Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107499/5/Br/Bk

Linz, 26.03.2001

VwSen - 107499/5/Br/Bk Linz, am 26. März 2001

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier, über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn F betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 22. Jänner 2001, Zl. VerkR96-11-2001-Ro, nach der am 26. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 6.000 S (entspricht 436,04 €) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Tage ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 26/2000 - AVG iVm § 19, § 20, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/2000 - VStG;

  1. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 600 S (entspricht 43,60 €).

Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1b iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und im Nichteinbringungsfall neun Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 19.12.2000, um 06.20 Uhr, den Pkw, Kennzeichen im Gemeindegebiet A, auf der L Gemeindestraße und der Treubacher Bezirksstraße vom Anwesen L, zum landwirtschaftlichen Anwesen W und zurück gelenkt habe, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Alkoholgehalt der Atemluft 0,58 mg/l).

1.1. Die Erstbehörde stützte die Strafzumessung hinsichtlich des unbestritten bleibenden Tatvorwurfes auf § 19 VStG und den darin zu berücksichtigenden Tatunwert in Form der Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz diese Strafdrohung dient und die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau ging von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers in Höhe von 13.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Strafmildernd wertete sie das Geständnis des Berufungswerbers und dessen verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit.

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung reklamiert der Berufungswerber die Anwendung des § 20 VStG, da hier die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden. Zum Zeitpunkt des Alkoholkonsums habe er außerdem keineswegs vorgehabt, das Fahrzeug nochmals in Betrieb zu nehmen. Da sein Schwager jedoch in unmittelbarer Nähe mit seinem Fahrzeug in der Wiese stecken blieb, habe er sich über dessen Ersuchen bereit erklärt, ihn mit seinem Fahrzeug herauszuziehen. Dabei sei er nur wenige Meter gefahren, wobei er in der Folge jedoch selbst stecken geblieben sei. Er habe praktisch kaum eine öffentliche Straße befahren, sodass damit das Verschulden untypisch gering sei. Daher ersuche er um die Anwendung des § 20 VStG und Ermäßigung der Geldstrafe auf 4.000 S.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Eine Berufungsverhandlung schien hier zwecks Klärung der mit der Tat verbundenen Schädigung an Hand objektiver Fakten in Form der zurückgelegten Wegstrecken und der Beurteilung der subjektiven Tatschuld in Form der unmittelbaren Anhörung des Berufungswerbers geboten (§ 51 Abs.1 VStG iVm Art. 6 Abs.1 EMRK).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen eines abgesondert durchgeführten Ortsaugenscheines wurden von der bezughabenden Örtlichkeit Lichtbilder und Luftaufnahmen angefertigt, sowie die Distanz zwischen dem Anwesen W und dem Wohnhaus des Berufungswerbers mittels Lasermessung festgestellt. Der Berufungswerber erschien wegen einer glaubhaft gemachten plötzlichen Erkrankung seiner Ehefrau zur öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht. Er vermochte jedoch von seinem Rechtsvertreter fernmündlich erreicht werden. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte seinen Pkw zu dem im Spruch genannten Zeitpunkt nächst dem an seinem Wohnhaus vorbeiführenden Straßenzug. Der Zweck der Fahrt war, seinem Schwager, der nur wenige Meter westlich seines Wohnhauses mit dem Pkw von der Straße abgekommen und im aufgeweichten Boden stecken gebliebenen war, bei der Bergung dessen Fahrzeuges behilflich zu sein. Um an diese Stelle zu gelangen, musste er auf dem öffentlichen Straßennetz eine Wegstrecke über den Ortsteil S in der Länge von etwa je 900 m zurücklegen. Die Zufahrt zum hängengebliebenen Fahrzeug wurde über das Anwesen W versucht, wobei der Berufungswerber infolge der räumlichen Beengtheit beim Reversieren mit dem Fahrzeug, gegen den etwa 30 cm über das Bodenniveau hervorragenden Brunnendeckel stieß. Der Anstoß am Brunnendeckel führte offenbar in der Folge zu einer Beschimpfung der Nachbarin W seitens der im Fahrzeug mitfahrenden Ehefrau des Berufungswerbers. Der Umstand der offenbar sehr unfreundlichen Wortwahl der Ehefrau des Berufungswerbers gegenüber der Liegenschaftseigentümerin, deren Grundstück offenbar ungefragt und wohl auch sinnlos bei gleichzeitigem Anstoß am Brunnendeckel befahren wurde, führte - primär wohl wegen ausgesprochener Beleidigungen - zur Beorderung der Gendarmerie, wobei vordergründig der Anstoß am Brunnendeckel als Grund für das Einschreiten herangezogen wurde. An dem aus Beton gefertigten Brunnendeckel wurden lediglich geringfügige und nicht als Sachschaden qualifizierbare Kratzer verursacht.

Auf diesem Straßenzug herrschte auf Grund der Entlegenheit und tageszeitbedingt kaum ein Verkehrsaufkommen. Der Berufungswerber machte auch glaubhaft, dass die Inbetriebnahme seines Fahrzeuges und die dafür zurückzulegende Wegstrecke aus-schließlich in der Hilfeleistungsabsicht gegenüber seinem Schwager motiviert war. Zum Zeitpunkt seines Alkoholkonsums war für ihn die Notwendigkeit der Inbetriebnahme des Fahrzeuges weder beabsichtigt noch vorhersehbar.


Als unzutreffend erwies sich jedoch, dass lediglich eine ganz kurze Wegstrecke zurückgelegt worden wäre. Hiervon kann angesichts einer Wegstrecke von 1.800 m nicht mehr ausgegangen werden.

Der Berufungswerber war aber von Anfang an tatsachengeständig und trug letztlich im Wege einer fernmündlichen Kontaktnahme durch seinen Rechtsvertreter auch bei der Berufungsverhandlung noch zur umfassenderen Tatsachenfeststellung bei, indem er freimütig die zurückgelegte Wegstrecke bestätigte, welche sich im Zuge der vom Oö. Verwaltungssenat ergänzenden Erhebungen als wahrscheinlich und auch im Einklang mit dem Tatvorwurf abzeichnete. Nachvollziehbar und glaubwürdig erschien schließlich auch der Grund für die Fahrt und die darin zu erblickenden achtenswerten Motive.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 5 Abs.1 StVO darf ein Fahrzeug nicht lenken, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Durch § 100 Abs.5 StVO - in der nunmehr nach dem VfGH-Erk. v. 15.3.2000, G211/98-9 - geänderten Rechtslage, ist bei Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs.1, 2 oder 2a die Anwendung des § 21 VStG offen, sodass demnach die Anwendungsvoraussetzung iSd § 21 VStG auch in diesem Verfahren amtswegig zu prüfen war.

Die Behörde kann (und hat) demnach ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Da der Berufungswerber als Lenker eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand aber immerhin eine Wegstrecke von fast zwei Kilometer auf einem öffentlichen Straßennetz zurücklegte, kann nicht mehr von bloß unbedeutenden Tatfolgen ausgegangen werden, wenngleich der Tatunwert über das für derartige Übertretungen typische Ausmaß doch noch erheblich zurückblieb. Unbeachtlich der Verschuldensfrage schied demnach ein Absehen von einer Bestrafung schon aus diesem Grund aus (VwGH 13.12.1990 90/09/0141 und VwGH 27.2.1992, 92/02/0033).

Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" iSd § 20 VStG kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht und die Bedeutung im Zusammenhang mit dem Sachverhalt an (VwGH 27.2.1992, 92/01/0095). In diesem Sinn kommt hier für den Berufungswerber zum Tragen, dass neben dem strafmildernden Umstand seiner bisherigen gänzlichen Unbescholtenheit auch seine Tatsachengeständigkeit und letztlich der Umstand, dass mit dieser Fahrt, die auch noch in einer Hilfeleistungsabsicht motiviert zu qualifizieren war, nachteilige Folgen bloß in untergeordnetem Ausmaß vorlagen. Diese Umstände vermögen in ihrer lebenspraktischen Substanz im Sinne des § 20 VStG als überwiegend strafmildernd qualifiziert werden.

6. Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung inhaltlich ausführt, in der Begründung ihres Bescheides, die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. z.B. VwGH 25. März 1980, verst. Senat, Slg. Nr. 10077/A). Der Berufungswerber ist Pensionist und verfügt über ein Monatseinkommen in der Höhe von 13.000 S. Er ist für seine Ehefrau sorgepflichtig.

Im Lichte des als erwiesen geltenden Sachverhaltes war die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung der Rechtschutzinteressen und die sonstigen nachteiligen Folgen, die als Grundlage der Strafbemessung maßgeblich sind, derart zu beurteilen, dass hier unter Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von 6.000 S angemessen und dem Strafzweck gerecht werdend erachtet werden kann. Dies - wie oben dargelegt - insbesondere mit Blick auf das Ausmaß des Verschuldens als Determinante der Strafbemessung hin (VwGH 5.10.1990, 90/18/0030).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

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