Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107486/17/SR/Ri

Linz, 24.04.2001

VwSen-107486/17/SR/Ri Linz, am 24. April 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine sechste Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Konrath, über die Berufung des M L, vertreten durch Mag. C S, S, S, gegen Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von V vom 11. Dezember 2000, Zl. VerkR96-4352-2000, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) nach der am 27. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird abgewiesen und dieser Teil des angefochtenen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 3.200 S (entspricht 232,55 Euro) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2000 - VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis (Spruchpunkt 2) wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 5.2.2000 um 12.10 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen in V auf der Dstraße gelenkt und obwohl vermutet werden konnte, dass Sie sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden (deutlicher Alkoholgeruch, unsicherer Gang, veränderte Aussprache, gerötete Augen), haben Sie sich am 5.2.2000 um 12.45 Uhr am Gendarmerieposten V gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling falls diese unein- gemäß §

bringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe

von

16.000,00 336 Stunden 99 Abs.1 lit.b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.600,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200S angerechnet); "

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 12.1.2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. Jänner 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung zu Recht erfolgt sei. Die beiden einschreitenden Beamten hätten keinerlei Verletzungen wahrgenommen bzw sei eine Verletzung nicht behauptet worden. Die angeführten Zeugen V L und M H hätten eine leichte, nicht blutende Lippenverletzung wahrgenommen und der Zeuge M L habe ausgeführt, dass sein Sohn auf die Schmerzen im Bereich des Mundes verwiesen und sich deshalb geweigert habe, den Test durchzuführen. Letzterer Zeuge habe eine ganz blaue und geschwollene Oberlippe und eine leicht eingerissene Unterlippe wahrgenommen.

Über Ersuchen habe die medizinische Amtssachverständige in der Stellungnahme vom 9.5.2000 festgestellt, dass eine behandlungsbedürftige Verletzung nicht vorgelegen habe und die Durchführung eines Alkomattestes durchaus zumutbar gewesen sei. Aus dem ihr zugrundeliegenden Unfallbefund sei keinerlei Bewusstseinsstörung abzuleiten und es wäre auch zu keinen neurologischen Ausfällen gekommen.

Für die Behörde sei daher zweifelsfrei erwiesen, dass der Bw die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt in vollem Umfange zu verantworten habe. Mit der erstmaligen Weigerung einen Alkotest vornehmen zu lassen sei die Übertretung des § 5 Abs.2 StVO vollendet und die später bekundete Bereitschaft zur Vornahme des Alkotestes könne die Strafbarkeit nicht ausschließen.

Bei der Strafbemessung sei auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen worden. Erschwerungsgründe seien keine vorgelegen, mildernd wäre zu werten gewesen, dass keine einschlägigen Verwaltungsstrafen vorgelegen seien. Aus diesem Grunde wäre die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Bw ua vor, dass der Zeuge C G, welcher den Bw ca 1 1/2 Stunden nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall zum GPK V begleitet habe, nicht einvernommen worden sei. Dieser Zeuge habe den Bw zumindest über einen längeren Zeitraum nach dem Unfall gesehen und deshalb wäre die Einvernahme wesentlich gewesen. Weiters wäre dieser Zeuge zur behaupteten Lippenverletzung und zur Frage der Schädelprellung einzuvernehmen gewesen. Dies vor allem im Zusammenhang damit, dass auch sein Vater angegeben habe, dass offensichtlich die Oberlippe ganz blau und geschwollen, die Unterlippe leicht eingerissen und ein Stück eines oberen Schneidezahnes abgebrochen gewesen sei. Das Verfahren sei mangelhaft, da die Behörde nur belastendes Material zusammengetragen und ermittelt habe.

Die Behörde habe zwar die Stellungnahme des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft V eingeholt, sei jedoch nicht auf die Kritikpunkte des Bw eingegangen. Von diesem habe man die Beibringung eines privatmedizinischen Gutachtens verlangt. Jeder kontaktierte Mediziner hätte jedoch bestätigt bzw bekräftigt, dass es im Nachhinein an Hand eines Lichtbildes und einer Krankengeschichte nicht möglich sei, festzustellen, ob auf Grund der Verletzungen, insbesondere an der Unterlippe, die Durchführung des Alkomattestes möglich gewesen wäre oder nicht. Die Zumutbarkeit der Durchführung eines Alkomattestes hätte von den Medizinern nicht beantwortet werden können. Da im Nachhinein eine derartige Feststellung nicht möglich sei, hätte auch die Amtssachverständige die entsprechenden Feststellungen nicht treffen können.

Darüber hinaus wäre das Straferkenntnis mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung behaftet. Es würden divergierende Beweisergebnisse vorliegen. So würden die Aussagen des Gendarmeriebeamten den der weiteren Zeugen widersprechen, das vorgelegte Lichtbild würde ein objektives Beweismittel darstellen und den Aussagen der erhebenden Gendarmeriebeamten könnte keine höhere Beweiskraft zugedacht werden. Der Bw würde daher die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Gebiet der Medizin zur Frage der Beurteilung der Durchführbarkeit eines Alkomattestes im Nachhinein und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft V hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Verfahrensparteien, die medizinische Amtssachverständige, AA Dr. S H und die Zeugen RI B, GI K E, V L, M L und H M geladen. RI B hat sich schriftlich entschuldigt, an der Verhandlung nicht teilgenommen und eine neuerliche Ladung wurde von den Parteien nicht beantragt.

3.2. Bei der mündlichen Verhandlung wurde auf verlesene Aktenbestandteile und auf das vom Bw vorgelegte Foto Bezug genommen. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt.

3.3. Aufgrund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat das bezeichnete Fahrzeug entsprechend der Spruchanlastung im angefochtenen Straferkenntnis gelenkt. Schon bei der ersten Kontaktaufnahme des Zeugen GI E mit dem Bw hat ersterer Wahrnehmungen gemacht, die auf eine Alkoholisierung gedeutet haben. Der Zeuge GI E hat den Zustand des Bw als erregt und das Verhalten als unhöflich bezeichnet. An Alkoholisierungsmerkmalen wurden von ihm "rote Augen" und deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund festgestellt. Trotz Befragen haben weder die Beifahrerin und Zeugin M H noch der Bw eine Verletzung behauptet. Vom Zeugen GI E wurde während der gesamten Amtshandlung keine sichtbare Verletzung und auch keine blutende Lippenverletzung wahrgenommen.

Aufgrund der großen Personenansammlung am Unfallort (Beteiligte, Schaulustige) wurde die Amtshandlung am nahegelegenen Gendarmerieposten V fortgesetzt und der Bw am 5. Februar 2000, um 12.45 Uhr, aufgefordert, den Alkoholgehalt der Atemluft mit einem Alkoholmessgerät untersuchen zu lassen. Die Aufforderung erfolgte klar und deutlich, wurde von dem Bw verstanden und der Bw ist vorerst dieser Aufforderung nachgekommen. Zum Zeitpunkt der Aufforderung am Gendarmerieposten konnte keinerlei Verletzung im Lippen- bzw. Mundbereich des Bw wahrgenommen werden. Die Atemluftuntersuchung wurde ohne Angabe von Gründen mit den Worten "Ich werde nicht blasen" verweigert. Der Bw wurde über die Folgen der Verweigerung belehrt. Bei der Datenaufnahme und den Fragen, die den Unfall betroffen haben, sind keine Anzeichen wahrgenommen worden, die auf eine mangelnde Dispositionsfähigkeit schließen lassen hätten können. Die an den Bw gerichteten Fragen wurden sinnrichtig beantwortet. Zu keinem Zeitpunkt während der gesamten Amtshandlung hat der Bw gegenüber dem Zeugen GI E über Schmerzen geklagt.

Das vom Bw vorgelegte Foto zeigt eine Rötung und ein kleines Ritzerl an der Innenseite der Unterlippe im unmittelbaren Bereich des Zahnansatzes. Auf dem Foto, das am Unfalltag aufgenommen worden ist, kann weder ein abgebrochener Schneidezahn noch eine Schwellung erkannt werden. Der vom Bw angesprochene Teil des Schneidezahns ist erst einige Tage nach dem Verkehrsunfall abgebrochen.

Für den Bw hat bis zum Ende der Unfallaufnahme - 12.55 Uhr - die Möglichkeit bestanden, die Atemluftuntersuchung vorzunehmen. Da der Bw bei seiner Weigerung geblieben ist, wurde die Amtshandlung um 12.55 Uhr beendet.

Ca. eine Stunde nach der Amtshandlung hat der Bw in Begleitung den Gendarmerieposten V aufgesucht und um Durchführung der Atemluftuntersuchung ersucht. Nach entsprechender Belehrung hat der Bw den Gendarmerieposten wieder verlassen.

Wegen der Lippenverletzung hat der Bw keinen Arzt aufgesucht. Eine derartige Verletzung wurde auch nicht bei der am 7. Februar 2000 vorgenommenen Untersuchung im Landeskrankenhaus V festgestellt. Im Unfallbericht ist ausgeführt, dass der Bw wegen eines aufgetretenen Schwindelgefühles nach einem Verkehrsunfall vorgesprochen hat. Der untersuchende Arzt hat eine Schädelprellung und eine Gehörüberempfindlichkeit festgestellt. Weder der empfohlenen HNO- Untersuchung noch der Nachuntersuchung im LKH ist der Bw nachgekommen.

Die medizinische Amtssachverständige hat festgestellt, dass keine Befunde vorliegen, die auf eine schwere oder relevante Lippenverletzung zum Tatzeitpunkt hinweisen. Der medizinische Aufnahmebefund des LKH V - erstellt zwei Tage nach dem Verkehrsunfall - weist auf keine Lippenverletzung hin. Eine schwere oder relevante Lippenverletzung, die ein Umschließen des Mundstückes beeinträchtigen könnte, würde mit einer starken Blutung einhergehen und einer sofortigen Wundversorgung im Sinne einer Blutstillung bedürfen. Hinweise auf das Vorliegen eines Schockzustandes haben sich nicht ergeben.

3.4. Sowohl das Lenken am Unfallort als auch die Verweigerung der Atemluftkontrolle wird nicht bestritten. Die Angaben des Zeugen GI E, die auch nach der mündlichen Verhandlung Deckung in der Anzeige finden, stellen einen schlüssigen, nachvollziehbaren und glaubwürdigen Geschehensablauf dar. Die Aussagen waren klar, bestimmt und sachlich. Der Zeuge GI E hat in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Es entspricht dem üblichen Ablauf bei der Aufnahme eines Verkehrsunfalles, dass gleich zu Beginn der Amtshandlung die Unfallbeteiligten befragt werden, ob sie verletzt sind. Diese Erkundigung dient in erster Linie dazu, eine allfällig erforderliche ärztliche Versorgung unverzüglich zu veranlassen. Weiters ist es nachvollziehbar, dass der Zeuge GI E im Zuge der Amtshandlung keine sichtbare Lippenverletzung wahrgenommen hat. Keiner der Zeugen hat eine blutende Wunde gesehen und das vom Bw vorgelegte Lichtbild zeigt eindeutig, dass die im Bereich des Zahnansatzes der Unterlippe gelegene Risswunde nur dann sichtbar ist, wenn die Unterlippe mit den Fingern nach unten gezogen wird. Der Bw hat glaubwürdig dargelegt, dass das Lichtbild am Unfalltag nach dem Unfall aufgenommen worden ist. Wie festgestellt, kann auf dem Foto weder eine Schwellung an der Ober- oder Unterlippe noch eine Beschädigung an einem Schneidezahn erkannt werden. Eine Schwellung ist auch nicht bei der Untersuchung am 7. Februar 2001 im LKH festgestellt worden. Betreffend der nichtvorhandenen Schwellung stimmt die Aussage der Zeugin M H mit den glaubwürdigen Aussagen des GI E überein. Den Angaben des Zeugen M L, dass zum Tatzeitpunkt die Oberlippe ganz blau und geschwollen war, kommt im Hinblick auf das vorgelegte Foto der Mundpartie keine Glaubwürdigkeit zu. Die widersprüchlichen Aussagen (abgebrochener Teil des Schneidezahnes) des Zeugen Manfred Lorenz und der Zeugin M H lassen sich damit erklären, dass Wahrnehmungen zum Unfallzeitpunkt von späteren Erkenntnissen überlagert worden sind. Nur so ist zu verstehen, dass diese beiden Zeugen vermeinten, bereits unmittelbar nach dem Unfall den abgebrochenen Zahn wahrgenommen zu haben. Den Aussagen betreffend der offensichtlichen Verletzungen zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung kann daher nicht die geforderte Glaubwürdigkeit zukommen.

Die nachträglich geäußerten Hinderungsgründe seitens des Bw sind teilweise widersprüchlich, unschlüssig und lassen sich weder mit den angebotenen Beweismitteln (Lichtbild; Unfallbericht des LKH V) noch mit den Aussagen der namhaft gemachten Zeugen in Einklang bringen.

So hat der Bw in der Stellungnahme vom 17. Mai 2000 ausgeführt, dass die Atemluftuntersuchung nicht möglich gewesen wäre, da er vor lauter Schwindelgefühlen kaum stehen hätte können und überdies sehr geschwollene bzw. blutende Lippen gehabt habe. Trotz dieser behaupteten, bedeutenden gesundheitlichen Probleme hat es der Bw nicht für erforderlich gehalten, unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Laut seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung wurde das LKH erst zwei Tage nach dem Unfall wegen "später einsetzender Kopfschmerzen" aufgesucht. Im Unfallbericht des LKH wird als Grund der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe "Schwindelgefühl" angeführt.

Das mündlich erstattete Gutachten der medizinischen Sachverständigen ist dahingehend zu würdigen, dass die oben dargelegte minimale Verletzung im unteren Innenbereich der Unterlippe - unmittelbar neben dem Zahnansatz - nicht geeignet ist, das Umschließen des Mundstückes zu hindern. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Bw zum Zeitpunkt der Aufforderung keine derartige Lippenverletzung aufgewiesen hat, die ihn an der ordnungsgemäßen Durchführung der Atemluftkontrolle gehindert hätte.

Dem erst im Verfahren vorgebrachten Grund (Lippenverletzung), der die Atemluftkontrolle unzulässig gemacht haben soll, ist aufgrund des Ermittlungsergebnisses die Glaubwürdigkeit zu versagen.

Auch wenn die Zeugen Manfred Lorenz, Veronika Lorenz und M H keine Alkoholisierung festgestellt haben, ist den glaubwürdigen Ausführungen (Wahrnehmung der Alkoholisierungssymptome) des Zeugen GI E zu folgen. Bei diesem handelt es sich um ein besonders geschultes Organ der Straßenaufsicht. Der Zeuge ist besonders bei Unfallaufnahmen gehalten, allfällige Beeinträchtigungen der Beteiligten wahrzunehmen. Im Gegensatz dazu hatten die zuvor angeführten Zeugen keine Veranlassung auf die Atemluft des Bw zu achten.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 5 Abs.2 StVO (auszugsweise):

Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder ...

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

§ 5 Abs.4 StVO

Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Gemäß § 99 Abs.1 lit. b leg.cit. begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

4.2. Der festgestellte Sachverhalt ist durch die klare und nachvollziehbare Aussage des Zeugen BI E erwiesen und es lagen keine Hinderungsgründe, auch nicht in der Person des Bw, vor, die die Vornahme der Atemluftuntersuchung mittels Alkomat unzulässig gemacht hätten. Das einschreitende Organ war auf Grund der vorliegenden Merkmale, die auf eine Alkoholbeeinträchtigung hingewiesen haben und der Tatsache, dass der Bw verdächtig war, den bezeichneten Pkw zuvor in diesem Zustand gelenkt zu haben, berechtigt, den Bw aufzufordern, die Atemluft auf Alkoholbeeinträchtigung untersuchen zu lassen.

Eine Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, liegt auch dann vor, wenn der Betroffene einer solchen an ihn gerichteten und von ihm verstandenen Aufforderung tatsächlich keine Folge leistet (VwGH 11.3.1968, 1377/67). Die Übertretung des § 5 Abs.2 StVO ist mit der erstmaligen Weigerung, einen Alkotest vornehmen zu lassen, vollendet (VwGH 28.11.1975, 367/75).

Das Verwaltungsstrafverfahren hat keinen Hinweis auf eine mangelnde Dispositionsfähigkeit des Bw zum Zeitpunkt der Aufforderung erbracht. Selbst wenn man von einem Erregungszustand aufgrund des Verkehrsunfalles ausgehen sollte, war dem Bw ein pflichtgemäßes Verhalten zuzumuten (vergleiche VwGH vom 7.4.1995, 94/02/0511).

Durch die Verweigerung der Atemluftkontrolle wurde der Tatbestand erfüllt und mit der Beendigung der Amtshandlung hat die Strafbarkeit eingesetzt. Dass der Bw etwa aus medizinischen Gründen unfähig gewesen wäre, die Atemluftprobe abzulegen, ist nicht hervorgekommen. Die Bereitschaft ca. eine Stunde nach Beendigung der Amtshandlung, nunmehr doch die Atemluftuntersuchung vornehmen zu lassen, ist nicht geeignet, eine Straflosigkeit zu bewirken.

Die Argumentation des Bw, zum Zeitpunkt des Lenkens nicht "alkoholisiert" gewesen zu sein, geht ins Leere. Zur Verwirklichung des angelasteten Tatbestandes ist nicht erforderlich, ob der Bw tatsächlich alkoholisiert war, sondern ob der Bw die Atemluftuntersuchung verweigert hat.

Für die in § 5 Abs.2 und § 99 Abs.1 lit.b StVO festgelegte Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, ist nicht entscheidend, ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt ist, sondern nur der Umstand, ob das Straßenaufsichtsorgan vermuten kann, dass sich der Lenker bei der Beanstandung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch eine Person, die lediglich verdächtig ist, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, zu bestrafen, wenn diese sich geweigert hat, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Dies unabhängig davon, wenn sich im darauffolgenden Verwaltungsstrafverfahren herausstellt, dass der Beweis der Alkoholisierung nicht erbracht werden kann (23.2.1996, 95/02/0567; 21.1.1998, 97/03/0190).

4.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Mit der teilweise widersprüchlichen und unschlüssigen Verantwortung konnte der Bw mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen. Es ist von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

4.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Das festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend, sodass der unabhängige Verwaltungssenat keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen vermochte. Im Berufungsverfahren sind keine weiteren Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Aus Gründen der Generalprävention bedarf es der verhängten Strafe um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zu halten. Die spruchgemäß festgesetzte Strafe trägt darüber hinaus dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Darüber hinaus ist die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Von einem nur geringfügigen Verschulden war nicht auszugehen, da durch das Verhalten des Bw genau jener Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erfüllt wurde, welcher in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt wurde. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Kostenbeitrag in der Höhe von 3.200 S (entspricht 232,55 Euro) vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: Lippenverletzung, Verweigerung der Atemluftuntersuchung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 21.12.2001, Zl.: 2001/02/0127-6

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