Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107357/9/Le/La

Linz, 26.03.2001

VwSen-107357/9/Le/La Linz, am 26. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J E, S 17, B-W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, S 4, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 30.10.2000, Zl. VerkR96-5622-2000, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.3.2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 2.000 S (entspricht  145,35 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 30.10.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 1 Abs.3 Führerscheingesetz (im Folgenden kurz: FSG) in Anwendung des § 37 Abs.4 Z1 FSG eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 336 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 15.9.2000 gegen 14.00 Uhr im Gemeindegebiet B/W auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere dem S und der B , von dieser kommend in Fahrtrichtung S Nr. 17 bis auf Höhe des gleichen Hauses den Kombi mit dem Kennzeichen GR- trotz entzogener Lenkberechtigung gelenkt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.11.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass der Hinweis auf die Bestimmung des § 1 Abs.3 FSG als Tatvorwurf im Spruch nicht ausreiche, da diese Bestimmung lediglich den Hinweis beinhalte, dass für die Lenkung von Fahrzeugen besondere Voraussetzungen gegeben sind. Diese Norm enthalte aber keine Strafregelung, weshalb der Tatvorwurf rechtswidrig sei.

Es lägen auch die Voraussetzungen des Lenkens eines Fahrzeuges ohne Lenkberechtigung nicht vor, da ihm die Lenkberechtigung mit März 2000 ohne Einwand ausgefolgt worden wäre. Erst im nachhinein wäre die amtsärztliche Untersuchung aufgetragen worden, die dann bescheidmäßig festgelegt wurde. Der gegenständliche Entziehungsbescheid sei ihm erstmals mit dem Tag der Fahrzeuganhaltung und der Abnahme des Führerscheines zur Kenntnis gekommen. Daher habe er den Straftatbestand nicht erfüllt.

Darüber hinaus habe er mit 18.9.2000 die amtsärztliche Untersuchung durchgeführt, wo ihm lediglich aufgetragen wurde, einen weiteren Leberbefund nachzureichen.

Es erscheine überhaupt fraglich, ob im nachhinein trotz ausgefolgter Lenkberechtigung ohne Einwand eine amtsärztliche Untersuchung auferlegt werden könne.

Tatzeitpunkt und Tatort könnten als Grundlage eines Tatvorwurfes nach § 37 Abs.4 Z1 FSG nicht herangezogen werden, da sich der Tatzeitpunkt auf den Zeitpunkt der Anhaltung beziehe. Nach diesem Zeitpunkt habe er jedenfalls kein Fahrzeug gelenkt; der Ort der Anhaltung wäre Privatgrund gewesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes führte der Unabhängige Verwaltungssenat am 21.3.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Berufungswerber mit seiner Rechtsvertreterin teilnahm; auch die Erstbehörde war vertreten.

3.2. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Kernthema des Berufungsvorbringens war die Behauptung, der Bescheid über die Entziehung der Lenkberechtigung vom 21.8.2000, VerkR21-15427-1999, sei dem Berufungswerber erst im Zuge der Anhaltung am 25.9.2000 zur Kenntnis gekommen, weshalb er nicht gewusst habe, dass er keine gültige Lenkberechtigung besitzt.

Die Erstbehörde hatte im vorgelegen Verwaltungsakt als Nachweis der Zustellung dieses Bescheides eine Kopie des Rückscheines vorgelegt, aus dem der Zustellversuch am 31.8.2000 sowie die Hinterlegung des Schriftstückes mit der Geschäftszahl VerkR21-15427-1999 Be beim Postamt P mit Beginn der Abholfrist am 31.8.2000 ersichtlich ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat holte zur Frage, ob bzw. wann der Berufungswerber diesen Bescheid beim Postamt P abgeholt hat, eine Stellungnahme dieses Postamtes ein. Aus der Stellungnahme des Postamtes P vom 23.2.2001 geht hervor, dass Herr Johannes E diesen Bescheid am 1.9.2000 behoben hat.

Zum Nachweis dafür legte das Postamt P eine Kopie der "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes" betreffend den Bescheid VerkR21-15427-1999 Be der BH Grieskirchen vor sowie die von Herrn E eigenhändig unterfertigte Empfangsbestätigung für diesen Bescheid, datiert mit 1.9.2000.

In diese Unterlagen wurde bei der Verhandlung allseits Einsicht genommen. Der Berufungswerber gab an, dass er sich nicht daran erinnern könne, diesen Bescheid abgeholt zu haben.

Erörtert wurde auch die Frage, wann der Berufungswerber beim Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen war. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Berufungswerber tatsächlich am 18.9.2000 beim Amtsarzt der BH-Grieskirchen war. Dieser verlangte noch die Beibringung eines Leberbefundes und stellte sein Führerscheingutachten am 2.11.2000 aus.

Der Berufungswerber konnte sich noch daran erinnern, am 18.9.2000 beim Amtsarzt gewesen zu sein und dass ihm dieser die Beibringung eines Leberbefundes aufgetragen hatte. Diesen habe er zu einem unbekannten Zeitpunkt, zeitlich jedenfalls nach dieser Untersuchung, an den Amtsarzt geschickt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den

Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG)

4.2. Kernpunkt der Verteidigungsstrategie des Berufungswerbers war seine Behauptung, er habe vom Bescheid über die Entziehung der Lenkberechtigung vom 21.8.2000 nichts gewusst.

Durch das Ermittlungsverfahren kam jedoch zu Tage, dass ihm der Bescheid durch Hinterlegung am 31.8.2000 zugestellt wurde und er diesen Bescheid persönlich am 1.9.2000 beim Postamt P abgeholt hatte. Auch wenn er sich daran nun nicht mehr erinnern konnte, steht damit aber fest, dass ihm dieser Bescheid ordnungsgemäß zugestellt wurde und ihm auch tatsächlich zugekommen ist.

Der Berufungswerber war somit ab 1.9.2000 davon in Kenntnis, dass er kein Kraftfahrzeug mehr lenken durfte bis zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges.

Zwar war der Berufungswerber am 18.9.2000 beim Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, doch attestierte ihm dieser zu diesem Zeitpunkt noch nicht die gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges, sondern forderte ihn auf, einen Leberbefund vorzulegen.

Wann der Berufungswerber diesen Befund an den Amtsarzt übersandte, ist nicht nachvollziehbar. Fest steht allerdings, dass das "Führerscheingutachten" des Amtsarztes, mit dem eine bedingte Eignung zum Lenken von KFZ bescheinigt wurde, erst vom 2.11.2000 stammt.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass zum Tatzeitpunkt am 25.9.2000 der Berufungswerber in Kenntnis war, dass ihm die Lenkberechtigung entzogen worden war und er noch nicht die amtsärztliche Bestätigung hatte, dass er zum Lenken eines Kraftfahrzeuges (zumindest bedingt) geeignet ist.

4.3. Nach § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt ...

Nach § 37 Abs.4 FSG ist eine Mindeststrafe von 10.000 S zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl

1. die Lenkberechtigung entzogen wurde oder

2. gemäß § 30 Abs.1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.

Mit dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21.8.2000 wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B entzogen; er hätte daher am 25.9.2000 den verfahrensgegenständlichen Kombi nicht lenken dürfen.

Dadurch aber, dass er dies dennoch getan hat, hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

Der Umstand, dass sich der Berufungswerber nicht mehr daran erinnern kann, diesen Bescheid übernommen zu haben, ändert nichts an dieser rechtlichen Beurteilung, weil ein Vergessen oder Vergessen wollen eines Bescheides dem Berufungswerber jedenfalls vorzuwerfen ist.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Die Erstbehörde verhängte die dafür vorgesehene Mindeststrafe.

Von einer außerordentlichen Strafmilderung iSd § 20 VStG konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da keine Milderungsgründe vorlagen und schon gar nicht die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Immerhin ist der Berufungswerber nicht mehr absolut unbescholten, sondern hat vielmehr bereits mehrere Übertretungen straßenverkehrs- und kraftfahrrechtlicher Bestimmungen begangen.

Da das Verschulden des Berufungswerbers auch nicht geringfügig ist und durch seine Fahrt ohne Lenkberechtigung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit eingetreten ist, konnte auch nicht von der Möglichkeit des Absehens von der Strafe oder des Ausspruches einer Ermahnung iSd § 21 VStG Gebrauch gemacht werden.

4.6. Zu den weiteren Berufungsargumenten, soweit sie nicht bereits durch die obigen Ausführungen entkräftet sind:

Die Frage, ob überhaupt nach der Ausfolgung der Lenkberechtigung eine amtsärztliche Untersuchung auferlegt werden durfte, konnte im Strafverfahren nicht näher untersucht werden, sondern wäre in einem Berufungsverfahren gegen diesen Entziehungsbescheid zu prüfen gewesen. Im Strafverfahren war vom Rechtsbestand dieses Entzugsbescheides auszugehen.

Der Einwand, der Ort der Anhaltung wäre auf Privatgrund gelegen, konnte eine Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht aufzeigen, da jedenfalls unbestritten blieb, dass der Berufungswerber zuvor auf den im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Straßen mit öffentlichem Verkehr unterwegs war.

Aus diesem Grund konnte auch mit dem Hinweis auf die Tatzeit für den Standpunkt des Berufungswerbers nichts gewonnen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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