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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240218/2/Gf/Km

Linz, 15.11.1996

VwSen-240218/2/Gf/Km Linz, am 15. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Mag.

W M vertreten durch RA Dr. C H gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 18. Oktober 1996, Zl.

101-6/1-53-1891.7, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 18. Oktober 1996, Zl. 101-6/1-53-1891.7, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfrei heitsstrafe: 7 Stunden) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer AG zu vertreten habe, daß diese am 21. April 1996 dadurch falsch bezeichnetes Flaschenbier in Verkehr gebracht habe, daß die irreführenden Vermerke "Leicht im Alkoholgehalt" bzw. "4,4 Vol % Alkohol" auf den Etiketten angebracht gewesen seien, obwohl dieser Alkoholgehalt bei einem Schankbier, als das auch dieses Produkt ausdrücklich deklariert worden sei, üblich wäre; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 25. Oktober 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. November 1996 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß aufgrund der Angabe "Leicht im Alkoholgehalt" beim Verbraucher die Vermutung des Vorliegens eines Leichtbieres mit minderem Alkoholgehalt hervorgerufen werde, wobei jedoch die einzige Biersorte, die den Wortteil "leicht" tragen dürfe, das sog.

"Leichtbier" mit maximal 3,7 Vol% Alkohol sei; da das gegenständliche Produkt jedoch einen Alkoholgehalt von 4,4 Vol% aufweise, werde diese Grenze wesentlich überschritten.

Bei der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu berücksichtigen sowie dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber - neben dem Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses - vor, daß das verfahrensgegenständliche Produkt gerade nicht als "Leichtbier", sondern dezidiert als "Schankbier" bezeichnet worden und der Hinweis auf den leichten Alkoholgehalt in höchst unauffälliger Weise nämlich vertikal und in einen fortlaufenden Text eingebunden - erfolgt sei. Da demgegenüber die Klassifikation als "Schankbier" deutlich und zentral angebracht worden sei, müsse somit für jeden Durchschnittsverbraucher klar erkennbar sein, daß es sich bei diesem Produkt nicht um ein Leichtbier handle.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 101-6/1-53-1891; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie entsprechende Anträge nicht gestellt wurden, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 8 lit.f LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der insofern falsch bezeichnete Lebensmittel, als diese mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, versehen wurden, in Verkehr bringt.

Nach Kapitel B 13 Pkt. 7 des vom Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz herausgegebenen Österreichischen Lebensmittelbuches (3. Aufl., Wien, Loseblattausgabe seit 1954, im folgenden kurz: ÖLMB) werden Biere mit einer Stammwürze von 9 bis 10 Grad als Abzugbiere, von 10 bis 12 Grad als Schankbiere und von 12 bis 14 Grad als Vollbiere bezeichnet; Biere mit einer Stammwürze von 13 Grad oder mehr können als Spezialbiere bezeichnet werden. Biere mit höchstens 9 Grad Stammwürze und höchstens 3,7 Vol% Alkohol werden als Leichtbier bezeichnet.

4.2. Wie schon aus § 51 LMG zweifelsfrei hervorgeht, dient das Österreichische Lebensmittelbuch lediglich der Verlautbarung von Sachbezeichnungen, Begriffsbestimmungen, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsgrundsätzen sowie der Verlautbarung von Richtlinien für das Inverkehrbringen von Lebensmitteln; ihm kommt daher weder Gesetzes- noch Verordnungsqualität zu, sodaß ein Verstoß gegen die darin enthaltenen Festlegungen keine Tatbestandsmäßigkeit i.S.d. § 74 Abs. 1 LMG und damit auch keine Strafbarkeit nach dieser Bestimmung zu begründen vermag.

4.3. Abgesehen davon trifft die Annahme der belangten Behörde, daß nur "Leichtbiere" i.S.d. Kap. 13 Pkt. 7 ÖLMB den Wortteil "leicht" tragen dürften, nicht zu.

Diese Bestimmung legt vielmehr nur den Begriff des Leichtbiers - nämlich höchstens 9 Grad Stammwürze einerseits und höchstens 3,7 Vol% Alkohol andererseits - fest, schließt es aber keineswegs aus, daß daneben auch bei anderen Bierarten auf einen vergleichsweise geringen Alkoholgehalt hingewiesen werden kann.

Dies insbesondere dann nicht, wenn dies - wie im vorliegenden Fall - in der Weise erfolgt, daß explizit die (im Vergleich zum Hinweis auf den geringen Alkoholgehalt wesentlich auffälligere) Bezeichnung "Schankbier" anstelle von Leichtbier verwendet wird, sich die Kategorisierung "Leicht im Alkoholgehalt" an unauffälliger Stelle sowie lediglich im Verband mit Hinweisen auf andere Produkteigenschaften ("Gebraut aus den erlesensten Rohstoffen. Leicht im Alkoholgehalt, voll im Geschmack. Ein Bier von internationalem Format") findet und der tatsächliche Alkoholgehalt (4,4 Vol%) näher bei jenem höchstzulässigen für Leichtbier (3,7 Vol%) als bei jenem für sonstige Bierarten (5,2 Vol% und darüber) liegt.

Eine Irreführung der Verbraucher kann darin also - vornehmlich schon deshalb, weil, wie dargetan, weder ein gesetz- noch ein verordnungsmäßiger Schutz der Bezeichnung "Leichtbier" besteht - nicht erblickt werden.

4.4. Lag damit aber schon die Tatbestandsmäßigkeit der dem Rechtsmittelwerber angelasteten Verwaltungsübertretung nicht vor, war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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