Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107734/15/Sch/Rd

Linz, 08.11.2001

VwSen-107734/15/Sch/Rd Linz, am 8. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des H vom 29. Juni 2001, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Juni 2001, VerkR96-2115-1999-Br, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Verkündung am 7. November 2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 21. Juni 2001, VerkR96-2115-1999-Br, über Herrn H, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Stunden verhängt, weil er am 7. Juli 1999 um 14.18 Uhr als Lenker des Kraftwagenzuges, bestehend aus dem Lkw mit dem behördlichen Kennzeichen und dem Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen auf der B 125 zwischen Straßenkilometer 21,400 und 21,700 im Gemeindegebiet von Hagenberg/M, Fahrtrichtung Neumarkt iM, auf einer unübersichtlichen Straßenstelle, nämlich vor einer Bergkuppe, verbotenerweise überholt habe, weil er die zu Überholbeginn vorhandene Sichtweite bei diesem Überholvorgang überschritten habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 80 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde die Tatörtlichkeit in Augenschein genommen. Dabei hat der Meldungsleger zeugenschaftlich angegeben, dass er aufgrund der Örtlichkeit bzw der Sichtmöglichkeiten für den Lenker aus dem Führerhaus des Lastkraftwagens heraus davon ausgegangen ist, dieser habe zu Beginn des Überholmanövers die erforderliche Sichtweite gehabt. Er habe deshalb auch nicht angezeigt, der Überholvorgang hätte an einer unübersichtlichen Straßenstelle stattgefunden. Vielmehr seien durch das Überholmanöver des Berufungswerbers entgegenkommende Fahrzeuglenker zum starken Abbremsen ihrer Fahrzeuge genötigt gewesen.

Demgegenüber hat die Erstbehörde dem Berufungswerber eine Übertretung des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960, nämlich das Überholen auf einer unübersichtlichen Straßenstelle, zur Last gelegt.

Die Frage, ob eine unübersichtliche Straßenstelle gegeben ist, ist grundsätzlich von der Stelle aus, wo das Überholmanöver begonnen wird, zu beurteilen. Ist der überholende Kfz-Lenker in der Lage, das Straßenstück bei Beginn des Überholvorganges zur Gänze zu überblicken, das er für diese Maßnahme einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnens seines Kfz auf dem rechten Fahrstreifen benötigt, so kann von einer unübersichtlichen Straßenstelle nicht gesprochen werden (VwGH 10.7.1981, 81/02/0017).

Ausgehend vom Beginn des Überholmanövers bei Strkm. 21,400, beginnend mit der gleichen Ausgangsgeschwindigkeit wie der überholte Lkw und der beim (unbeladenen) Fahrzeug des Berufungswerbers gegebenen Motorleistung wurde vom beigezogenen technischen Amtssachverständigen eine Überholstrecke von etwa 115 m errechnet. Aus der Position eines Lkw-Fahrersitzes ist diese Sichtweite bei Beginn laut Sachverständigen des Überholmanövers gegeben gewesen. Dazu kommt noch, dass der Beginn durchaus, wie vom Berufungswerber behauptet und vom Meldungsleger auch nicht ausgeschlossen, noch etwas weiter nach dem erwähnten Straßenkilometer gelegen gewesen sein konnte. Diesfalls wäre aufgrund der auslaufenden Bergkuppe und dem anschließenden relativ ebenen und geraden Fahrbahnverlauf eine noch beträchtlich größere Überholsichtweite gegeben.

Nach dem zitierten Judikat des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretung darauf an, ob der überholende Kraftfahrzeuglenker zu Beginn des Überholmanövers die Überholstrecke einsehen konnte oder nicht. Da im vorliegenden Fall die entsprechende Einsichtsmöglichkeit gegeben war, hat der Berufungswerber das ihm zur Last gelegte Delikt nicht zu verantworten. Dabei ist es unerheblich, ob, wofür im Rahmen der Verhandlung durchaus Anhaltspunkte zu Tage getreten sind, er durch den Überholvorgang allenfalls die Übertretung eines anderen Überholverbotes begangen haben könnte.

Der Berufung hatte somit Erfolg beschieden zu sein.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

S c h ö n

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