Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107453/10/SR/Ka

Linz, 02.04.2001

VwSen-107453/10/SR/Ka Linz, am 2. April 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des F K, Dstraße, S, gegen das Straferkenntnis (Spruchpunkte 1 und 2) des Polizeidirektors der Stadt S vom 10.1.2001, Zl. S 5339/ST/00, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) nach der am 23.3.2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen die Schuld wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis (Spruchpunkte 1 und 2) diesbezüglich bestätigt. Der Berufung gegen die Strafhöhe (Spruchpunkte 1 und 2) wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit je 500,00 Schilling (entspricht  je 36,34 Euro), im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, festgesetzt wird.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 S (entspricht  7,27 Euro), d.s. 10% der verhängten Strafe.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2000- VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 4.5.2000 um 13.20 Uhr in K, auf der B, von S kommend in Richtung E, als Lenker des Kraftfahrzeuges (Motorrad) mit dem polizeilichen Kennzeichen 1) ab

 

dem Straßenkilometer bis zum Straßenkilometer und 2) ab dem Straßenkilometer bis zum Straßenkilometer im Bereich des Vorschriftszeichens "Überholen verboten" ein mehrspuriges Kraftfahrzeug links überholt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1) und 2) § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie gemäß § 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von zu 1) S 1.000,-- (=72,67 Euro) und zu 2) S 1.000,-- (=72,67 Euro) falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von zu 1) 24 Stunden und zu 2) 24 Stunden verhängt.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991) S 200,-- (= 14,53 Euro) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher:

S 2.200,-- (= 159,88 Euro). "

2. Gegen dieses dem Bw am 15.1.2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25.1.2001, somit rechtzeitig, bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der Tatbestand aufgrund der eigenen dienstlichen Wahrnehmungen des Meldungslegers eindeutig erwiesen sei. Die Zeugenaussage der E G hätte nicht zur Entlastung beitragen können. Das gegenständliche Vorschriftszeichen sei gemäß der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft L, VerkR10-10312-90-1994-Rö vom 2.8.1994 verordnet und ordnungsgemäß kundgemacht.

Mildernde oder erschwerende Umstände seien nicht bekannt geworden. In der Strafbemessung wäre auf die Vermögens-, Familien- und Einkommensverhältnisse Bezug genommen worden.

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass sehr wohl seine Aussagen als auch die seiner Zeugin der Wahrheit entsprechen würden.

3. Die Bundespolizeidirektion S hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat für 23.3.2001 die mündliche Verhandlung anberaumt, dazu die Verfahrensparteien und die Zeugen Abt.Insp. P und E G geladen.

3.2. Aufgrund des Beweisverfahrens in der mündlichen Verhandlung und des durchgeführten Ortsaugenscheins steht der unter Punkt 1 dargestellte Sachverhalt fest.

Unstrittig ist, dass der Bw den Tatort zur Tatzeit mit dem gegenständlichen Motorrad befahren hat und im angeführten Straßenteilstück ein verordnetes "Überholverbot" besteht.

Der Zeuge Abt.Insp. P hat den der Anzeige zugrundeliegenden Sachverhalt schlüssig und nachvollziehbar dargestellt. Er hat in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und seine Angaben haben sich beim Ortsaugenschein bestätigt. Der Zeuge und Anzeiger hatte zuvor keinen Kontakt (weder dienstlich noch privat) mit dem Bw. Es bestanden auch keinerlei Animositäten zwischen beiden, die Rückschlüsse auf eine allfällige Unglaubwürdigkeit des Anzeigers aufzeigen könnten.

Entgegen den ursprünglichen Angaben des Bw - die Überholvorgänge hätten in unübersichtlichen Kurven stattgefunden - wurden die Überholmanöver in jenen Teilstücken innerhalb des Überholverbotes gesetzt, die sich als ca. 300 bis 400 Meter lange und gerade Straßenstücke erwiesen haben. Ein Überholen des Fahrzeuges des Anzeigers und in der Folge des langsam fahrenden Lkws ist entsprechend den geschilderten Umständen auf den geraden Teilstücken leicht möglich und deckt sich mit den Aussagen des Zeugen Abt.Insp. P, der von einem zügigen Überholmanöver gesprochen hat. Dass das Motorrad des Bw, besetzt mit zwei Personen, nur über eine Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h verfügen würde, lässt nicht auf eine Unmöglichkeit der getroffenen Feststellungen schließen.

Auch wenn der Bw glaubhaft geschildert hat, ein besonnener Lenker zu sein und dass keine einschlägigen Vormerkungen betreffend seiner Person aufscheinen würden, so ist sein Vorbringen als Schutzbehauptung zu werten. Er hat ursprünglich - entgegen der Aktenlage - die ihm vorgeworfenen Überholvorgänge an anderen Straßenteilstücken vermutet und die Übertretungen schlichtweg geleugnet. Der Versuch, sein Vorbringen durch die Aussage der Zeugin E G glaubhaft darzustellen, ist nicht gelungen. Die Zeugin ist keinesfalls glaubwürdig aufgetreten. Ihre Aussagen waren allgemeiner Natur und es ist nicht nachvollziehbar, dass man sich an Einzelheiten einer Fahrt erinnert, die keine Schlüsselerlebnisse aufgewiesen haben. So konnte die Zeugin keine Angaben zu den sonstigen Teilstücken der betreffenden Fahrt tätigen. Typisch für den allgemeinen Gehalt der Aussagen ist ihr Vorbringen, dass der Bw die Übertretung nicht begangen haben könne, da er nie bei einem Überholverbot überholen würde. Obwohl die Zeugin mehrmals darauf hingewiesen wurde, über Wahrnehmungen betreffend der Tatanlastung auszusagen, hat sie derartige Pauschalaussagen getätigt, die sich nicht auf eigenen Wahrnehmungen gründeten. Wäre die Zeugin tatsächlich die aufmerksame "Soziusfahrerin", die auch ohne Schlüsselerlebnisse in der Lage ist, sich einzelne Überholvorgänge zu merken bzw. in Erinnerung zu rufen, dann hätte sie anführen können, wie viele Überholvorgänge unmittelbar nach dem Überholverbot stattgefunden haben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen.

Gemäß § 99 Abs.3a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist,...

4.2. Aufgrund der Feststellungen und der Beweiswürdigung steht fest, dass der Bw innerhalb der bezeichneten Straßenstrecke, die gemäß § 52 Z4a gekennzeichnet ist, mehrere mehrspurige Kraftfahrzeuge überholt hat. Diese Begehensweise stellt kein fortgesetztes Verhalten dar, da der erste Überholvorgang beendet und erst im Anschluss daran ein neuerlicher Überholvorgang begonnen worden ist.

Dass der erste Überholvorgang als beendet anzusehen ist, findet darin seinen Ausdruck, dass der Bw nach dessen Vorbeibewegen an einem langsamer fahrenden Fahrzeug wieder auf den rechtsgelegenen Fahrstreifen hinübergewechselt hat. Der Bw hat daher tatbestandsmäßig gehandelt. Rechtfertigungsgründe sind nicht hervorgekommen.

4.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Wie dargelegt, konnte der Bw durch allgemeine Bestreitung mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen. Es ist von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

4.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafen ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das festgesetzte Strafausmaß erweist sich grundsätzlich als nachvollziehbar und mit den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend. Der unabhängige Verwaltungssenat hat aufgrund der besonderen Tatumstände und der Tatörtlichkeit eine Herabsetzung der Geldstrafen für notwendig gehalten. Die Reduzierung der Geldstrafen trägt darüber hinaus dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Aus Gründen der Generalprävention bedarf es der verhängten Strafe um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zu halten. Darüber hinaus ist die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Von einem nur geringfügigen Verschulden war nicht auszugehen, da durch das Verhalten des Bw genau jener Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erfüllt wurde, welcher in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt wurde. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

5. Die Kostenentscheidung war spruchgemäß vorzunehmen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: fortgesetztes Delikt, Überholen mehrerer mehrspuriger KFZ

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