Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107403/2/BI/KM

Linz, 15.01.2001

VwSen-107403/2/BI/KM Linz, am 15. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn K S, vertreten durch G & Partner, Rechtsanwälte KEG, vom 21. November 2000 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25. Oktober 2000, VerkR96-4723-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.
  2. Im Punkt 2) wird die Berufung zur Gänze abgewiesen.

  3. Im Punkt 1) entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

Im Punkt 2) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 60 S (entspricht 4,36 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 19 VStG,

zu II.: §§ 64 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 500 S (24 Stunden EFS) und 2) 300 S (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 15. Jänner 1999 um 13.45 Uhr den Pkw in W auf der R-Straße (Höhe AKH-Parkplätze) gelenkt habe, nach rückwärts vor dem Pkw einparken habe wollen und dabei mit der rückwärtigen Stoßstange seines Fahrzeuges gegen die vordere Stoßstange des vorgenannten Pkw gestoßen sei, der dadurch beschädigt worden sei. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er

  1. nicht sofort angehalten und
  2. nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl er der Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 80 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz gehe nur von den Angaben eines angeblichen Zeugen Müller aus, der den Vorfall beobachtet haben wolle. Er habe ausdrücklich gesagt, er habe nachgesehen, ob ein Schaden entstanden sei. Er habe nach ausführlicher Begutachtung des Pkw keinen Schaden festgestellt und keine Veranlassung gehabt, einen Schaden zu melden, weil durch sein Verhalten keiner entstanden sei. Er habe einen N M gelenkt, dessen Stoßstange mindestens 10 bis 20 cm über derjenigen des angeblich von ihm beschädigten Kleinwagens gelegen sei. Auch aus den vorliegenden Fotos sei ein Schaden nicht ersichtlich. Weder an ihn noch an seine Haftpflichtversicherung sei eine Schadenersatzforderung gestellt worden. Er beantrage daher die Aufhebung des Straferkenntnisses.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige des Meldungslegers GI F geht hervor, dass Ing L M das VUK der BPD Wels am 15. Jänner 1999 um 14.45 Uhr verständigt habe, dass um 13.45 Uhr in W in der R-Straße auf Höhe der AKH-Parkplätze der Lenker des Pkw beim Rückwärtseinparken den am südlichen Fahrbahnrand vorschriftsmäßig geparkten Pkw an der vorderen Stoßstange rechts beschädigt habe. Der Lenker sei wegen der zu kleinen Parklücke mit der hinteren Stoßstange gegen die vordere Stoßstange des abgestellten Pkw gestoßen, sei anschließend weggefahren und habe den Pkw auf dem AKH-Parkplatz abgestellt. Ing. M habe wegen des Einparkmanövers des Pkw auf der R-Straße anhalten müssen. Er habe nicht sagen können, ob der Lenker den Pkw wegen einer eventuellen Beschädigung überprüft habe.

Vom Pkw wurden Fotos angefertigt und der Anzeige beigeschlossen. Darauf ist zu sehen, dass zwar an der Stoßstange selbst kein Schaden entstanden ist, sich jedoch auf der rechten Seite im Bereich des Kotflügels die Stoßstange von der Halterung gelöst hat, wodurch das Blech hinter der Stoßstange eingerissen wurde.

Der Bw hat sich im Rahmen der Lenkerauskunft gegenüber der BH Vöcklabruck als Lenker des auf ihn zugelassenen Pkw zur Vorfallszeit bezeichnet und am 16. April 1999 als Beschuldigter einvernommen ausgesagt, er habe wegen der schlechten Platzverhältnisse auf dem gegenüberliegenden Krankenhausparkplatz seinen Pkw abgestellt und den Pkw, an den er angefahren war, besichtigt, jedoch keinen Schaden gefunden, sodass er keine weiteren Schritte gesetzt habe.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Zweck dieser Bestimmung ist es, nicht nur das Fahrzeug kurzfristig anzuhalten, sondern auch den sonstigen Lenkerverpflichtungen nachzukommen (vgl VwGH v 15.4.1971, 1305/70, ua).

Der Bw hat nie bestritten, den Anstoß beim Einparken bemerkt zu haben. Er hat glaubwürdig - und indirekt auch vom Zeugen Ing. M bestätigt - ausgeführt, der Platz sei zum Einparken zu klein gewesen, sodass er den Pkw nicht in Unfallendstellung stehen ließ, sondern auf dem gegenüberliegenden AKH-Parkplatz einparkte. Auch das hat der Zeuge Ing. M bestätigt. Dieser konnte aber nicht sagen, ob der Bw tatsächlich zurückging und den Pkw besichtigte.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist dem Bw diesbezüglich Glauben zu schenken, wenn er sagt, er habe den Pkw begutachtet, dh er sei der Verpflichtung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 nachgekommen, zumal ein Anhaltspunkt für die Erfüllung des ihm zur Last gelegten Tatbestandes nicht gegeben ist. Auch in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses findet sich dazu nichts. Das Verfahren diesbezüglich war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen - ds alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht -, wenn bei diesem nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Der Bw hat nach eigenen Angaben keinen Schaden am beim Einparkvorgang hinter seinem abgestellten Pkw zu finden vermocht, obwohl er diesen genau besichtigt hat.

Auf den vom Meldungsleger angefertigten Fotos ist jedoch einwandfrei der oben beschriebene Schaden zu sehen, der auch dem Meldungsleger sofort aufgefallen ist.

Auch wenn wie im gegenständlichen Fall die Stoßstange selbst unbeschädigt geblieben ist, hat der gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 Verpflichtete darauf zu achten, ob am zu prüfenden Fahrzeug ein Schaden erkennbar ist, der durch die Art und Weise des Anstoßes nach der allgemeinen Lebenserfahrung entstanden sein kann.

Auch wenn an der mutmaßlichen Anstoßstelle selbst keine Schleifspur oder ähnliches zu sehen ist, so ist doch nicht auszuschließen, dass die Stoßstange beim Rückwärtsfahren Richtung Karosserie gedrückt wurde und sich dadurch aus ihrer seitlichen Verankerung lösen konnte. Im gegenständlichen Fall geht aus den Fotos einwandfrei hervor, dass sich die Stoßstange an der rechten Fahrzeugseite in einer unüblichen Position befindet - der Bw hatte dazu die Möglichkeit eines Vergleichs mit der linken Fahrzeugseite - und auch der Riss im rot lackierten Blech ist nicht zu übersehen.

Selbst wenn, wie der Bw angibt, die Stoßstange des von ihm gelenkten N M wesentlich höher gelegen ist als die am abgestellten F O, so ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass beim auch vom Bw bemerkten Anstoß der auf dem Foto ersichtliche Schaden entstanden sein kann. Der abgestellte Pkw befand sich jedenfalls nicht in einem solchen Zustand, dass die abgelöste Stoßstange und der Riss im Blech als Vorschaden abgetan werden könnte.

Damit war aber der Bw verpflichtet, den Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Gendarmeriedienststelle zu melden, zumal wegen der Abwesenheit der Geschädigten ein Identitätsnachweis an Ort und Stelle nicht möglich war.

Zweck der Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 ist es, sicherzustellen, mit wem sich der Geschädigte in der Folge hinsichtlich eventueller Schadenersatzforderungen auseinander zu setzen haben wird. Die Höhe des Schadens ist irrelevant, ebenso der Umstand, dass der Geschädigte beschließt, den Schaden selbst zu beheben oder den Pkw in diesem Zustand zu belassen, dh die Versicherung des Schädigers aus irgendwelchen Überlegungen nicht kontaktiert.

Der Bw wäre verpflichtet gewesen, die Besichtigung des Pkw mit der erforderlichen Aufmerksamkeit und Sorgfalt vorzunehmen. Er kann sich bei solcher Offensichtlichkeit eines Schadens, von dem nicht auszuschließen ist, dass er beim gegenständlichen Anstoß entstanden ist, nicht darauf berufen, keinen solchen bemerkt zu haben. Er hat durch die gänzliche Unterlassung einer Unfallmeldung bei der nächsten Gendarmeriedienststelle trotz nicht erfolgtem Identitätsnachweis der Geschädigten gegenüber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Ihm ist auch nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden iSd § 5 Abs.1 VStG trifft.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die vom Bw selbst genannten finanziellen Verhältnisse (12.000 S Pension, keine Sorgepflicht, kein Vermögen) zugrundegelegt und nichts als mildernd, aber zwei einschlägige Vormerkungen aus den Jahren 1996 und 1998, die noch nicht getilgt sind, als straferschwerend gewertet.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und ist - vor allem im Hinblick auf den Zweck der Spezialprävention - geradezu als milde zu bezeichnen. Anhaltspunkte für eine Herabsetzung wurden weder behauptet, noch waren solche zu finden. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Schadensbegutachtung mangelhaft - Unterlassung der Unfallmeldung vorwerfbar. Kein allg. Beweis, dass Bw § 4 Abs.1 lit.a StVO verletzt hätte à Einstellung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum