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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240210/2/Gf/Km

Linz, 11.09.1996

VwSen-240210/2/Gf/Km Linz, am 11. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des E.

M., .................., .............., vertreten durch RA Dr. H. N., ................., ..............., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 15.

Juli 1996, Zl. SanRB96-121-1995, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Spruchpunktes a) eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 15. Juli 1996, Zl. SanRB96-121-1995, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 3.000 S bzw. 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 72 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, daß diese am 31. August 1995 Lebensmittel, die einerseits eine erhebliche Minderung ihrer spezifischen wertbestimmenden Eigenschaften aufgewiesen hätten, ohne entsprechende Kennzeichnung bzw. diese mit einer falschen Beschriftung als türkische Spezialität, obwohl es sich in Wahrheit um ein tschechisches Produkt gehandelt habe, gelagert und somit in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. b bzw. des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 2 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 1. August 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. August 1996 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tatbestand im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Revision eines Amtsorganes der BH Gmunden sowie durch ein entsprechendes Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz festgestellt worden und somit als erwiesen anzusehen sei. Jene noch die Genußtauglichkeit bescheinigende Ausfuhrbestätigung des tschechischen Landwirtschaftsministeriums hätte sich hingegen auf einen etwa drei Monate vor der Lieferung an die GmbH des Beschwerdeführers gelegenen Zeitraum bezogen; außerdem hätte die nachteilige Beeinflussung auch bei der Verarbei tung im Betrieb des Rechtsmittelwerbers erfolgen können.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder erschwerende noch mildernde Umstände hervorgekommen und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber insbesondere vor, daß auch dem Lebensmittelaufsichtsorgan im Zuge der von ihm durchgeführten Revision hinsichtlich eines Pilzbefalles der in Verkehr gebrachten Lebensmittel nichts aufgefallen sei, sondern die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung lediglich um die Prüfung des Fettgehaltes des Pizzakäses ersucht worden sei. Daher könne auch ihm kein entsprechender Sorgfaltsverstoß zur Last gelegt werden, noch dazu, wo ein entsprechendes Qualitätskontrollzeugnis vorgelegen habe und die Haltbarkeitsfrist noch lange offen gewesen sei. Im übrigen beziehe sich die Wortfolge "original türkische Spezialitäten" auf die Firma des Beschwerdeführers und nicht auf das von ihm verfahrensgegenständlich vertriebene Produkt.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Gmunden zu Zl.

SanRB96-121-1995; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt sowie entsprechende Anträge nicht gestellt wurden, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel, die wertgemindert sind, in Verkehr bringt, ohne diesen Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich zu machen.

Nach § 74 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel falsch bezeichnet.

4.2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst nicht gegen die - ohnedies im Wege eines Sachverständigengutachtens belegte (vgl. das im Akt erliegende Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 26. September 1995, Zl. 004859/1995) - Tatbestandsmäßigkeit im Hinblick auf die ihm zur Last gelegte Übertretung des § 74 Abs. 2 Z.

1 LMG, sondern dagegen, daß ihn insoweit ein Verschulden trifft.

Damit ist er auch im Recht.

Soweit ihm überhaupt ein Verschulden zur Last gelegt werden könnte, käme nur fahrlässiges Verhalten in Betracht.

Angesichts des Umstandes, daß die verfahrensgegenständliche Ware am 26. April 1995 vom tschechischen Landwirtschaftsministerium begutachtet und ausdrücklich für "von allen Infektionen befreit und für Menschenkonsum entsprechend" befunden und dem Unternehmen des Berufungswerbers am 13.

Juli 1996, also etwa drei Monate später, geliefert wurde sowie - allseits unbestritten - die Mindesthaltbarkeitsfrist noch lange offen war (bei Käse üblicherweise 1 Jahr, im gegenständlichen Fall wohl jedenfalls bis zum 5. November 1995), hieße es die Sorgfaltspflichten des Unternehmers überspannen, wollte man tatsächlich fordern, daß dennoch jeder der 233 gelieferten 35-kg-Käselaibe nochmals einzeln auf seine Haltbarkeit untersucht hätte werden müssen. Hinzu kommt, daß - wie der Beschwerdeführer zutreffend hervorhebt - diesbezüglich auch vom amtlichen Lebensmitteluntersuchungsorgan anläßlich seiner Untersuchung nichts beanstandet wurde (siehe das Probenbegleitschreiben vom 31.

August 1995, Zl. 404HERR-118/95). Zeigte sich diesbezüglich nun aber schon für einen Fachmann keine Auffälligkeit, so kann aber erst recht auch vom Berufungswerber nicht erwartet werden, eine "überhöhte Zahl der Hefen und Schimmelpilze" (vgl. das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 26. September 1995, Zl.

004859/1995) zu erkennen.

Da er sohin die ihn treffenden Sorgfaltspflichten offenkundig nicht verletzt hat, kann ihm auch kein fahrlässiges Verhalten angelastet werden.

4.2.2. Gemäß § 49 Abs. 2 letzter Satz VStG darf in jenem aufgrund eines Einspruches ergehenden Straferkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Die Übertretung des § 74 Abs. 1 LMG (Falschbezeichnung) wurde dem Beschwerdeführer erstmals im angefochtenen Straferkenntnis angelastet. Damit hat die belangte Behörde zwar die Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs. 6 LMG gewahrt, jedoch offenkundig das Gebot des § 49 Abs. 2 letzter Satz VStG verletzt. Wenn nämlich - so der gebotene Größenschluß in einem aufgrund eines Einspruches ergehenden Straferkenntnis schon keine höhere Strafe als in der mit diesem angefochtenen Strafverfügung verhängt werden darf, dann darf erst recht keine über eine bloße Modifikation des Tatvorwurfes hinausgehende und in diesem Sinne zusätzliche Deliktsanlastung - schon gar nicht in der Form, daß dem Rechtsmittelwerber (wie im vorliegenden Fall) hiezu entgegen den §§ 40 ff VStG jegliches Parteiengehör verwehrt wird - erfolgen. Die belangte Behörde hätte diesbezüglich vielmehr ein eigenständiges Strafverfahren durchzuführen gehabt.

4.3. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und zudem das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Spruchpunktes a) gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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