Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107652/11/Ki/Ka

Linz, 11.12.2001

VwSen-107652/11/Ki/Ka Linz, am 11. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen der KV, vertreten durch Rechtsanwalt MH, vom 25.10.2001, gegen den Bescheid der BPD Linz vom 5.10.2001, AZ.: S-41038/00-3, bzw vom 24.4.2001 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30.3.2001, AZ.: S-41038/00-3, wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw einer Übertretung nach dem KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 5.10.2001, AZ.: S-41038/00-3, wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30.3.2001, AZ.: S-41038/00-3, wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

zu  I: §§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.4 AVG iVm § 63 Abs.5 AVG im Zusammenhalt mit § 24 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

A) Sachverhalt:

Die Bundespolizeidirektion (BPD) Linz hat mit Straferkenntnis vom 30.3.2001 über die Berufungswerberin (Bw) eine Verwaltungsstrafe verhängt. Das Straferkenntnis wurde zu Handen ihres Rechtsvertreters zugestellt und laut Postrückschein am 9.4.2001 übernommen. Die mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist endete am 23.4.2001. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung jedoch erst am 24.4.2001 per Telefax eingebracht.

Nach Vorlage der Berufung seitens der BPD Linz an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wurde der Umstand der verspätet eingebrachten Berufung zunächst dem Rechtsvertreter der Bw im Rahmen des Parteiengehörs mitgeteilt.

Mit Schriftsatz vom 30.7.2001 brachte der Rechtsvertreter der Bw einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Die Tatsache der verspäteten Einbringung der Berufung wurde als zutreffend eingestanden.

In der Begründung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde ausgeführt, dass in der Kanzlei des Rechtsvertreters seit dem 1.8.2000 eine auszubildende sowie seit mehreren Jahren eine ausgelernte und ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfin beschäftigt wären. Einfache Fristen würden von der Auszubildenden auch zu Ausbildungszwecken selbst berechnet und der Rechtsanwaltsgehilfin zur Überprüfung vorgelegt werden. Die Fristen würden sodann von der Auszubildenden in den Fristenkalender eingetragen und auch dort nochmals von der Rechtsanwaltsgehilfin überprüft werden. Warum im vorliegenden Fall die Frist selbständig von der Auszubildenden errechnet wurde, jedoch der Rechtsanwaltsgehilfin nicht mehr zur Überprüfung vorgelegt und auch nicht im Fristenkalender diese Frist von dieser nicht mehr überprüft wurde, sei heute nicht mehr nachvollziehbar. Es werde vermutet, dass wohl infolge eines Büroversehens der Auszubildenden die Akte ungeprüft in den Aktenschrank abgelegt worden wären. Auch am Tage des Ablaufs der Berufungsfrist, welche auf den 24.4.2001 errechnet worden sei, habe eine nochmalige Überprüfung der Frist nicht stattgefunden. Dies hätte jedoch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis geführt, da die Frist bereits abgelaufen gewesen sei. Sonst finde eine derartige Überprüfung regelmäßig statt. An diesem Tag sei dies jedoch nicht vorgenommen worden, da die Rechtsanwaltsgehilfin Urlaub hatte. Die Auszubildende habe auf Befragen vorgetragen, dass sie aufgrund einer in Deutschland existierenden Regelung für den Fall, dass das Fristende auf einen Sonnabend, einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag falle, die Frist erst mit dem nächsten Werktag ablaufe, sie in Unkenntnis des genauen Regelungsinhaltes dieser Regelung geglaubt habe, dies würde auch dann gelten, wenn lediglich innerhalb der Frist ein- oder mehrere Feiertage wären. Dies sei hier der Fall hinsichtlich des Osterwochenendes von Freitag, den 13. bis Montag, den 16.4. Die Tatsache, dass auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes die Frist falsch berechnet wäre, habe die Auszubildende nicht zu erklären vermocht. Da die Berufungsführerin dem Unterzeichner klar, deutlich und unmissverständlich Anweisungen erteilt habe, die Berufung einzulegen, liege somit ein in der Sphäre des Rechtsvertreters vorliegendes Fristversäumnis, welches der Betroffenen nicht angelastet werden könne.

Dieser Antrag wurde von der BPD Linz mit Bescheid vom 5.10.2001, AZ.: S-41038/00-3, abgewiesen.

Gegen den Abweisungsbescheid richtet sich die vorliegende Berufung vom 25.10.2001. Die Begründung deckt sich im Wesentlichen mit dem ursprünglichen Antrag. Zusätzlich wurde ausgeführt, dass die Rechtsausführungen der BPD Linz einen zu hohen Maßstab ansetzen würden. Bei einem funktionierenden Kontrollsystem hätte es schon begrifflich keine Fristversäumnis gegeben, da eine Fristversäumnis eben dokumentiere, dass das Kontrollsystem nicht funktioniere. Ebenfalls sei die Anforderung ungeeignet, dass das Kontrollsystem geeignet sein müsse, die im Fall eines Versagens eines Mitarbeiters entstehende Fristversäumnis auszuschließen. Würde ein Kontrollsystem dergestalt funktionieren können, hätten sich die Gerichte niemals mit den Fällen der Fristversäumnis zu beschäftigen. Diese Anforderungen seien daher auch überzogen. Im vorliegenden Falle sei es um die einfache Berechnung einer 14-tägigen Berufungsfrist gegangen. Warum das nach der Sachlage auch einer Auszubildenden, welche grundsätzlich nur einfache Fristberechnungen vorzunehmen habe, nicht zuzumuten sei, versage sich das Strafamt der BPD Linz in seinem Bescheid mitzuteilen.

Auch die Berufung gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde von der BPD Linz an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt.

Da im ursprünglichen Straferkenntnis keine primäre Freiheitsstrafe bzw 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Der vorliegende Sachverhalt wurde aus den Verfahrensakten festgestellt.

B) Rechtliche Beurteilung:

1. Bescheid vom 5.10.2001 betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist gemäß § 71 Abs.1 AVG auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.) die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

Im vorliegenden Falle käme lediglich ein Umstand gemäß Ziffer 1 in Betracht, zumal im angefochtenen Straferkenntnis der BPD Linz vom 30.3.2001 ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Berufung hingewiesen wurde.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand käme demnach im gegenständlichen Falle nur im Falle einer Verhinderung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis in Frage.

Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte.

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH vom 19.10.2001, Zlen.2001/02/0160, 0215-5 ua.). Zur Frage der zumutbaren Sorgfalt hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausgesprochen, dass eine stichprobenartige Überprüfung durch den Rechtsanwalt (wie es im vorliegenden Falle im ursprünglichen Antrag vorgebracht wurde) der von seinem Kanzleipersonal vorgenommenen Eintragungen im Fristenkalender für die Erfüllung der dem Rechtsanwalt gegenüber seinem Kanzleipersonal obliegenden Überwachungspflicht nicht ausreichend anzusehen ist, dies jedenfalls dann nicht, wenn die fragliche Kanzleibedienstete erst seit kurzer Zeit (weniger als ein Kalenderjahr) beim betreffenden Rechtsanwalt beschäftigt war (VwGH 25.10.1994, 94/07/0003 ua.). Dazu kommt, dass es sich - aus der Sicht des Rechtsvertreters - um eine Frist nach ausländischem Recht handelt, in diesem Falle hätte der Rechtsvertreter jedenfalls die Frist selbst berechnen müssen bzw zumindest eine entsprechende Kontrolle durch ihn persönlich anordnen müssen. Da der Rechtsvertreter der Bw unbestritten dieser Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist, wurde die zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen und es ist somit von einem Versehen auszugehen, welches jedenfalls einen minderen Grad übersteigt. Von überzogenen Anforderungen kann diesbezüglich nicht die Rede sein.

Entgegen der Auffassung der Bw ist ein Verschulden des Parteienvertreters an einer Fristversäumung der Partei zuzurechnen. Diesbezüglich wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Da somit nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass die Bw bzw ihren Rechtsvertreter an der Versäumung der Frist kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben, weshalb der angefochtene Bescheid zu Recht erlassen wurde.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

2. Straferkenntnis vom 30.3.2001:

Gemäß § 63 Abs.5 AVG im Zusammenhalt mit § 24 VStG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Das angefochtene Straferkenntnis wurde zu Handen des Rechtsvertreters der Bw zugestellt und laut Postrückschein am 9.4.2001 übernommen. Damit begann die mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist zu laufen und endete sohin am 23.4.2001.

Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung - unbestritten - jedoch erst am 24.4.2001 per Telefax eingebracht.

Die Berufung wurde demnach nach Ablauf der Berufungsfrist eingebracht und es war diese daher ohne eine inhaltliche Prüfung als verspätet zurückzuweisen.

Zur Erläuterung der Bw wird bemerkt, dass es sich bei der Berufungsfrist um eine gesetzliche Frist handelt, deren Verlängerung oder Verkürzung einer Behörde nicht zusteht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Sorgfaltsmaßstab für deutsche Rechtsvertreter im Zusammenhang mit Fristen nach österreichischen Rechtsvorschriften (Wiedereinsetzung in h vorigen Stand)

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