Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107520/5/Br/Bk

Linz, 28.03.2001

VwSen-107520/5/Br/Bk Linz, am 28. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. Februar 2001, Zl.: VerkR96-5515-2000-BB/KB, nach der am 28. März 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 - AVG, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 134/2000 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von je 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 13.11.2000 in Ottensheim auf der B 127, Höhe Strkm 12,370

1) in Fahrtrichtung O, verbotenerweise außerhalb des Ortsgebietes an der Straße innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand die Werbung/Ankündigung "VIVA STAIVA" (gemeint wohl: VIVA SATIVA) angebracht und

2) in Fahrrichtung L, verbotenerweise außerhalb des Ortsgebietes an der Straße innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand die Werbung/Ankündigung "VIVA STAIVA" (ebenfalls gemeint wohl: VIVA SATIVA) angebracht habe.

1.1. Begründend stützte die Behörde erster Instanz den Schuldspruch auf § 84 Abs.2 StVO, dessen klarem Wortlaut nach Werbungen und Ankündigungen an Straßen außerhalb des Ortsgebietes, zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit von Fahrzeuglenkern, verbietet. Eine solche Ankündigung sei entgegen der Auffassung des Berufungswerbers nur dann zulässig, wenn die Behörde eine diesbezügliche Ausnahme vom Verbot in Form einer Bewilligung erteilt. Der Berufungswerber habe aber selbst zugegeben, dass ihm keine solche Bewilligung erteilt worden sei.

Auf die angebliche "Unbedenklichkeitserklärung" betreffend die Anbringung dieser Tafeln seitens eines Gendarmeriebeamten des GP Ottensheim und das angebliche Vorhandensein auch anderer vergleichbarer Ankündigungen am besagten Grundstück des Einkaufszentrums O ging die Behörde erster Instanz nicht ein.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber aus, dass an dieser Stelle bereits seit zehn Jahren von verschiedenen Firmen Werbetafeln unbeanstandet angebracht sind. Auf diesem Grundstück befinde sich auch das Lager seines Geschäftes, sodass diese Tafeln als Hinweis auf den Standort seines Betriebes zu sehen seien. Diese seit 1998 montierten Tafeln seien einmal gestohlen worden, worauf ihm im Zuge der Anzeigeerstattung vom Kommandanten des GP O empfohlen worden sei, diese fix zu montieren. Es gab keinen Hinweis, dass ein Anbringen verboten wäre. Aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen habe man ihm im November 2000 diese Anzeige angedroht, ihn zur Entfernung der Tafeln aufgefordert und die beantragte Ausnahmebewilligung seitens der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung abgewiesen. Warum ausschließlich gegenüber dieser Ankündigung seiner Firma so verfahren würde, sei auch dem Gemeindeamt unerklärlich. Er ersuche daher nochmals nicht bestraft zu werden, weil er ja die Tafeln sofort abmontiert habe.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Auf Grund des Vorbringens des Berufungswerbers schien in Wahrung der nach Art. 6 Abs.1 EMRK intendierten Rechte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme und Verlesung des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Zl: VerkR96-5515-2000-BB/KB. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde als Zeuge der Meldungsleger, RevInsp. H und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm ohne Angabe von Gründen an der Berufungsverhandlung nicht teil. Noch vor gegenständlichem Verhandlungstermin erfolgte eine augenscheinliche Feststellung durch ein Mitglied des Oö. Verwaltungssenates dahingehend, dass die Tafel der Firma E nach wie vor an dieser Stelle vorhanden ist .

4. Das Faktum des Anbringens der verfahrensgegenständlichen Tafeln an dem im Straferkenntnis zur Last gelegten Tag ist unbestritten. Unstrittig ist auch, dass diese Tafeln bereits nach Ankündigung dieser Anzeige vom Berufungswerber abmontiert wurden. Die Liegenschaft, an der die Tafeln angebracht sind, befindet sich im Besitz des Schwiegervaters des Berufungswerbers. Der Berufungswerber ist mit seiner Familie dort auch wohnhaft, wobei er dort - wie glaubwürdig dargelegt wurde - seinen Bürositz und auch ein Lager hinsichtlich seines in L betriebenen Geschäftes unterhält. Ebenfalls findet sich auf diesem Areal, angeblich neben noch anderen Firmen, auch eine "Zweigniederlassung" der Firma E etabliert.

Diese Feststellungen gründen im glaubhaften Vorbringen des Berufungswerbers und der Vorlage entsprechender Unterlagen. Ebenfalls wurde ergänzend im Wege des Gemeindeamtes O und durch Vorlage eines entsprechenden Schreibens des Bürgermeisters dieser Gemeinde in Erfahrung gebracht, dass seitens des Berufungswerbers um die Bewilligung des Anbringens eines Hinweiszeichens hinsichtlich der zumindest zum Teil auch dort etablierten Firma des Antragstellers angesucht wurde.

Wie aus den im Akt erliegenden Fotos ersichtlich ist, handelt es sich bei den verfahrensgegenständlichen Tafeln um ca. 40 bis 50 cm breite und etwa zwei Meter lange Tafeln mit der Aufschrift "VIVA SATIVA" (Schrifthöhe etwa 20 cm) und einer kleineren Aufschrift "HANF & HEADSHOP" und einer symbolisierten Hanfpflanze. In Fahrtrichtung Norden der B findet sich diese an einem Lattenzaun angebracht, wobei links daneben eine etwas größere Tafel mit einem symbolisch dargestellten blauen Dach und der darauf befindlichen weißen Inschrift "E" und daneben in schwarzer Schriftzug "CREATON" mit je einem in mit der Spitze schräg nach unten zeigenden und ineinander liegenden roten und blauen Dreieck, angebracht ist. Die zweite und gleich gestaltete verfahrensgegenständliche Tafel findet sich an der parallel zur B verlaufenden und vermutlich in Festbauweise gestalteten Einfriedung, gleichsam unmittelbar neben der zuerst genannten Tafel, jedoch dazu im rechten Winkel angebracht.

Die Tafel der Firma "E" findet sich auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch an gleicher Stelle angebracht.

4.1. Der Berufungswerber schilderte im Ergebnis mit den Ausführungen des Zeugen RevInsp. H übereinstimmend, dass diese Tafel bereits seit drei Jahren an genannter Stelle angebracht war. Bislang wäre daran nie Anstoß genommen worden. Vielmehr habe ihm der Postenkommandant anlässlich eines Diebstahls einer inhaltsgleich beschaffenen Tafel sogar geraten, diese fix zu montieren. Aus diesem Grund habe er keine Bedenken hinsichtlich einer Rechtswidrigkeit gehabt. Darüber hinaus befänden sich auch jetzt noch durchaus vergleichbare Tafeln in diesem Bereich angebracht. Dem Zeugen RevInsp. H war gemäß seinen eigenen Angaben bislang weder die Lagerhaltung noch die Unterhaltung des Büros des Berufungswerbers an dieser Adresse bekannt, wohl aber der Umstand, dass die Firma E dort eine Niederlassung unterhält.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit. f. [für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen.....]). Der Absatz 1 leg.cit. normiert, dass an Straßen außerhalb von Ortsgebieten diverse Ankündigungen nur mit in der StVO normierten Hinweiszeichen erfolgen dürfen.

Die Behörde hat Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz sinngemäß (Abs.3 leg.cit.).

Hier war die Frage zu klären, ob diese "Ankündigung" als sogenannte bloße "Innenwerbung" qualifiziert werden kann, wovon zumindest auch die Behörde erster Instanz hinsichtlich der an dieser Stelle verbleibenden Tafel auszugehen scheint.

Die Größe der Tafeln überschreitet das für eine "Innenwerbung" typische Ausmaß wohl nicht (vgl. dazu VwGH vom 7. März 1990, Zl. 89/03/0212). Weder die Größe der Tafel noch ihre Aufmachung (etwa die Überdachung mit Blech) berechtigt nicht zur Annahme, dass die Tafel eine Werbung darstellt und das Vorliegen einer "Innenwerbung" zu verneinen wäre. Konkret wies die im o.a. Erkenntnis bezughabende Werbetafel sogar eine Größe von 2,5 m Länge und 1,3 m Höhe auf. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat die Auffassung, dass ein Schild, das in einem durch Betriebsstätten zählenden Bereich, zu dem etwa auch ein Kundenparkplatz gehört, steht und das neben der Bezeichnung der Betriebsstätte zusätzlich auf den Betrieb und die Betriebsart(en) des ausgeübten Gewerbes und angebotenen Dienstleistungen beschreibend aufmerksam macht, nicht unter das Verbot des § 84 Abs.2 StVO fällt. Dies wiederum mit der Maßgabe, dass ein Schild, das für die Innenwerbung entsprechende Ausmaß nicht überschreitet (siehe VwGH 13.2.1991, 90/03/0265).

Im Gegensatz zur Auffassung der Behörde erster Instanz können die den Berufungswerber betreffenden Fakten betreffend die Beziehung seines Betriebes zur gegenständlichen Örtlichkeit nicht dieser Rechtsauffassung gegenläufig beurteilt werden.

Noch deutlicher wird im Erkenntnis des VwGH vom 27.1.1966, 786/65 ausgeführt, wenn darin im Ergebnis die Auffassung vertreten wird, dass es jeglicher Erfahrung des Alltages widerspräche, dass ein vergleichbares Schild die Aufmerksamkeit von Vorgängen im Straßenverkehr ablenken könnte. Dies mit dem Hinweis, dass solche Hinweise allgemein gebräuchlich und überall sichtbar seien. Weiters wird in diesem Erkenntnis in ungewöhnlicher Deutlichkeit sinngemäß noch weiter zum Ausdruck gebracht, dass ein Verbot auch solcher Reklameschilder innerhalb von 100 m vom Fahrbahnrand außerhalb des Ortsgebietes, "einen Schlag gegen die heimische Wirtschaft und gegen den Handel" darstellen würde. Es müsse jedem Gewerbebetrieb, jeder Betriebsstätte, jeder Verkaufsstelle möglich sein, im eigenen Bereich Werbungen durchzuführen.

Im Lichte dieser Betrachtungen trifft dies wohl auch auf Bereiche zu - wenn auch bloß eine kleine und mit einem Nischenprodukt handelnde Firma - am Standort des Büros und des Lagers in dieser Richtung, d.h. mit einem Schild am Zaun dieser Liegenschaft, auf ihr legal vertriebenes Produkt aufmerksam zu machen geneigt ist.

Da somit im Anbringen der Tafeln nicht ein Verstoß gegen § 84 Abs.2 StVO erblickt werden kann, war das Straferkenntnis schon in dessen Schuldspruch zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob für jede Tafel eine gesonderte Strafe verhängt werden durfte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungs-gerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Innenwerbung, Betriebsstätte, Büro, Schild