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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107490/10/Br/Bk

Linz, 14.03.2001

VwSen-107490/10/Br/Bk Linz, am 14. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 30. Jänner 2001, Zl.: VerkR96-544-1999-BB/KB, wegen Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a u. § 4 Abs.2 StVO 1960, nach der am 14. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 134/2000 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von je 1.500 S und für den Nichteinbringungsfall je 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm folgendes Tatverhalten zur Last gelegt wurde:

"Sie haben am 16.10.1998 gegen 18.30 Uhr den Kombi, Kennzeichen , in L, Kreuzung L / K "W" gelenkt und dabei 1) nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zustammenhang stand, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten und 2) es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zustammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen."

2. Die Behörde erster Instanz begründet ihre Entscheidung inhaltlich wie folgt:

"Die im Spruch angeführte Übertretung ist durch eigene dienstliche Wahrnehmung von zwei Straßenverkehrsteilnehmern sowie dessen zeugenschaftliche Ausführungen hinlänglich erwiesen.

In Ihrem Einspruch bestreiten Sie die Übertretung und führen aus, die angeführten Vorwürfe würden sich auf den Angaben der M, welche angegeben hätte, ca. drei Stunden vom Fahrbahnrand entfernt durch einen Anstoß zu Sturz gekommen zu sein, gründen. Dazu wäre festzustellen, das P ausdrücklich festgehalten hätte, dass sie die Leonfeldnerstraße in Höhe des Haltestellenbereiches auf dem dort befindlichen Schutzweg überqueren hätte wollen. Tatsächlich hätte P damals die Fahrbahn sehr plötzlich betreten und sich dabei nicht auf dem Schutzweg befunden. Sie hätten daher das Fahrzeug unvermittelt und pflichtgemäß abgebremst und zum Stillstand gebracht, als P die Fahrbahn überraschend betreten hätte und wäre das Fahrzeug bereits still gestanden, als P in Höhe des rechten Vorderrades, ohne dass es zwischen dem Fahrzeug und ihr zu einer Berührung gekommen wäre, stürzte. Nachdem sie sich sofort wieder erhoben hätte und Sie in keinster Weise zu einem Sturz beigetragen hätten, hätten Sie die Fahrt wieder fortsetzen können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würde die im § 4 Abs.1 lit.a StVO festgesetzte Verpflichtung, nach einem Verkehrsunfall sofort anzuhalten, das Wissen um diesen voraussetzen. Da nach Ihrem Kenntnis- und Wissensstand ein von Ihnen verursachter Verkehrsunfall nicht vorgelegen hätte, hätte auch keinerlei Verpflichtung für Sie bestanden, das bereits angehaltene Fahrzeug weiterhin anzuhalten. Nachdem Sie sich noch überzeugt hätten, dass P trotz des Sturzes offensichtlich keiner Hilfe bedurfte und auch kein Hinweis für eine beim Sturz zugezogene Verletzung für Sie vorgelegen wäre, hätten Sie schließlich Ihre Fahrt fortgesetzt. Eine Verpflichtung zur Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle wäre daher nicht entstanden.

Als Verkehrsunfall würde ein plötzliches, mit dem Straßenverkehr in ursächlichem Zusammenhang stehendes Ereignis angesehen werden, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignen würde und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hätte. Schon nach dieser Definition würde feststehen, dass der Sturz der P kein Verkehrsunfall war, da er mit dem Verkehrsgeschehen nicht in ursächlichem Zusammenhang gestanden hätte. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre damals P aufgrund ihrer Seh- und Gehbehinderung gestürzt.

P wäre, seh- und leicht gehbehindert und wäre damals diesbezüglich nicht gekennzeichnet gewesen. Aufgrund Ihrer Sehbehinderung wäre es leicht möglich, dass sie die Fahrbahn nicht dort betreten hatte, wo sie dies tun wollte, nämlich auf dem Schutzweg. In ihrer Niederschrift würde sie angeben, dass sie sich drei Schritte vom Fahrbahnrand entfernt hatte, als der Anstoß am linken Unterschenkel erfolgt sein sollte. Da sie sich jedoch vorher am Gehsteigrand in der Haltestelle befunden hätte, könnte sie unmöglich nach drei Schritten schon den von Ihnen benützten Fahrstreifen erreicht haben, da die Haltestellenbucht dort mindestens 2,5 Meter breit wäre. Aufgrund ihrer leichten Gehbehinderung wäre davon auszugehen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit nur kleinere Schritte machen hätte können. Die Aussage, Sie hätten sie niedergestoßen, obwohl sie sich lediglich drei Schritte vom Fahrbahnrand entfernt befunden hatte, wäre daher zweifelsohne falsch, da Ihnen dies aufgrund ihrer tatsächlichen Entfernung vom Fahrbahnrand nicht möglich gewesen wäre. Die Aussagen der P wären in diesem Punkt widersprüchlich und nicht nachvollziehbar.

Gemäß einer oberstgerichtlichen Entscheidung würde ein Kfz-Lenker nicht von vornherein damit rechnen brauchen, dass ein auf dem Gehsteig stehender Fußgänger - sofern dieser nicht als verkehrsunsicher im Sinne des § 3 StVO erkennbar wäre - die Fahrbahn rasch betreten würde. Da P Behinderung nicht durch eine entsprechende Kennzeichnung ersichtlich gewesen wäre, hätte für Sie keinerlei Grund zur Annahme bestanden, dass sie vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen wäre.

Daß P die Fahrbahn überraschend und vermutlich ohne die Verkehrslage richtig beurteilen zu können, betreten hatte, würde auch aus ihrer Niederschrift hervorgehen, indem sie angab, dass sie den Schutzweg erst betrat, als sie der Meinung war, die Fahrbahn gefahrlos überqueren zu können. Schon zuvor hätte sie angegeben, dass sich am Gehsteigrand befunden hätte und den Fahrzeugverkehr beobachtet hätte. Weiters müsse auch aus ihrer Aussage geschlossen werden, dass sie sich nicht sicher war, die Fahrbahn gefahrlos überqueren zu können.

Zu Ihrer Aussage, dass die Person mit ihrem Kleidungsstück Ihren rechten vorderen Kotflügel berührt hätte, führten Sie aus, dass Sie damals gemeint hätten, dass P nach dem Sturz möglicherweise mit dem Kleidungsstück am Kotflügel angefochtene Straferkenntniskommen wäre. Wenn sie nun angibt, dass ein Anstoß am linken Unterschenkel erfolgt wäre, so wäre dies schon deshalb nicht möglich, da die Wischspuren und Kratzer sich auf dem Kotflügel in einer Höhe von 50 bis 60 cm wären und bei einer Körpergröße von 1,65 Meter der Unterschenkel sich erheblich unter einer Höhe von 50 cm befinden würde.

Im weiteren führten Sie aus, dass Sie die in der Niederschrift am Gendarmerieposten H gemachten Aussagen nicht getätigt hätten und diese sich lediglich auf Vermutungen des GrInsp H basieren würden.

Vom Zeugen K, dem Lenker des Linienbusses der ESG wurde angegeben, dass er beim Einfahren in den Haltestellenbereich starke Bremsgeräusche und einen dumpfen Aufprall gehört hätte. Wie P tatsächlich zu Sturz gekommen ist, wäre von ihm jedoch nicht angegeben worden. Es wäre jedoch sehr zweifelhaft, ob der Chauffeur im Linienbus einen "dumpfen Aufprall" tatsächlich hören kann, weil seine ganze Aufmerksamkeit dem Einfahren in den Haltestellenbereich gewidmet sein müßte.

Zeugenschaftlich einvernommen führt der den Verkehrsunfall beobachtende Zeuge T aus, dass er seine Aussage vom 18.10.1998 vollinhaltlich bestätige.

M führte anlässlich ihrer Einvernahme ebenfalls aus, ihre in der Niederschrift gemachten Angaben vom 16.10.1998 vollinhaltlich aufrecht zu halten. Im weiteren führte sie aus, dass sie sich sehr wohl auf dem Schutzweg befunden hatte, als der Zusammenstoß erfolgt wäre. Sie wäre bereits ca. drei Schritte auf der Fahrbahn gewesen. Bei ihrer Niederschrift hätte sie die Frage so verstanden, das von der Fahrbahn die Rede gewesen wäre. Davon, dass sie die Fahrbahn sehr plötzlich betreten hätte, könnte keine Rede sein, da sie schon eine Weile am Fahrbahnrand gestanden wäre und schon mindestens ein Fahrzeug abgewartet hätte, als sie die Fahrbahn betreten hätte. Sie wäre zu Sturz gekommen, weil es zu der Berührung mit dem PKW gekommen wäre. Sie hätte davon eine starke Prellung davongetragen. Nach dem Zusammenprall hätten Sie zwar kurz angehalten, wären aber dann sofort ohne auszusteigen und ohne sich um ihr Befinden zu kümmern einfach weitergefahren.

Nachdem Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis erlangt hatten, nahmen Sie neuerlich Stellung und führten aus, Frau P hätte in ihrer Niederschrift vom 16.10.2000 ausgesagt, sich am Gehsteigrand befunden zu haben und den Fahrzeugverkehr beobachtet hätte, als sie schließlich die Fahrbahn betreten hätte. Sie würde nun plötzlich angeben, dass sie am Fahrbahnrand stand, bevor sie die Fahrbahn betreten hätte. Die Aussagen von Fr P würden in eindeutigem Widerspruch stehen. Sie hätte unmöglich schon nach drei Schritten vom Gehsteigrand entfernt den von Ihnen benützten Fahrstreifen erreicht haben. An der betreffenden Örtlichkeit würde sich nämlich die Haltestellenbucht, die mindestens 2,5 Meter breit ist, befinden und welche mit Sicherheit von ihr mit drei Schritten nicht überquert werden konnte.

Während P am 16.10.1998 angab, dass sie durch einen Anstoß zu Sturz gekommen wäre, würde sie anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme angeben, dass sie zu Sturz gekommen sei, weil es zu einer Berührung mit einem PKW gekommen sei.

Von der Behörde wurde dazu nun wie folgt erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit. a StVO. 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Sind gemäß § 4 Abs. 2 zweiter Satz StVO. 1960 bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben die im Abs.1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben Sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Die Behörde hatte keinerlei Veranlassung an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Anzeige vom 21.10.1998 sowie an den Ausführungen der anlässlich ihrer Einvernahme unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen, zu zweifeln. Sie hingegen unterliegen dieser Wahrheitspflicht nicht, weshalb Sie sich in jeder Hinsicht frei verantworten konnten.

Wenn Sie nunmehr in Ihren Rechtfertigungsangaben die Ihnen angelasteten Übertretungen auch bestreiten, so führten Sie doch anlässlich Ihrer Einvernahme am Gendarmerieposten H am 16.10.1998 aus, dass bei der Besichtigung des Fahrzeuges durch die Gendarmeriebeamten auf dem rechten vorderen Kotflügel im Bereich des Vorderrades Wischspuren und leichte Kratzer festgestellt werden konnten und diese, so führten Sie selbst weiters aus, von der Kleidung der verletzten Person stammen.

Was Ihre weiteren Einwände betrifft, so wird dazu bemerkt, dass unter Personen, deren Verhalten mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, all jene zu verstehen sind, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbar Bedingung für das Entstehen des Unfalles ist, unabhängig davon, ob dieses Verhalten rechtswidrig oder schuldhaft war. Hiezu wäre auszuführen, dass, wie sich anhand der Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige sowie des Ermittlungsergebnisses ergibt, unbestritten feststeht, dass Ihr Verhalten sehr wohl örtlich sowie auch zeitlich Bedingung für das Entstehen des gegenständlichen Verkehrsunfalles war und Sie somit in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall standen, auch wenn Sie dies bestreiten.

Diese Personen haben, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schaden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen und an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Verpflichtung das Fahrzeug unmittelbar an der Unfallstelle anzuhalten (gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO. 1960) hat den Zweck, dass Sie als Lenker, nachdem Sie sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles überzeugt haben, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen, so insbesondere die nach § 4 Abs.1 lit. b und c, Abs. 2 und 5 StVO vorgesehenen, treffen. Daraus folgt, dass der mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehende Lenker eines Kraftfahrzeuges der Anhaltepflicht nicht schon dadurch nachkommt, dass er das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im übrigen aber - ohne sich um die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu kümmern - mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verläßt.

Zu Ihren weiteren Vorbringen sei zu bemerken, dass die Verständigungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 2 StVO. 1960 bereits dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Unfalles, insbesondere aber die Möglichkeit der Tötung oder Verletzung einer Person, zu erkennen vermocht hätte.

Bei der Meldepflicht des § 4 Abs. 2 kommt es weder auf das Verschulden noch auf die Art oder Schwere der Verletzung einer Person an, sondern einzig allein darauf, ob ein Unfall mit Personenverletzung vorliegt, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass nicht nur eine an der Unfallstelle sichtbare Verletzung einer Person die Verständigungspflicht gem. § 4 Abs. 2 begründet. Auch der Verdacht, dass eine andere Person verletzt worden sein könnte, genügt zum Entstehen der Verständigungspflicht.

Diese Bestimmung des § 4 Abs. 2 StVO bezieht sich auf alle Personen, deren Verhalten mit dem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang steht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an dem Unfall ein Verschulden trifft oder nicht.

Aufgrund der Tatsache, dass M zu Sturz kam, hätten Sie eine mögliche Verletzung in Betracht ziehen müssen und somit folglich Ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen müssen. Aufgrund der aufgezeigten Sach- und Rechtslage bei freier Beweiswürdigung waren die Übertretungen als erwiesen anzusehen und Ihre weiteren Ausführungen somit lediglich als Schutzbehauptungen, die den Versuch darstellen sich strafbefreiend zu verantworten, zu werten.

Da die Übertretungen gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO. 1960 unter Strafsanktion gestellt sind und hiefür Geldstrafen von S 500,-- bis S 30.000,-- vorgesehen sind, war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG. 1991 unter Berücksichtigung der von der Behörde geschätzten Werten, dass Sie über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. S 10.000,-- mtl./netto verfügen, kein Vermögen besitzen und keine Sorgepflichten haben.

Der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens mussten der Strafbemessung zu Grunde gelegt werden.

Strafmildernd war Ihre bisherige Unbescholtenheit, als straferschwerend kein Umstand zu werten.

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Die verhängte Strafe erscheint aus ha. Sicht angemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von derartigen Übertretungen abzuhalten."

2.1. In der dagegen fristgerecht erhoben Berufung führt der Berufungswerber Nachfolgendes aus:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. Jänner 2001, AZ VerkR96-544-1999-BB/KB, zugestellt am 2.2.2001 erhebe ich innerhalb offener Frist das ordentliche Rechtsmittel der

Berufung

und begründe dies wie folgt:

1. Aktenwidrigkeit

Mir wird zur Last gelegt, ich hätte am 16. Oktober 1998 gegen 18.30 Uhr als Lenker des Kombi, Kennzeichen in L, Kreuzung Leonfeldnerstraße-Klausnerweg (Schutzweg "W") nach einem angeblichen Verkehrsunfall nicht sofort angehalten, und es in weiterer Folge unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.

Dieser Schuldvorwurf ist laut Begründung des Straferkenntnisses angeblich durch die "eigene dienstliche Wahrnehmung" von zwei Straßenverkehrsteilnehmern "hinlänglich" erwiesen. Aus dem gesamten Akteninhalt ist eine eigene dienstliche Wahrnehmung nicht zu entnehmen, sodass diese nicht Grundlage für das gegenständliche Strafverfahren sein kann. Der Ausdruck "eigene dienstliche Wahrnehmung" wurde offensichtlich aktenwidrig verwendet, da die betreffenden zwei Straßenverkehrsteilnehmer keinesfalls Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind. Die Verwendung des Begriffes "eigene dienstliche Wahrnehmung" ist nur bei Feststellungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zulässig.

Für die erkennende Behörde war somit die im Spruch angeführte Übertretung durch eine nicht vorliegende eigene dienstliche Wahrnehmung hinlänglich erwiesen. Tatsächlich muss jedoch nach der Judikatur des VwGH ein Sachverhalt zweifelsfrei erwiesen sein, um die Grundlage für ein Strafverfahren bilden zu können.

Bereits in der Stellungnahme vom 19.3.1999 habe ich zu meinen persönlichen Verhältnissen angegeben, dass ich als Student über kein eigenes Einkommen verfüge. Dennoch hat die erkennende Behörde bei der Strafbemessung geschätzt, dass ich über ein Nettoeinkommen von ca. ATS 10.000,- monatlich verfüge. Auch in diesem Fall ist die Behörde von einer aktenwidrigen Annahme ausgegangen.

2. Unrichtige Tatsachenfeststellung

Die angeführten Vorwürfe gründen sich auf den Angaben der M, welche unter anderem im Rahmen der niederschriftlichen Vernehmung angegeben hat, dass sie ca. drei Schritte vom Fahrbahnrad entfernt durch einen Anstoß zu Sturz gekommen sei. Dazu ist festzustellen, dass P ausdrücklich festgehalten hat, dass sie die Leonfeldnerstraße in Höhe des Haltestellenbereiches die Fahrbahn auf dem dort befindlichen Schutzweg überqueren "wollte". Tatsächlich hat P damals die Fahrbahn sehr plötzlich betreten und sich dabei nicht auf dem Schutzweg befunden. Ich habe daher das Fahrzeug unvermittelt und pflichtgemäß abgebremst und zum Stillstand gebracht, als P die Fahrbahn überraschend betreten hatte. Ich hatte gerade das Fahrzeug zum Stillstand gebracht, als P in Höhe des rechten Vorderrades, ohne dass es zwischen dem Fahrzeug und ihr zu einer Berührung gekommen ist, stürzte.

Nachdem sie sich sofort wieder erhoben hatte und ich in keiner Weise zu ihrem Sturz beigetragen habe, konnte ich die Fahrt wieder fortsetzen. Da damals nach meinem Kenntnis- und Wissensstand ein von mir verursachter Verkehrsunfall nicht vorlag, bestand auch keinerlei Verpflichtung für mich, das bereits angehaltene Fahrzeug weiterhin anzuhalten. Nachdem ich mich noch überzeugt hatte, dass P trotz ihres Sturzes offensichtlich keiner Hilfe bedurfte und auch kein Hinweis für eine beim Sturz zugezogene Verletzung für mich vorgelegen ist, habe ich schließlich die Fahrt fortgesetzt. Eine Verpflichtung zur Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ist daher gar nicht entstanden.

Trotzdem hat die Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt, dass mein Verhalten "sehr wohl" örtlich sowie auch zeitlich Bedingung für das Entstehen des Sturzes der P gewesen ist.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass P, wie bereits angeführt, sehbehindert und leicht gehbehindert ist und damals diesbezüglich nicht gekennzeichnet war. Aufgrund ihrer Sehbehinderung ist es leicht möglich, dass sie die Fahrbahn nicht dort betreten hat, wo sie dies tun "wollte", nämlich auf dem Schutzweg. In ihrer Niederschrift gibt sie an, dass sie sich drei Schritte vom Fahrbahnrand entfernt hatte, als der Anstoß am linken Unterschenkel erfolgt sein soll. Da sie sich jedoch vorher am Gehsteigrand in der Haltestelle befunden hat, konnte sie unmöglich schon nach drei Schritten den von mir benutzten Fahrstreifen erreicht haben, da die Haltestellenbucht dort mindestens 2,5 Meter breit ist. Aufgrund ihrer leichten Gehbehinderung ist davon auszugehen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit nur kleinere Schritte machen kann. Die Aussage, ich hätte sie niedergestoßen, obwohl sie sich lediglich drei Schritte vom Fahrbahnrand entfernt befunden hatte, ist daher zweifelsohne falsch, da mir dies aufgrund ihrer tatsächlichen Entfernung vom Fahrbahnrand (drei Schritte) nicht möglich gewesen ist. Die Aussagen der P sind in diesem Punkt in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Mein Verhalten war daher in keiner Weise örtlich bzw. zeitlich Bedingung für den Sturz der P!

3. Unrichtige rechtliche Beurteilung

Gemäß § 4 Abs.1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten mit einem Verkehrsunfall in unsachlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Nach der Judikatur des VwGH sind unter Personen, deren Verhalten mit einem Verkehrsunfall in unsachlichem Zusammenhang steht, alle jene zu verstehen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbar Bedingung für das Entstehen des Unfalles ist.

Ich habe jedoch, wie bereits angeführt, keinerlei Verhalten gesetzt, das sowohl zeitlich als auch örtlich unmittelbar zu einem Verkehrsunfall geführt hat. P ist damals nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer unbestritten vorliegenden Geh- und Sehbehinderung gestürzt. Mein Verhalten stand somit in keinem unsachlichen Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, sodass für mich die Verpflichtung gemäß § 4 Abs. 1 StVO nicht eintreten konnte.

Die erkennende Behörde führt in der Begründung ihres Straferkenntnisses weiters an, dass für die Meldepflicht gemäß § 4 Abs. 2 StVO bereits der Verdacht genügt, dass eine andere Person verletzt worden sein könnte. Die Verpflichtung des § 4 Abs. 2 StVO bezieht sich jedoch nur auf solche Personen, deren Verhalten gemäß § 4 Abs. 1 StVO mit einem Verkehrsunfall im unsachlichen Zusammenhang steht. Nachdem nun mein Verhalten in keinem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall stand und mir darüber hinaus trotz meiner gehörigen Aufmerksamkeit kein Verdacht einer Verletzung zu Bewußtsein gekommen ist, ergab sich auch keinerlei Verpflichtung einer Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle gemäß § 4 Abs. 2 StVO.

4. Verletzung der Verfahrensvorschriften

Gemäß § 47 Abs. 1 VStG kann die Behörde durch Strafverfügung eine Geldstrafe festsetzen, wenn eine Verwaltungsübertretung von einem Organ der öffentlichen Aufsicht aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung oder eines abgelegten Geständnisses festgestellt wird. Da jedoch lediglich Aussagen von zwei Straßenverkehrsteilnehmern vorlagen und ich eine nicht begangene Verwaltungsübertretung auch nie gestanden habe, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Strafverfügung im gegenständlichen Verfahren nie vor.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. In der Strafverfügung vom 12.2.1999 wurden ohne weiteres Verfahren zwei Strafbeträge von je ATS 1.500,- verhängt. Obwohl im ordentlichen Verfahren lediglich Milderungsgründe, nämlich die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und mein jugendliches Alter zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung, hervorgekommen sind, hat die Behörde neuerlich zwei Strafen in der Höhe von je ATS 1.500,- verhängt. Sie hat damit die Vorschrift des § 19 Abs. 2 VStG verletzt, da die Strafmilderungsgründe in keiner Weise strafmindernd berücksichtigt wurden.

Gemäß § 25 Abs. 2 VStG sind die der Entlastung eines Beschuldigten dienenden Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen, wie die belastenden. Tatsächlich hat jedoch die erkennende Behörde lediglich die in sich mehrmals widersprüchlichen Angaben der P ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und meine in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Rechtfertigungsangaben im Verfahren in keiner Weise berücksichtigt. Ich verweise diesbezüglich auf meine bisherigen ausführlichen Stellungnahmen.

In diesem Zusammenhang möchte ich neuerlich betreffend der Verletzung der P darauf hinweisen, dass dem Akt ein Ambulanzblatt des AKH Linz vom 16. Oktober 1998, 21.31 Uhr beiliegt, aus dem hervorgeht, dass bei P eine Prellung des linken Unterschenkels diagnostiziert wurde. Vom zuständigen Polizeiarzt wurde dazu vermerkt, dass es sich dabei um eine Gesundheitsschädigung von nicht mehr als drei Tagen Dauer handelt. Aus dem Zeitpunkt 21.31 Uhr ist ersichtlich, dass P erst nach mehr als drei Stunden nach dem Sturz das AKH Linz aufgesucht hat. Ob daher die diagnostizierte Prellung (ohne weitere ersichtliche Verletzung) von dem über drei Stunden zurückliegenden Sturz wirklich stammt, steht nicht fest. Ein tatsächlicher Anstoß hätte bei P mit Sicherheit zumindest eine sichtbare Verletzung, nämlich eine Schwellung, Abschürfung oder ein Hämatom, zur Folge gehabt. Da keine solche sichtbare Verletzung vom behandelnden Arzt im AKH Linz festgestellt wurde, ist bewiesen, dass zwischen meinem Fahrzeug und P kein Anstoß erfolgte.

5. Falsche Beweiswürdigung

Gemäß § 45 Abs.2 AVG i.V.m. § 24 VStG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dabei kommt als Beweismittel gemäß § 46 AVG alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Obwohl ich in meinen Stellungnahmen vom 18.3.1999 und vom 14.6.1999 auf die Widersprüche in den Aussagen der P ausführlich und konkret hingewiesen habe, ist die erkennende Behörde meinen schlüssigen, glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben nicht gefolgt. Sie hat daher in keinster Weise unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens entschieden!

Dessen ungeachtet verweise ich in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des VwGH zu § 45 Abs. 1 Zi.1 VStG, wonach die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, sobald Zweifel am Vorliegen einer Verwaltungsübertretung bestehen.

Abschließend kann ich neuerlich nur feststellen, dass ich die mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe. Ich beantrage daher die sofortige und ersatzlose Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses!"

e.h. Unterschrift des Berufungswerbers

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes, insbesondere der dortigen Aussage der Zeugin P und jener des Zeugen T. Beweis wurde ferner erhoben durch Vernehmung von Frau M als Zeugin und des Berufungswerbers als Beschuldigten. Der Zeuge K konnte wegen zwischenzeitigen Wohnortwechsels zur Verhandlung nicht mehr geladen werden. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm ohne Angabe von Gründen an der Berufungsverhandlung nicht teil. Festgestellt wird an dieser Stelle, dass der Akt zwischen 22. Juni 1999 (dem Einlangen der Stellungnahme des Berufungswerbers zum Beweisergebnis) bis zur Erlassung des Straferkenntnisses nicht bewegt worden sein dürfte.

4. Da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

5. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

5.1. Der Berufungswerber lenkte am 16. Oktober 1998 gegen 18.30 Uhr seinen Pkw mit dem Kennzeichen auf der Leonfeldner Straße in Richtung stadtauswärts. Seine Fahrgeschwindigkeit betrug 50 bis 55 km/h. In der Phase der Annäherung an den Schutzweg im Bereich der Haltestelle "W" nahm er eine Frau auf dem Gehsteig stehend wahr. Plötzlich und für ihn überraschend betrat diese die Fahrbahn in Richtung Schutzweg im Bereich der Busbucht und begab sich in Richtung seiner Fahrlinie. Er brachte folglich sein Fahrzeug mit einer starken Bremsung noch vor der Frau - der Zeugin P - zum Stillstand. Es kam zu keinem Kontakt mit der Fußgängerin. Frau P, welche, wie auch im Rahmen der Berufungsverhandlung erkennbar war "etwas geh- und sehbehindert ist, kam jedoch in der Folge aus ungeklärter Ursache zu Sturz. Sie stand unmittelbar daraufhin wieder auf und entfernte sich mit einem bloßen flüchtigen Blickkontakt von der Unfallstelle, ehe sich der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug wieder entfernte. Der Berufungswerber brachte diesen Vorgang in keinem sachlichen Zusammenhang zu seinem Fahrverhalten sondern führte ihn auf ein allfälliges Stolpern dieser Fußgängerin zurück. Dies ist auch im Lichte der Schilderungen der Zeugin durchaus lebhaft nachvollziehbar.

Die am Fahrzeug von der Gendarmerie im oberen Bereich des rechten Kotflügels festgestellten Wischspuren können nicht mit Sicherheit einem tatsächlichen Kontakt mit der Fußgängerin zugeordnet werden. Als tatsachenwidrig erweist sich in diesem Zusammenhang insbesondere die Feststellung der Erstbehörde in deren Straferkenntnis, wonach der Berufungswerber vor der Gendarmerie erklärt hätte, die Wischspuren an seinem Fahrzeug "stammten von der Kleidung der verletzten Person." Es ist unerfindlich, dass solche, in der Aktenlage keine Deckung findenden und offenkundig zum entscheidungswesentlichen Nachteil einer Verfahrenspartei gereichenden Feststellungen getroffen werden konnten. Als unzutreffend erweist sich ebenso die Feststellung, wonach dem vermeintlichen Tatverhalten eine dienstliche Wahrnehmung zu Grunde gelegen wäre.

Anlässlich der Berufungsverhandlung verantwortete sich der Berufungswerber im Ergebnis inhaltsgleich wie schon bisher. Er machte einen sehr soliden und glaubwürdigen Eindruck. Er betonte abermals mit Nachdruck, dass er den Sturz der Zeugin P nicht in Form eines Fahrzeugkontaktes verursacht habe, sondern vielmehr noch vor ihr zum Stillstand gelangte. Der Sturz könnte in der Gehbehinderung in Verbindung mit einem Erschrecken seine Ursache gehabt haben. Er habe keinen Anhaltspunkt für eine Hilfeleistungspflicht und somit an der Unfallstelle zu verweilen, erblickt.

Er ist damit im Ergebnis mit seiner Verantwortung im Recht bzw vermochte ihm gefolgt werden.

Die Zeugin machte anlässlich ihrer Vernehmung einen sehr unsicheren Eindruck. Sie war auffällig bemüht sich an Details der damaligen Abläufe zu erinnern und meinte dabei nach teilweise langem Überlegen und mehrfach geänderten Ansätzen, im Bereich vor bzw. seitlich noch vor der Motorhaube zu Sturz gekommen zu sein, wobei aber das Auto bereits vorher zum Stillstand gekommen sei. Sie räumte ein, sofort wieder aufgestanden zu sein und selbst keine Hilfeleistung seitens des Lenkers erwartet zu haben. In dessen Richtung blickte sie nur kurz und erblickte dabei den Lenker eher seitlich. Sie meinte in weiterer Folge sie wäre etwas zurück gegangen und habe sich dabei etwa auf Höhe des vorderen Kotflügels befunden.

Sie habe vorerst nur einen Stoß und offenbar keine Schmerzen verspürt und habe sich aus diesem Grund sogleich und noch vor dem Wegfahren des Fahrzeuges von diesem entfernt. Erst am Heimweg habe sie Schmerzen im Unterschenkel verspürt. Auch habe sie nicht versucht dem Lenker zu signalisieren, dass er stehen bleiben sollte. Sie habe auch an die Haftpflichtversicherung des Berufungswerbers keine Schadenersatzansprüche herangetragen. Diese Darstellungen lassen es sehr unwahrscheinlich erscheinen, dass es zu einem Fahrzeugkontakt gekommen wäre. Dies insbesondere unter der Überlegung, dass dann, wenn die Zeugin nach dem Sturz etwas zurückging und dann im Bereich des vorderen Kotflügels stand, vom Fahrzeug wohl kaum im Frontbereich berührt worden sein konnte. Auch die angeblichen Wischspuren am Fahrzeug in etwa 60 cm Höhe würden ferner nicht auf einen Anstoß am Unterschenkel der Zeugin schließen lassen.

Im Ergebnis musste angesichts dieses Beweisergebnisses der Eindruck gewonnen werden, dass es zu keinem Kontakt zwischen der Zeugin und dem Fahrzeug des Berufungswerbers gekommen ist. Der Berufungswerber konnte daher bei objektiver Beurteilung tatsächlich davon ausgehen, dass er mit diesem Sturz zumindest in keinem unmittelbaren Kausalzusammenhang stand. Nur schwer konnte er daher den Eindruck gewinnen, dass die Zeugin seiner Hilfe bedürfte oder ein Umstand vorgelegen wäre der eine Meldepflicht ausgelöst hätte.

Im Entschluss der Weiterfahrt konnte aus der damaligen Sichtweise des Berufungswerbers - im Gegensatz zur Beurteilung des Beweisergebnisses aus der Sicht der Behörde erster Instanz - kein Fehlverhalten erblickt werden. Er hätte letztlich nur eine Vorfallsmeldung im Zusammenhang mit einer ihm unbekannten Person machen können, die aber aus seinem Betrachtungshorizont inhaltsleer und auch wohl von keinem anderen Fahrzeuglenker in dieser Form gemacht worden wäre.

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 4 Abs. 1 lit.a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofort anzuhalten. Voraussetzung für die Anhaltepflicht und Meldepflicht ist somit, dass es zu einem Verkehrsunfall - das ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und einen Personenschaden oder Sachschaden zur Folge hat - gekommen und das Verhalten des Berufungswerbers am Unfallort damit im ursächlichen Zusammenhang gestanden ist. Beide Verpflichtungen setzen weiter das Wissen um einen solchen Unfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, sondern es genügt - da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) -, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (Hinweis auf E 9.9.1981, 81/03/0125, E 31.1.1986, 85/18/0367).

Die Anhalteverpflichtung dient dazu, den in einen Verkehrsunfall verwickelten Lenker in die Lage zu versetzen, sich zu vergewissern, ob und welche weiteren Verpflichtungen nach der Straßenverkehrsordnung ihn treffen bzw. ob solche Verpflichtungen für ihn nicht bestehen (vgl. VwGH vom 11. November 1992, 92/02/0161). Da sich jedoch mit der sofortigen Entfernung der Fußgängerin die Anhaltepflicht des Berufungswerbers bereits in dieser kurzen Form das Regelungsziel erschöpft gesehen werden muss, kann ihm das weitere außerhalb seiner Disposition ablaufende Geschehen nicht als Schuldvorwurf zur Last fallen.

Nach der Judikatur des VwGH ist der Tatbestand des § 4 Abs.2 StVO 1. u. 2. Satz - wie schon angeführt - (nur) dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit der Verletzung einer Person zu erkennen vermocht hätte. Bereits in diesen Fällen würde die Pflicht im Sinne des § 4 Abs.2 StVO einsetzen (VwGH vom 17.10.1980, ZFVB 1981/6/1664). Hierfür entbehrte es - der inhaltlichen Würdigung des Sachverhaltes folgend - aus der Sichtweise des Berufungswerbers objektiver Anhaltspunkte.

Die VERSTÄNDIGUNGSpflicht löst nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wohl schon nicht nennenswerte Verletzungen aus. Aber auch hierfür entbehrte es dem Berufungswerber einer sachlichen Substanz davon ausgehen zu können, weil einerseits der Sturz allem objektiven Anschein gerade nicht kausal von ihm herbeigeführt beurteilt werden musste; dies insbesondere wieder mit Blick darauf, dass sich die Zweitbeteiligte doch sofort von der Unfallstelle entfernte. Der Zweck der Bestimmung des § 4 Abs.2 StVO liegt darin, dass dem/der Verletzten - wovon hier nicht ausgegangen werden konnte - unmittelbar Hilfe zuteil wird und die verständigte Sicherheitsdienststelle sofort die notwendigen Erhebungen am Unfallsort veranlassen bzw. vornehmen kann. Auch dieser Zweck kann daher nicht mehr erreicht werden, wenn die Verständigung der Sicherheitsdienststelle eine Unfallsaufnahme an Ort und Stelle in der Substanz - wegen der zwischenzeitigen Entfernung den "vermeintlich" Beteiligten - nicht mehr zielführend sein kann (VwGH v. 16.4.1997, 96/03/0370 mit Hinweis VwGH 10.11.1989, 89/18).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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