Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106918/19/Kei/La

Linz, 11.06.2001

VwSen-106918/19/Kei/La Linz, am 11. Juni 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S  

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Guschlbauer, dem Beisitzer Dr. Fragner und dem Berichter Dr. Keinberger über die Berufung des H D G, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H F und Mag. K M F, M 7/4, 4020 Linz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. März 2000, Zl. VerkR96-2057/1999/Win, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:  

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld und im Hinblick auf die Barauslagen keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 15.000 S (entspricht 1.090,09 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 302 Stunden herabgesetzt wird. Hinsichtlich Tatzeit und Tatort wird gesetzt: Statt "um 16.30 Uhr": "um ca. 16.30 Uhr", anstelle von "vom Haus F Nr. 111 auf der A (B131) nach O": "vom Raum F-F zum Gendarmerieposten O". Die Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden sind, lauten "§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960". Die Wendung "für die Kosten der Harnuntersuchung durch die Gerichtsärzte am Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck" wird gestrichen.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG § 44a Z1 und § 51 Abs.1 VStG.   II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 1.500 S (entspricht 109,01 Euro), zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.   Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.       Entscheidungsgründe:   1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise wörtliche Wiedergabe): "Sie haben am 31.07.1999, um 16.30 Uhr, den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen R vom Haus F Nr. 111 auf der A (B) nach O gelenkt, wobei Sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befanden. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 99 Abs.1 lit.a und § 5 Abs.1 StVO. 1960 Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß § Schilling Ersatzfreiheitsstrafe von 25.000,-- 3 Wochen 99 Abs.1 lit.a StVO. 1960   Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: S 1.050,-- für die Kosten der Harnuntersuchung am Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Innsbruck sowie S 1.203,-- für die klinische Untersuchung durch Frau Dr. E M, P, als Barauslagen für die Kosten der Harnuntersuchung durch die Gerichtsärzte am Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck 2.500,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 29.753,-- Schilling = 2162,24 Euro. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."   2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe): "Ich erkläre, das vorgenannte Erkenntnis seinem gesamten Inhalte nach anzufechten, wobei als Berufungsgründe unrichtige und mangelhafte Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden. Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellt die Erstbehörde fest, ich hätte am 31.07.1999 um 16.30 Uhr den mir gehörigen PKW vom Hause F Nr. 111, auf der A nach O gelenkt, wobei ich mich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hätte. Diese Feststellung über den angeblichen Tatort und die Tatzeit kann nicht stimmen. Nach den Erhebungsergebnissen war ich am 31.07.1999 um 16.30 Uhr bereits beim GPK O, ich kann daher nicht zum gleichen Zeitpunkt auf der A Richtung O gefahren sein. Hiezu kommt, dass ich zwar zugegeben habe, gefahren zu sein, wobei ich allerdings keinerlei Erklärung darüber abgegeben habe, welche Fahrtroute ich zum GPK O genommen habe. Die Feststellungen über Tatort und Tatzeit sind daher zweifelsfrei unrichtig, eine Verfolgungshandlung hinsichtlich anderer Tatzeiten wurde nicht gesetzt und wären daher verjährt. Darüber hinaus aber geht die Erstbehörde von einer Fahruntüchtigkeit durch Verwendung von Suchtgift zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges aus, obwohl einerseits um 16.30 Uhr kein Lenken mehr stattgefunden hat, andererseits aber die um 18.30 Uhr des selben Tages vorgenommene klinische Untersuchung keine eindeutigen Rückschlüsse für eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit vornimmt. Daran ändert auch nichts, dass der Amtsarzt apodiktisch erklärt, dass 'das Ausmaß dieser festgestellten Beeinträchtigung ..... die Eignung zum Lenken eines Kfz jedenfalls ausschließt'. Auch der Amtsarzt beschäftigt sich ausschließlich mit den angeblich um 18.30 Uhr festgestellten Symptomen, ohne sich aber mit den Änderungen der Auswirkungen in der Zwischenzeit auseinander zu setzen. Auch der weitere Hinweis des Genannten, dass 'nach Konsum von Kokain und entsprechendem Nachweis (?) im Harn von einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit auszugehen ist', ändert an dieser Beurteilung nichts, weil die Beurteilungsgrundlagen für den angeblichen Tatzeitpunkt 16.30 Uhr NICHT vorliegen. Auch hat der Amtsarzt in keiner Weise festgestellt, warum die Beeinträchtigung so stark gewesen sein soll, dass die Eignung zum Lenken ausgeschlossen sein soll. Selbst wenn eine verminderte Reaktionsfähigkeit und eine träge Pupillenreaktion vorgelegen haben sollte, so sagt dies einerseits, wie bereits ausgeführt, nichts über die Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt aus, läßt aber auch keine eindeutigen Rückschlüsse darauf zu, dass die suchtgiftbedingte Beeinträchtigung bereits einen Wert erreicht haben muß, der die Fahrtüchtigkeit ausschließt. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass einerseits Übermüdung, andererseits Schläfrigkeit festgestellt worden ist, wobei mit Sicherheit eine eindeutige Unterscheidung zwischen normaler Übermüdung und suchtgiftbeeinträchtigter Störung für einen Arzt, der nicht ständig mit diesen Untersuchungen zu tun hat, äußerst schwierig ist. Es sei in diesem Zusammenhang nochmals auf die erheblichen Fehlerquoten bei den von Ärzten durchgeführten klinischen Untersuchungen im Zusammenhang mit Alkoholdelikten verwiesen, die bereits in der Stellungnahme vom 25.01.2000 zitiert worden sind. Auch wenn diese Untersuchung bereits älteren Datums ist, so sind bekanntlich Suchtgiftbeeinträchtigungen auf nicht alkoholischer Basis doch wesentlich seltener als Alkoholbeeinträchtigungen, eine klare Unterscheidung in diesem Bereich aufgrund der wesentlich geringeren Praxis der Untersuchenden mit einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit daher nicht möglich. Aus all diesen Gründen wurde schon im erstinstanzlichen Verfahren die Einholung eines gerichtsärztlichen SV-Gutachtens beantragt, weil das Ausmaß einer allfälligen Beeinträchtigung durch Suchtgift in der Spätphase sehr unterschiedlich ist, daher auch in einem Zeitraum von 2 oder mehr Stunden ganz erheblich sein kann. Dabei ist bei Kokainbeeinträchtigung zweifelsfrei keine dem Alkoholverhalten parallele Verhaltensänderung in der Abbauphase anzunehmen. Letztlich sei noch darauf verwiesen, dass die Erstbehörde zu unrecht darauf verwiesen hat, dass ich mich in keinem Notstand im Sinne des § 6 VStG befunden hätte, weil ich mich um eine andere Fahrmöglichkeit bemühen hätte können. Dies war schon deshalb nicht möglich, weil die erhebenden Beamten mich ausdrücklich aufgefordert haben, ich müsste mit dem PKW zum Posten kommen, weil mein Fahrzeug an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen sei und ich daher das Fahrzeug mitbringen mußte, wobei sie darauf bestanden haben, daß ich sofort mit meinem Fahrzeug zu erscheinen hätte. Dass dies, wie die Erhebungsergebnisse zeigen, ein Vorwand war, war für mich zum damaligen Zeitpunkt nicht erkennbar. Ich bin daher ausschließlich dem behördlichen Auftrag gefolgt, weil ich keine andere Möglichkeit hatte, mein Fahrzeug durch eine andere Person zum gleichen Zeitpunkt vorzuführen. Die angeblich unaufschiebbare dringende Weisung des GPK O, ich müßte sofort mit dem PKW auf dem Posten erscheinen, stellt daher zweifellos eine Notstandssituation dar, die von der Erstbehörde zu unrecht nicht berücksichtigt wurde. Zumindest hätte dieser Umstand bei der Berechnung der Strafhöhe berücksichtigt werden müssen. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass weder der Tatzeitpunkt (noch auch der Tatort) feststeht, zum angeblichen Tatzeitpunkt war ich bereits beim GPK O und kann daher nicht gefahren sein. Darüber hinaus übersieht die Erstbehörde, dass Untersuchungsergebnisse nur für einen wesentlich späteren Zeitpunkt vorliegen, Beweisergebnisse für die körperlich-geistige Eignung zum angeblichen Tatzeitpunkt liegen nicht vor. Es wird daher beantragt, in Stattgebung dieser Berufung das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen."   3. Der Oö. Verwaltungssenat hatte - weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden. Der Oö. Verwaltungssenat hat am 19. April 2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser Verhandlung wurden einvernommen der Bw, die Gemeindeärztin von P Dr. E M als Zeugin, der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach Dr. Albert H als Gutachter des erstinstanzlichen Verfahrens und die beiden Gendarmeriebediensteten Revierinspektor M K und Revierinspektor R G als Zeugen.   Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt: Am 31. Juli 1999 wurde der Bw telefonisch durch Revierinspektor K vom Gendarmerieposten O aufgefordert, dass er zum Gendarmerieposten O kommen solle. Es wurde durch den Gendarmerieposten O im Hinblick auf Suchtgift ermittelt. Der Bw fuhr daraufhin mit seinem Auto, einem PKW mit dem behördlichen Kennzeichen R vom Raum F-F zu dem nur auf öffentlichen Straßen erreichbaren Gendarmerieposten O. Dort traf er am 31. Juli 1999 um ca. 16.30 Uhr ein. Durch Revierinspektor K und Revierinspektor G wurden beim Bw Anzeichen einer Suchtgiftbeein-trächtigung - und zwar rötliche Augenbindehäute, große Stimmungschwankungen, Unkonzentriertheit - festgestellt. Daraufhin wurde durch Revierinspektor K und Revierinspektor G das Auto des Bw durchsucht und dabei wurde Kokain gefunden. Der Bw wurde der Gemeindeärztin von P, Dr. E M vorgeführt. Dr. M nahm am 31. Juli 1999 um ca. 18.30 Uhr eine Untersuchung des Bw vor und stellte fest: Befund: Körpergröße: 176 cm, Gewicht: ca. 64 kg, Puls: 100/min, Verletzungen: nein, Schock -, Commotioanzeichen: nein, Sprache: undeutlich, Gang: schwankend, Alkoholgeruch: nein, Rötung der Augenbindehäute: ja, Benehmen: beherrscht, renitent, Rhombergprobe: unsicher, Pupillenreaktion: träge, Nystagmus: 3 Sekunden links und rechts, ruckartig: ja, Reaktionsfähigkeit: vermindert. Klinische Beurteilung der Suchtgiftbeeinträchtigung: merkbar. Ärztliches Gutachten: Laut obigem Befund war der Verdächtige war zur Tatzeit suchtgiftbeeinträchtigt: ja, fahruntüchtig: ja. Diese Fahruntüchtigkeit war verursacht durch verminderte Reaktionsfähigkeit infolge: Übermüdung, Schläfrigkeit und überwiegend Suchtgifte.   Am 31. Juli 1999 um ca 18.15 Uhr war dem Bw Harn abgenommen worden. Im diesbezüglichen Laborbefund des Institutes für med. und chem. Labordiagnostik der Oö. Landesnervenklinik Wagner Jauregg vom 4. August 1999 wurde ausgeführt, dass Cocain im Harn des Bw war. Mit Schreiben der Gerichtsärzte am Institut für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck vom 7. Februar 2000 wurde das Ergebnis der o.a. Harnprobe bestätigt. Der Bw hatte jedenfalls am 31. Juli 1999 um ca 06.00 Uhr Kokain konsumiert.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. § 5 Abs.1 StVO 1960 lautet: Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt. § 99 Abs.1 StVO 1960 lautet (auszugsweise): Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, a) wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.   4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat gemachten Aussagen der in dieser Verhandlung vernommenen Personen.   Zu der dem Bw vorgeworfenen Tatzeit: Der Zeuge Revierinspektor K wies in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat im Hinblick darauf, wann der Bw am 31. Juli 1999 beim Gendarmerieposten O eingetroffen ist, auf die gegenständliche Anzeige hin. In der gegenständlichen Anzeige wurde angeführt, dass der Bw am 31. Juli 1999 um 16.30 Uhr eingetroffen sei. Der Bw brachte in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat vor, dass er am 31. Juli 1999 um ca 15.00 Uhr zum Gendarmerieposten O gekommen sei. Im Hinblick auf die Zeit des Eintreffens des Bw beim Gendarmerieposten O geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass die diesbezügliche Angabe in der Anzeige zutrifft zumal kein Anhaltspunkt dahingehend vorliegt, dass in der Anzeige eine willkürliche Zeit angeführt worden ist. Bei dieser Beurteilung wurde berücksichtigt, dass der Bw diesbezügliche Beweise hätte anbieten müssen und dies nicht getan hat und dass sich der Bw nach jeder Richtung verantworten konnte und dass demgegenüber die Aussagen der beiden Gendarmeriebediensteten unter Wahrheitspflicht erfolgten.   Zu dem dem Bw vorgeworfenen Tatort: Der Bw brachte in der Verhandlung vor, dass er "hinten über die Badeseen" und "über M" zum Gendarmerieposten O gefahren sei.   Zu diesem Vorbringen stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, dass nicht mit Sicherheit feststellbar bzw. verifizierbar ist, auf welcher Straße bzw. auf welchen Straßen der Bw - vom Raum F-F ausgehend - zum Gendarmerieposten O gefahren ist. Jedenfalls die Zufahrt zum Gendarmerieposten O war - wie bekannt ist - eine Straße mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs.1 StVO 1960). Durch die im Spruch vorgenommene Berichtigung im Hinblick auf den Tatort und auf die Tatzeit erfolgte keine Änderung der Identität der Tat, zumal nur eine einzige zeitlich sehr nahegelegene Fahrt erfolgt ist und jedenfalls das letzte Stück der Fahrt feststeht und auf öffentlicher Straße erfolgte.   Zur Frage des Vorliegens einer Suchtgiftbeeinträchtigung: In der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat führte die Ärztin Dr. M u.a. aus: "Ich bin seit 30 Jahren in der Ordination tätig als praktische Ärztin. Während dieser 30 Jahre hatte ich gelegentlich mit Suchtgiftpatienten, die mich persönlich aufgesucht haben, zu tun und ich habe die Klinik ihres Verhaltens verfolgt - es handelte sich um eine Suchtgiftproblematik. Mit der Frage eines Kokainkonsums bin ich konfrontiert gewesen und zwar nicht bei einer Behandlung, sondern bei einer Untersuchung. Bei dieser Untersuchung wurde eine Person vorgeführt. Zu diesem Themenkreis habe ich mich auch fortgebildet - durch die Literatur bzw. aus der Literatur. Im Hinblick auf einen Konsum von Kokain wird in der ersten Phase ein euphorischer Zustand gesucht, dann kommt es zu Tachykardien, zu Rötungen im Bereich der Augen vor allem im Bereich der Bindehäute, auffallend auch bei Frauen ein gestärktes sexuelles Verlangen und dann im stärkeren Ausmaß die große Pupille und es kann natürlich durch den massiven Genuss zu einer starken Kreislauf- und Herzüberlastung kommen, was dann im Notfall auch zu einem Exitus führen kann. Dies bei großen Dosen. Es ist von der Dosis abhängig, wie lang dieser Zustand bzw. Erregungszustand anhält. Auch massive Blutdruckerhöhungen können vorhanden sein. Es kann dann im Endeffekt zu einem psychischen Intervallverfall kommen. Bei einer mittleren Dosis folgt dann eine Sedierung - das heißt eine Ermüdung und sicherlich eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit. Für mich war auffallend, dass Herr G bei mir relativ beherrscht war, wie ich aber gehört habe, soll er vorher sehr erregt gewesen sein. Dies habe ich von den Gendarmen gehört. Von mir aus kann ich mich erinnern, dass ich, nachdem ich das ausgefüllt gehabt habe, schon den Eindruck gehabt habe, dass der Patient nicht fahrtauglich war. Bei mir war es nicht der Erregungszustand, der ihn fahruntauglich gemacht hat, sondern eher die Unkonzentriertheit, was das Gleichgewicht anbelangt, was die Pupillenreaktion anbelangt. Die vorhin gemachten Aussagen im Hinblick auf eine Lenkzeit von 16.30 Uhr hätten auch gegolten, wenn das Lenken um 15.00 Uhr erfolgt wäre - beide Uhrzeiten betreffen den 31. Juli 1999........ Herr G war sehr erregt. Erregt sage ich von den vegetativen Zentren her. Er war betont zurückhaltend von seinem Benehmen, aber vegetativ war er erregt. (Tachykardie etc). ..........   Ich habe mehrere Untersuchungen im Zusammenhang mit Kokain in meiner Praxis durchgeführt. Sicher weiß ich von einem Fall der Vorführung mit Kokaingenuss. Die Tachykardie und dass Herr G Gleichgewichtsstörungen gehabt hat - letztere ist sogar mehr zu bewerten als die geröteten Augen - das waren Indizien, die zu einer Beurteilung führten, dass eine Suchtgiftbeeinträchtigung vorgelegen ist. ...... Die Harnprobe war positiv und die Sache mit der Tachykardie. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen das Formular ausgefüllt. Die Blutuntersuchung steht mir nicht zur Verfügung. In jedem klinischen Attest finden sie auch die Blutuntersuchung nicht dabei, die der Arzt ausfüllen kann. Nach meinem besten Wissen und Gewissen ist er für mich nicht fahrtauglich gewesen. ........... Ich habe Herrn G befragt, ob er Kokain konsumiert hätte. Herr G gab an, dass er am 31. Juli 1999 um ca. 6.00 Uhr eine Bahn Kokain konsumiert hätte."   Die Ärztin Dr. M hat - dies ergibt sich aus ihren schriftlichen Ausführungen vom 31. Juli 1999 im Erhebungsblatt zur Feststellung von Suchtgiftbeeinträchtigungen und aus ihrer Aussage in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat - festgestellt, dass der Bw am 31. Juli 1999 in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gewesen ist und deshalb nicht in einem zum Lenken eines Kraftfahrzeuges tauglichen Zustand gewesen ist - dies sowohl im Hinblick auf die Zeit 16.30 Uhr als auch im Hinblick auf die Zeit 15.00 Uhr (der Bw hatte - wie oben ausgeführt wurde - vorgebracht, dass er am 31. Juli 1999 um 15.00 Uhr beim Gendarmerieposten O eingetroffen sei).   Den Ausführungen der Gemeindeärztin von P Dr. M wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich auf den persönlichen Eindruck, den Dr. M in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat hinterlassen hat. Es wird bemerkt, dass die Ärztin Dr. M zur Zeit der gegenständlichen Untersuchung des Bw die erforderliche Fachkenntnis und Erfahrung für die Beurteilung der Symptomatik nach Suchtgiftmissbrauch aufwies. Der Oö. Verwaltungssenat stützt sich auch ab auf die Ausführungen des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach Dr. Albert H, der im Verfahren vor der belangten Behörde und in der Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat entsprechende Fachkenntnisse aufwies und die von der untersuchenden Ärztin gezogenen Schlüsse bestätigte, insbesondere nochmalig auch im Hinblick auf die Ergebnisse der nach der Untersuchung erfolgten Harnprobe und die von der Ärztin festgestellten Tachykardie. Dem hatte der Bw nicht entsprechendes Fachkundiges entgegenzusetzen. Mit gutem Grund geht daher der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass eine durch Suchtgiftbeeinträchtigung bewirkte Fahruntüchtigkeit des Bw zur Tatzeit vorgelegen ist.   Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Messiner, "Straßenverkehrsordnung in der Fassung der 19. StVO-Novelle", Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1995, S. 155 und S. 171, hingewiesen. "Durch § 5 Abs.1 idF der 19. StVO-Novelle '... soll klargestellt werden, daß auch bei einer Beeinträchtigung durch Suchtgift die Inbetriebnahme oder das Lenken eines Fahrzeuges verboten ist.' (RV94) Gesetzliche Grenzwerte, ab deren Erreichen eine Person jedenfalls als von Suchtgift beeinträchtigt gilt, wurden nicht festgelegt. Eine Beeinträchtigung durch Suchtgift muß jedoch auf der Grundlage des im Einzelfall erstatteten ärztlichen Gutachtens ein solches Ausmaß erreichen, daß der Fahrzeuglenker nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug zu beherrschen und die Verkehrsregeln zu beachten". "Die Entscheidung darüber, ob im Tatzeitpunkt eine Suchtgiftbeeinträchtigung iSd § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a vorlag, ist durch die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren zu treffen." Eine Blutuntersuchung bei Vorliegen des Verdachtes einer Beeinträchtigung durch Suchtgift ist in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehen. Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde im Hinblick auf das nachvollziehbare Gutachten der Gemeindeärztin verwirklicht.   Zum Vorbringen des Bw, dass ein Notstand vorgelegen sei: Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen in Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Wien, 1996, Linde Verlag, S. 789, hingewiesen. "Unter Notstand ist ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer im allgemeinen strafbaren Handlung retten kann. Weiters gehört es zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlungen zu beheben und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (VwGH 17.6.1987, 85/01/0172, 17.9.1992, 90/19/0463, 2.12.1993, 93/09/0186, 3.3.1994, 93/18/0090)."   Der Bw hätte auf die Aufforderung des Revierinspektors K zum Gendarmerieposten O zu kommen hin erklären müssen, dass er sich fahruntüchtig fühle und er hätte diese Aufforderung ablehnen müssen - ohne dass er deswegen Folgen zu gewärtigen gehabt hätte. Ein Notstand ist im gegenständlichen Zusammenhang nicht vorgelegen.   Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Bw konnte nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Das Verschulden des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG. Das Verschulden ist nämlich nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl. 86/18/0059, vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0070, vom 14. Jänner 1988, Zl. 86/08/0073 und viele andere Erkenntnisse). Wenn eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, so kommt eine Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht (VwGH vom 16. März 1987, Zl. 87/10/0024, vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0186 u.a.). Da das Verschulden des Bw nicht geringfügig ist und da eines der beiden in § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien nicht vorliegt, konnte nicht die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG angewendet werden und es konnte nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.   4.3. Zur Strafbemessung: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.   Durch die belangte Behörde wurde als erschwerend das Vorliegen von zwei Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die eine Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 betroffen haben, gewertet. Diese beiden Vormerkungen sind getilgt. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor. Es liegen mehrere Vormerkungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht (diese Vormerkungen haben nicht eine Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 betroffen), die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen sind und die noch nicht getilgt sind, vor. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z.2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Ein Milderungsgrund liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurde von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: 20.000 S netto pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflicht: für ein Kind im Alter von 8 Jahren. Der Unrechtsgehalt wird wegen der durch die potentielle Gefährdung von Menschen beeinträchtigten Verkehrssicherheit als beträchtlich qualifiziert. Die Aspekte der Spezialprävention und der Generalprävention waren zu berücksichtigen. Auf das gewichtige Verschulden wurde Bedacht genommen. Die Geldstrafe wurde herabgesetzt, weil die von der belangten Behörde zutreffend als einschlägig gewerteten Vormerkungen infolge Ablauf der Tilgungsfrist nicht mehr zu berücksichtigen waren. Insgesamt ist die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 15.000 S angemessen und ausreichend, um den Strafzwecken zu genügen.   Die Berufung war gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich der Schuld und hinsichtlich der Barauslagen abzuweisen und es war der Berufung hinsichtlich der Strafe teilweise Folge zu geben.   5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 1.500 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).     Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.     Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.     Dr. Guschlbauer
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