Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107600/5/Kei/La

Linz, 25.04.2002

VwSen-107600/5/Kei/La Linz, am 25. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des M G, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. W A, G 38, 4 R im I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. März 2001, Zl. VerkR96-1787-2000, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs. 1 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben am 28.01.2000 um 20.10 Uhr im Gemeindegebiet von St. V, Ortsteil A, auf der D in Richtung Aer Straße, den PKW Kz.: AM in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an Sie gerichteten Aufforderung verweigerten Sie am 29.01.2000 um 10.20 Uhr im LKH E eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt. § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO,

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 2.000,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Tage, gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

2.200,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 24.200,00 (Der Betrag von 24.200,00 Schilling entspricht 1758,68Euro .)"

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor:

Die Aufforderung zur Atemluftprobe, die erst 14 Stunden und 10 Minuten nach dem Unfall stattgefunden hat, hätte zu keinem verwertbaren Ergebnis geführt.

Die Aufforderung zur Atemluftprobe sei nicht rechtmäßig erfolgt.

Es wurde beantragt, dass der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben wird und dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, in eventu dass von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abgesehen wird, in eventu dass die Strafe entsprechend § 19 Abs.2 VStG herabgesetzt wird und dass allenfalls das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Verwaltungsstrafsache an die Behörde I. Instanz zurückverwiesen wird.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. April 2001, Zl. VerkR96-1787-2000, und in ein Schreiben der ärztlichen Sachverständigen Dr. S H, das mit 28. März 2002 datiert ist, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 5 Abs.2 StVO 1960 lautet:

Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

§ 99 Abs.1 StVO 1960 lautet (auszugsweise):

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 16.000 S bis 80.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen,

....

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

4.2. Zwischen der dem Bw vorgeworfenen Lenkzeit (28. Jänner 2000, 20.10 Uhr) und der dem Bw vorgeworfenen Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt (29. Jänner 2000, 10.20 Uhr) ist eine Zeit von 14 Stunden 10 Minuten verstrichen.

Den gegenständlichen Zusammenhang betreffend hat die Sachverständige Dr. Susanne Hasenöhrl in einem dem Oö. Verwaltungssenat übermittelten Schreiben, das mit 28. März 2002 datiert ist, Folgendes ausgeführt:

"Aus amtsärztlicher Sicht wird zur Frage, ob im vorliegenden Fall bei einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt (unmittelbar nach der Aufforderung um 10.20 Uhr des 29. Jänner 2000 erfolgt) im Hinblick auf die vorgeworfene Lenkzeit (20.10 Uhr des 28. Jänner 2000) noch ein verwertbares Messergebnis vorgelegen wäre, Folgendes festgestellt:

Im vorliegenden Fall ist von einem 'Rückrechnungszeitraum' zwischen Tatzeit und Alkomatuntersuchung von über 14 Stunden auszugehen. Eine Rückrechnung über derart lange Zeiträume ist nicht aussagekräftig bzw. nicht verwertbar, da einerseits bei derart langen Zeiträumen nicht mit Sicherheit von der noch vorhandenen linearen Abbaukurve ausgegangen werden kann und andererseits aufgrund der unterschiedlichen Rückrechnungsvarianten (je nach dem Zugunsten-Prinzip entweder Annahme eines minimalen stündlichen Abbaues von 0,1 %o oder eines maximalen stündlichen Abbaues von 0,2 %o) weit voneinander divergierende und realitätsferne Rückrechnungswerte errechenbar wären. (Anmerkung: Bei über 14 Stunden wird minimal 1,4 %o abgebaut und maximal 2,8 %o abgebaut, verwertbare Rückrechnungen sind demnach über derart extrem lange Rückrechnungszeiten nicht gewährleistet.)"

Die belangte Behörde hätte im Sinne des Gutachtens der ärztlichen Sachverständigen nicht davon ausgehen dürfen, dass Feststellungen über den Zustand des Bw am 29. Jänner 2000 um 10.20 Uhr in medizinischer Hinsicht Rückschlüsse über den Zustand des Bw zu der von der belangten Behörde festgestellten Lenkzeit (28. Jänner 2000, 20.10 Uhr) erlaubt hätten.

Es war im gegenständlichen Zusammenhang nicht zulässig, den Alkoholgehalt der Atemluft zu messen und der Bw war nach dem Verstreichen von 14 Stunden 10 Minuten nicht verpflichtet, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 zu entrichten.

Dr. Keinberger

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