Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107366/2/Ki/Ka

Linz, 18.12.2000

VwSen-107366/2/Ki/Ka Linz, am 18. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dr. W, vom 10. November 2000 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 24. Oktober 2000, Zl. 7294/ST/00, wegen einer Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Straferkenntnis vom 24.10.2000, Zl. 7294/ST/00, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kfz mit dem pol. Kz.: auf Verlangen der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) vom 25.6.1999, zugestellt durch Hinterlegung am 6.7.1999, keine Auskunft darüber erteilt hat, wer das oa Kraftfahrzeug am 28.3.1999 um 15.35 Uhr auf der A 1 Westautobahn, Fahrtrichtung Wien, Gemeinde Seewalchen a.A., bei Strkm.237.900, gelenkt hat. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 150 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 10. November 1998 Berufung. Darin führt er im Wesentlichen aus, dass die Hinterlegung des Schriftstückes am 5.7.1999 wegen Ortsabwesenheit unwirksam gewesen sei.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte,  sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat unter VerkR96-9643-1999 vom 25.6.1999 an den Bw das verfahrensgegenständliche Lenkerauskunftsbegehren gerichtet. Der diesbezügliche RSa-Brief wurde laut den vorliegenden Verfahrensunterlagen beim Postamt 4400 Steyr hinterlegt, als Beginn der Abholfrist wurde der 6.7.1999 bestimmt. Der Bw hat den RSa-Brief jedoch nicht behoben, dieser befindet sich im vorliegenden Verfahrensakt mit dem Vermerk "zurück nicht behoben". Einen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass es sich beim Inhalt des gegenständlichen RSa-Briefes um ein Lenkerauskunftsbegehren handelt, enthält der im Akt  aufliegende RSa-Brief nicht.


In rechtlicher Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes wird zunächst darauf hingewiesen, dass eine ordnungsgemäß hinterlegte Sendung grundsätzlich als zugestellt gilt (§ 17 Abs.3 Zustellgesetz), weshalb unabhängig von der Kenntnis des Inhaltes einer hinterlegten Sendung durch den Empfänger, diesen in objektiver Hinsicht die entsprechenden Rechtsfolgen treffen. Dh, dass im Fall einer ordnungsgemäßen Zustellung auch der Vorwurf der Nichterteilung der Lenkerauskunft unter einem objektiven Blickwinkel rechtens wäre.

Allerdings ist es im vorliegenden Falle, wie noch dargelegt wird, unerheblich, ob letztlich die Zustellung ordnungsgemäß erfolgte oder ob eine Zustellung wegen der behaupteten Ortsabwesenheit des Bw unzulässig war. Nach dem für das Verwaltungsstrafrecht geltenden Schuldprinzip ist nämlich eine Bestrafung nur bei Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens möglich (§ 5 VStG). Dh, dass neben der objektiven auch die subjektive Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschuldigten zu prüfen ist. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen geht hervor, dass der Rechtsmittelwerber das gegenständliche Lenkerauskunftsbegehren nicht behoben hat. Zwar wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass ein rechtstreuer Staatsbürger sich entsprechend darum kümmert, hinterlegte behördliche für ihn bestimmte Schriftstücke in seine Sphäre zu bringen und es ist auch durchaus als vertretbar anzusehen, dass im Fall einer Nichtbehebung trotzdem die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen eintreten. Andererseits besteht keinerlei gesetzliche Verpflichtung, tatsächlich hinterlegte Schriftstücke zu beheben. Im Hinblick darauf, dass auf dem gegenständlichen RSa-Brief sich kein ausdrücklicher Hinweis darauf befindet, dass es sich bei dessen Inhalt um ein Lenkerauskunftsbegehren handelt, konnte dem Rechtsmittelwerber sohin auch der Inhalt des Briefes nicht bekannt sein. Aus seiner subjektiven Sicht kann ihm daher kein Verschulden an der Nichterteilung der Lenkerauskunft treffen. Allenfalls wäre die anfragende Behörde verhalten gewesen, durch anderweitige geeignete Maßnahmen die Erteilung der gegenständlichen Lenkerauskunft durch den Bw zu erwirken. Im Hinblick darauf, dass dem Bw ein subjektives Verschulden an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zumindest nicht nachgewiesen werden kann, ist eine Bestrafung unzulässig, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Nichtbehebung einer Lenkeranfrage gemäß § 103 (2) KFG - grundsätzlich kein schuldhaftes Verhalten.

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