Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107796/2/BI/KM

Linz, 14.02.2002

VwSen-107796/2/BI/KM Linz, am 14. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn E S, vom 21. Juli 2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13. Juli 2001, VerkR96-982-2001-GG, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 21 Euro (288,96 S) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 2,1 Euro (28,80 S); ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirkes Freistadt hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung der §§ 7 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (36,33 Euro) (17 Stunden EFS) verhängt, weil er am 28. Jänner 2001 um 13.35 Uhr im Gemeinde-gebiet P auf der B K Straße nächst Strkm 26.275 in Fahrtrichtung B als Lenker des Pkw, Kz , in einer unübersichtlichen Kurve, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert gehabt hätte, den genannten PKW nicht am rechten Fahrbahnrand gelenkt habe und dabei mit diesem die Fahrbahnmitte mit beiden Rädern überfahren habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S (3,63 Euro) auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 726 Euro (entspricht 9.989,98 S) übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

3. Der Bw macht unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und mehrerer UVS im Wesentlichen geltend, die Spruchkonkretisierung sei mangelhaft, weil nicht hervorgehe, wie weit er die Fahrbahnmitte überfahren habe. Im Übrigen sei der Meldungsleger RI H (Ml) seinem Auftrag nicht nachgekommen, Skizzen hinsichtlich seiner Entfernung vom rechten Fahrbahnrand anzufertigen. Dieser habe nur Fotos angefertigt, aus denen sich weder seine Fahrtrichtung noch sein Fahrzeug noch Maßangaben ergeben hätten. Er sehe auch nicht ein, warum ihn der Ml nicht angehalten habe. Der Ml habe von seinem Standort aus mindestens 115 m freie Sicht auf sein Fahrzeug gehabt. Auf eine Beurteilung inwieweit hier von einem relativ unübersichtlichen Straßenstück gesprochen werden könne, wolle er sich nicht einlassen. Die ihm zur Last gelegte Übertretung habe er nicht begangen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheines im Bereich der in Rede stehenden Kurve am 4. Februar 2002.

Laut Anzeige stellte der Meldungsleger RI H (Ml) von seinem Standort bei Strkm 26.160 der B124 am 28. Jänner 2001 um 13.35 Uhr fest, dass der Lenker des aus Richtung P kommend Richtung B fahrenden Pkw in der unübersichtlichen Linkskurve bei Strkm 26.275 die Fahrbahnmitte linksseitig mit beiden Rädern überfuhr. Er habe die Fahrbahnmitte nachgemessen und eine genaue Übereinstimmung mit den zur Vorfallszeit gut sichtbaren Leitlinien festgestellt. Eine Anhaltung sei aus verkehrstechnischen Gründen nicht möglich gewesen.

Bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 21. Mai 2001 führte der Ml unter Vorlage von zwei Fotos aus, er sei mit dem Gendarmeriefahrzeug gut sichtbar unmittelbar neben der B gestanden. Der Bw habe keinen Grund gehabt auszuweichen, zumal dort nichts auf der Straße gelegen sei. Auf Grund von Anrainerbeschwerden sei er zur Kontrolle dieses Straßenstücks eingeteilt gewesen, habe jedoch nur jene Lenker zur Anzeige gebracht, die in der unübersichtlichen Kurve mit den Rädern die Fahrbahnmitte überfahren hätten, so auch den Bw, der dort mit den linken Rädern etwa einen halben Meter auf der linken Seite der Leitlinien gefahren sei. Eine Anhaltung habe er wegen des dort befindlichen Kreuzungs-bereichs nicht durchgeführt, da er dadurch einen eventuell entgegenkommenden Fahrzeuglenker und sich selbst einer Gefährdung ausgesetzt hätte. Aus den vorliegenden Fotos geht zum einen der Standort des Ml hervor; das zweite Foto ist augenscheinlich von diesem Standort aus aufgenommen, und zwar in Richtung des damals ankommenden Pkw des Bw.

Auf dieser Grundlage wurde vom erkennenden Mitglied am 4. Februar 2002 ein Ortsaugenschein im zwischen B und P gelegenen Bereich der B vorgenommen, wobei sowohl der Standort des Ml als auch die genannte Kurve besichtigt wurden. Beim damaligen Standort des Ml handelt es sich um die Zufahrt zu den Häusern M, die in Form eines Einmündungstrichters in Fahrtrichtung des Bw rechtsseitig der B liegt. Der Kurvenbereich bei km 26.275 ist von dort aus bis zum Scheitelpunkt einsehbar. Zwischen dieser Kurve und der Zufahrt befindet sich linksseitig bei km 26.200 die Abzweigung nach S am B, rechts eine Zufahrt zum auch auf den Fotos erkennbaren Transformator. Dieser verstellt die Sicht auf den Kurvenbereich nicht; im Gegenteil, auf Grund der etwas erhöhten Lage der Hauszufahrt ist die Zeugenaussage des Ml, es sei nichts auf der Fahrbahn gelegen, dem der Bw hätte ausweichen müssen, und er habe feststellen können, dass sich der Pkw mit den linken Rädern etwa einen halben Meter links der Leitlinien befunden habe, nachvollziehbar. Dass die Fahrlinie des Pkw in diesem Kurvenverlauf zumindest ab dem Scheitelpunkt für den Ml mitzuverfolgen war, ergibt sich ohne jeden Zweifel. Es war daher davon auszugehen, dass der Ml sehr wohl in der Lage war, festzustellen, ob und wieweit der Bw am (in seiner Fahrtrichtung gesehen) rechten Fahrbahnrand gefahren ist.

Dass die Kurve unübersichtlich, dh nur im Richtung B zugewandten Teil einsehbar ist, steht auf der Grundlage des Ortsaugenscheins ebenfalls unzweifelhaft fest und ergibt sich auch aus den Fotos. Wenn daher der Ml festgestellt hat, dass der angeführte Pkw aus dieser Kurve herausgekommen ist, wobei sich dieser mit den linken Rädern links von der Leitlinie befand, der Bw somit die Kurve grundlos "geschnitten" hat, ist dem von Seiten des Unabhängigen Verwaltungssenates nichts entgegenzusetzen.

Zu den Berufungsausführungen ist zu sagen, dass zum einen eine vom Ml angefertigte Skizze nicht mehr Beweiskraft gehabt hätte als die vorliegenden Fotos, jedoch der beim Ortsaugenschein gewonnene Eindruck den Schilderungen des Ml am ehesten entspricht. Die Übersichtlichkeit des zwischen dem Scheitelpunkt der Kurve und dem Standort des Ml gelegenen Abschnitts der B, die zweifellos gegeben ist, macht jedoch nicht die Kurve bei km 26.275 übersichtlich. Das Überfahren der Fahrbahnmitte geschah nach den nachvollziehbaren und damit glaubhaften Schilderungen des Ml jedoch in der Kurve bei km 25.275 und nicht im Abschnitt zwischen der Kurve und der Zufahrt. Die Begründung des Ml, warum er keine Anhaltung durchgeführt habe, ist dahingehend einleuchtend, dass sich gegenüber der Hauszufahrt eine Bushaltestelle befindet und daran anschließend in Richtung B eine Rechtskurve, sodass eine Gefährdung anderer Straßenbenützer tatsächlich nicht auszuschließen ist. Eine Nichtanhaltung an Ort und Stelle bedeutet aber nicht, dass die Angaben des Ml im Gegensatz zu denen des Bw nicht der Wahrheit entsprechen. Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel, dass für den Ml die örtlichen Voraussetzungen gegeben waren, die von ihm geschilderte Beobachtung zu machen. Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Ml die Unwahrheit gesagt hätte, außerdem ist ihm die Beobachtung fahrtechnischer Vorgänge in seinem unmittelbaren Sichtbereich zumutbar. Ein Überfahren der Fahrbahnmitte im geschilderten Ausmaß ist nicht geringfügig.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 7 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere vor unübersichtlichen Kurven, vor Fahr-bahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr, am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hiebei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

Im gegenständlichen Fall handelt es sich beim in Rede stehenden Abschnitt der B in der damaligen Fahrtrichtung des Bw gesehen zweifellos um eine unüber-sichtliche Linkskurve, sodass jedenfalls für den aus Richtung P kommenden Bw die Verpflichtung bestanden hätte, am rechten Fahrbahnrand zu fahren. Der Bw wäre beim Fahren am rechten Fahrbahnrand, dh an der frei einsehbaren Kurven-Außenseite, in der Lage gewesen, zB eventuell dort gehende Fußgänger rechtzeitig zu sehen und gegebenenfalls zu diesen einen entsprechenden Sicherheitsabstand einzuhalten oder erforderlichenfalls anzuhalten.

Nicht einsehbar war für den Bw hingegen die Kurven-Innenseite, dh ein eventueller Gegenverkehr. Aus diesem Grund war das Befahren der linken Fahrbahnhälfte mit den linken Rädern des Bw aus Gründen der Verkehrssicherheit unzulässig, auch wenn konkret im gegenständlichen Fall kein Gegenverkehr vorhanden war.

Ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot in unübersichtlichen Kurven stellt ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG dar, dh schon das Zuwiderhandeln gegen das Gebot führt zur Annahme fahrlässigen Verhaltens und damit zur Strafbarkeit, zumal zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer tatsächlichen Gefahr nicht gehört. Daraus folgt, dass allein die abstrakte Gefährdung eines eventuellen Gegenverkehrs - für den Bw war es beim Befahren der unübersichtlichen Kurve nicht abschätzbar, ob sich ein Gegenverkehr nähert - ausreicht. Ein Überfahren der Fahrbahnmitte stellt eine klassische Missachtung des Gebotes des § 7 Abs.2 StVO dar, sodass der Unabhängige Verwaltungssenat auf der Grundlage der obigen Ausführungen zu der Auffassung gelangt, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Spruchkonkretisierung ist insofern korrekt, als die vom Bw zitierten Judikatur-beispiele ausschließlich § 7 Abs.1 StVO betreffen und auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sind.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 762 Euro (10.000 S) Geld- bzw im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses mildernd oder erschwerend nichts gewertet und die vom Bw persönlich angegebenen finanziellen Verhältnisse berücksichtigt (24.000 S netto monatlich, Sorgepflicht für die Gattin und zwei Kinder, Eigentumswohnung).

Aus dem Verfahrensakt geht jedoch hervor, dass der Bw verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, was als wesentlicher Milderungsgrund zu werten gewesen wäre. Auf dieser Grundlage war die Strafe entsprechend herabzusetzen.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den finanziellen Verhältnissen des Bw und soll ihn in Hinkunft zur genauesten Beachtung des Rechtsfahrgebotes anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Klassische Missachtung des Rechtsfahrgebotes in einer unübersichtlichen Kurve; Unbescholtenheit nicht mildernd gewertet à Herabsetzung der Strafe.

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