Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107348/2/SR/Ri

Linz, 27.12.2000

VwSen-107348/2/SR/Ri Linz, am 27. Dezember 2000

DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des B K, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. H V, Sstraße , L, gegen den Verfallsbescheid des Bezirkshauptmannes von F vom 11. September 2000, VerkR96-2801-2000, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 63 Abs.5 und 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2000.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die am 11. August 2000 von einem von der Behörde ermächtigten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eingehobene vorläufige Sicherheit von 1.570 Schilling für verfallen erklärt.

In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde auf das Recht der Partei hingewiesen, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab seiner Zustellung schriftlich oder mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft das Rechtsmittel der Berufung einzubringen.

Laut internationalem Rückschein wurde der angefochtene Bescheid dem Berufungswerber (Bw) am 18. September 2000 an der Zustelladresse eigenhändig zugestellt.

2. Gegen diesen Verfallsbescheid richtet sich die am 16. Oktober 2000 - und damit verspätet - bei der Behörde eingebrachte Berufung. Begründend führt der Bw aus, dass der Verfall der Sicherheitsleistung nicht gerechtfertigt sei, da bislang die Behörde keinen Versuch der Durchführung eines Strafverfahrens gesetzt habe und die ausschließliche Tatsache eines Wohnsitzes im Ausland keinesfalls die Vermutung rechtfertigen würde, dass ein Strafverfahren bzw. eine Vollstreckung nicht durchgeführt werden könnte.

2.1. Die Behörde erster Instanz hat gemäß § 64 Abs. 1 AVG von ihrem Recht Gebrauch gemacht und mittels Bescheid vom 9. November 2000 (Berufungsvorentscheidung) die eingebrachte Berufung als verspätet zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde dem Vertreter des Bw am 13. November 2000 zugestellt.

2.2. Der Bw hat aufgrund der Berufungsvorentscheidung am 27. November 2000 einen Vorlageantrag eingebracht und begründend ausgeführt, dass eine ordnungsgemäße Zustellung nicht erfolgt sei, da eine Zusendung mit einem internationalen Rückschein nicht ausreichend wäre. Darüber hinaus wäre der Bescheid in deutscher Sprache abgefasst gewesen und weder der Spruch noch die Rechtsmittelbelehrung sei in tschechischer Sprache ausgefertigt gewesen. Gemäß § 39a AVG hätte auch in diesem Verfahren ein Dolmetscher oder ein Übersetzer beigezogen und die schriftliche Ausfertigung entsprechend übersetzt werden müssen. Mangels ordnungsgemäßer Ausfertigung wäre der Bescheid nicht zum angenommenen Zeitpunkt zugestellt worden, sondern die Zustellung sei erst ab der ordnungsgemäßen Kenntnisnahme des Bw - mit 16. Oktober 2000 - bewirkt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft F hat mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 die Berufung und den Vorlageantrag mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht fest, dass die Zustellung am 18. September 2000 erfolgt ist und die Berufungsfrist am 2. Oktober 2000 geendet hat. Die Einbringung der Berufung erfolgte (laut Poststempel) am 16. Oktober 2000.

3.2. Die Amtshandlung (niederschriftliche Befragung) durch die Bundesgendarmerie an der Grenzkontrollstelle W, L, wurde in deutscher Sprache geführt. Der Bw ist im Zuge dieser Amtshandlung von der Verwaltungsübertretung und der Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt worden. Bei der niederschriftlichen Befragung hat der Bw jene Gründe angeführt, die ihn zur Verwaltungsübertretung veranlasst haben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch eines seiner Mitglieder. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis zurückzuweisen war, hatte die mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z1 VStG zu entfallen.

4.2. Gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG ist eine verspätete Berufung zurückzuweisen. Verspätet ist eine Berufung, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Für Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren beträgt die Rechtsmittelfrist gemäß § 24 VStG iVm § 63 Abs 5 AVG zwei Wochen. Sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses zu laufen.

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

Der Ansicht des Bw, dass die Zustellung mangelhaft war und eine Heilung erst am 16. Oktober 2000 eingetreten ist, war nicht zu folgen.

Gemäß § 11 Abs.1 Zustellgesetz ist bestimmt, dass Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen sind.

Die Zustellung amtlicher Schreiben stellt einen Hoheitsakt dar.

Zwischen Tschechien und Österreich besteht keine völkerrechtliche Vereinbarung. Daher ist die Zustellung nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie bewirkt werden soll, durchzuführen (§ 11 Abs.1 Zustellgesetz, 2. Alternative).

Gemäß § 24 Abs.1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensordnung) vom 29. Juli 1967, Spirka Carkonu CR71/1967, sind wichtige Schriftstücke, insbesondere Entscheidungen, persönlich zuzustellen. Die Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensordnung betreffen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung das Verfahren tschechischer Behörden und ihnen ist eine Regelung der Zustellung ausländischer Schriftstück fremd (Wessely, Zur verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung ausländischer Täter, ZfV 396 ff/2000).

Da der tschechische Staat über keine die Zustellung ausländischer Schriftstücke regelnde Bestimmungen verfügt, ist die Zustellung so zu bewirken, wie dies die internationale Übung zulässt (§ 11 Abs.1 Zustellgesetz, 3. Alternative). Wessely führt in seinem Aufsatz weiter aus, dass unter internationaler Übung in diesem Zusammenhang ein in der Regel beobachtetes Verhalten von Staaten, also von Völkerrechtssubjekten in bestimmten Angelegenheiten zu verstehen ist, ohne dass man schon von Völkergewohnheitsrecht sprechen könnte. Als durch internationale Übung zugelassen wird eine Zustellung immer dann zu betrachten sein, wenn sie vom jeweiligen Staat bewusst auf seinem Territorium geduldet wird bzw. ohne Protest tatsächlich bewerkstelligt werden könne. Von einer solchen internationalen Übung könne - den Materialien zufolge - hinsichtlich der Zustellung bestimmter in Ausübung behördlicher Gewalt erlassener Akte (wie beispielsweise bloße Mitteilungen) ausgegangen werden. Die bewusste Duldung eines bestimmten Verhaltens setze doch die Kenntnis desselben voraus. Von einer solchen Kenntnis wird regelmäßig dann ausgegangen werden können, wenn die Zustellung unter Einbindung der jeweiligen (zumeist staatlichen oder doch staatsnahen) Posteinrichtungen des Staates, indem sie bewirkt werden soll, erfolgt.

Eine Zustellung gemäß § 11 Abs.1 Zustellgesetz 3. Alternative setzt daher einerseits die

Im gegenständlichen Fall ist die dargestellte erste Voraussetzung einer Zustellung gemäß § 11 Abs.1 Zustellgesetz 3. Alternative erfüllt und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann auch hier von einer bewussten Duldung des tschechischen Staates ausgegangen werden, da die Übermittlung der Sendung durch Inanspruchnahme der Posteinrichtungen des tschechischen Staates erfolgt ist.

Käme man entgegen dem oben Dargestellten zum Ergebnis, dass die Zustellung mangelhaft war, diese nicht bewirkt wurde, dann wäre eine Heilung nach § 7 ZustellG denkbar.

Der Bw hat die Sendung, wie am internationalen Rückschein dokumentiert ist, am 18. September 2000 eigenhändig übernommen. Somit kann grundsätzlich von einer Zustellung bzw. einer Heilung der Zustellmängel mit diesem Zeitpunkt ausgegangen werden. Grundsätzlich deshalb, weil von einer Zustellung einer behördlichen Sendung nur dann gesprochen werden kann, wenn diese vollständig ist.

Unvollständigkeit eines Schriftstückes wäre dann gegeben, wenn das in Deutsch abgefasste behördliche Schreiben bei der Zustellung im Ausland einer Übersetzung in die Amtssprache des Zustellstaates bedürfte.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob die mangelnde Übersetzung als solche eine Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Zustellung darstellt oder ob es sich dabei ausschließlich um die Frage einer allfälligen Mangelhaftigkeit des Verfahrens handelt. Das eben Dargestellte betrifft jedoch nicht nur Zustellungen im Ausland sondern auch im Inland, wo sich ergeben kann, dass der Beschuldigte, dem zugestellt werden soll, auch der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Die unterschiedliche Betrachtung wäre dann noch angebracht, wenn man darauf abstellen würde, dass einerseits der Hoheitsakt im Inland und wie im gegenständlichen Fall im Ausland gesetzt wird.

Weiter ergibt sich noch die Frage, ob aus Artikel 6 EMRK das Recht auf Zustellung einer Übersetzung des Straferkenntnisses in eine für den Beschuldigten verständliche Sprache zu entnehmen ist. Würde man dies bejahen, so wäre eine Aufhebung des Straferkenntnisses und Zurückverweisung nur mit der Begründung tragbar, dass das Verwaltungsstrafverfahren als solches mangelhaft war. Ein Hinweis auf eine mangelhafte Zustellung kann jedoch darin nicht erkannt werden.

Auch wenn man davon ausgeht, dass die dem Angeklagten in Artikel 6 Abs.3 lit. a und e EMRK eingeräumten Rechte weit auszulegen sind und jeder Beschuldigte das Recht hat, in einer möglichst kurzen Frist in einer für ihn verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigungen in Kenntnis gesetzt zu werden und der Angeklagte das Recht hat, die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichtes nicht versteht oder er sich darin nicht ausdrücken kann, ist für den gegenständlichen Fall nichts gewonnen. Aus dem bezughabenden Akt zeigt sich, dass der Berufungswerber der deutschen Sprache mächtig ist, über die Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt wurde und gegenüber dem einschreitenden Gendarmerieorgan eine ausführliche Rechtfertigung abgegeben hat. Eine derartige Rechtfertigung war in schlüssiger Weise nur möglich, wenn man der deutschen Sprache mächtig ist und die Anlastung als solche im Detail erkannt hat. Bestätigt wird die Kenntnis der deutschen Sprache durch das Verhalten im Zuge der Einhebung der vorläufigen Sicherheitsleistung. Nach entsprechendem Tatvorwurf und Eingeständnis der Verwaltungsübertretung wurde diese vom Bw geleistet. Dieses Verhalten zeigt, dass er den Grund des verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurfs verstanden hat.

Die mangelnde Übersetzung des Verfallsbescheides hat somit beim Bw nicht bewirkt, dass er an der weiteren Verfolgung seiner Rechte gehindert war.

Da die mangelfreie Zustellung des Straferkenntnisses (laut internationalem Rückschein) am 18. September 2000 erfolgte, die Berufungsfrist mit Ablauf des 2. Oktober 2000 geendet hat, ist die am 16. Oktober 2000 eingebrachte Berufung außerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht worden. Diese Fristversäumnis hat zur Folge, dass das angefochtene Straferkenntnis mit dem ungenützten Ablauf der Berufungsfrist am 3. Oktober 2000 rechtskräftig geworden ist. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist daher eine inhaltliche Beurteilung verwehrt und die Berufung war spruchgemäß zurückzuweisen.

5. Gemäß § 64 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Zustellung, Übersetzung, stillschweigende Duldung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum