Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107675/19/BI/KM

Linz, 22.01.2002

VwSen-107675/19/BI/KM Linz, am 22. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Alfred Kisch, Berichterin: Mag. Karin Bissenberger, Beisitzer: Mag. Christian Stierschneider) über die Berufung des Herrn G S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K D S und Dr. W S, vom 22. Mai 2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 30. April 2001, VerkR96-4616-2000, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 15. Jänner 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruches bestätigt (Geldstrafe 1.453,45 Euro entspricht 20.000 S).

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 290,69 Euro (entspricht 4.000 S), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 20.000 S (380 Stunden EFS) verhängt, weil er am 3. Juli 2000 gegen 23.55 Uhr im Gemeindegebiet G, Ortschaftsbereich P, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere der P Landesstraße 1077, bis auf Höhe der Kreuzung mit der R Bundesstraße 141 bei Strkm 13.546 den Kombi mit dem Kennzeichen in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt bzw einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht habe und in weiterer Folge am 4. Juli 2000 um 1.39 Uhr im Krankenhaus Ried im Innkreis die von einem hiezu besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgrund der bei ihm festgestellten Alkoholisierungssymptome wie Alkoholgeruch der Atemluft, lallende Aussprache, gerötete Augen, berechtigt verlangte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten verweigert habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 2.000 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 726 Euro (entspricht 9.989,98 S) übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Jänner 2002 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenvertreterin Mag. A, des Vertreters der Erstinstanz Mag. R und der Zeugen Dr. H und RI S durchgeführt. Der Bw ist nicht erschienen, der Zeuge RI K war entschuldigt.

Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluss an die Verhandlung öffentlich mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wie der Meldungsleger auf Alkoholgeruch in der Atemluft gekommen sei, zumal andere Personen solchen nicht wahrgenommen hätten. Dazu wird die Beischaffung des Aktes des Bezirksgerichts Ried/Innkreis beantragt, bei dem ein Verfahren wegen § 88 Abs.1 und 3 iVm § 81 Z2 StGB anhängig sei. Es wird auch Doppelbestrafung eingewendet. Im Übrigen könne er sich nicht erinnern, zum Alkotest aufgefordert worden zu sein, was ein Indiz dafür sei, dass er zum Zeitpunkt einer eventuellen Aufforderung nicht zurechnungsunfähig gewesen sei. Für die Verweigerung der Atemluftuntersuchung werde gemäß § 24 FSG Wissentlichkeit verlangt, die wiederum Zurechungsfähigkeit voraussetze. Außerdem wäre bei tatsächlicher Zurechnungsfähigkeit Notstand bzw ein Entschuldigungsgrund gegeben, weil ihm die Durchführung eines solchen Tests wegen der beim Unfall erlittenen Verletzungen, insbesondere der Schnittverletzungen im Gesicht und am Hals und der Gehirnerschütterung, unzumutbar gewesen sei. Im Übrigen sei das im Akt befindliche Gutachten des Amtsarztes der Erstinstanz unschlüssig, ebenso die Aussagen des Krankenhausarztes Dr. H mangels näherer Begründung, warum ihm die Durchführung eines Atemtests möglich gewesen sein sollte. Beantragt wird die Einholung eines Gutachtens durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen, gleichzeitig wird eine Verletzung des Art. 6 Abs.2 MRK eingewendet. Zur Einwendung des Doppelbestrafungsverbotes wird auf Judikatur des Verwaltungs-gerichtshofes verwiesen und eine Entscheidung des UVS Tirol. Die Strafbemessung wird ebenfalls gerügt, weil seinem damaligen besonderen Affektzustand keine Bedeutung beigemessen worden sei. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz, in eventu Strafnachsicht oder -milderung gemäß § 51 Abs.4 VStG.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, die oben genannten Personen zeugenschaftlich einvernommen und die im Rechtsmittel und bei der Verhandlung seitens der Beschuldigtenvertreterin vorgelegten Aktenteile des Gerichtsaktes eingesehen und die darin enthaltenen Ausführungen und Zeugenaussagen gewertet wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte - unbestritten - am 3. Juli 2000 gegen 23.55 Uhr den Pkw auf der P Landesstraße 1077 aus Richtung P kommend in Richtung H. Bei der Kreuzung mit der B141 übersah er nach eigenen Angaben wegen des auch von den Gendarmeriebeamten bestätigten starken Gewitterregens den von rechts kommenden in Richtung Grieskirchen fahrenden Pkw des Zeugen H. Beim anschließenden Zusammenstoß wurde der Bw ebenso wie der Zeuge H verletzt. Der Bw wurde in das angrenzende Rasthaus gebracht und dort auf den Boden gelegt. Die beiden Gendarmeriebeamten, nämlich der Meldungsleger RI S (Ml) und RI K, wurden zum Verkehrsunfall gerufen und begannen laut Anzeige am 4. Juli 2000 um 0.15 Uhr mit der Sachverhaltsaufnahme.

Der Ml schilderte in der mündlichen Verhandlung seine Wahrnehmungen so, dass sie den Bw im Rasthaus auf dem Boden liegend antrafen, nachdem sie sich an der Unfallstelle, wo sich auch der Zeuge H befand, einen Überblick verschafft hatten. Der Ml betonte, er habe so ein Verhalten noch nie bei einem Unfallopfer gesehen: dieser habe seinem Eindruck nach den "sterbenden Schwan markiert", indem er sich am Boden liegend gewunden und gedreht und zeitweise geschrieen habe; er sei nicht ansprechbar gewesen. Seine Identität sei auf Grund einer vorgefundenen Bankomatkarte, auf der der Name gestanden sei, eruiert worden; auch der Wirt habe ihn dann erkannt.

Auf Grund einer Dienstanweisung, dass bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden besonders genau vorzugehen sei, und auf Grund des auffälligen Verhaltens des Bw im Rasthaus habe er in Bezug auf Alkohol genauer Nachschau gehalten und insbesondere beim auf dem Boden liegenden Bw auf Alkoholgeruch der Atemluft geachtet. Aus etwa 20 cm Entfernung habe er Alkoholgeruch in der Atemluft des Bw, eine "Alkoholfahne", wahrgenommen, die sicher nicht als Geruch des Rasthauses - die Luft dort habe nur nach Rauch gerochen - zu qualifizieren gewesen sei, sondern eindeutig aus der Atemluft des Bw hergerührt habe. Im Übrigen habe der Bw am 11. April 2001 bei seiner Einvernahme beim Gendarmerieposten Ried/Innkreis, nachdem er vorerst noch jeden Alkoholkonsum abgestritten gehabt hatte, als Nachsatz zum Protokoll zugestanden, vor Fahrtantritt in G im zur Therme gehörenden Cafe ein Seiterl Bier getrunken zu haben. Der Bw sei dann mit der Rettung ins Krankenhaus Ried/Innkreis abtransportiert worden.

Nach der Unfallsaufnahme sei er zusammen mit RI K gegen 1.15 Uhr ins Krankenhaus Ried gekommen, wo der Bw in der Unfallambulanz auf einer fahrbaren Liege aufrecht gesessen sei. Er habe mit dem diensthabenden Arzt, dem Zeugen Dr. H, gesprochen, ob er den Bw zum Verkehrsunfall befragen könne, und dieser habe bejaht. In seiner Anwesenheit habe er dann den Bw über seine Daten und den Unfallshergang befragt. Dieser habe ihm erzählt, er arbeite in der Therme G und sei auch von dort gekommen, um nach Hause nach H. zu fahren. Die Strecke über P sei der kürzeste Weg - dieser Ansicht stimmte der Ml nicht zu. Die vom Bw angegebene Mobiltelefonnummer habe sich bei der Überprüfung als richtig herausgestellt. Als Unfallursache habe der Bw angegeben, er habe den anderen Pkw übersehen. Einen Alkoholkonsum vor Fahrtantritt habe er sofort abgestritten. Da der Bw nach dem Eindruck des Ml orientiert und ihm auch klar gewesen sei, dass es sich beim Ml um einen (in Uniform befindlichen) Gendarmeriebeamten gehandelt habe, habe er ihn zum Alkotest mit dem ins Krankenhaus mitgebrachten Alkomat aufgefordert, worauf der Bw geantwortet habe, er sei wegen einer Halsverletzung - tatsächlich habe er dort einen Verband gesehen - nicht in der Lage, hineinzublasen. Auf die Frage des Ml an den daneben stehenden Arzt Dr. H, ob ein Alkotest möglich sei, habe dieser geantwortet, er sehe keinen medizinischen Grund für eine Unmöglichkeit, aber es könne auch eine Blutabnahme durchgeführt. werden. Daraufhin habe der Ml den Bw aufgefordert, eine Blutabnahme vornehmen zu lassen, worauf dieser geantwortet habe, stechen lasse er sich nicht.

Der Ml hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, für ihn habe keinerlei Hinweis darauf bestanden, dass der Bw unzurechnungsfähig oder dass er nicht in der Lage gewesen sein könnte, das Gespräch in seiner Tragweite zu erfassen. Er habe ihn auch auf die Konsequenzen einer Verweigerung hingewiesen, worauf der Bw erneut bekräftigt habe, er mache keinen Alkotest und lasse auch keine Blutabnahme zu. Der Ml hat angegeben, dass sich die in der Anzeige festgehaltenen Alkoholisierungs-symptome, insbesondere die lallende Sprechweise des Bw, auf das Gespräch im Krankenhaus bezogen hätten, zumal der Bw im Rasthaus nicht ansprechbar gewesen sei. Die Sprechweise sei typisch für einen Alkoholisierten gewesen, auf Alkoholgeruch habe er im Krankenhaus nicht mehr geachtet.

Der Zeuge Dr. S H, nunmehr Facharzt im Krankenhaus E, bestätigte, er sei damals schon seit 1995 in der Unfallambulanz des Krankenhauses Ried tätig gewesen. Der Zeuge legte dar, dass er in den inzwischen verstrichenen eineinhalb Jahren viele Personen behandelt habe und, da der Bw nicht persönlich anwesend sei, allein aus der Erinnerung keine Aussage mehr machen könne. Nach Einsichtnahme in die im Verfahrensakt enthaltene Krankengeschichte, in der ua ein von ihm selbst verfasster Befund enthalten ist, führte der Zeuge aus, der Bw sei nach einem Verkehrsunfall eingeliefert worden mit Verdacht auf commotio cerebri, für die die Mitteilung der Notärztin Dr. F gesprochen habe, der Bw könne sich an den Unfallshergang nicht erinnern (retrograde Amnesie) und er sei auf der Herfahrt kurzzeitig bewusstlos gewesen. Der Bw habe außerdem Wunden in der rechten Gesichtshälfte gehabt, die er unter Lokalanästhesie (im Befund "LA") versorgt und genäht habe. Zur Tiefe der Wunden konnte der Zeuge nichts mehr sagen, legte aber dar, dass eventuell jetzt noch gut erkennbare Narben keinen Schluss auf die damalige Tiefe der Wunden zulassen. Dafür dass keine tiefen Wunden vorgelegen haben, spreche eher, dass der Bw noch am selben Tag, dem 4. Juli 2000, auf eigenen Wunsch entlassen worden sei. Er legte weiters dar, dass die Aufnahmediagnose eher eine "Arbeitsdiagnose" sei, dh der Patient müsse darauf untersucht werden. Ausschlaggebend für die tatsächlich vorhandenen Verletzungen sei aber die Entlassungsdiagnose, in der beim Bw nur mehr von Kopf- und Brustkorbprellung, nicht mehr aber von Gehirnerschütterung die Rede sei. Die Entlassungsdiagnose stammt laut Krankengeschichte von Dr. K, der laut Aussagen des Ml bei seinem Gespräch mit dem Bw nicht anwesend war. Der Zeuge Dr. H konnte die nicht von ihm stammende Entlassungsdiagnose nicht erklären. Er konnte sich weder an den Ml noch an dessen Gespräch mit dem Bw noch an eventuelle Alkoholisierungsmerkmale erinnern. Er erklärte, er werde keine solchen Symptome, zB Alkoholgeruch, in den Befund aufnehmen, wenn er nicht genau sagen könne, wie viele Promille bei dieser Person vorlägen, sonst bekomme er Schwierigkeiten. Aus der maßgeblichen Entlassungsdiagnose konnte der Zeuge keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, dass beim Bw eine Atemluftuntersuchung aus medizinischen Gründen unmöglich gewesen sei könnte. Eine commotio cerebri sei jedenfalls kein Grund. Aus dem Hinweis auf die kieferchirurgische Ambulanz im Entlassungsbefund sei kein Schluss zulässig, dass dem Bw auf Grund des Unfalls Zähne gefehlt hätten oder ausgebrochen gewesen wären, solches oder zB einen Verdacht auf Kieferbruch hätte er in der Aufnahmediagnose vermerkt. Bei Zahnverletzungen wäre vor einem Alkotest zu prüfen gewesen, ob die Atemwege frei sind. Wäre der Bw damals unzurechnungsfähig oder verwirrt gewesen, hätte er sicher den Ml darauf hingewiesen und das in den Befund aufgenommen. Die Aussagen des Zeugen erfolgten allein auf der Basis der Krankengeschichte, da keinerlei Erinnerung an den Bw bestand.

Die Beschuldigtenvertreterin verwies auf die Aussagen der damaligen Notärztin Dr. F (nunmehr Dr. P) und des Rot-Kreuz-Mitarbeiters H vor dem BG R, wonach beiden keine Alkoholisierungssymptome aufgefallen sind. Beantragt wurde weiters die Beischaffung des angeführten Gerichtsaktes zur Klärung der Wahrnehmung des Alkoholgeruchs durch den Ml sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass keine Alkoholisierungssymptome vorlagen und dass sich der Bw zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Bewusstseinszustand befand.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde die Beischaffung des beantragten Gerichtsaktes vor der mündlichen Verhandlung versucht, allerdings seitens des Bezirksgerichtes R auf das schriftliche Ersuchen vom 3. September 2001 zunächst nicht reagiert und im November 2001 mit der Begründung abgelehnt, der Akt befinde sich nun beim Landesgericht Ried im Berufungsverfahren. Die Beschuldigtenvertreterin hat den Strafantrag der Staatsanwaltschaft R (§ 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Z2) StGB), Auszüge aus den Verhandlungsschriften vom 20.9.2000 und 20.6.2001 vor dem BG R, das Urteil des Bezirksgerichtes R vom 20.6.2001, und das Urteil des Landesgerichtes Ried/Innkreis vom 22.10.2001, in Kopie vorgelegt.

Die gestellten Beweisanträge waren seitens der 4. Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates abzuweisen. Die glaubhafte und dezidiert bestätigte Aussage des Ml von der gezielten Suche und Wahrnehmung einer Alkoholfahne beim Bw im Rasthaus aus 20 cm Entfernung kann nicht durch ein Sachverständigengutachten widerlegt werden. Außerdem hat der Bw den Konsum zumindest eines kleinen Biers unmittelbar vor Fahrtantritt später zugestanden, sodass der vom Ml bewusst von der rauchhaltigen Umgebungsluft unterschiedene Alkoholgeruch des auf dem Boden im Rasthaus liegenden Bw aus geringer Entfernung nachvollziehbar wahrzunehmen war. Der Ml hat auch glaubhaft begründet, dass er auf Grund des Verkehrsunfalls mit Personenschaden entsprechend einer Dienstanweisung eventuellen Symptomen einer Alkoholisierung erhöhte Bedeutung beizumessen hatte und deshalb die Atemluft des Bw aus geringer Entfernung kontrollierte. Die subjektive Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung durch einen Gendarmeriebeamten ist nur durch ein negatives Alkotestergebnis, nicht aber durch ein nachträgliches ärztliches Gutachten zu widerlegen, da die damalige Situation nicht wiederholbar ist.

Ob die Notärztin oder der Sanitäter des Roten Kreuzes Symptome der Alkoholbeeinträchtigung beim Bw wahrgenommen haben, ist irrelevant, zumal diese keinen Anlass hatten, dies nachzuprüfen. Selbst der Ml hat ausgesagt, die Alkoholfahne sei bei normaler Entfernung vom Bw nicht feststellbar gewesen. Die Notärztin hatte sich mit der medizinischen Versorgung des kurze Zeit bewusstlosen und desorientierten Bw zu befassen, wobei sie selbst in der Verhandlung vor dem BG Ried am 20.6.2001 angegeben hat, sie könne sich nicht erinnern, ob sie mit dem Bw gesprochen habe, hätte jedoch schwerwiegende Symptome, die eindeutig auf eine Alkoholisierung hindeuten, protokolliert. Auf Grund der von ihr beim Bw festgestellten commotio cerebri könnten Sprachschwierigkeiten auch auf dessen Desorientierung zurückzuführen gewesen sein. Eine zeugenschaftliche Einvernahme der Notärztin und des Sanitäters erübrigte sich im Hinblick auf die Ausführungen des Ml und aus rechtlichen Überlegungen.

Weiters ist auszuführen, dass die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung um 1.39 Uhr im Krankenhaus R durch den Ml nicht allein wegen des um 23.55 Uhr festgestellten Alkoholgeruchs erfolgte, sondern auch wegen dessen lallender Sprechweise, die der Ml ausführlich und glaubwürdig begründet hat.

Dem aufrechterhaltenen Beweisantrag auf Beischaffung des Gerichtsaktes war - abgesehen davon, dass die Beschuldigtenvertreterin die wesentliche Zeugenaussagen beinhaltenden Verhandlungsschriften vorgelegt hat - deshalb nicht Folge zu geben, weil es im Verfahren vor dem BG R um den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung des Zeugen H in Verbindung mit der Qualifikation des § 81 Z2 StGB ging und daher das Vorliegen einer Alkoholisierung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO zu prüfen war. Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wurde nie der Vorwurf einer Alkoholisierung erhoben; eine weitergehende Einsichtnahme in den Gerichtsakt war nicht erforderlich.

Der Beweisantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis für die Unzurechnungsfähigkeit des Bw zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest durch den Ml war ebenfalls abzuweisen, weil zum einen ein sachkundiger Zeuge, nämlich Dr. H, zu diesem Beweisthema gehört wurde und dieser anhand des Aufnahme- und des Entlassungsbefundes schlüssig erläuterte, dass keine Anzeichen für eine Unzurechnungsfähigkeit beim Bw zu dieser Zeit vorlagen. Der Ml schilderte detailgetreu das Gespräch mit dem Bw und begründete schlüssig, warum dieser nach seinem Eindruck bewusst und trotz entsprechender Belehrung über die Konsequenzen eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt ablehnte. Seitens der erkennenden Kammer besteht kein Anhaltspunkt für Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser schlüssigen Aussagen und auch kein Hinweis auf Zweifel daran, dass der Bw in der Lage war, die Bedeutung und Tragweite des Gesprächs mit dem als solchen eindeutig erkennbaren Gendarmeriebeamten sowie die Tatsache der Aufforderung zum Alkotest als solche zuzuordnen und sich bewusst zu dessen Verweigerung zu entschließen. Dr. H war als erfahrener Arzt in der Unfallambulanz die Beurteilung des Zustandes des Bw hinsichtlich Zurechnungs-fähigkeit zuzumuten und er hat, obwohl der Bw nicht erschienen ist und er (verständlicherweise nach so langer Zeit) keine Erinnerung an dessen Gesicht mehr hatte, seinen damaligen Eindruck schlüssig und glaubhaft dargelegt. Zur Zumutbarkeit eines Alkotests trotz (bereits versorgter) Unfallverletzungen hat sich Dr. H ebenfalls schlüssig dahingehend geäußert, dass die Lokalanästhesie eventuelle Schmerzen bei der Durchführung des Tests gedämpft hätte, wobei auch sonst kein Hinweis darauf bestand, dass der Bw dabei einen gesundheitlichen Schaden davongetragen hätte. Auch diesbezüglich erübrigte sich daher die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens (vgl VwGH v 28. Jänner 2001, 2000/02/0004, ua).

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen ... zu lassen ...

Gemäß § 5 Abs.2 2.Satz Z2 leg.cit. sind ... besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Im gegenständlichen Fall stand als erwiesen fest, dass der Bw gegen 23.55 Uhr des 3. Juli 2000 einen Pkw auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt hatte, wobei es zu einem Verkehrsunfall gekommen war, bei dem er und der Unfallgegner verletzt wurden.

Der Ml ist zur Durchführung von Amtshandlungen gemäß § 5 StVO besonders geschult und behördlich ermächtigt. Die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung ergab sich für den Ml zum einen im Bereich der Unfallstelle, nämlich auf Grund des Verkehrsunfalles, bei dem der Bw als Wartepflichtiger in eine Kreuzung eingefahren war und den Vorrang des auf der B141 ankommenden Zeugen H missachtet hatte, sowie auf Grund des Verhaltens des Bw im Rasthaus, bei dem der Ml den Eindruck hatte, dieser übertreibe ("markiere den sterbenden Schwan") und des aus geringer Entfernung bei genauer Überprüfung wahrgenommenen Alkoholgeruchs der Atemluft des Bw. Zum anderen wurde die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung im Krankenhaus ca eindreiviertel Stunden nach dem Verkehrsunfall dadurch begründet, dass der Bw eine nach dem Eindruck des Ml "für Alkoholisierte typische" Sprechweise an den Tag legte, nämlich lallte, Silben verschluckte uÄ. Auch wenn der Ml im Krankenhaus nicht mehr explizit auf Alkoholgeruch geachtet hat, war die Voraussetzung der Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung somit zweifelsfrei gegeben und wurde durch das Zugeständnis des Bw am 11. April 2001, vor Fahrtantritt ein kleines Bier getrunken zu haben, nachträglich untermauert.

Zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Bw zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest ist auf die obigen Ausführungen zur Beweiswürdigung zu verweisen. Anzeichen für eine fehlende Zurechnungsfähigkeit waren auf der Grundlage der glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussagen des Ml und des behandelnden Arztes Dr. H nicht gegeben. Ebenso wenig bestehen keine Zweifel, dass eine tatsächliche Durchführung der Atemluftuntersuchung aus gesundheitlichen Gründen sehr wohl möglich war. Zum einen waren keine eine Atemluftprobe einschränkenden Verletzungen des Mundbereichs oder der Atemwege vorhanden - diesbezüglich wurde auch nichts Gegenteiliges behauptet, eine tiefergehende Halswunde wurde von Dr. H ausgeschlossen, die Diagnose "commotio cerebri" fehlt im (von Dr. K vermutlich am Vormittag des 4. Juli 2000 erstellten) Entlassungsbefund, eine Kopf- und Brustkorbprellung stellt laut Dr. H kein Hindernis dar - zum anderen war eine solche Untersuchung auch für den Bw zumutbar, zumal die Wundversorgung unter Lokalanästhesie stattgefunden hatte und daher eine weitgehende Schmerzunempfindlichkeit gegeben war. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berechtigen jedoch auch Schmerzen nicht zur Verweigerung des Alkotests (vgl Erk v 28. Jänner 2000, 2000/02/0004 mit Vorjudikatur).

Aus diesen Überlegungen gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs.2 StVO im gegenständlichen Fall erfüllt waren und der Bw auch gesundheitlich in der Lage war, die Aufforderung als solche zu verstehen und zuzuordnen und auch ihr ohne Befürchtung von gesundheitlichen Nachteilen nachzukommen. Notstand kann auf der Grundlage der glaubhaften Schilderungen Dris. H nicht erblickt werden (vgl VwGH v 28. Jänner 2000, 2000/02/0004). Nach den ebenso glaubwürdigen Ausführungen des Ml kann der behauptete Affektzustand des Bw ausgeschlossen werden, zumal die Aufforderung zum Alkotest eindreiviertel Stunden nach dem Verkehrsunfall stattfand, als die medizinische Versorgung bereits abgeschlossen war.

Zum Einwand der Doppelbestrafung ist darauf zu verweisen, dass selbst mit einer gerichtlichen Bestrafung unter der Qualifikation des § 81 Z2 StGB nicht der gesamte wesentliche Unrechtsgehalt des Tatverhaltens nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO erfasst wäre. § 5 Abs.2 StVO hat zwar (auch) das Ziel, die Frage der tatsächlichen Alkoholbeeinträchtigung iSd § 5 Abs.1 StVO einer Person zu klären, dient aber darüber hinaus auch dem Zweck iSd § 5b StVO Feststellungen dahin zu ermöglichen, ob sich eine Person offenbar in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und die Organe der Straßenaufsicht sohin berechtigt sind, diese an der Lenkung oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein Gerichtsurteil wegen § 88 Abs.1 und 3 iVm § 81 Z2 StGB den Unrechtsgehalt einer Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt miterfasst: Die nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1996 bereinigte Fassung des § 99 Abs.6 lit.c StVO hindert daher nicht die Bestrafung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iV 5 Abs.2 StVO 1960 (vgl VwGH v 14. November 1997, 97/02/0328, mit Vorjudikatur).

Das vom Bw zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1981, 81/02/0164, ist auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar (vgl VwGH v 28. Jänner 2000, 2000/02/0004).

Auf dieser Grundlage gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Überzeugung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zum Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist zu sagen, dass zwar der Vorwurf der "Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Personenschaden" nicht Tatbestandsmerkmal einer Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO ist, jedoch war auch dieser erwiesene Umstand mit eine Ursache für die Vermutung des Ml, der Bw könnte sich beim Lenken des Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben. Aus dieser Überlegung wurde von der Abänderung des Spruches im Sinne einer Elimination dieser Wortfolge abgesehen.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 von 1.162,76 Euro (16.000 S) bis 5.813,82 Euro (80.000 S) Geldstrafe (zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1999 - zutreffend - als erschwerend gewertet und mangels jeglicher Angaben das Einkommen des Bw auf 12.000 S netto monatlich geschätzt, wobei der für ein Kind zu leistende Unterhalt von 3.000 S/mtl berücksichtigt wurde. Laut Beschuldigtenvertreterin ist der Bw derzeit arbeitslos, wobei jedoch die Höhe des Arbeitslosengeldes unbekannt ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von einem Einkommen von zumindest 10.000 S und der Vermögenslosigkeit des Bw aus und kann im Übrigen nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei mildernde Umstände nicht zu finden waren. Die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Personenschaden ist für die Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO weder erschwerend noch mildernd zu werten und hatte daher keinerlei Einfluss auf die Strafbemessung.

Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um Ratenzahlung anzusuchen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde im Verhältnis zur Geldstrafe gemäß dem gesetzlichen Strafrahmen bemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Beweisverfahren ergab Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs à Bestätigung.

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