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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107400/2/Ga/Km

Linz, 11.03.2002

VwSen-107400/2/Ga/Km Linz, am 11. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dr. H M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Dezember 2000, VerkR96-4754-1999-BB/KB, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt, dies mit der Maßgabe, dass die Worte "dabei verursachten" in der dritten Zeile des Schuldspruchs zu entfallen haben. Hinsichtlich der Strafe wird hingegen in Stattgebung der Berufung von einer Strafe abgesehen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 21, § 51 Abs.1, § 51c, § 64f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 6. Dezember 2000 wurde der Berufungswerber einer Verletzung des § 4 Abs.2 iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO für schuldig befunden und über ihn gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 72,67 € (entspricht 1.000 öS) kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG), der Berufungswerber habe am 3. Oktober 1999 um ca. 12.35 Uhr einen durch das Kennzeichen bestimmten Pkw auf der H-Landesstraße im Ortschaftsbereich N von L kommend bei Strkm. 8,230 gelenkt und es nach einem dabei verursachten Verkehrsunfall mit Personenschaden, bei welchem der Lenker des nachfahrenden, durch das Kennzeichen bestimmten Motorrades zu Sturz gekommen sei und sich verletzt gehabt habe, mit welchem das Verhalten des Berufungswerbers am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen, die nächste Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Der Berufungswerber bestreitet in erster Linie schuldseitig und teilweise auch tatseitig. Er beantragt Aufhebung und Einstellung, hilfsweise das Absehen von der Strafe.

Die belangte Behörde hat den Strafverfahrensakt vorgelegt, keine Gegenäußerung erstattet und auf eine öffentliche Verhandlung verzichtet. Der Berufungswerber seinerseits beantragte eine öffentliche Verhandlung nicht ausdrücklich, er nannte zwar drei Entlastungszeugen, aber keine bestimmten Beweisthemen und beantragte auch die Vernehmung der Zeugen nicht ausdrücklich. Weil im übrigen der maßgebende Sachverhalt genügend geklärt vorlag und im wesentlichen nur Rechtsfragen zu beurteilen waren, konnte von der öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Hilfsantrag auf Anwendung des § 21 VStG brachte der Berufungswerber vor, es hätte die belangte Behörde zu Unrecht ein Vorgehen nach dieser Bestimmung mit der unzutreffenden Begründung abgelehnt, es sei die angelastete Übertretung nicht als geringfügig anzusehen gewesen. Zu dieser Auffassung habe die belangte Behörde jedoch nur gelangen können, weil sie die konkreten Tatumstände in diesem Fall "völlig außer Acht" gelassen hätte. Selbst dann nämlich, wenn davon ausgegangen würde, er hätte erkennen können, dass bei dem Motorradlenker eine Verletzung vorliege, so stünde doch unzweifelhaft fest, dass a) eine solche äußerlich nicht zu erkennen gewesen sei, b) der Motorradlenker mehrfach erklärt habe, es sei alles in Ordnung und er benötige keine ärztliche Hilfe und c) er sogar die Hilfe eines vorbeikommenden Arztes mit eben dieser Begründung abgelehnt habe. In Summe wäre das Vorgehen gemäß § 21 VStG gerechtfertigt gewesen.

Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber, wie sogleich zu begründen sein wird, im Ergebnis im Recht.

Schon aufgrund der Aktenlage waren folgende Tatumstände als erwiesen festzustellen:

Das Nichterstatten der hier in Rede stehenden Meldung; der am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit stattgefundene Verkehrsunfall; die dabei beteiligten Fahrzeuge und ihre Lenker; die Mitursächlichkeit des Verhaltens des Berufungswerbers am Bremsakt des Motorradlenkers (im Folgenden: MRL) und an dessen Sturz in der Weise, dass dieser mit seinem linken Bein unter das - schwere - Motorrad zu liegen gekommen war und er erst wieder hatte aufstehen können, nachdem andere Personen das Motorrad weggehoben hatten; die (über Befragen des Berufungswerbers vom MRL geäußerte Klage über leichte Schmerzen im linken Knie, die wieder vergangen sind, und dass er sich dieses linke Knie (kurze Zeit) gehalten hatte und er an den Fahrbahnrand gehumpelt war; das Vorliegen einer, wenngleich (zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens) "nicht nennenswerten" Verletzung; das gegenseitige Austauschen der Identität zwischen Berufungswerber und MRL; das Dazwischentreten eines zufällig am Ort des Geschehens vorbeikommenden Arztes, der den MRL gefragt hatte, ob er helfen könne, der jedoch keine Untersuchung des linken Beines bzw. Knies des MRL vorgenommen hatte, weil der MRL selbst die Untersuchung nicht verlangte und auch keine Beschädigung an der Hose des MRL äußerlich auf eine Verletzung hingedeutet hatte; das anschließende Verweilen des Berufungswerbers in dem am Ort des Geschehens befindlichen Gasthaus (zusammen mit seinen Bekannten, die zugleich Mitfahrer in seinem Pkw gewesen sind).

Im Rahmen dieser Sachverhaltsfeststellung sprachen für die Annahme der (zumindest mitbeteiligten) Ursächlichkeit des Verhaltens des Berufungswerbers am Sturz des MRL folgende Umstände: Das Wahrnehmen des Motorrades im linken Außenspiegel durch den Berufungswerber unmittelbar im Zusammenhang mit seinem Zufahren zum Parkplatz des Gasthauses und das gegenseitige Austauschen der Identitätsdaten im Anschluss an das Unfallgeschehen. Dieser Datenaustausch wäre von Seiten des Berufungswerbers nicht plausibel, wäre der Berufungswerber wirklich überzeugt gewesen, dass sein Geschehensbeitrag in keinerlei ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall gestanden hatte.

Alle diese Sachumstände, insbesondere das Gewicht des auf das Bein des MRL gefallenen, mit ihm noch einige Meter dahinrutschenden Motorrades und die nachfolgende Klage des MRL über (wenn auch nur leichte) Schmerzen im linken Knie, aber hätten den Berufungswerber eine Verletzung des MRL vermuten lassen müssen, schon weil unter solchen Umständen mit einer Verletzung des MRL gerechnet werden musste (vgl. die bei Messiner, StVO9 [1995], zu § 4 StVO unter E 201 zit. Judikatur des VwGH). Dass äußere Verletzungen nicht sichtbar gewesen sind, ist schon deshalb unerheblich, weil der MRL selbst ja Schmerzen im linken Knie angegeben hatte und zumindest einige Schritte sichtbar gehumpelt hatte. Das Verhalten des Arztes steht dem nicht entgegen, weil dieser sich nur nach Hilfebedürftigkeit erkundigte, die Untersuchung des Beines jedoch nicht unternommen hatte. Insgesamt hätten die objektiven Umstände dem Berufungswerber das Vorliegen einer, gleichwohl nur leichten Verletzung bewusst machen müssen; auf die Schwere der Verletzung konnte es vorliegend nicht ankommen (vgl. die aaO. unter E 171 zit. Judikatur).

Im Ergebnis der demnach vorzunehmenden Rechtsbeurteilung bestand Meldepflicht für den ursächlich beteiligt gewesenen Berufungswerber und war der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie, weil der Berufungswerber die Meldung nicht erstattet hatte und (volle) Entschuldigungsgründe nicht vorgelegen sind, die Tatbestandsmäßigkeit angenommen hatte. Der Schuldspruch war daher - unter gleichzeitiger Eliminierung überflüssiger, der Normklarheit abträglicher Worte - zu bestätigen.

Die Merkmale für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG waren im Berufungsfall jedoch erfüllt.

So war aus objektivem Blickwinkel die Beeinträchtigung des Schutzzweckes der Verständigungspflicht nach § 4 Abs.2 StVO unbedeutend, wurde seitens des Berufungswerbers doch keinerlei Verhalten in Richtung einer Vertuschung gesetzt (Austausch der Identität mit dem MRL; Verweilen des Berufungswerbers nach dem Unfall im Gasthaus am Unfallsort). Auch die zur Tatzeit bei gehöriger Aufmerksamkeit zwar immerhin zu vermutende, äußerlich aber nicht wahrzunehmende Verletzung indiziert einen nur geringen Unrechtsgehalt der Tat.

Dieser geht in diesem Fall einher mit einem bloß geringfügigen Verschulden, konnte nach den Umständen des Tatherganges der Berufungswerber das gesamte Verhalten des MRL immerhin als in die Nähe eines konkludenten Verzichtes des MRL auf die Meldung gerückt deuten (zur gleichwohl objektiven Irrelevanz des Verzichts vgl. Anm. 15 zu § 4 Abs.2 StVO aaO) und durfte er sich darin auch durch den Auftritt des Arztes bestärkt sehen, wenngleich er hätte miteinbeziehen müssen, dass der Arzt eine Untersuchung des MRL eben nicht vorgenommen hatte und es im übrigen jedoch darauf, ob die Verletzung einer ärztlichen Versorgung bedurft hätte oder nicht, gar nicht ankommt (vgl. die aaO. unter E 190 zit. Judikatur).

Aus allen diesen Gründen war, weil die Strafwürdigkeit des Fehlverhaltens des Berufungswerbers unter der hier von der Strafdrohung typisierten Maßgröße geblieben ist, wie im Spruch zu erkennen. Gegen eine gleichzeitige Ermahnung sprach die fehlende Erforderlichkeit (unstrittig war von absoluter Unbescholtenheit des Berufungswerbers und von einer der Rechtstreue im Straßenverkehr verpflichteten Grundhaltung des Berufungswerbers auszugehen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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