist auf das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 20. August 2001, VwSen-107338/2/Bi/Km, VwSen-107339/5/Bi/Km, betreffend die übrigen Punkte der genannten Straferkenntnisse, zu verweisen. Auch in den gegenständlichen Fällen ergibt sich aus den Lichtbildern kein Hinweis auf den Bezug zu einem Ortsgebiet (wohl aber wurde dadurch geklärt, dass es sich bei diesen Werbungen nicht um die Ausnahme des letzten Satzes des § 84 Abs.2 StVO handelt) und die Anzeige geht in in allen Fällen von "entlang der außerhalb des Ortsgebietes vorbeiführenden B1" aufgestellten Werbetafeln aus, ohne dezidiert die Lage des zitierten Grundstückes in Verbindung mit einem Ortsgebiet festzustellen. Eine fristgerechte Verfolgungshandlung hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales "außerhalb des Ortsgebietes" erfolgte nicht. Die Formulierung in den genannten Straferkenntnissen wurde außerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.1 VStG, daher unzulässiger Weise "nachgeholt".

Es war daher im Grunde des § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Kostenbeiträge nicht anfallen.

Abgesehen davon entspricht die Formulierung im jeweiligen Tatvorwurf, der Bw sei verantwortlich, dass die "Werbung ... außerhalb des Ortsgebietes ... angebracht gewesen sei", nicht den örtlichen Gegebenheiten, weil die Werbungen ja tatsächlich im Ortsgebiet situiert sind; nur die B1 liegt außerhalb.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. Juni 1984, 84/03/0016, mit Verweis auf eine Vorjudikatur vom 27.6.1980, 101/78, ausgeführt, dass eine Werbung oder Ankündigung, die von zwei Straßen deutlich zu erkennen ist und die sich hinsichtlich der einen in einem Bereich befindet, der durch die Aufstellung von Ortstafeln zum Ortsgebiet gehört und daher dem Verbot des § 84 Abs.2 StVO nicht unterliegt, hinsichtlich der zweiten aber in einem Bereich, der nicht durch die Aufstellung von Ortstafeln als Ortsgebiet iSd § 2 Abs.1 Z15 StVO festgelegt ist, unter das Verbot des § 84 Abs.2 fällt.

Eine derartige Konstellation ist dem Wortlaut des § 84 Abs.2 StVO jedoch nicht dezidiert zu entnehmen, zumal dort nur grundsätzlich vom Verbot von Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb von 100 m Entfernung vom Fahrbahnrand außerhalb von Ortsgebieten die Rede ist. Dieser Gesetzeswortlaut lässt sich nach h Auffassung nur dahingehend auslegen, dass "außerhalb des Ortsgebietes Werbungen ... verboten" sind, dh das Tatbestandsmerkmal "außerhalb des Ortsgebietes" ist auf die Werbung zu beziehen; es kann ihm aber nicht die Bedeutung beigemessen werden, das Verbot beziehe sich auf den Fahrbahnrand einer Straße, die "außerhalb des Ortsgebietes" liegt.

Interpretiert man die Bestimmung hingegen nach dem Regelungszweck, so könnte durchaus gemeint sein, Verkehrsteilnehmer könnten durch die Werbung abgelenkt und dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet werden, soweit außerhalb des Ortsgebietes eine höhere Fahrgeschwindigkeit erlaubt ist. In diesem Fall wäre das Tatbestandselement "außerhalb des Ortsgebietes" auf die Straße zu beziehen, gleichgültig, ob die Werbung letztlich im Ortsgebiet angebracht ist oder nicht.

In diesem Zusammenhang ist auf die Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenates vom 12.9.2000, VwSen-107107/7/Br/Bk, und vom 19.10.2000, VwSen-107147/6/Sch/Rd, zu verweisen, die beide beim Verwaltungsgerichtshof angefochten (aber noch nicht entschieden) wurden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Verjährung wegen nicht ausr. Verfolgungshandlung à Einstellung Z3

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen;

VwGH vom 21.12.2001, Zl.: 2001/02/0213, 0214-5

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