Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107424/11/Br/Bk

Linz, 13.03.2001

VwSen-107424/11/Br/Bk Linz, am 13. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer (Vorsitzender Dr. Langeder, Beisitzer Dr. Weiß, Berichter Dr. Bleier) über die Berufung des Herrn J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. Dezember 2000, VerkR96-3025-2000, nach der am 13. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes die Geldstrafe auf 8.000 S (entspricht  581,38 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 168 Stunden ermäßigt wird.

Der Schuldspruch wird jedoch vollinhaltlich bestätigt.

II. Die erstinstanzlichen Kosten ermäßigen sich demzufolge auf 800 S (entspricht  58,14 Euro). Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 20, 24 und 51e Abs.1 VStG

zu II: § 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem o.a. Straferkenntnis in dessen Punkt 1. über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 16.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt, wobei ihm in diesem Punkt folgender Tatvorwurf zur Last gelegt wurde:

"Sie haben am 17.04.2000 gegen 00.30 Uhr im Ortsgebiet Geboltskirchen auf öffentlichen Straßen, insbesondere der Geboltskrichener Landesstraße 1074 und der Zufahrtsstraße zum Gasthaus F, vom dortigen Parkplatz weg auf die Geboltskirchener Landesstraße 1074 in Höhe der Einmündung der gegenständlichen Zufahrtsstraße rückwärts fahrend den Kombi mit dem Kennzeichen in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und haben Sie

1. am 17.04.2000 um 00.40 im Ortsgebiet Geboltskirchen, auf der Geboltskirchner Landesstraße 1074 auf Höhe der Einmündung der Zufahrtsstraße zum Gasthaus F die von einem besonders geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, aufgrund der festgestellten Alkoholisiserungssymptome, wie deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft, schwankender Gang, Iallende Sprache und deutlich gerötete Augen, berechtigterweise verlangte Untersuchung der Atmluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten verweigert" . . . . . . .

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung auf die unmittelbare dienstliche Wahrnehmung von zwei Gendarmeriebeamten, die den Berufungswerber auf Grund von Alkoholisierungssymptomen in Verbindung mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges zum Alkotest aufforderten, wobei dieser den Test mit dem Hinweis, nicht gefahren zu sein, verweigert habe.

2. Der Berufungswerber erhob durch seinen ag. Rechtsvertreter gegen dieses Straferkenntnis binnen offener Frist Berufung. In der Substanz wendet er neben formalrechtlichen Rügen seine zum Zeitpunkt der Verweigerung fehlende Dispositions- und Diskretionfähigkeit ein.

3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige zweite Kammer zu entscheiden.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Dabei wurden als Zeugen die einschreitenden Gendarmeriebeamten, RI P und AI V und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. An der Berufungsverhandlung nahm auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

4. Unbestritten ist, dass sich der Berufungswerber vor der verfahrensgegenständlichen, nur wenige Meter währenden Fahrt, im Gasthaus M in G aufhielt. Offenbar bereits vor der hier verfahrensgegenständlichen Fahrt stieß der Berufungswerber an das vom ebenfalls im Gasthaus anwesenden J benützte Fahrzeug und verursachte eine Delle im Bereich der rechten Hintertür. Der Berufungswerber begab sich angesichts dieses Vorfalles wieder zurück ins Gasthaus um den Schaden mit dem Fahrzeugbesitzer zu regulieren. Es kam jedoch in weiterer Folge zu keiner Einigung im Hinblick auf den begehrten Schadensbetrag. In weiterer Folge teilte ein anonymer Anrufer dem Gendarmerieposten H mit, dass ein vermutlich alkoholisierter Lenker vom Gasthof M wegfahren würde.

Die Meldungsleger begaben sich daraufhin zu diesem Gasthaus und trafen dort den mit seinem Pkw erst wenige Meter schräg auf der Geboltskirchner-Landesstraße 1074 mit laufendem Motor stehenden Berufungswerber an. Im Zuge einer unverzüglich eingeleiteten Fahrzeug- und Lenkerkontrolle konnte der Berufungswerber einerseits seine Fahrzeugpapiere nicht vorweisen. Ebenfalls ergaben sich deutliche Alkoholisierungssymptome, sodass auch eine Aufforderung zum Alkotest ausgesprochen wurde. Diese verweigerte der Berufungswerber trotz mehrfacher Hinweise auf die Rechtsfolgen mit der Begründung, dass er ja nicht gefahren sei. Die Fahrt von nur wenigen Metern auf einer öffentlichen Verkehrsfläche wurde jedoch selbst vom Berufungswerber in keiner Weise in Abrede gestellt. Von dem Verkehrsunfall - der vermutlich die Ursache für den anonymen Anruf war - gelangten die einschreitenden Gendarmen zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kenntnis.

Nach abgeschlossener Amtshandlung begab sich der Berufungswerber zu Fuß zu seinem ca. sieben Kilometer entfernten Anwesen.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung vermochte kein Zweifel hinsichtlich einer fehlenden Dispositionsfähigkeit seitens des Berufungswerbers aufkommen. Dafür spricht einerseits schon der Umstand, dass der Berufungswerber offenbar knapp vor dem Einschreiten durch die Gendarmerie noch in der Lage war mit seinem "Unfallgegner" hinsichtlich des Parkschadens Verhandlungen über die Schadensregulierung zu führen und in der Folge das Fahrzeug noch in Betrieb zu nehmen. Ebenfalls erschien der Berufungswerber den einschreitenden Beamten nicht derart alkoholisiert, dass er die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung nicht als solche zu verstehen vermocht hätte. Beide Beamten gaben im Ergebnis übereinstimmend an, dass der Berufungswerber auf Fragen schlüssig reagiert habe.

Die Angaben der Zeugen waren glaubhaft und den Denkgesetzen entsprechend gut nachvollziehbar. Sie finden auch völlige Deckung in dem im Einverständnis mit dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers zur Verlesung gebrachten amtsärztlichen Gutachten (AS 38). Ebenfalls steht das Ergebnis dieser Beurteilung auch im Einklang mit den Angaben des Berufungswerbers der ebenfalls einen Hinweis auf eine fehlende Zurechnungsfähigkeit in seiner Person nicht aufzeigte.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

  1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben ... auf Alkoholgehalt zu untersuchen...

Diese Voraussetzungen lagen hier unbestritten vor, sodass hierzu weiterer Ausführungen nicht bedarf.

Nicht strafbar wäre ein strafbares Verhalten dann, wenn ein Betroffener wegen einer Bewusstseinsstörung oder einer sonstigen krankhaften Störung der Geistestätigkeit zum Zeitpunkt der Tat - hier der Verweigerung der Atemluftuntersuchung - unfähig gewesen wäre, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten (§ 3 VStG). Diese Frage konnte auf Grund des geschöpften Beweisergebnisses mit Klarheit und mangels jeglicher Indizien ausgeschlossen werden, sodass es zu deren Klärung nicht einmal der Beiziehung eines Sachverständigen bedurfte (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 752, mit Hinweis auf VwGH 1.4.1987, 86/03/0243).

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Behörde erster Instanz ging bei der Strafzumessung im Sinne des § 19 Abs.2 VStG letzter Satz, von einem Monatseinkommen in der Höhe von 12.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Im Rahmen der Berufungsverhandlung ergab sich, dass der häufig von Kreuzschmerzen geplagte Berufungswerber von der Substanz seines mit einem Einheitswert von 180.000 S bewerteten landwirtschaftlichen Anwesens lebt und über kein weiteres Einkommen verfügt. Mildernd wertete die Behörde erster Instanz die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit.

Obwohl die belangte Behörde sowohl bei der Geld- als auch bei der Ersatzfreiheitsstrafe ohnedies nur die gesetzlichen Mindestsätze verhängte, scheint es hier vertretbar das außerordentliche Strafmilderungsrecht zur Anwendung zu bringen.

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht und die Bedeutung im Zusammenhang mit dem Sachverhalt an (VwGH 27.2.1992, 92/01/0095). Hier kann dem Berufungswerber neben dem strafmildernden Umstand seiner bisherigen gänzlichen Unbescholtenheit, seine Tatsachengeständigkeit und auch der Umstand, dass mit dieser kurzen Fahrt wohl keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind zu Gute gehalten werden. Darauf gründete wohl auch seine irrige Ansicht, zur Beatmung des Alkomaten nicht verpflichtet zu sein. Es kann angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Berufungswerbers davon ausgegangen werden, dass ihn auch diese Geldstrafe sehr hart trifft und damit dem Strafzweck noch immer hinreichend Nachdruck verliehen wird (vgl. VwGH 31.1.1990, 89/03/0027 u.a.; in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichsichen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 859).

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

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